eBusiness im deutschen Mittelstand

Dotcom-Crash und Pleitewelle zum Trotz: Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in das Internet als Geschäftsplattform ist deutlich gestiegen. Woher kommt die neue Zuversicht der Old Economy?

Auch wenn in den vergangenen Monaten die Medien eher den Eindruck vermittelten, dass sich immer mehr Unternehmen aus dem eBusiness verabschieden, sieht die Realität in Deutschland ganz anders aus: Mittlerweile verfügen 70 Prozent der Mittelstandsunternehmen in Deutschland zumindest über eine eigene Webpage, was einer Steigerungsrate im Vergleich zum Vorjahr von 13 Prozent entspricht. Auch der Einsatz der fortgeschrittenen eBusiness-Lösungen ist im Vergleich zum letzten Jahr um knapp 30 Prozent angestiegen. Dies ist nur eins von vielen ermutigenden Ergebnissen der bereits zum dritten Mal von der Kasseler TechConsult GmbH durchgeführten und von IBM und der Zeitschrift impulse in Auftrag gegebenen Untersuchung „E-Business im Mittelstand“.

Demnach wird der Anteil der mittelständischen Unternehmen, der sich aktiv am Internethandel beteiligt, in Zukunft deutlich zunehmen, wobei insbesondere anspruchsvollere B2C- und B2B-Anwendungen wie die vollständige Integration der Geschäftsprozesse über das Internet ein starkes Wachstum verzeichnen werden. Verstärkt wird dieser Trend noch dadurch, dass sich IT-Anbieter immer intensiver der Zielgruppe der mittelständischen Unternehmen zuwenden und hierfür auch speziell zugeschnittene Angebote auf den Markt bringen.

Wozu wird das Internet im Unternehmen hauptsächlich genutzt?
Tue Gutes und rede darüber. So könnte man im übertragenen Sinn die Hauptnutzungsformen des Internet in mittelständischen Unternehmen beschreiben. Alle befragten Unternehmen nutzen das Internet mittlerweile zur Unternehmensdarstellung. Und auch die Kommunikation via eMail konnte sich weiter in den Unternehmensstrukturen etablieren. 99 Prozent aller Unternehmen mit Online-Ambitionen nutzen eMail-Dienste. So geben inzwischen 80 Prozent der befragten Firmen an, dass sie mit ihren Geschäftspartnern via Internet kommunizieren. Von einer etwas geringeren Basis aus erreichen die aktiven Anwendungsmöglichkeiten wie der Einkauf von Produkten/Dienstleistungen über das Internet sowie die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Partnern sehr hohe Zuwachsraten. Als erstaunlich hoch erweist sich auch die Anzahl der Unternehmen, die das Internet auch zum Online-Verkauf nutzen. Laut IBM/impulse-Studie stieg diese Quote von 40 auf nunmehr 60 Prozent an. Im Mittelstand verzeichnet das Dienstleistungssegment fast überall überdurchschnittliche Einsatzgrade. Zur Zeit nutzt der Handel das Internet am wenigsten für Beschaffungszwecke, plant jedoch hier, ebenso wie bei Online-Verkäufen, seine Aktivitäten massiv auszubauen. Supply Chain Management-Lösungen sollen vor allem in der Industrie verstärkt zum Einsatz kommen.

eBusiness ist Chefsache
Am häufigsten wird ein eBusiness-Engagement von der Geschäftsführung angestoßen: In fast drei Viertel aller Fälle war die Führungsetage die treibende Kraft. Im Vergleich zum Vorjahr, als fast jede zweite „e-Initiative“ von einer EDV-Abteilung ergriffen wurde, sank der Anteil der Technik-Abteilungen deutlich ab. Laut Studie steht der Grad der eBusiness-Integration im direkten Zusammenhang mit dem Engagement der Geschäftsleitung. Besonders in kleineren Unternehmen führt dabei kein Weg an der Führungsetage vorbei, während in größeren Firmen noch des öffteren EDV- bzw. Marketing-Abteilungen die Initiativen starten.

