Web-Services: viel Gerede um nichts?

 Web-Services sollen die technologische Grundlage liefern, um in der Vernetzung über Unternehmensgrenzen hinweg einen großen Schritt voran zu kommen und unternehmensübergreifende Anwendungen zu ermöglichen. Wie wird ihre Zukunft in deutschen Unternehmen gesehen?

Zum Thema Web-Services gibt es gegenwärtig häufig mehr Fragen als Antworten. Mit einer aktuellen Studie bringt aber jetzt Cap Gemini Ernst & Young Licht ins Dunkle und liefert Hinweise darauf, welchen Entwicklungsstand und welchen Stellenwert Web-Services aktuell in bundesdeutschen Unternehmen haben. Befragt wurden 108 Entscheidungsträger deutscher Unternehmen, die zu den strategischen IT-Aktivitäten ihrer Firmen Auskunft gaben.

Web-Services gewinnen zunehmend an Bedeutung und rund ein Drittel der befragten Unternehmen besitzt bereits eine Strategie zum Einsatz der neuen Technologie. Diese Zahl deckt sich mit der Anzahl derjenigen Befragten, die Web-Services für wichtig oder sehr wichtig halten. Nur ein geringer Prozentsatz misst Web-Services keine Bedeutung bei. Hat sich eine Organisation schon eingehender mit der neuen Technologie beschäftigt, besitzt sie in den meisten Fällen auch bereits eine klare Vorstellung von deren Einsatzgebiet.

Die drei Softwarehersteller Microsoft, IBM und Sun haben bis heute den größten Bekanntheitsgrad im Zusammenhang mit Web-Services erreicht. Allerdings bleibt genügend Raum für Nischenanbieter. Bei der Frage nach der Standardisierung von Aspekten wie Sicherheit oder Transaktionsunterstützung rechnet die Mehrheit der Befragten damit, dass sich die Anbieter innerhalb der nächsten zwei bis vier Jahre einigen werden. Ein Viertel geht sogar davon aus, dass die Standardisierung bereits in zwei Jahren abgeschlossen ist.

Über Web-Services wird nicht nur geredet, sie kommen bereits zum Einsatz: 3 Prozent der Befragten setzt bereits heute Web-Services in großem Umfang ein. Mehr als drei Viertel der Befragten initiiert derzeit Projekte oder ist mit der Umsetzung beschäftigt. Im Allgemeinen sind Organisationen, die eine Strategie besitzen, weiter in der Implementierung von konkreten Diensten als solche, die keinen Plan ausgearbeitet haben.

32 Prozent der befragten Unternehmen werden Web-Services innerhalb der nächsten zwei Jahre und 44 Prozent in zwei bis höchstens vier Jahren auf breiter Basis einsetzen. Der Dienstleistungssektor hat in der Umsetzung der neuen Technologie die Nase vorn. Er ist sowohl der Industrie als auch dem Handel voraus, die sich vergleichsweise weniger intensiv mit Web-Services beschäftigen.

Die neue Technologie wird als einfach und unkompliziert angesehen, nur wenige halten den Implementierungsaufwand für zu hoch. Vor allem die befragten Unternehmen, die noch keine Strategie für den Einsatz von Web-Services besitzen, sehen Sicherheitsprobleme im Einsatz der Technologie auf sich zukommen. Die Bedenken in der Vergleichsgruppe mit Strategiepapier sind deutlich geringer. Nur die wenigsten glauben, dass Web-Services ein vorübergehendes Thema sind. Diese Aussage bestätigt die Ergebnisse über den breiten Einsatz der Technologie innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre.

Um die zukünftigen Einsatzgebiete der Web-Services aufzuschlüsseln, wurden die Teilnehmer der Studie befragt, in welchen Bereichen sie die Technologie einsetzen werden. Am häufigsten wird Marketing, Vertrieb und Customer Relationship Management genannt, gefolgt von Aftersales, Service und Ersatzteilvertrieb. Supply Chain Management und e-Procurement nennen 60 beziehungsweise 59 Prozent der Teilnehmer als Einsatzgebiet, während im Bereich Finanzen und Controlling weniger Möglichkeiten für die Arbeit mit Web-Services gesehen werden. Zahlungsverkehr und Datenaustausch sind kein potenzielles Einsatzgebiet für Web-Services. Dieses Ergebnis korreliert mit den bereits weiter oben ausgeführten Bedenken. Da besonders im Bereich Zahlungsverkehr und Datenaustausch die Sicherheit eine entscheidende Rolle spielt, denkt kaum jemand daran, Web-Services in großem Stil für die Übertragung sensibler Informationen nach außen zu nutzen.

