Informieren oder Aushorchen

 Mit der Einhaltung von rechtlichen Standards auf Websites ist das so eine Sache: In einer aktuellen Untersuchung präsentierte sich nahezu kein Angebot mit einer wirklich blütenweißen Weste. Dabei könnte alles so einfach sein…

Das Gesamtergebnis der von Ernst &Young und Luther Menold durchgeführten Studie zu Web-Auftritten ist überraschend und gleichermaßen bedenklich: Lediglich eine von insgesamt 139 untersuchten Unternehmenshomepages (0,7 %) weist keine Verstöße gegen bestehende gesetzliche Regelungen auf. Noch weit mehr fällt jedoch ins Gewicht, dass damit nahezu alle betreffenden Unternehmen nicht die auf der Hand liegenden Wettbewerbsvorteile vorhandener Gestaltungsfreiräume nutzen. Dazu gehört vor allem, seine Internet-Kunden über den Umgang mit dessen Daten, über das Unternehmen selbst, rechtliche Rahmenbedingungen usw. umfassend zu informieren, um die noch immer bestehenden Vorbehalte und Unsicherheiten bei der Verwendung des Mediums Internet von vornherein auszuräumen.

Schon der laxe Umgang mit den rechtlichen Mindestanforderungen an kommerzielle Web-Auftritte zeigt auf, dass für die Mehrzahl der Unternehmen akuter Handlungsbedarf bezüglich ihres Internetauftrittes besteht. Dies gilt insbesondere im Bereich der Informationspflichten, der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) und beim Datenschutz.

Während die Defizite bei der Erfüllung der Informationspflichten im Regelfall durch ein einfaches „Update“ der Homepages auf die neue Rechtslage beseitigt werden können, sind Verstöße und Versäumnisse im Bereich der AGB und des Datenschutzes tiefergehend. Da von der Ausgestaltung und Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Produktabsatz – also das Kerngeschäft des Unternehmens – unmittelbar betroffen sein kann, können Defizite hier gravierende wirtschaftliche und rechtliche Folgen haben.

Die Thematik des Datenschutzes dürfte den meisten Unternehmen zwar hinreichend bekannt sein, allerdings werden auch hier die erforderlichen Maßnahmen meist nur mangelhaft umgesetzt. Zahlreiche Unternehmen kapitulieren offenbar vor der großen Anzahl komplexer organisatorischer, rechtlicher und technischer Schritte, die notwendig sind, um das Schutzniveau zu erreichen, das jeder Nutzer voraussetzt und welches gesetzlich vorgeschrieben ist.

Aufgrund eines immensen „Vollzugsdefizits“ auf Seiten der Datenschutzbehörden war die mangelnde Befolgung der Datenschutzvorschriften im Internet bislang zwar tendenziell unkritisch, die von den Aufsichtsbehörden mittlerweile praktizierten strengeren und mit Unterstützung durch Online-Tools auch systematisch durchgeführten Kontrollen lassen hier aber kurzfristig einen Umschwung erwarten.

Die Ergebnisse im Überblick:

• Der Großteil der Unternehmen verstößt eklatant gegen die Informationspflichten für Anbieter von Tele- und Mediendiensten.
• Erst 37,5 % der Anbieter von Online-Shops haben ihre AGB der nach der Schuldrechtsreform bestehenden
Rechtslage angepasst; 28 % verwenden keine AGB.
• Im Bereich der Werbung auf der Unternehmenshomepage waren bei 135 Unternehmen (97 %) keine formalen Verstöße erkennbar. Die Nutzer wurden ausreichend über das Vorhandensein von Fremdwerbung informiert.
• Bei fast 70 % der eCommerce betreibenden Unternehmen (22 Unternehmen) mussten Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Fernabsatzverträgen festgestellt werden.
• 84 Unternehmen (62 %) nehmen keine datenschutzrechtliche Unterrichtung des Nutzers vor.
Auf den Einsatz von Cookies (74 %) und Webbugs (100 %) wurde vielfach nur ungenügend hingewiesen. Cookies werden von insgesamt 66 %, Webbugs sogar von 92 % der Unternehmen nicht verwendet, um den Webauftritt und das Angebot zu individualisieren.
• Bei vielen Unternehmen (68 %) konnten Mängel im Bereich der Verschlüsselung sensitiver Daten festgestellt werden.

Zusammenfassend halten wir fest, dass innerhalb der einzelnen Themenbereiche zahlreiche wirtschaftliche und rechtliche Risiken und Chancen liegen. Die Minimierung dieser Risiken und die Nutzung der Chancen sollte das Ziel der Unternehmen sein. Nur so können Wettbewerbsvorteile realisiert und die Position der einzelnen Unternehmen im Markt gestärkt werden.

Insbesondere da das Internet als Handelsplattform längst noch nicht all seine Möglichkeiten entfaltet hat, sollten Unternehmen die Potenziale des Handels über dieses Medium erkennen und ausbauen. Eine gesicherte und zukunftsfähige Position kann hier nur erreicht werden, wenn mindestens den gesetzlichen Anforderungen genüge getan wird. Nur so können vertrauensvolle und langfristige Beziehungen zu Kunden und Kooperationspartnern aufgebaut werden. Ein transparenter und damit nutzerfreundlicher Internet-Auftritt schafft dem Unternehmen im Regelfall einen Wettbewerbsvorteil, den es zu realisieren gilt.

eCommerce Angebote

Nutzt das Unternehmen seinen Internetauftritt auch zum Abschluss von Fernabsatzverträgen, treffen es erweiterte Informations- und zusätzliche Handlungspflichten.

