Mobilfunk: Neue Anwendungen für den Mittelstand?

Mobilkommunikation bedeutet längst mehr als reines Telefonieren: VPN, VoIP, mCommerce und Location Based Services sind nur einige der Anwendungen, die mobiles Arbeiten erleichtern und gleichzeitig substantiell verändern. Auch für mittelständische Unternehmen bieten diese Dienste interessante und effizienzsteigernde Einsatzmöglichkeiten.

Bis Anfang der 90er Jahre war der analoge Mobilfunk nur bei wenigen „elitäreren“ Nutzern im Einsatz und die Penetrationsraten waren deutlich unter 20%. Damals waren die „mobilen“ Telefone etwa von der Größe eines Aktenkoffers und die Preise für Kommunikation weit über den heutigen.

Mit der Einführung des digitalen Mobilfunks auf der Basis des weltweiten GSM-Standards hat sich dies deutlich geändert. Die Preise sind stark gefallen und auch für den privaten Nutzer erschwinglich. Die Mobiltelefone verdienen mittlerweile tatsächlich diese Bezeichnung und passen oft auch in eine Hemdtasche. Gleichzeitig kann der Nutzer sein Telefon fast überall in der Welt einsetzen und ist dort auch erreichbar. Die mobile „Freiheit“ bei erschwinglichen Preisen, die kaum noch über den Festnetzpreisen liegen, war der wesentliche Treiber für eine schnelle Marktdurchdringung.

Die mobile Telephonie hat sich im Massenmarkt durchgesetzt und wächst weiter, obwohl auch in Deutschland die Penetration bei ca. 97 % liegt. Wie andere Länder (Italien, Skandinavien) zeigen, ist auch bei 100 % noch kein Ende für das Wachstum erreicht. Viele Nutzer haben bereits heute zwei oder mehr Handys und Telefonnummern, z.B. für die private und geschäftliche Nutzung.

Auch im Geschäftsalltag ist das Handy als flexible und mobile Form der Verbindung zwischen Unternehmen, Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden nicht weg zu denken.

Datenkommunikation – ein Wachstumsfeld neben der Sprachtelephonie

Mit den digitalen Mobilfunknetzen nach GSM, DCS1800 oder UMTS Standard ist aber nicht nur die Sprachkommunikation möglich, sondern auch eine Nutzung für die Datenkommunikation. Dies gilt insbesondere für UMTS, da nach diesem Standard auch heute schon Datenübertragungsraten von 384 KBit/s möglich sind und im Zuge der Weiterentwicklungen stehen bis zu 2 MBit/s zur Verfügung. Damit entsprechen die möglichen Bandbreiten schon bald denjenigen, die mit einem herkömmlichen DSL-Anschluss gegeben sind. Die hiermit möglichen Anwendungen werden bislang kaum genutzt. Ein entscheidender Grund sind sicher die immer noch höheren Kosten, die allerdings mit den ersten Flatrate-Angeboten für die Datenübertragung auch deutlich sinken.

Bereiche für den Einsatz der Datenkommunikation im geschäftlichen Umfeld sind z.B. die…interne Nutzung zur Kostensenkung und Steigerung der Effizienz der Kommunikation im eigenen Unternehmen,

– Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern

– Optimierung der Geschäftsprozesse unter Einsatz von Datenkommunikationsmitteln

Die Nutzung der Messaging und Datenkommunikation steigt seit Jahren kontinuierlich an und dies spiegelt sich auch in den Umsätzen der Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland wider, die in der folgenden Graphik folgenden Graphik dargestellt sind. Die überwiegende Mehrheit der Nutzung und damit auch des Umsatzes wird nach wie vor mit dem SMS-Dienst realisiert und dies wiederum im Wesentlichen im Privatkundensegment.

SMS hat natürlich den Geschäftskundenbereich auch erreicht und insbesondere im B-to-C Geschäft gibt es eine Reihe von Einsatzfeldern, wie z.B. der Versand von Gutscheinen und Vouchers, Informationen über neue Sonderangebote, Promotions etc., aber auch die Vermarktung von Inhalten. Dabei dominiert zwar immer noch der Erotik-Bereich, aber auch andere Inhalte kommen hinzu.

Auf jeden Fall zeigt das unveränderte Wachstum gerade im Datenkommunikationsbereich, dass die Nutzung für immer größere Anwenderkreise interessant wird und die neuen Mobilfunk-Endgeräte in zunehmendem Maße multimediafähig werden und die Datenkommunikation nutzen können. Moderne „Smartphones“ verdrängen dabei vermutlich in absehbarer Zeit den Organizer und den nicht kommunikationsfähigen PDA.

Der weitere Anstieg der Datenkommunikation hängt u.a. von der Verbreitung der erforderlichen Endgeräte ab. Sowohl im Hinblick auf die Verbreitung und als auch auf den tatsächlichen Einsatz von internetfähigen Endgeräten sind andere Märkte – insbesondere Japan – Deutschland weit voraus, wie das folgende Schaubild zeigt.

Während in Japan schon vor über einem Jahr 55 % der Bevölkerung solche Mobilfunkgeräte besitzen und nutzen(!), die internetfähig sind, liegen die Vergleichszahlen für Europa bei gerade 9 %. Je mehr Nutzer mobile Internet-Dienste nutzen, desto mehr wird die Entwicklung innovativer Dienste stimuliert und desto interessanter wird die Anwendung für Unternehmen, da mit entsprechenden Angeboten eine breite Zielgruppe erreicht werden kann. Durch diese unterschiedlichen Entwicklungen besteht die Gefahr, dass neue Applikationen und Dienste eher im asiatischen Raum entwickelt werden als in Europa.

VoIP auch im Mobilfunk?

VoIP (Voice over Internet Protocol) wird immer wieder in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen diskutiert und einmal mehr unter dem Aspekt der Kosteneinsparung gesehen und dann wieder unter dem Aspekt der Diensteintegration zwischen Sprache und Daten. Im Bereich der unternehmensinternen Kommunikation gerade zwischen Standorten ist VoIP bereits heute fest etabliert (Stichwort IP-VPN: IP-basierte Virtual Private Networks). Dabei ist der Kostenaspekt für die Investition nur ein Argument unter mehreren, mindestens ebenso wichtig ist die Übermittlung von spezifischen Dienstemerkmalen, die Umsetzung von speziellen Dienstemerkmalen und die sichere Verbindung. In der professionellen Anwendung ist u.a. die Möglichkeit zur gleichzeitigen Übermittlung von Dateien während des Gespräches ein wichtiges Merkmal.

Auch für Call Center Betreiber führt heute kaum noch ein Weg an VoIP vorbei, wenn es um eine Neuausrüstung geht. In Verbindung mit einer virtuellen Nebenstellenanlage, einer ACD (Automatic Call Diversion) und den anderen Komponenten ist VoIP hier in vielen Fällen aufgrund der flexibel einstellbaren Ablaufprogramme für diese Anwendung die optimale Wahl.

Diese Anwendungen sind die Treiber für die stark gestiegenen Umsätze mit VoIP-Technologie in Deutschland. 2005 waren dies € 152 Mio. und für 2006 erwartet man bei IDC bereits € 227 Mio., dies entspricht einem Zuwachs um 49 %. Von 2004 auf 2005 lag die Umsatzsteigerung noch bei 31 %.

Auch im Mobilfunk kann VoIP eine Rolle spielen. In UMTS-Netzen mit Breitband-Datenübertragung von heute bis 384 KBit/s (zukünftig vielleicht auch bis 2 MBit/s) und der Möglichkeit des Internetzugangs besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Nutzung von VoIP. Vodafone und e-plus versuchen zwar gerade, diese Anwendung zu verhindern, da hierdurch deutliche Umsatzeinbußen die Folge sein können. Es erscheint aber zweifelhaft, ob dies langfristig gelingen wird. Die Möglichkeit zum Surfen im Internet, Abruf und Senden von eMails und die Nutzung von VoIP können die Verbreitung von UMTS im Gegenzug stark fördern. Mit einer Flat-Rate für die Datenkommunikation sind die Kosten für eine solche Nutzung kalkulier- und überschaubar.

Allerdings ist die VoIP-Nutzung im Mobilfunk heute noch anfällig für Bandbreiten-Schwankungen, z.B. bei der Nutzung in Bewegung. Sollte sich VoIP zukünftig auch im Mobilfunk durchsetzen, dann braucht der Durchschnittsanwender vielleicht nur noch eine Telefonnummer – die VoIP-Nummer!

