Die wahre Herrausforderung im Internet besteht nicht darin, Waren zu verkaufen, sondern diese auch wie versprochen zu liefern. Gelingt dies nicht aus eigener Kraft, können Logistk-Dienstleister ein Ausweg sein. Aber wie entscheidet man zwischen Make or Buy?
Das vergangene Weihnachtsgeschäft brachte es an den Tag: Selbst die vermeintlichen Leader im E-Commerce hatten mit enormen logistischen Problemen zu kämpfen. Es mag zwar amüsant klingen, dass der vom Time Magazin zum Mann des Jahres gekürte Amazon-Gründer, Jeff Bezos, im Weihnachtsgeschäft selbst Hand anlegte und im Versand mitarbeitete, doch deckt diese Tatsache gleichzeitig schwerwiegende logistische Fehlplanungen auf. So sollte E-Logistik nicht zur Chefsache gemacht werden. Das geschilderte Amazon-Problem betraf aber fast alle Online-Shops. Einerseits ein weiterer Beweis dafür, dass E-Commerce nicht nur auf dem Papier boomt, andererseits ein Armutszeugnis für die Logistikabteilungen dieser Unternehmen.
Andersen Consulting kam bei der Analyse der „Holiday-Season“ zu dem Ergebnis, dass 27% aller Online-Bestellungen nur teilweise abgewickelt wurden. Ganz ohne die ersehnten Weihnachtsgeschenke standen 14% der Online-Käufer da. Um die potentiellen Kunden nicht sofort wieder zu verlieren, griff der Spielzeugversender Toys „R“ Us zu einer kostspieligen Entschädigung. Jeder enttäuschte Kunde erhielt 100US$ gutgeschrieben – Geld, das man besser in gut funktionierende Logistik-Lieferketten investiert hätte. Ob die frustrieren Käufer nach dieser Enttäuschung wiederkommen, ist mehr als fraglich.
Gerade bei der Warenauslieferung sollten natürlich die gegebenen Versprechungen auch eingehalten werden. Denn ein zufriedener Kunde ist immer noch die beste Werbung für das eigene Unternehmen. Und dieser erwartet eine prompte Lieferung, eine hohe Produktverfügbarkeit und eine leichte Rückgabe bei Nichtgefallen. Bis dato werden diese Essentials des E-Commerce jedoch nur von wenigen Online-Verkäufern zufriedenstellend realisiert.
Was erwarten die Kunden?
Verfügbarkeit
Sind die angebotenen Waren auch wirklich noch am Lager? Falls nicht, sollten Sie dies auch Ihren Kunden mitteilen. Leere Versprechungen sind hier nur schädlich für Ihr Geschäft. Wertvolle Informationen liefert Ihre Website durch die Anbindung an ein Warenwirtschaftssystem. Firmen wie i2, UPS oder FedEx haben Softwarelösungen entwickelt, die die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens überwachen und Bestellinformationen in Echtzeit an den Kunden weitergeben. Eine Dienstleistung, die immer mehr Online-Shopper erwarten.
Lieferzeit
Auch in Punkto Lieferzeit werden die Kunde immer anspruchsvoller. So versuchte in den USA ein Online-Verkäufer seine Logistik-Kette zu reorganisieren, um dadurch Kosten zu sparen. Die Bestelldauer verlängerte sich daraufhin von 3 auf 7 Tage. In der Konsequenz stieg die Rücklaufquote der Bestellungen von 7% auf 25%. Viele Kunden erwarten Lieferfristen von 48 Stunden. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, über das Outsourcen von Logistikfunktionen nachzudenken.
Track & Trace
Statusanzeigen über einzelne Aufträge lassen sich mittlerweile schon bei vielen Logistikunternehmen abrufen (Bsp. Hellmann Logistics). Eine für Online-Bestellungen wünschenswerte Serviceleistung, die leider noch selten im Internet anzutreffen ist.
Auswahl der Lieferformen
Die Zeiten, in denen die Deutsche Post noch das Liefermonopol für Pakete und Päckchen besaß, sind längst vorbei und das sollten auch Online-Händler wissen. Doch allzu oft trifft man nur auf den klassischen Postversand als Lieferform, obwohl auch die Deutsche Post AG längst ausgefeiltere Logistik-Lösungen anbietet. Den Kunden Wahlmöglichkeiten zu bieten, kann ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Service sein. Sowohl das Liefern der Ware an (fast) jeden Ort und zu (fast) jeder Zeit, als auch die Abholung (Pick-up-Stationen) der Ware durch den Kunden (Supermarkt, Postamt, Partnerunternehmen) können Optionen sein.
Diese Erwartungen können vor allem kleine und mittlere Unternehmen nur schwer oder gar nicht realisieren, da ihnen die nötigen Ressourcen für diese Backend-Lösungen fehlen. Dennoch bleibt das Problem bestehen und rückt die Frage der Logistik in den Mittelpunkt der Überlegungen während der (Weiter-)Entwicklung von E-Business Strategien.
Make or Buy?
Eine Frage der Größe
Unter welchen Umständen sollten Logistik-Leistungen ausgegliedert werden? In erster Linie spielt die Geschäftsgröße dabei eine Rolle. Laut Forrester Research werden Warenlager ab einer Größe von mehr als 15.000 Bestellungen pro Tag rentabel. Amazon erreicht momentan 33.000 Bestellungen pro Tag, könnte sich demnach eigentlich nur 2 Lager leisten. Vor allem rosige Prognosen über zukünftige Umsätze und starke saisonale Auftragsschwankungen lassen viele Unternehmen weit unterhalb der Empfehlungen eigene Warenlager betreiben. Für die Vielzahl der mittelgroßen Online-Shops (1000-10.000 Bestellungen/Tag) ist eine Outsourcing-Lösung die wirtschaftlich sinnvollere Alternative. Kleinere Online-Shops (ifulfill.com hat es als Full-Service-Anbieter auf kleine Online-Shops (Kostenrechnung, die Ihnen einen ersten Einblick in die Gebührenstruktur eines E-Logistik-Anbieters ermöglicht.