Weshalb wurde auf eBusiness gesetzt?
Fast alle Unternehmen beabsichtigen durch den Einstieg ins eBusiness neue Wettbewerbschancen zu nutzen. Aber auch die Erwartungen der Kundschaft haben sich erhöht. Für fast zwei Drittel der Unternehmen (64 Prozent) spielten die Kundenanforderungen eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sind Wettbewerbsdruck bzw. Mitarbeiteranforderungen in der Vergangenheit enorm angestiegen und haben den Mittelstand zum Handeln bewegt. Dabei werden Dienstleister und Industrieunternehmen überdurchschnittlich oft durch ihre Kunden zum eBusiness gedrängt, während im Handel die Initiative häufiger von den eigenen Mitarbeitern ausgeht.

Was bringt der Einsatz von eBusiness
Die grenzenlose Euphorie im elektronischen Geschäftsverkehr scheint erst einmal beendet zu sein. Nüchterne und realitätsnahe Betrachtungen sind jetzt gefragt. Auf die Frage, was der Einsatz von eBusiness wirklich bringt, antworten daher auch zum ersten Mal mehr Unternehmen, dass sie lediglich eine Stabilisierung des Umsatzes anpeilen. In den Jahren zuvor spielten Umsatzsteigerungen noch eine wesentlich größere Rolle. Darüber hinaus setzen immer mehr Unternehmen auf verkürzte Lieferzeiten, eine kostengünstigere Zahlungsabwicklung sowie eine Stabilisierung von Vertriebs- und Lagerkosten. Dabei profitierte der Handel besonders stark von einer kostengünstigeren Zahlungsabwicklung und der Reduzierung oder zumindest Stabilisierung der Vertriebs- und Lagerkosten. Dienstleistungsunternehmen konnten dagegen am ehesten Umsatzsteigerungen verzeichnen, die im Durchschnitt dann bei ansehnlichen 40 Prozent lagen.

Wann zahlt sich das Engagement wieder aus?
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr blicken die meisten mittelständischen Unternehmen deutlich optimistischer in die Zukunft. So rechnen heute 85 Prozent der Firmen damit, dass ihre eBusiness-Aktivitäten spätestens in zwei Jahren profitabel sind. Vor einem Jahr gingen erst 77 Prozent davon aus. Und immerhin erwarten 42 Prozent damit, dass der Break-Even in 12 Monaten erreicht ist. Stark zurückgegangen ist dagegen die Zahl der Unternehmen, die ihre eBusiness-Aktivitäten als Zuschussgeschäft betrachten. Nur 14 Prozent erwarten, dass sich ihr Engagement bis auf weiteres bzw. gar nicht in barer Münze auszahlen wird. Für impulse Chefredakteur Thomas Voigt ist die Zunahme des wirtschaftlichen Erfolgs ein entscheidendes Indiz dafür, dass immer mehr Unternehmen erkennen, welch eine enorme Bedeutung eBusiness in der Wertschöpfungskette darstellt.

Welche Gründe sprechen gegen eBusiness?
Immer noch begründen fast die Hälfte der Unternehmen ihre abwartende Haltung im Bereich des eBusiness mit dem Hinweis, dass der elektronische Geschäftsverkehr nicht zum Unternehmen bzw. den Produkten passt. Und etwas weniger als ein Drittel der befragten untätigen Mittelständler gab an, dass die eigene Zurückhaltung auf eine mangelnde Kundenakzeptanz zurückzuführen sei. Für 27 Prozent der „virtuellen Drückeberger“ ist schlicht und einfach der Kostenaufwand zu hoch. Darüber hinaus gibt etwa jedes sechste Unternehmen an, dass entweder der Umstrukturierungsaufwand zu hoch oder eine sichere Zahlungsabwicklung nicht gewährleistet ist, allgemeine Sicherheitsstandards fehlen bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht geklärt sind. Ferner begründen im Gegensatz zu den vergangenen Jahren überraschend viele Mittelständler ihre Zurückhaltung mit einer vermeintlich nicht ausgereiften Technik.

Die gesamte Studie steht auf der Website von IBM Deutschland zum Download zur Verfügung. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse finden Sie auch als Slideshow bei der Zeitschrift impulse.

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