Kein Steuerschlupfloch mit US-Providern

Auch Internetprovider unterliegen der deutschen Umsatzsteuerpflicht. Was gilt aber, wenn der Webzugang über einen Provider mit Sitz im Ausland erfolgt? Was sollte bei der Inanspruchnahme von Providerdienstleistungen beachtet werden?

Grundsätzlich unterliegt jede von einem Unternehmer in Deutschland erbrachte Leistung der deutschen Umsatzsteuer. Das gilt auch für die Internetprovider und Online-Dienste, die für ihre Kunden den Netzanschluß bereitstellen und organisatorische sowie Verwaltungsaufgaben übernehmen. Was gilt aber, wenn der Webzugang über einen Provider mit Sitz im Ausland erfolgt? Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, wurden Regelungen erlassen, die man bei der Inanspruchnahme von Providerdienstleistungen kennen sollte.

Voraussetzung für das Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht ist u.a., dass der Ort der Leistungserbringung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Inland, also in Deutschland liegt. Für die Bestimmung dieses Ortes sieht das UStG eine Reihe von Grundregeln und Ausnahmetatbeständen vor, die genau zu beachten sind.

Für eine deutsche Privatperson könnte es im Hinblick auf den fehlenden Vorsteuerabzug überlegenswert sein, sich eines Providers zu bedienen, dessen Leistungen möglicherweise nicht mit Umsatzsteuer belastet ist, etwa aufgrund der Tatsache, dass am Firmenstandort des Providers keine Umsatz- oder ähnliche Verbrauchsteuern erhoben werden. Ebenso könnten Überlegungen dahin gehen, eine niedrigere Umsatzsteuerbelastung zu erreichen, indem ein Provider gewählt wird, an dessen Herkunftsort ein – im Vergleich zu Deutschland – günstigerer Umsatzsteuersatz erhoben wird. Wie im folgenden gezeigt wird, laufen derartige Überlegungen jedoch ins Leere.

Für Geschäftskunden ist die Bestimmung des Leistungsortes insbesondere deshalb wichtig, da sich für sie unter bestimmten Umständen steuerliche Pflichten zur Einbehaltung und Abführung der Umsatzsteuer ergeben können. Schließlich haben sowohl inländische wie auch ausländische Provider die Regelungen des deutschen UStG zu beachten, insofern ein Inlandsbezug ihrer Leistung vorliegt.

Das UStG unterscheidet generell zwischen Inland (Deutschland), den übrigen Mitgliedsstaaten der EU sowie dem Drittland, wobei die Bezeichnung Ausland die letzten beiden Gruppen umfaßt.

Die Bereitstellung des Zugangs zum Internet stellt eine Dienstleistung (sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG) dar. Der Ort der Dienstleistung bestimmt sich nach § 3a UStG. § 3a Abs. 1 UStG schreibt vor, dass grundsätzlich die Leistung an dem Ort als ausgeführt gilt, an dem der leistende Unternehmer sein Unternehmen, bzw. im Falle der Leistungserbringung durch eine Betriebsstätte, wo er die Betriebsstätte betreibt (Unternehmensortprinzip).

Ausnahmen sollen Wettbewerbsverzerrungen verhindern
Die dargestellte Grundregel wird in zahlreichen Fällen durch Ausnahmeregelungen verdrängt, vornehmlich dann, wenn der Gesetzgeber der Auffassung ist, die Grundregel führe zu Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Geschäftsverkehr. Ein solches Risiko der Wettbewerbsverzerrung wurde insbesondere im Bereich der Erbringung von Telekommun-kationsleistungen gesehen.

Eine Definition des Begriffs der Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation enthält das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. April 1997 bzw. vom 18. November 1997. Nach diesem Schreiben zählt die Ermöglichung der Nutzung und des Zugangs zu einem Informationsnetz, wie z. B. zum Internet, zu den Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Mithin fällt die Leistung von Zugansprovidern unter die im folgenden näher zu erläuternden Ausnahmeregelungen.

Für unternehmerische Leistungsempfänger gilt Empfängerortprinzip
Abweichend von der dargestellten Grundregel sieht § 3a Abs. 3 UStG für unternehmerische Leistungsempfänger vor, dass der Ort der Leistung am Sitz des Leistungsempfängers liegt (Empfängerortprinzip), sofern eine der sog. Katalogleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG vorliegt. Zu diesen Katalogleistungen gehören nach § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG auch die Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Folglich bestimmt § 3a Abs. 3 UStG bei unternehmerischen Leistungsempfängern den Leistungsort nach Maßgabe des Empfängerortprinzips, die Leistung des ausländischen Providers unterliegt mithin grundsätzlich der deutschen Umsatzsteuer.

Inländische Unternehmen, die Leistungen von Providern mit Sitz im Ausland empfangen, haben daher grundsätzlich das sogenannte Abzugsverfahren zu beachten. Nach den Vorschriften der §§ 51 ff. UStDV über das Abzugsverfahren, hat in Fällen der Leistungserbringung durch einen ausländischen Unternehmer der deutsche Unternehmer als Empfänger der Leistung die deutsche Umsatzsteuer von der Gegenleistung des ausländischen Providers einzubehalten und an sein Finanzamt abzuführen. Des weiteren hat er verschiedene Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Bei zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten inländischen Unternehmern kann unter Anwendung der sogenannten Nullregelung jedoch auf die Erhebung der Umsatzsteuer verzichtet werden.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, gilt die Überlassung des Internet-Zuganges nach § 3a Abs. 3 S. 1 UStG stets als am Sitz des Empfängers erbracht.

Ausnahme für Privatkunden
Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Telekommunikationsleistungen an Privatkunden unterscheidet der Gesetzgeber im Rahmen seiner Funktion als Wettbewerbshüter weiter danach, ob der Privatkunde innerhalb oder außerhalb der EU ansässig ist.

Ist der Privatkunde außerhalb der EU ansässig so liegt der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 S. 3 UStG grundsätzlich ebenfalls beim Sitz des Empfängers, wenn der Empfänger eine Privatperson ist und seinen Sitz im

Drittland
, also außerhalb der EU, hat. D.h. in diesem Fall fällt die Bereitstellung des Zuganges zum Internet nicht unter deutsche (oder EU) Umsatzsteuer. Ist der Privatkunde dagegen innerhalb der EU ansässig muss nochmals eine Unterscheidung vorgenommen werden, nämlich danach, ob der Privatkunde den Internetzugang von einem Provider bezieht, der sein Unternehmen in der EU oder außerhalb der EU betreibt. Vereinfacht gesagt wird für den ersten Fall insofern offensichtlich keine Wettbewerbsverzerrung angenommen, als dieser Provider der Umsatzsteuer im (harmonisierten) EU-Gebiet an seinem Standort unterliegt, wohingegen im zweiten Fall eine Besteuerung in der EU nicht gewährleistet ist, und dementsprechend der Ort der Zugangsleistung eines Drittlandsanbieters über eine weitere Ausnahmeregelung in das Inland verlegt werden muss.

Im Falle der Leistung eines in der EU ansässigen Providers an eine deutsche Privatperson, gilt das Unternehmensortprinzip des § 3a Abs. 1 UStG. In diesen Konstellationen wird die deutsche Privatperson folglich mit der Umsatzsteuer der anderen EU-Länder belastet, die im Durchschnitt oberhalb des deutschen Steuersatzes liegen.

Abweichend vom Unternehmensortprinzip des § 3a Abs. 1 UStG und der bereits dargestellten Ausnahmen von diesem Grundsatz wird die Leistung eines im

Drittlandsgebiet
ansässigen Providers an eine Privatperson, welche im Inland genutzt oder ausgewertet wird, nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Umsatzsteuer – Durchführungsverordnung (UStDV) ebenfalls als im Inland erbracht angesehen und unterliegt somit grundsätzlich deutscher Umsatzsteuer. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt und liegt diese Betriebsstätte im Drittland, so gilt die Leistung ebenfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG als im Inland ausgeführt. Dies gilt auch dann, wenn das Stammhaus nicht im Drittland ansässig ist. Wie jedoch in der Praxis die Nutzung und Verwertung im Inland durch den Provider festzustellen und zu dokumentieren ist, ist bislang nach Auffassung des Autors weitgehend ungeklärt.

Zusammenfassend lässt sich demnach folgende wesentliche Unterscheidung festhalten: Während für Provider-Dienste eines Drittlandsunternehmens an EU-ansässige Personen, seien diese Unternehmen oder Privatpersonen, das Empfängerortprinzip gilt, gilt für Leistungen von EU-Unternehmen an inländische und allgemein an EU-ansässige Privatpersonen, nicht hingegen an Unternehmer, europaweit das Unternehmensortprinzip. Die Besteuerung von Providerdiensten innerhalb des Gemeinschaftsgebietes hängt demnach wesentlich davon ab, ob der Empfänger ein Unternehmen (Empfängerortprinzip) oder eine Privatperson (Unternehmensortprinzip) ist.

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