Die Mehrzahl der Unternehmen konzentriert sich auf wenige Initiativen: 83 Prozent der Befragten geben an, dass sie derzeit an 1 bis 5 Projekten arbeiten. Im Branchenvergleich liegt der Handel in der Umsetzung deutlich vorn, 92 Prozent der Unternehmen bauen bereits konkrete Dienste auf.

Bei denjenigen Befragten, die 1 bis 5 Projekte initiiert haben, sind Unternehmen mit und ohne Strategie etwa gleich auf (84 zu 83 Prozent). Das deutet darauf hin, dass zurzeit eine Reihe von Pilotanwendungen betrieben wird, bevor die neue Technologie im größeren Stil zum Einsatz kommt. Nur wenige Organisationen ohne Planungspapier arbeiten mit 6 bis 10 Projekten (3 Prozent, mit Strategie 10 Prozent) und 11 bis 50 Projekte realisieren ausschließlich Unternehmen, die eine Strategie besitzen.

Die Befragten verknüpfen bestimmte Erwartungen an den Einsatz von Web-Services. Zum einen im Hinblick auf die Veränderung von Geschäftsprozessen und zum anderen im Zusammenhang mit dem Markt. Im Hinblick auf die Geschäftsprozesse erwartet die Mehrzahl der Befragten, dass die Anzahl der verfügbaren Anwendungen steigt. Auf Platz zwei der Liste steht die einfache Integration der IT-Systeme gefolgt von der Aussage, dass sich die Geschäftsprozesse deutlich modularer gestalten werden.

Im Zusammenhang mit Veränderungen am Markt schätzen die meisten Befragten, dass vor allem das e-Business von der neuen Technologie profitiert, da neue interessante Funktionen über das Internet angeboten werden können. Innerhalb der Branchen zeichnet sich kein deutlicher Trend bei der Beurteilung ab: jeder Sektor erhofft Verbesserungen im e-Business, kombiniert mit Erwartungen in den Bereichen, die für das eigene Geschäft am wichtigsten sind.

Für das Jahr 2002 beläuft sich die Mehrzahl der Projekte auf ein Volumen unter 1 Million Euro. Allerdings werden bereits im laufenden Jahr einige Großprojekte mit einem Investitionsvolumen zwischen 10 und 50 Millionen Euro in Auftrag gegeben. Besitzen Unternehmen eine Strategie, geben sie mehr Geld für Web-Services aus und setzen auch größere Projekte auf. Aus diesem Grund kann man damit rechnen, dass die Investitionen in den nächsten Jahren steigen: Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich intensiv mit der neuen Technologie. Die Studie zeigt, dass mehr investiert wird, wenn bereits eine ausformulierte Strategie vorliegt.

57 Prozent der Befragten gaben an, dass der Vorstand beziehungsweise die Geschäftsführung das Thema vorantreibt, gefolgt von der IT-Abteilung mit 55 Prozent. Deutlich wurde auch, dass ohne eine klare Strategie eher reagiert als agiert wird: Bei Unternehmen mit einer definierten Vorgehensweise haben Kunden und Lieferanten nur einen geringen Anteil an der Einführung von Web-Services, während der Prozentsatz bei Organisationen ohne Strategie deutlich höher ist.

Die Erhöhung der Flexibilität und Schnelligkeit durch schnelle Anpassung an veränderte Bedingungen im Markt ist das Ziel Nummer 1. An zweiter Stelle steht die Sicherung oder der Ausbau der vorhandenen Geschäftsfelder. Fast ebenso wichtig ist das Ziel, die Geschäftsprozesse zu verbessern und dadurch Kosten einzusparen. Im Vergleich der einzelnen Branchen gibt es nicht das eine Ziel, das alle Befragten gleichermaßen verfolgen. Jedes Unternehmen will die Bereiche verbessern, die momentan die höchste Priorität im Kampf um Marktanteile oder Kosteneinsparungen haben. Industrieunternehmen verfolgen in erster Linie das Ziel, Partner und Zulieferer mit Hilfe von Web-Services leicht und flexibel einzubinden, während beim Handel die Erhöhung der Flexibilität und der Schnelligkeit sowie die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit im Vordergrund steht. Der Dienstleistungssektor verfolgt vor allem zwei Ziele: zum einen Flexibilität und Schnelligkeit erhöhen und zum anderen vorhandene Geschäftsfelder sichern und ausbauen.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen