Die jüngsten Gerichtsurteile haben einige Unsicherheit über die Verantwortlichkeit für Inhalte im Internet gebracht. Wie ist die Verantwortlichkeit für eigene bzw. fremde Inhalte? Wie ist die Haftung für Links geregelt? Und: Unter welchen Umständen bestehen Gegendarstellungsansprüche?
Mit dem Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) sowie dem Mediendienste-Staatsvertrag sind am 1. August 1997 auf Bundes- und Landesebene gesetzliche Rahmenbedingungen in Kraft getreten, mit denen bereits an der Schwelle zum Beginn eines neuen Multimedia-Zeitalters dem Verlangen nach Rechtssicherheit begegnet werden sollte. Für E-Commerce Anbieter ist insbesondere das Teledienstgesetz (TDG) von Bedeutung, in dem wichtige Regelungen für die Verantwortlichkeit im Internet getroffen wurden.
Das Teledienstgesetz gilt für elektronische Dienste, die für eine individuelle Nutzung bestimmt sind. Ausdrücklich benannt sind als solche Dienste unter anderem Angebote im Bereich des Telebanking, Datendienste in Form von Verkehrs, Wetter- und Börsendaten und – entscheidend für den Electronic Commerce – gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 TDG:
„Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit.“
Für alle E-Commerce Angebote im Bereich business-to-consumer ist daher die Einstufung als Teledienst und damit die Anwendbarkeit des Teledienstgesetzes gesetzlich definiert.Zentrale Vorschrift des TDG ist die in § 5 TDG geregelte Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für eigene, unter Umständen auch fremde Inhalte.
§ 5 TDG unterscheidet zunächst zwischen eigenen und fremden Inhalten. Die Verantwortlichkeit für eigene Inhalte richtet sich gemäß § 5 Abs.1 TDG nach den allgemeinen Regeln, so dass das TDG insoweit keine besondere Regelung bereithält.
Bei der Verantwortlichkeit für fremde Inhalte sind in den Abs. 2 und 3 wiederum unterschiedliche Haftungsmaßstäbe angesetzt worden. § 5 Abs. 3 TDG schließt eine Haftung für fremde Inhalte, zu denen lediglich der Zugang zur Nutzung vermittelt wird, aus. Dabei gilt auch das automatische und kurzzeitige Vorhalten fremder Inhalte auf Grund Nutzerabfrage als Zugangsvermittlung. Mit dieser Regelung sollten diejenigen Internetfunktionen von der Haftung ausgenommen werden, die einer reinen Telekommunikationsdienstleistung vergleichbar sind (Spindler NJW 97, 3198). Sie ist insofern auf den klassischen Access-Provider zugeschnitten, der kein eigenes Angebot im Netz bereit hält. Die in § 5 Abs. 3 S. 2 geregelte Zugangsvermittlung in Form des kurzzeitigen Vorhaltens ist ergänzend dazu auf die Vorhaltung in einem Proxy-Server konzipiert.
Differenzierter ist die Verantwortlichkeit für fremde Inhalte geregelt, die zur Nutzung bereit gehalten werden. Nach § 5 Abs. 2 ist der Anbieter für solche Inhalte verantwortlich, wenn er davon Kenntnis erlangt hat und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, die Nutzung dieser Inhalte zu verhindern. Mit dieser Regelung ist eine Haftungsprivilegierung für Provider geschaffen worden, die sich im Einzelfall zu einem faktischen Haftungsausschluß entwickeln kann.
Abgestellt wird nur auf die tatsächliche Kenntnis von Inhalten, nicht auf ein Kennenmüssen. Eine Verpflichtung zur regelmäßigen Information über fremde Inhalte gibt es nicht. Selbst bei Vorliegen von Kenntnis der Inhalte muss es dem Anbieter aber zusätzlich technisch möglich und zumutbar sein, diese Inhalte zu sperren. Auch mit dieser Formulierung ist jedoch eine Regelung gefunden worden, die dem Anbieter einen immensen Argumentations- und Gestaltungsspielraum zugesteht und eine Haftung auch trotz Kenntnis in vielen Fällen schwierig machen wird.
Ohne Unterschied für fremde oder eigene Inhalte gilt für alle Diensteanbieter die Regelung des § 5 Abs. 4 TDG (Spindler, K&R 98, 178). Danach bleibt eine Verpflichtung zur Sperrung rechtswidriger Inhalte nach allgemeinen Gesetzen unberührt, wenn der Anbieter von den Inhalten Kenntnis erlangt hat und eine Sperrung wiederum technisch möglich und zumutbar ist. Auch wenn daher unter Umständen eine Haftung für Schäden nicht in Betracht kommt, verbleibt es in jedem Fall bei einer Pflicht zur Sperrung rechtswidriger Inhalte.
Rechtswidrige Seiten durch Links: Gilt der Link als Quellenangabe im Sinne einer Fußnote oder werden die Inhalte als eigene präsentiert?
Probleme ergeben sich bei der Haftung für rechtswidrige Inhalte von Seiten, auf die mittels Link verwiesen wird. Eine klare Einordnung unter die verschiedenen Regelungen des § 5 TDG ist hier nicht möglich. Vielmehr ist anhand der Kriterien des jeweiligen Einzelfalles festzustellen, ob die Inhalte aufgrund der Art des Verweises als eigene präsentiert werden oder der Link nur als Quellenangabe im Sinne einer Fußnote fungiert.