Verträge mit Verbrauchern

Beim eCommerce muss der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatzvertrages mindestens über die in § 312c BGB bzw. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoVO) aufgelisteten Sachverhalte informieren:

• Name und Anschrift des Unternehmens,
• wesentliche Merkmale der Ware/Dienstleistung und den Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages,
• die Mindestlaufzeit des Vertrages bei dauernden oder regelmäßig wiederkehrenden Leistungen,
• ggf. den Vorbehalt, eine in Qualität und Preis gleichwertige Ware/Dienstleistung zu erbringen,
• Vorbehalt, die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen,
• Preis der Ware/Dienstleistung, einschl. aller Steuern und sonstiger Preisbestandteile,
• ggf. zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten,
• Einzelheiten hinsichtlich Zahlung und Lieferung sowie
• Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts.

Gemäß § 312c Abs. 2 BGB hat der Unternehmer die Pflicht, dem Kunden die folgenden Informationen in Textform spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages, bei Waren spätestens bei der Lieferung an den Verbraucher
mitzuteilen:

• Informationen über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie über den Ausschluss des Widerrufs- oder Rückgaberechts,
• die Anschrift der Niederlassung des Unternehmers, bei der der Verbraucher Beanstandungen vorbringen kann, sowie eine ladungsfähige Anschrift des Unternehmers und bei juristischen Personen, Personenvereinigungen oder -gruppen auch den Namen eines Vertretungsberechtigten,
• Informationen über Kundendienst und geltende Gewährleistungs- und Garantiebedingungen und
• die Kündigungsbedingungen bei Verträgen, die ein Dauerschuldverhältnis betreffen und für eine längere Zeit als ein Jahr oder für unbestimmte Zeit geschlossen werden.

Verträge mit Unternehmen

Bei Verträgen mit Gewerbetreibenden muss der Anbieter seinen Namen und seine Anschrift angeben. Personenvereinigungen müssen darüber hinaus den Namen und die Anschrift des gesetzlichen Vertreters aufzeigen. Unternehmen, die journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote offerieren, sind verpflichtet, zusätzlich den für den Inhalt des Angebots Verantwortlichen mit Angabe des Namens und der Anschrift zu nennen.

Beim Einsatz von elektronischen Kommunikationsmitteln für den Geschäftsverkehr wie etwa dem Internet (nicht aber Brief oder Telefonverkehr) muss der Unternehmer dem Kunden gemäß § 312e BGB neben der Einhaltung weiterer Informationspflichten u.a.:

• technische Mittel zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler erkennen und berichtigen kann,
• den Zugang der Bestellung unverzüglich elektronisch bestätigen (Bestellung und Empfangsbestätigung gelten dabei als zugegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie unter gewöhnlichen Umständen abrufen können),
• eine Möglichkeit aufzeigen, wie er die Vertragsbedingungen abrufen und in wiedergabefähiger Form abspeichern kann.

Untersuchungsergebnis

Nur 33 (24 %) der insgesamt 139 ausgewählten Unternehmen betreiben auf ihrer Unternehmenshomepage eCommerce. Von diesen 33 Unternehmen konnten bei 70 % (23 Unternehmen) Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen festgestellt werden. Lediglich 10 Unternehmen haben die Verbraucher ausreichend informiert. 16 Unternehmen (49 %) begingen schwere Verstöße. Der Internetauftritt von 7 Unternehmen (21 %) wurde der Klasse „Leichte Verstöße“ zugeordnet, da im Wesentlichen nur die technischen Hilfsmittel für die Korrektur von Eingabefehlern nicht geboten wurden. Hauptursache für die übrigen Verstöße waren fehlende Informationen bzw. Angaben beim Vertragsabschluss.

Bewertung

Mögliche Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften zum eCommerce können die Unwirksamkeit des Vertrages und Unterlassungsklagen von Wettbewerbern und Verbraucherschutzverbänden sein.

Gerade im Bereich eCommerce spielt die Kundenbindung eine sehr wichtige Rolle. Verstöße gegen die Informationspflichten beim eCommerce können die Kunden dazu verleiten, das entsprechende Angebot nicht zu nutzen, da ihnen relevante Daten zum Vertragsabschluss fehlen. Ermöglicht man hingegen dem Nutzer, durch ausreichende Angaben positive Erfahrungen beim eCommerce zu machen, so hat man eine hohe Chance, die Kundenbindung nachhaltig zu verbessern.

Verstöße gegen die Informationspflichten beim eCommerce bergen zudem Risiken für die Vertragsabwicklung. Durch fehlende Angaben zu Liefer- und Versandkosten, oder ggf. dem Vorbehalt, eine in Qualität und Preis gleichwertige Ware/Dienstleistung zu erbringen, können Kundenbeschwerden, Zahlungsverweigerungen, Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag ausgelöst werden.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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