Der Einkauf – Neuer Held im Kampf um gute Betriebsergebnisse

Drehen wir das Rad der Zeit einmal kurz zurück: Das neue Jahrtausend bricht an – nie zuvor haben Unternehmen soviel und so unbedacht ausgegeben. Der anerkannte „Hero“ eines Unternehmens ist eindeutig der Vertrieb – der Einkauf ist beinahe ganz in Vergessenheit geraten; es sei denn, jemand braucht noch etwas Papier für das Fax-Gerät! Das konnte nicht gut gehen.

So war es: Das Leben lief gut. Das Betriebsergebnis war immer weit von den roten Zahlen entfernt und die Gelder flossen – dank der Finanzierungen von Venture Capital Organisationen!

Und dann passierte es – die Blase platzte!

Es war ein tiefer Fall und das Erwachen bitter für viele Unternehmen. Zuwächse im Vertrieb waren plötzlich eher die Ausnahme denn die Regel und keine Garantie mehr für die Rentabilität. Unternehmen mussten sich nach neuen Wegen umsehen, Kosten einzusparen. Der Vorstand stand plötzlich unter massivem Druck, Einsparpotenziale – wo immer möglich – auszumachen. Vom „notwendigen Übel“ wurde die Einkaufsabteilung fast über Nacht zur „großen Hoffnung“.

Dem Einkauf war es schon immer klar, dass es mit zu seinen Aufgaben gehörte, gute Betriebsergebnisse zu erzielen. Die Vorstandsebene fängt gerade an, zu begreifen, welche Vorteile durch Spend Management (Ausgabenmanagement) im Bereich Kosteneinsparungen und Produktivitätssteigerung realisiert werden können. Es gibt bereits einige Unternehmen, wie beispielsweise BMW, Aventis Pharma, Roche, Credit Suisse oder British Airways, die einen sehr ausgereiften Spend Management-Ansatz verfolgen und somit die strategische Bedeutung des Einkaufs erkannt haben.

Diese Unternehmen besitzen bereits eine unternehmensweite Transparenz über ihre Ausgaben. Die Beschaffung der Materialien und Güter verläuft in diesen Unternehmen strategischer, was zu Einsparungen und damit zu positiven Auswirkungen auf das Betriebsergebnis führt. Die Transparenz ermöglicht es den Unternehmen, „Schwarze Löcher“ in ihrer Ausgabenstruktur zu identifizieren, wie beispielsweise Ausgaben außerhalb genehmigter Vereinbarungen oder aufgrund ungültiger, veralteter Verträge. Hier schlummern große Einsparpotenziale. In so einer starken Ausgangslage können Unternehmen mit ihren Lieferanten bessere Verträge aushandeln, Kosten reduzieren und optimierte Serviceleistungen sichern. Nachdem die Verträge abgeschlossen sind, sollten Unternehmen auch in ein längerfristiges Spend Management investieren, um sicherzustellen, dass diese neuen Verträge auch umgesetzt und ausgeübt werden – anstatt diese nur abzuheften und dem Staub der Aktenschänke zu überlassen.

Eine aktuelle von Ariba durchgeführte Umfrage zeigt, dass europäische Unternehmen viel häufiger Verträge ver- und aushandeln als noch vor zwei, drei Jahren. Laut den Umfrageergebnissen, wollen 81Prozent der Unternehmen in einem Sechs-Monats-Turnus Verträge neu verhandeln. Im Vergleich dazu war ein drei bis fünf Jahres Turnus in den 90iger Jahren üblich. Das gegenwärtige Wirtschaftsklima und der zunehmende Einfluss des Einkaufs haben den Lieferanten die Kontrolle entzogen und sie wieder in die Hände der einkaufenden Unternehmen gelegt. Diese erreichen zum ersten Mal eine Transparenz über ihre unternehmensweiten Ausgaben.

