Recht aktuell: Das ändert sich für Web-Anbieter

Die Berücksichtigung rechtlicher Neuerungen sollte auch im Jahre 2004 ganz oben auf der Agenda der Webanbieter stehen. Was sich im Einzelnen geändert hat, erfahren Sie im aktuellen Beitrag unseres ECIN-Rechtsexperten.

Neues Wettbewerbsrecht ab Frühjahr
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist novelliert worden und in seiner neuen Form am 1.4.2004 vom Bundestag beschlossen worden. In das neue Gesetz wurden zahlreiche von der Rechtsprechung entwickelte wettbewerbsrechtlichen Fallgruppen nunmehr ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. So wird zukünftig beispielsweise die Schleichwerbung, das Ausnützung der Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen, die Koppelung von Gewinnspielen mit dem Erwerb einer Ware und die Behinderung von Marktteilnehmern ausdrücklich als wettbewerbswidrig benannt. Gleichzeitig werden die Reglementierungen so genannter „Sonderveranstaltungen“ im Handel (Schluss-, Jubiläums- und Räumungsverkäufe) ganz entfallen.

Für Webanbieter ist insbesondere das ausdrückliche Verbot unerlaubter E-mail Werbung (Spam) von Bedeutung, das im neuen Wettbewerbsrecht geregelt sein wird. Damit werden die Vorgaben europäischer Richtlinien in Deutschland umgesetzt, die den EU-Mitgliedsstaaten eine ausdrückliche Regelung der E-mail Werbung vorschreiben.

Spam ausdrücklich wettbewerbswidrig
Bekanntlich ist das Versenden von E-mail Werbung ohne Einwilligung des Empfängers bereits nach der ständigen Rechtsprechung deutscher Gerichte rechtswidrig. Im neuen deutschen UWG ist das Werben mittels elektronischer Post ohne Einwilligung des Empfängers zukünftig ausdrücklich geregelt: Es erfüllt den Tatbestand einer „unzumutbaren Belästigung“ und ist wettbewerbswidrig.

Aber auch im Falle der Einwilligung des Empfängers stellt der deutsche Gesetzgeber zukünftig weitere Anforderungen an den Versender: Die Identität des Absenders darf weder verheimlicht noch verschleiert werden, zudem muss eine gültige Adresse angegeben werden, über die der Empfänger jederzeit eine Aufforderung zur Einstellung des Versendes solcher Werbung richten kann.

Ebenso wichtig wie das grundsätzliche Verbot der E-mail Werbung sind die Ausnahmetatbestände, die in § 7 Abs. 3 UWG normiert sind:

Eine unzumutbare Belästigung bei Werbung mittels elektronischer Post ist dann nicht anzunehmen, wenn:

– ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat;
– er die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet;
– der Kunde diese Verwendung nicht widersprochen hat und
– der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere Kosten als die Übermittlungskosten nach dem Basistarifen entstehen.

Der Gesetzgeber spricht nun ausdrücklich nur noch von „elektronischer Post“ und „elektronischer Postadresse“, während es im Entwurf des Gesetzes noch „elektronische Adresse“ hieß. Beabsichtigt war mit dieser Änderung wohl eine klare Abgrenzung zur telefonischen Werbung, die ausnahmslos der vorherigen Einwilligung durch den Kunden bedarf. Allerdings stellt sich mit der Änderung nun die Frage, ob auch die Werbung per SMS ebenfalls Werbung an eine „elektronische Postadresse“ darstellt, oder ob die gesetzlichen Ausnahme nur für die E-mail-Werbung gelten soll.

Indes muss die Ausnahme wohl auch für die SMS-Werbung gelten, da auch hier die textliche Werbung im Vordergrund steht. Dafür spricht auch der Text der EU-Richtlinie, die der Novellierung des Wettbewerbsrechts zugrunde liegt. Danach ist „elektronische Post“ jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht ist, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird. Klarheit werden hier wahrscheinlich die ersten Gerichtsentscheidungen bringen.

Umlaut-Domains ab März
Seit 1. März 2004 kann man bei der DENIC sogenannte „Internationalised Domain Names“ (IDN) beantragen. Neben so genannten Umlaut-Domains werden damit 92 weitere neue Zeichen als Domainbestandteile zugelassen. Dies ist insbesondere für Inhaber von Marken oder Namensträgern interessant, deren Bestandteil ein “ä“, „ö“ oder „ü“ ist.

Anders als bei der Einführung neuer Top-Level-Domains vor gut zwei Jahren ist diesmal keine so genannte „Sunrise-Periode“ vorgesehen: Während damals in einer ersten Registrierungsphase nur solche Personen und Organisationen eine Domain beantragen konnten, die ein entsprechendes Markenrecht an der gewünschten Bezeichnung nachweisen konnten, ist die Registrierung der Umlaut-Domains seit dem 1.3.2004 für jedermann möglich. Der Nachweis eines entsprechenden Markeneintrages ist ebenso wenig erforderlich, wie der Nachweis darüber, dass beispielsweise der Familien oder Firmenname der beantragten Umlaut-Domain entspricht.

