Breitbandiges Internet macht die Übertragung von Bewegtbildern im Internet komfortabel. Doch die Nutzung der Kabelnetze für das Internet stößt auf ungelöste rechtliche Probleme.
Bisher war das Betrachten und Herunterladen von Bewegtbildern im Internet vor allem mühsam, zeitaufwendig und qualitativ minderwertig. Zwar stellen zahlreiche Sites kleine Animationen oder ganze Fernsehprogramme auf Knopfdruck zum Ansehen und Herunterladen bereit. Da sich die Bildfolge jedoch nur langsam aufbaut und, je nach benutztem Übertragungsweg, immer wieder abbricht, befindet sich die wirtschaftliche Verwertung erst im Anfangsstadium. Den Durchbruch soll jetzt der Internetzugang über Breitbandkabel bringen. Dort ist eine Übermittlung mit einer Primärmultiplexrate von 2,048 Mbit/s und damit ein komfortabler Abruf von Filmen über das Internet möglich.
Breitbandkabel hat die Deutsche Bundespost in den Achtziger Jahren nahezu flächendeckend über das Bundesgebiet verlegt. Sie erreichen heute mehr als 17 Millionen Haushalte. Allerdings wird das Breitbandkabel bisher fast ausschließlich für die Übertragung von analogen Fernsehprogrammen genutzt. Viele sprechen hier von einer ungenutzten Goldader, da sich über die Kabelnetze weit gewinnträchtigere Dienste transportieren ließen, als die traditionellen Fernsehprogramme. Hierzu zählt in erster Linie der schnelle Internetzugang, der im Rahmen einer Flat-Rate angeboten werden könnte.
Um den schnellen Internetzugang über das Kabel zu ermöglichen, müsste das Netz zunächst digitalisiert und mit einem Rückkanal ausgestattet werden. Hierzu sind Milliardeninvestitionen erforderlich. Die Deutsche Telekom AG war bisher nicht bereit, diese Kosten zu tragen, da ihr Kabelgeschäft ohnehin tief in den roten Zahlen steckt. In Nachbarländern wie Österreich und den Niederlanden, wird breitbandiges Internet dagegen bereits für einen geringen Aufpreis zu den Kabelabonnements angeboten. Aufgrund von Drohungen der Europäischen Kommission, sie werde die Telekom zwingen, ihre Kabelnetze zu verkaufen, hat die Telekom nun ihr Kabelgeschäft regionalisiert und damit begonnen, Anteile an den regionalen Gesellschaften an Investoren zu veräußern. Hierbei sind bisher vorwiegend ausländische Investoren zu Zuge gekommen. Die neuen Regionalgesellschaften planen eine schnelle Aufrüstung der Netze und wollen vor allem profitable Dienste wie Telefon und Internet anbieten.
Doch häufig wird übersehen, dass die Breitbandverteilanlagen hochgradig reguliert sind. 15 regionale Aufsichtsbehörden wachen darüber, dass bei der Belegung der Kabelnetze der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Pluralismusgrundsatz gewahrt wird. Hiernach muss die Landesmedienanstalt darüber wachen, dass das Angebot von Rundfunkprogrammen im Kabel die „Vielfalt der im Lande vorhandenen Strömungen und Meinungen“ vollständig wiederspiegelt. Dabei genügt es nicht, so das Bundesverfassungsgericht, wenn die öffentlichrechtlichen Programme eingespeist werden. Vielmehr müssen auch die für den Pluralismus wesentlichen privaten Programme berücksichtigt werden. Im Gefolge dieser Aussagen führen die meisten Landesmedienanstalten regelmäßig Auswahlverfahren durch und versuchen so zu bestimmen, welche der zahlreichen Fernsehprogramme, die ins Netz drängen, vor dem Hintergrund des Pluralismusgrundsatzes einen Platz „verdient“ haben. Dies hat zu zahllosen Rechtsstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten geführt (ein Überblick findet sich unter www.broadbandlaw.de).
Neuerdings sind einige Landesgesetzgeber dazu übergegangen, den Kabelnetzbetreibern Freiräume für eine gewisse Anzahl von Programmen zu geben und nur ein Mindesteinspeisungsvolumen festzulegen (sogenanntes Must-Carry-Regime). Insbesondere in den bereits digitalisierten Bereichen der Netze ist dieser Freiraum erheblich und ermöglicht neben der Übertragung von Rundfunk und Einkaufsdiensten auch das Angebot von Internet und Telefonie. Dies regelt der zum 1. April 2000 in Kraft getretene Rundfunkstaatsvertrag. Im Ergebnis wird es jedenfalls bis auf weiteres dabei bleiben, dass die Kabelnetzbetreiber in weiten Teilen nicht berechtigt sind, ihre Anlagen selbständig zu belegen. Zu einem erheblichen Teil sind sie hierbei an Behördenentscheidungen gebunden, die regional unterschiedlich detailliert die Belegung der Netze regeln.