Die neuen E-Service Dienstleister
E-Logistikanbieter haben die Chance der Stunde erkannt und bieten durchgängige E-Commerce-Lösungen für die gestiegenen Marktanforderungen an. Dabei umfasst ihr Leistungsspektrum sowohl die Konzeption als auch die Realisation von Online-Shopping-Systemen. Die Anbindung von Warenwirtschaftssystemen gehört genauso dazu wie Bezahlverfahren, Logistiksysteme und After-Sales Service. Full-Service-Outsourcer bieten die komplette Fulfillment-Abwicklung schon für weniger als 10% des Verkaufspreises an. Sie sind in der Lage, ihre Warenlager sowie Ressourcen und Kompetenzen mehreren Online-Shops gleichzeitig zur Verfügung zu stellen. Um den Service von Fulfillment-Anbietern zu nutzen, müssen Online-Händler Logistik-Systemlösungen in ihre Website einbinden. Beim Einsatz einer Komplettlösung kann sich der Shop-Betreiber ganz auf das Marketing konzentrieren, den „Rest“ übernimmt der Logistik-Anbieter. Solche Systeme sind nicht ganz billig, deshalb rentiert eine Implementierung erst ab einer täglichen Bestellgröße von 500-1000 Aufträgen.
Die Outsourcing-Lösung
E-Logistik-Studien kommen einhellig zu dem Ergebnis, dass ab einer bestimmten Größe E-Logistik am besten outgesourced werden sollte. Laut einer Studie von Forrester Research ist diese Größe bei 1000 Bestellungen pro Tag erreicht. Bei Werten darüber sind E-Logistik-Dienstleister meist besser in der Lage, die Logistik-Kosten pro Order niedrig zu halten. In Deutschland bedienen u.a. Ifco, Thiel Logistik, WM-Group oder Hellmann-Logistics dieses Marktsegment. Übersteigt allerdings die Zahl der täglichen Bestellungen die Marke von 15.000, empfehlen die Experten von Forrester, über eine In-House-Lösung nachzudenken. Sie sind der Meinung, dass ab dieser Größenordnung die „economies of scale“ greifen und sich eine eigene Logistik-Lösung wieder rentiert.
Die Nachteile
Wenn Logistikdienstleister mit der kompletten Abwicklung von Aufträgen beauftragt wurden, muss ihnen auch die schnelle und umfassende Zugriffsmöglichkeit auf Firmendaten erlaubt werden. Hier sehen viele Unternehmen ein Hemmnis. Kein Unternehmen zeigt seine innerbetrieblichen Informationen gerne Dritten. Häufig steht auch die Angst vor einer Abhängigkeit dem Outsourcen gegenüber.
Die In-House-Strategie
Wenn Sie sich für eine In-House-Strategie entschieden haben, dann beachten Sie bei Investitionen in Logistik-Leistungen, dass Sie in eine Technik investieren, deren weitere Entwicklung nicht 100%ig vorhergesagt werden kann. Ferner steigen die Erwartungen der Kunden in letzter Zeit rapide an. Gut zu erkennen sind die gestiegenen Erwartungen an den verkürzten Lieferzeiten. Eine Lieferzeit von 3-4 Tagen gilt heute im Online-Geschäft als halbe Ewigkeit. 1-2 Tage sind gerade noch akzeptabel und der neueste Clou ist die Lieferung innerhalb einer Stunde. In einigen US-Ballungsräumen bietet das von Amazon und Softbank unterstützte Start-up-Unternehmen Kozmo diesen Service bereits an.
Die dringendste Aufgabe also besteht darin, am Puls der Zeit zu bleiben und den sich ändernden Erwartungen zu entsprechen. Nur dies verhindert enttäuschte Kunden sowie überflüssige und teure Investitionen, die sich nicht rentieren. Allzu schnell läuft man sonst Gefahr, Kunden und Umsätze an Konkurrenten zu verlieren. Gehen Sie davon aus, dass Ihre Konkurrenz genau weiß, welche Teile der Wertschöpfungskette besser In-House bearbeitet werden können und welche besser ausgegliedert werden sollten. E-Logistik versteht sich mittlerweile als Integration von Menschen, Prozessen und Technologien. Und die Zufriedenstellung der Kunden vor, während und nach Geschäftsabschluss ist das Erfolgsrezept (nicht nur) für E-Commerce. Die wahre Herausforderung besteht nicht darin, Waren zu verkaufen, sondern diese auch zu liefern.
E-Logistik Checkliste:
In-House-Lösung
Pro:
– Vielfältigerer Service am Kunden
– Kosteneinsparung ab einer bestimmten Größe
Kontra:
– Hohe Anlauf- und Entwicklungskosten
– Hochqualifizierte Mitarbeiter / Logistik-Experten erforderlich
– Time-to-Market Zeit ist länger
Outsourcing-Lösung
Pro:
– Logistik-Experten werden gestellt
– Geringere Anlaufkosten
– Time-to-market Zeit ist kürzer
Kontra:
– Für kleinste Unternehmen meist unattraktiv
– Gefahr der Abhängigkeit von Logistik-Dienstleister
– IT-Anknüpfungsprobleme bzw. hohe Investitionen