In direkter Anwendung nicht möglich ist jedenfalls der Haftungsausschluß für fremde Inhalte nach § 5 Abs. 3 TDG, da diese Regelung nur auf telekommunikationsähnliche Dienste anwendbar ist. Ist der Verweis auf eine fremde Seite mit einem Link als eigener Inhalt zu qualifizieren mit der Folge, dass der Anbieter voll nach den allgemeinen Vorschriften haftet? Problematisch ist hier bereits, dass auf Angebote verwiesen wird, auf deren Inhalt kein Einfluß besteht, da sie auf einem fremden Server liegen. Bereits aus diesem Grunde ist daher die Qualifizierung als „eigener Inhalt“ schwierig.
Die Beantwortung dieser Frage hängt aber auch davon ab, in welcher Form auf den Link verwiesen wird. Dabei kann es eine Rolle spielen ob sich der Anbieter von einem Angebot ausdrücklich distanziert, es ausdrücklich unterstützt oder durch die Verwendung des eigenen Frames den Eindruck erweckt, es handele sich um eigene Inhalte. In einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist das Gericht tatsächlich davon ausgegangen, dass der Verletzer sich mit dem Setzen des Links auf die ehrverletzenden Seiten diese zu eigen gemacht hat und damit voll für diesen Inhalt verantwortlich ist. Diese Entscheidung kann jedoch absolut nicht auf alle Fälle der Rechtsverletzung per Link übertragen werden.
Die „normale“ Verwendung eines Links, quasi als Hinweis auf weitere Informationen oder Quellen, ist sicherlich nicht als ein „zu eigen machen“ zu qualifizieren, so dass in diesen Fällen eine Haftung wie für eigene Inhalte nicht in Betracht kommt. Auch die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs nach § 5 Abs. 2 TDG kann jedoch beim Setzen von Links schwierig sein. Denn es ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass ein Link dem Bereithalten eines Angebotes gleichzusetzen ist, wie es die Regelung verlangt. Nach der Konzeption des Gesetzes wäre dazu eigentlich erforderlich, dass das Angebot im eigenen Speicher bereitgehalten wird, was im Falle des Links gerade nicht der Fall ist.
Dennoch ist als praktikabelste Lösung hier eine analoge Anwendung des § 5 Abs.2 TDG angebracht, wie sie bereits verschiedentlich gefordert wird. Danach wäre die Haftung abhängig von der Kenntnis des Angebotes. Nur wer von einem rechtswidrigen Inhalt Kenntnis hat und trotzdem per Link darauf verweist, ist für diesen Inhalt auch verantwortlich.
Wann bestehen Gegendarstellungsansprüche? Ein Gegendarstellungsanspruch ist gegeben, wenn die Inhalte journalistisch-redaktionell gestaltet und in periodischer Folge verbreitet werden.
Der Mediendienste-Staatsvertrag enthält Regelungen, die speziell auf die an die Allgemeinheit gerichteten Mediendienste zugeschnitten sind. Neben der Regelung journalistischer Sorgfaltspflichten und dem Trennungsgebot von Werbung und Berichterstattung ist hier insbesondere der in § 10 MDStV geregelte Gegendarstellungsanspruch zu erwähnen.
Danach besteht ein Gegendarstellungsanspruch grundsätzlich dann, wenn das betroffene Inhaltsangebot den Voraussetzungen des § 6 Abs.2 MDStV entspricht. Die Qualifizierung als Mediendienst allein ist daher nicht ausreichend, um einen Gegendarstellungsanspruch zu begründen. Nur wenn es sich um ein journalistisch -redaktionell gestaltetes Angebot handelt, in dem Inhalte in periodischer Folge verbreitet werden, ist der Gegendarstellungsanspruch gegeben. In einem Beschluß des LG Düsseldorf (12 O 132/98) wurde die für die begehrte Gegendarstellung auf einer Homepage verneint, da die Vergleichbarkeit mit einem periodischen Medium nicht gegeben war. Das einmalige Erneuern des Inhalts ist danach jedenfalls nicht ausreichend, um auf ein periodisches Werk schließen zu können.
Aber auch das im üblichen Umfang regelmäßige Pflegen und Aktualisieren der Homepage ist für das Vorliegen eines Angebotes im Sinne des § 6 Abs.2 MDStV nicht ausreichend. Hier werden die aktualisierten Inhalte von den Besuchern mangels regelmäßigen Besuches oft nur am Rande registriert. Vielmehr muss es sich um ein Angebot handeln, dass von den Nutzern gerade wegen der regelmäßigen Aktualisierung besucht wird. Nur die durch den wiederkehrenden Leser besonders stark mögliche Einflußnahme in Massenmedien rechtfertigt es, dem Verletzten mit der Gegendarstellung eine vergleichbar starke Richtigstellung zu ermöglichen.
Freilich muss bei der Prüfung eines Gegendarstellungsanspruches zunächst dargelegt werden, dass es sich überhaupt um einen Mediendienst handelt und nicht um ein auf Individualkommunikation abzielendes Angebot. Dieser Frage ist das LG Düsseldorf in der genannten Entscheidung trotz der bekannten Abgrenzungsschwierigkeiten überhaupt nicht nachgegangen.