Aus diesem Grund versuchen insbesondere die Inhaber bekannter Marken, den Vergabegrundsatz „first come, first serve“ auf den Zeitpunkt vor der offiziellen Registrierungsphase vorzuverlegen, um sich ihre Rechte zu sichern. So hat beispielsweise der Hersteller einer bekannten Teewurst-Marke durch seine Rechtsanwälte diverse Provider anschreiben lassen und darum gebeten, keine „Internationalised Domain Names“ (Umlaut-Domains) für Kunden zu registrieren oder zu reservieren, die Kennzeichenrechte der Wurstfabrik verletzen würden. Wenn auch die vorbeugende Durchsetzung von Markenrechtenn – also bevor überhaupt feststeht ob, durch wen und zu welchem Zweck Umlaut-Domains registriert werden – kaum möglich sein wird, so wird spätestens mit Beginn der Registrierungsphase voraussichtlich ein vertrautes Hauen und Stechen auf dem juristischen Schlachtfeld beginnen.

Provider prüfen keine Markenrechtsverletzung
Die Provider werden dabei allenfalls in Fällen offenkundiger Rechtsverletzung von der Vergabe einer beantragten Domain absehen. In der Regel werden die beantragten Domains zumindest bei Registrierungsanträgen von Bestandskunden zunächst vergeben, ohne dass eine Prüfung entgegenstehender Ansprüche Dritter erfolgen wird. Sofern Provider eine Vormerkung für Umlaut-Domains anbieten, ist dies keinesfalls eine Garantie dafür, die gewünschte Domain auch zu erhalten. Denn für die Registrierung kommt es ausschließlich darauf an, welcher Domainauftrag für eine bestimmte Domain zuerst bei der DENIC eingeht.

Um Kollisionen mit den Inhabern entgegenstehende Rechte zu vermeiden sollten Interessenten sich rechtzeitig vorher darüber informieren, ob sie unter Umständen mit einer Umlaut-Domain die Rechte Dritter verletzen und sich dadurch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen aussetzen.

Dabei gelten – wie in allen markenrechtlichen Auseinandersetzungen – zwei Grundsätze: Voraussetzung für einen entgegenstehenden Anspruch ist das Bestehen einer Verwechslungsgefahr. Die gewünschte Umlaut-Domain darf also nicht zu einer Verwechslung mit dem vergleichbaren Angebot eines Dritten führen, der eine ähnliche Domain bereits nutzt. Dabei ist stets der zweite Grundsatz zu berücksichtigen, nachdem das bessere Markenrecht immer demjenigen zusteht, der als erster unter der jeweiligen Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr aufgetreten ist bzw. zuerst einen Antrag auf Eintragung einer Marke gestellt hat.

Die Einführung der Umlaut-Domains wird daher in den meisten Fällen nur für die Unternehmen interessant, die jetzt die Möglichkeit erhalten, die eigentlich mit Umlaut geschriebene Marke oder Firma nun auch entsprechend als Domain verwenden zu können. Denn wer markenrechtlich eine Domain in der Schreibweise mit „ue“ für sich beanspruchen kann, der wird in der Regel auch den Anspruch auf die Domain mit der originalen Schreibweise für sich beanspruchen können.

Patentierbarkeit von Software?
Im September 2003 hat das europäische Parlament eine „Richtlinie zum Patentschutz von computerimplementierten Erfindungen“ in erster Lesung verabschiedet. Dies hat vielerorts zu dem Missverständnis geführt, dass Software als solche zukünftig in Europa patentierbar sei.

Die aktuelle Richtlinie lässt jedoch die Patentierung von Software gerade nicht, bzw. nur unter äußerst eingeschränkten Bedingungen zu. Ob und in welchem Umfang die Patentierung von Software zukünftig möglich sein wird, darüber wird derzeit noch kontrovers diskutiert.

Nach derzeitiger Rechtslage ist jedenfalls – ebenso wie nach dem aktuellen Stand der EU-Richtlinie – die Anmeldung eines Patents für Software als solche in Europa nicht möglich sein. Allerdings ist auch nach der momentanen Rechtslage gemäß dem seit 1978 geltenden Europäischen Patentübereinkommen zumindest die Vergabe von softwarebezogenen Patenten nicht generell ausgeschlossen ist. Diese Patente werden jedoch grundsätzlich nur dann vergeben, wenn Computerprogramme Teil einer technischen Vorrichtung waren, die zur Ausführung bestimmter Prozesse dient. Im Vordergrund musste also die Prozessteuerung einer bestimmten Technik stehen, nicht die Software selbst. Der Ausschluss der Patentierbarkeit von Software gilt also nur für Programme, die keinerlei technischen Charakter haben. Seit den siebziger Jahren wurden daher in Europa ca. 30.000 softwarebezogene Patente vergeben, bei den die Software einen ausreichenden technischen Charakter hatte.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle EU-Richtlinie zu sehen, die diese Praxis in der EU harmonisieren und auf klare rechtliche Vorgaben stellen soll, um ein uneinheitliches Ausufern der Patentrechtsprechung zu vermeiden. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Patentrecht ist nach der aktuellen EU-Richtlinie Voraussetzung für die Patentierung von Software , dass es sich um eine neue Erfindung handelt, die einen technischen Beitrag leistet. Reine Algorithmen und Geschäftsprozesse sind nach jetzigem Stand der Dinge daher weiterhin nicht schutzfähig.

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