Auch wenn es in erster Linie noch immer um den Preis geht, ist dieser nicht immer der allein entscheidende Faktor. Nehmen wir z.B. folgendes Szenario: ein Automobilhersteller kauft für eine spezielle Serie eine große Anzahl Blinkerleuchten ein. Das Problem liegt hier aber nicht beim Stückpreis, sondern darin, dass diese Leuchten regelmäßig zu früh versagen und so viel zu oft ausgetauscht werden müssen. Das erhöht nicht nur die Kosten, sondern nimmt auch Zeit für die Reparatur (Austausch der Leuchten) in Anspruch. Wenn nun ein anderer Lieferant beauftragt wird, dessen Leuchten nach qualitativen anstelle von preislichen Gesichtspunkten bemessen werden, kann der Automobilhersteller viel Zeit einsparen und so die Gesamtkosten senken. Durch die Transparenz über seine unternehmensweiten Ausgaben kann der Automobilhersteller die Gesamtumsätze bei seinen einzelnen Lieferanten nachweislich belegen und so bei diesen bessere Vertragskonditionen für Waren und Dienstleistungen verhandeln.

Mit einer bestehenden Ausgabentransparenz können Einkaufsleiter strategisch vorgehen; sie können die geeigneten Lieferanten identifizieren und Verträge aushandeln, um optimale Einsparungen zu realisieren und so eine maximale Rendite aus ihren Spend Management Investitionen zu erzielen. In einer jährlich durchgeführten Studie unter Einkaufsleitern in Europa stellte Ariba jedoch fest, dass genau der Bereich Beschaffung am meisten Bedarf an Verbesserungen aufweist. Einige Warenkategorien, wie beispielsweise Dienstleistungen, erweisen sich als „Problem-Kategorien“ für den Einkauf. Oftmals fehlt dem Einkauf hier die entsprechende unternehmensweite Transparenz oder er sieht sich mit Widerspruch aus den Abteilungen selbst konfrontiert.

Um sich langsam im Bereich Spend Management vorzutasten, ist es ratsam erst einzelne Projekte anzugehen, bei denen Kosteneinsparungen realisiert werden können. Beispielsweise kann ein Unternehmen bei einem einzelnen Druckauftrag Kosten einsparen, während andere Firmen bereits in dieser ganzen Warenkategorie Einsparungen erzielen. Ob es sich bei der ersten Investition um eine einmalige Angelegenheit oder um einen ganzen Spend-Management Strategieansatz handelt – wichtig dabei ist, dass signifikante Einsparungen durch die strategische Beschaffung von Dienstleistungen erzielt werden können; und je mehr ein Unternehmen vom Beschaffungsprozess versteht, desto mehr Einsparungen können realisiert werden.

Am Beispiel des Unternehmens Britisch Airways (BA) ist dies ganz deutlich zu sehen: Dieses Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2005 Einsparungen in Höhe von £300 Millionen mit Hilfe seines Einkauf-Teams zu realisieren. Im Bereich Beschaffung hatte BA mit verschiedenen elektronischen Auktionsfunktionalitäten bereits einige Erfahrungen gemacht und diese hatten auch zu Einsparungen geführt. Aber BA begriff, dass sie das unternehmensweit anvisierte Ziel, die Kosten um £300 Millionen zu verringern sowie eine Einhaltung und Umsetzung des Plans, nur durch die Implementierung von Enterprise Spend Management-Lösungen erreichen konnten. Denn nur diese Lösungen bieten einen systematischen und in sich geschlossenen (closed Loop) Ansatz für Beschaffungs- und Einkaufstätigkeiten.

Die meisten Unternehmen haben im Bereich Spend Management diesen Grad an Professionalität noch nicht erreicht. In dem Maße, wie Unternehmen es in die Hände der Einkaufsabteilungen legen, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen, müssen sich Einkaufsleiter neue Strategien überlegen, um Kosteneinsparungen unternehmensweit zu realisieren. Je früher ein Unternehmen beginnt, die unternehmensweiten Ausgaben zu analysieren, umso schneller können Transparenz über die Lieferantenbeziehungen und somit auch Einsparungen erzielt werden.

Jetzt, da die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung sichtbar werden, sollten Einkaufsleiter sicherstellen, dass Spend Management zum strategischen Geschäftsprozess wird, und nicht nur ein Notnagel für schlechte Zeiten bleibt. Einkaufsleiter sollten im Zuge ihrer Rollenveränderung im Unternehmen darlegen, dass das Management der unternehmensweiten Ausgaben eine entscheidende Geschäftspraxis ist, die das Betriebsergebnis in guten wie in schlechten Zeiten positiv beeinflussen kann!

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