Eine weitere Unklarheit bei der Übertragung von Bewegtbildern über das Internet, die mit der Nutzung von Breitbandnetzen an Bedeutung gewinnt, betrifft die lizenzrechtliche Situation. Die Rechtsprechung geht durchgehend davon aus, dass urheberrechtlich geschützte Werke im Internet nur bereit gestellt werden dürfen, wenn der Content Provider hieran ein eigenständiges Internet-Nutzungsrecht erworben hat. So genügt es beispielsweise nicht, wenn ein Herausgeber einer Print-Publikation das Abdruckrecht erworben hat (vergleiche zuletzt LG Berlin vom 14.10.1999, AZ 16 O 26/99 – „Tagesspiegel“). Er muss vielmehr zusätzlich das Recht erwerben, das Photo oder den Text im Internet zum Abruf bereit zu halten. Entsprechend verhält es sich mit Fernsehbeiträgen. Das Landgericht München hat entschieden, dass ein Produzent einen Beitrag, den er für die Ausstrahlung im Fernsehen erworben hat, nicht im Internet „streamen“ darf (LG München vom 10.03.1999 21 O 15039/98 – „Focus TV“). Der Produzent hätte das Recht erwerben müssen, den Beitrag zum Abruf auf Datennetzen bereitzuhalten, was nicht geschehen war. Jeder Anbieter, der Bewegtbilder oder sonstiges urheberechtlich geschütztes Material im Internet zum Abruf bereithalten will, muss also zunächst ein entsprechendes Recht hierfür erwerben.
Problematisch ist dies für viele Lizenzverträge, die geschlossen wurden, bevor das Internet als wirtschaftlich bedeutsame Nutzungsart bekannt war und die eine Übertragung aller Nutzungsrechte für alle Medien vorsahen (sog. Buy-Out). Ein Buy-Out ist zwar grundsätzlich zulässig, das Urhebergesetz sieht jedoch vor, dass Rechte an unbekannten Nutzungsarten nicht übertragen werden können. Es kommt daher darauf an, ob das Internet als eigenständiges Medium bekannt war, als der Vertrag geschlossen wurde. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass dies etwa ab 1995 der Fall war. Alle vorher geschlossenen Verträge konnten also eine Übertragung des Internet-Abrufrechts gar nicht beinhalten. Bei den danach datierenden Vereinbarungen kommt es darauf an, ob dieses Recht entweder explizit eingeräumt worden ist oder ob sich aus der Beschreibung des Vertragszwecks ergibt, dass die Parteien dies gewollt haben. In Zweifelsfällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine entsprechende Übertragung nicht beabsichtigt war und das Recht damit bei dem Urheber verblieben ist.
Die spannende Frage ist nun, wie die Übertragung von Bewegtbildern in Breitbandnetzen urheberrechtlich zu qualifizieren ist. Wird dort das Sendesignal eines Fernsehveranstalters „gestreamt“, also nahezu zeitgleich wiedergegeben, so liegt nahe, hierfür keine neue Lizenz zu verlangen, sondern die „Sendelizenz“ des Veranstalters ausreichen zu lassen. Insbesondere wenn sich die Qualität des Streaming dem normalen Fernsehstandard angenähert hat, ist kein Grund ersichtlich, warum allein die Übertragung über das Internet eine eigenständige Verwertungsart gegenüber der traditionellen Fernsehübertragung rechtfertigen sollte.
Handelt es sich dagegen um ein zum Abruf bereitgestelltes File, beispielsweise einen Spielfilm, der gegen Gebühr heruntergeladen werden kann, so mag dies von dem Pay-per-View-Recht erfasst sein, wie es bereits seit Anfang der Achtziger Jahre in den branchenüblichen Lizenzverträgen enthalten ist. Lediglich bei den kostenlos zum Abruf bereitgestellten Files wäre von einem wirklich neuen Verwertungsrecht auszugehen, mit der Konsequenz, dass hierfür tatsächlich eine neue Lizenz erworben werden müsste.
Offensichtlich werden die Parallelen zwischen Internet- und traditionellem Fernsehvertrieb, wenn beide Dienste über dasselbe Breitbandnetz vertrieben werden. Ob sich die Rechtsprechung dieser Argumentation anschließen wird, bleibt abzuwarten.
Eines ist jedoch sicher: der Ausbau der Kabelnetze zu internettauglichen Übertragungswegen wird sowohl das Fernsehen als auch die Internetangebote, wie wir sie heute kennen, nachhaltig verändern. Die Verschmelzung beider Medien wird zu neuen Angeboten führen, die Texte, Bilder, Audio- und Videofiles nebeneinander bereitstellt und zu einem Konvergenzmedium verknüpft, wie es heute ansatzweise bereits bei Fernsehsendungen wie NBC GIGA zu sehen ist. Während jedoch bei NBC GIGA noch eine parallele Nutzung von Fernsehen und internettauglichem Computer erforderlich ist, werden die künftigen Angebote dies in einem einheitlichen Gerät bündeln. Angesichts dieser Chancen bleibt zu wünschen, dass die Medienregulierung diese Entwicklung nicht blockiert und die Rechtsprechung bald zu einer stringenten Linie bezüglich der Lizenzrechte finden wird.