Innovative Mehrwertdienste eröffnen zusätzliche Einsatzfelder

Mehrwertdienste sind ganz allgemein solche Angebote (Dienstleistung, Informations- und Unterhaltungsinhalte, Nachrichtenaufzeichnung und -verteiljung etc.), für die neben den Preisen für die Übertragung (nach Zeit oder Datenmenge gemessen) ein Zuschlag berechnet wird (z.B. pro Minute, pro Gespräch oder variabel je nach Nutzung). Mehrwertdienste im Mobilfunk werden in „voice-“ und „non voice“-Dienste untergliedert – Kombinationen sind von wachsender Bedeutung (z.B. für die Steuerung von Diensten).
Folgende Arten von Mehrwertdiensten werden unterschieden:

– Aufbau von Netzen für geschlossene Nutzergruppen (VPN)

– Messaging-Dienste (SMS / MMS)

– Entertainment-Dienste (Klingeltöne, Logos, Games, Filme, Video,…)

– Informationsdienste (Auskunft, Verkehr, Flugzeiten, Reise, Event, Börse, Nachrichten, Wetter,…)

– Location Based Services (LBS) für regionale Informationen, Werbeangebote, Promotions,…)

– mCommerce für mobile Transaktionsdienste (Einkäufe, Reisebuchung, Ticketkauf,…)

Mobile VPN-Netze für eine effizientere Kommunikation

VPN (Virtual Private Networks) auf IP-Basis sind im Festnetz bereits seit geraumer Zeit im kommerziellen Einsatz, insbesondere bei Unternehmen mit verteilten Standorten. Mit einem VPN im Mobilfunk können auch mobile Teilnehmer in ein Firmen-VPN eingebunden werden und sind dann unterwegs genauso einfach und unter der gleichen Durchwahl erreichbar wie im Büro.
Je nach Anbieter können durch eine entsprechende Tarifgestaltung die Kommunikationskosten für die interne Kommunikation sinken. Dabei können vorhandene Leistungsmerkmale (wie. z.B. Kurzwahlen) und Rufnummernkreise größtenteils auch mobil nutzbar gemacht werden. Neben der Sprachkommunikation ist ein sicherer Datenaustausch (Zugriff auf Intranet) mit der Unternehmenszentrale möglich. Der mobile Mitarbeiter kann somit schneller und einfacher auf Informationen zugreifen und von unterwegs auf Lagerbestandsliste, aktuelle Preislisten, Konstruktionspläne etc. zugreifen.
Die Integration von eingehenden Nachrichten (Sprache, Fax, Email) auf einer gemeinsamen Plattform und der zugriff über das VPN erleichtert die Arbeit und schafft Effizienz, von der auch Kunden und Geschäftspartner durch schnellere Reaktionen profitieren.

Eine vollständige Integration von IP-VPN und mobilen VPN-Nutzern ist zwar ein aufwändiges Unterfangen, aber erlaubt letztlich die besten Resultate im Sinne einer Steigerung der Effizienz. Die steigende Nutzung von VPN-Lösungen zeigt sich in der folgenden Graphik für den Bereich der IP-VPNs. Für die Anbieter ist dies schon seit einigen Jahren ein Markt mit einem Volumen von mehreren Milliarden € und weiterhin hohen Wachstumsraten.

Informations- und Entertainmentdienste

Schon seit längerem gibt es verschiedene Informationsdienste im Telekommunikationsumfeld. Dies reicht von Fahrplänen von Bahnen und Fluglinien über Veranstaltungs- und Kinohinweise bis zu Horoskopen. Die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung dieser Angebote ist aber immer noch eher gering. Durch die Verbreitung und steigende Nutzung des Internets wird sich dies vermutlich gründlich ändern. Getrieben durch die Digitalisierung der Übertragungswege und Inhalte werden mehr Inhalte über eine wachsende Zahl von Kommunikationswegen abrufbar. Auch Mobilfunk und Internet nähern sich bei Endgeräten und Bandbreiten laufend an. Dies fördert natürlich gleichzeitig die mobile Nutzung solcher Mehrwertdienste, die eine ähnliche Benutzeroberfläche haben wie entsprechende Internetdienste.

Einzelne Aspekte, die in diese Richtung wirken, sind z.B.:

– Die steigende Verbreitung von multimediafähigen Mobilfunkgeräten (Smart-Phones, PDAs) fördert die Nutzung mobiler Mehrwertdienste

– Im Rahmen von Triple-Play-Diensten übernimmt das Mobilfunkgerät die Rolle einer „Fernbedienung“, z.B. für die Bestellung und Abrechnung von Diensten

– Musik, Filme und Videos werden mit sinkenden Verbindungskosten (Flat-Rates für UMTS) zunehmend auch mobil genutzt

– Durch Übergänge zwischen heutigen Standards (GSM, UMTS, WLAN, DECT) wird sich das Nutzungsverhalten auf den mobilen Bereich übertragen

Wenn man sich das Internetnutzungsverhalten von Jugendlichen (siehe Graphik) ansieht, dann hat man hiermit einen guten Indikator, welche Anwendungen in einigen Jahren auch bei den älteren Nutzergruppen hin zu kommen werden. Wenig erstaunlich ist dabei, dass eMail mit ca. 45 % die wichtigste Nutzung darstellt, aber auch Informationen / News spielen mit ca. 27 % eine wichtige Rolle und Berufs- und Bildungsinformationen sind mit 25 % auch wichtig.

In der mobilen Kommunikation sind die Datenapplikation heute zwar noch schwach vertreten, mit 99 % dominiert die Sprachtelephonie die Nutzung und SMS schicken und empfangen etwa 78 % der Nutzer. Die eMail-Kommunikation liegt dagegen erst bei 9 %, der Download von Diensten und der Abruf von Informationsdiensten bei jeweils 2 %. Diese Zahlen sind noch recht klein, aber hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass internetfähige Handys bislang noch keine hohe Verbreitung haben und dass die Datenkommunikation noch recht teuer war. Bei beiden Faktoren ist allerdings eine baldige Änderung zu erwarten. UMTS und multimediafähige Endgeräte werden bald zum Standard werden und für die Datenkommunikation werden sich Flatrate-Angebote durchsetzen.

Neben den unternehmensinternen Anwendungen, gibt es auch im B-to-C (Business to Consumer) attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Hierzu gehören sicherlich die kostenpflichtigen Angebote von Informations- und Unterhaltungsangeboten. Die auch über Mobilfunk erreichbaren Auskunftsdienste sind dabei nur sie Spitze des Eisbergs.

Zum Unterhaltungsbereich gehören heute Klingeltöne, Logos und Java-Spiele als mit Abstand wichtigste Anwendungen. Natürlich wird auch ein entsprechendes Erotik-Angebot (z.B. Bilder) genau wie im festnetzgebundenen Internet Interessenten finden. Aber es ist zu erwarten, dass auch solche Informationsangebote, die die individuellen Interessen des Nutzers treffen, Abonnenten finden werden. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob die Inhalte als Videostreamings oder MMS-Nachrichten aufbereitet werden. Die Verfügbarkeit spezieller Nachrichten zu der Zeit und an dem Ort, an dem der Nutzer sie möchte, stellen einen Nutzen dar, für einige Zielgruppen bereitwillig einen Aufschlag zahlen. Alternativ ist auch vorstellbar, dass nicht der Kunde zahlt, sondern ein Werbetreibender oder Sponsor, der an der Ansprache der speziellen Zielgruppe interessiert ist. Somit eröffnen sich auch neue Werbemöglichkeiten mit hoher Selektivität für Unternehmen.

Standortspezifische Dienste (LBS)

Mit Hilfe von Location Based Services (LBS) können Informationsinhalte und Dienste noch zielgerichteter aufbereitet und angeboten werden. Im Privatkundenbereich können private Treffen, Buddy-Listen und Standorte, lokale Online-Spiele und andere Anwendungen umgesetzt werden.

Der Standort eines mobilen Nutzers ist auch ohne GPS-Empfänger im Mobilfunkgerät aus den Informationen aus dem Funknetz mit relativ hoher Genauigkeit verfügbar und wird z.B. bei polizeilichen Fahndungsaktionen genutzt. Diese Standortinformationen stehen auch Dienste-Betreibern zur Verfügung. Um einem Missbrauch dieser Orts- und Bewegungsinformationen vor zu beugen, muss der Nutzer dieser Weitergabe der Informationen vorab zustimmen.

Im geschäftlichen Bereich ergeben sich Anwendungsfelder sowohl im Bereich der firmeninternen Anwendung als auch in der Kommunikation mit Geschäftspartnern und Kunden.

– Interne Anwendungen: Die Einsatzplanung von Außendienst-Mitarbeitern kann effizienter erfolgen, Fahrzeuge können ad hoc disponiert und Reaktionszeiten für Künden schneller werden

– Externe Anwendungen: Vermarktung standortabhängig aufbereiteter Informationen. Neue Möglichkeiten zur Gestaltung von Sonderangeboten, zielgerichtete Werbung und Promotion (aber kein SPAM!)

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen