Wirksamer Breitbandausbau

Das Ziel 2014: Eine Versorgung mit mindestens 50 MBit/s für mehr als 75 Prozent aller Haushalte. Trotz der zur Verfügung stehenden Fördermittel kann der derzeitige Stand des Breitband-Ausbaus aber nicht überzeugen; Kritiker meinen, die Fördermaßnahmen unterstützen den Ausbau nicht ausreichend. Andere Ansätze, wie die Unterstützung von Kommunen, könnten konkrete Hilfe bieten, ohne die bestehenden Netzbetreiber unmittelbar zu fördern. Das Wichtigste aber ist, die Innovationskultur Deutschlands voranzutreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

1. Ziele und Realität beim Breitband-Ausbau klaffen auseinander

Mit der Breitbandstrategie hat die Bundesregierung Anfang 2009 ehrgeizige Ziele für die zukünftige Breitbandversorgung definiert. Danach sollen bis 2014 mindestens 75 % der Haushalte mit mehr als 50 MBit/s versorgt werden können. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und die Attraktivität als Wohnort ist dies unbestritten richtig.

Gleichzeitig wird der Ausbau von weißen Flecken mit öffentlichen Mitteln gefördert. Da es immer noch ca. 230 Gemeinden gibt, die entweder überhaupt nicht mit Breitband versorgt oder nur einen unzureichenden Zugang mit weniger als 1 MBit/s ermöglichen, ist auch dies grundsätzlich richtig. Allerdings beginnt hier die Unstimmigkeit zwischen den längerfristigen Zielen und der Förderpraxis. Derzeit muss man ernsthafte Zweifel am Erfolg sowohl des kurzfristigen Ziels zur Schließung der weißen Flecken als insbesondere am Ziel für 2014.

Die Beschäftigung mit dem Problem der Breitbandversorgung bei Kommunen und Politik ist notwendig, weil es versäumt wurde, den Breitband-Anschluss als Universaldienst in der Grundversorgung zu verankern. Da dieser Fehler aber wohl nicht wieder korrigiert wird, müssen komplizierte Instrumente für die betroffenen Regionen geschaffen werden. Eine der Ursachen für den schleppenden Ausbau liegt in der teilweise zögerlichen Vorgehensweise der Netzbetreiber, die auf Zuwendungen über Fördermittel warten, bzw. nicht über die Ressourcen für einen verstärkten Ausbau verfügen. Ein anderer Fehler liegt insbesondere in der Ausgestaltung der öffentlichen Förderung. Die Mittel aus dem Konjunkturpaket II fließen im überwiegendem Maße in Projekte mit Beton und Asphalt und die Mittel aus dem GAK-Programm (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes) werden erst in größerem Umfang abgerufen, seit die Förderquote in den meisten Bundesländern von 60 % des Nettobetrages (für Kommune n bedeutet dies eine reale Förderquote von 50 %) auf 90 % angehoben wurde.

Im Folgenden werden zunächst einige der Konsequenzen aus der derzeitigen Praxis aufgezeigt. Dann werden die technologischen Möglichkeiten zum zukunftssicheren Breitbandausbau erläutert und schließlich werden Thesen und Forderungen für eine Veränderung der Rahmenbedingungen aus Sicht der Erfahrung des Autors aufgestellt. Zusammengefasst sollten durch die politischen Gremien folgende Maßnahmen in Verbindung mit der Breitband-Versorgung in Deutschland getroffen werden:

– Öffnung der Breitband-Förderung auf Kommunen, die nicht der ländlichen Kulisse zuzurechnen sind
– Forderung eines verbindlichen Stufenkonzeptes von den Anbietern für den Ausbau von 2 auf 50 MBit/s bis 2014 bei jedem Fördervorhaben zur Schließung weißer Flecken
– Bevorzugte Unterstützung der Gründung von regionalen Betreibergesellschaften als Private-Public-Partnerships z.B. auf Kreis-Ebene, die eine Open-Access-Plattform realisieren
– Einrichtung eines Breitband-Kompetenz-Zentrums des Bundes zur Hands-on Unterstützung von Kommunen und Kreisen, zur Förderung von Modellprojekten im Netzaufbau und bei der Entwicklung von Breitband-Applikationen
– Entbürokratisierung der Förderanträge, z.B. Entfall der heute erforderlichen Bedarfsanalysen

1.1 Förderung heute auf „schmalbandigen“ Breitbandausbau begrenzt

Die Förderung ist derzeit auf Kommunen in der ländlichen Kulisse begrenzt. Ortschaften, die nicht zu dieser Gruppe gehören und trotzdem schlecht versorgt sind, haben unter Fördergesichtspunkten Pech gehabt! Die Voraussetzung für eine Genehmigung einer Förderung ist eine Technologie-neutrale öffentliche Ausschreibung, die im besten Fall eine Versorgung mit 2 MBit/s im Up- und Download fordern darf. Es gibt durchaus Fälle, in denen hierauf Angebote eingehen, die zwar nur eine geringe oder gar keine Zuzahlungen („Wirtschaftlichkeitslücke“) benötigen, aber auch keine zukünftige Erweiterung hin zu höheren Bandbreiten ermöglichen. Wenn die anderen Anforderungen der Ausschreibung erfüllt sind, hat die Kommune keine andere Wahl, als diesen Anbieter au zu wählen. Wie die Bandbreiten-Ziele für 2014 auf diesem Wege erreicht werden können, bleibt schleierhaft. Vielleicht gibt es dann in Zukunft das nächste Förderprogramm?

Da nur nicht oder unterversorgte Ortschaften beim Ausbau mit öffentlichen Mittel gefördert werden, kommt es auch innerhalb einer Kommune zu heterogenen Netzstrukturen. Will die Kommune neben unterversorgten auch solche Ortsteile ausbauen, die nicht förderfähig sind, kann es sich ergeben, dass zwei Anbieter mit unterschiedlichen Technologien zum Zuge kommen. Die Zufriedenheit der Bürger und Unternehmen wird sicher nicht steigert, wenn in einigen Ortsteilen 16 MBit/s oder mehr verfügbar sind, während andere mit 2 MBit/s zufrieden sein müssen. Solche Situationen treten in wesentlich höherem Maße auf als die Fälle der rein „weißen“ Flecken ohne Breitbandversorgung. Bürgerinitiativen sind die bekannten Folgen solcher Schieflagen in der Versorgung.

1.2 Open-Access bislang kaum erfolgreich realisiert

Die Förderprogramme propagieren zu Recht den Aufbau von Netzstrukturen, die für Drittanbieter von Diensten und Inhalten offen sind und vom jeweiligen Betreiber angemietet werden können (Open-Access-Plattform). Diese Forderung ist berechtigt, da so auch kleinere Anbieter mit Spezial-Lösungen vorhandene Infrastrukturen nutzen können, ohne selber in die Verlegung von Netz-Infrastrukturen investieren zu müssen. Ein paralleler Aufbau von Infrastruktur kann gerade bei kleineren Kundenpotenzialen fast nie auf eine wirtschaftlich tragfähige Basis gebracht werden.

Die Schaffung von Open-Access-Plattformen liegt nun allerdings nicht unbedingt im Interesse der etablierten nationalen Netzbetreiber. Ein Beispiel für die Abschottungstendenz ist der Zugang zum VDSL-Netz der Deutschen Telekom, der erst zögerlich in diesem Jahr ermöglicht wird. Für spezialisierte Anbieter ist auf der anderen Seite der Aufbau von Open-Access-Plattformen für einzelne Ortschaften nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich. Auf jeden Fall ist die Fläche einer gesamten Kommune erforderlich, in den meisten Fällen lassen sich Open-Access-Netze aber nur in größeren Flächen wie z.B. auf Kreisebene wirtschaftlich rentabel darstellen. Die derzeitigen Förderansätze tragen diesem Sachverhalt allerdings nur bedingt Rechnung.

2. Technologien für eine zukunftssichere Breitbandversorgung

Zunächst sollte man definieren, was unter zukunftssicherer Bandbreite zu verstehen ist. Die Definition verändert sich im Laufe der Zeit mit den technischen Möglichkeiten und den Anforderungen. In der Frühzeit des Internets war schon 128 Kbit/s eine Bandbreite, die das Versenden von Mails und eine einfache Transaktionen erlaubte. Vor fünf Jahren noch war eine Bandbreite von 1 MBit/s großzügig und für fast alle Anwendungen ausreichend. Mit der Zunahme des multimedialen Datenverkehrs, der zwar auch durch Portale wie YouTube oder Flikr für Videos und private Bilder getrieben wurde, aber ebenso für Bildungsangebote und die Zusammenarbeit von Unternehmen benötigt wird, steigt der Bedarf deutlich an. Soll neben der Datennutzung im Internet auch Fernsehen in guter Qualität oder gar in hochauflösender Form (HDTV) übertragen werden, stellen 32 MBit/s eine sinnvolle untere Grenze dar. Unter diesem Gesichtspunkt sind die von der Bundesregierung geforderten 50 MBit/s eine plausible Größe – allerdings unter Beachtung der zeitlichen Komponente und dem derzeit immer noch stark steigenden Übertragungsvolumen von Daten. Es ist nicht schwer, vor diesem Hintergrund zu prognostizieren, dass diese Grenze sich mittelfristig in Richtung auf 100 MBit/s und mehr verschieben wird! Für größere Unternehmen, die ihre Standorte bereits heute mit Glasfaser vernetzt haben, ist dies im Übrigen schon seit einiger Zeit Realität.

2.1 WiMAX und Powerline in Deutschland bislang erfolglos

Grundsätzlich gibt es mehrere Technologien, die einen zukunftssicheren Breitband-Ausbau mit 50 MBit/s und mehr ermöglichen. Da sich auch Technologien weiterentwickeln, wäre es kurzfristig gedacht, den Fokus nur auf eine Technologie zu legen. Deutschland hat in der installierten Basis von Breitband-Anschlüssen überwiegend DSL auf zu weisen. Zwar wurden 2006 mit größerem Aufwand durch die Bundesnetzagentur Lizenzen für den Aufbau von WiMAX-Netzen vergeben, aber der richtige Durchbruch für diese Technologie ist in Deutschland ausgeblieben und es sind nicht mal alle Anbieter tatsächlich aktiv geworden. Der Marktanteil von WiMAX-Anschlüssen liegt zusammen mit den am Markt ebenfalls unbedeutenden Powerline-Anschlüssen und dem Nischenprodukt DSL via Satellit immer noch unter 1 % und spielt somit im Markt kaum eine Rolle. Es ist derzeit nicht zu erkennen, dass einer dieser Nischenlösungen in absehbarer Zeit größere Bedeutung erlangt.

2.2 Breitband via Fernsehkabel ist spät gestartet

Der Breitband-Zugang über das Kabelfernsehnetz liegt im Vergleich zu DSL mit 91 % mit etwa 8 % der Anschlüsse noch weit zurück. In anderen Ländern sieht das signifikant anders aus und beide Technologien sind oft gleichauf, teilweise liegt die Zahl der Breitband-Anschlüsse über ein Kabelmodem sogar vor derjenigen von DSL-Anschlüssen. Technologisch sind bereits heute über das Kabelnetz Bandbreiten oberhalb von 32 MBit/s verfügbar und in nächster Zeit wird es auch Realisierungen mit 100 MBit/s geben. Deutschland liegt bei Breitband-Anschlüssen über das Kabelnetz im internationalen Vergleich zurück, weil es nach der Auflösung des Monopols der damaligen Deutschen Bundespost Ende der 90er Jahre und dem Verkauf der Kabelnetze ab dem Jahr 200 einige Zeit gedauert hat, bis die einzelnen neuen Kabelnetz-Betreiber wirtschaftliche Konzepte für den Umbau zu rückkanalfähigen Netzen für Triple-Play-Dienste (Sprache, Internetzugang und Fernsehen) entwickelt haben. Mittlerweile holen die Kabelnetz-Betreiber allerdings bei der Zahl der gewonnenen Breitband-Kunden deutlich auf und nutzen die relativ hohe Penetration von fast 40 % der Haushalte mit Kabelfernseh-Anschluss.

2.3 DSL ist die führende Technologie in Deutschland

Mit der in Deutschland weit verbreiteten DSL-Technologie (Digital Subscriber Line) über die Telefon-Anschlussleitung sind – je nach Entfernung zum Kabelverzweiger – Bandbreiten bis zu 16 MBit/s problemlos möglich. Mit der neuen VDSL-Technologie können es auch 50 MBit/s sein, so dass hochauflösendes Internetfernsehen möglich ist. Die DSL-Technologien nutzen die bestehende Kupfer-Doppelader für die Telefonie vom Kabelverzweiger (KVz) zum Haushalt. Die Nutzung der vorhandenen Kupferdoppelader spart zwar Investitionskosten, bringt aber Nachteile in Form von starker Dämpfung des Signals bei höheren Frequenzen mit sich. So ist DSL bei Entfernungen von über 1,5 km zwischen KVz und Hausanschluss kaum noch nutzbar.

In vielen Fällen mit fehlender oder unzureichender Breitband-Versorgung liegt das Problem in der breitbandigen Anbindung der Kabelverzweiger (KVz) in den Ortschaften an die zentralen Hauptverteiler (HVT). Da sich diese Infrastruktur-Komponenten in aller Regel im überbauten Raum befinden, ist die Verlegung von Leerrohren und Glasfasern ein Investitions-intensiver Prozess. Zunächst mal sind aber noch keine Tiefbaumaßnahmen vom Kabelverzweiger zum Haushalt erforderlich.

2.4 Flächendeckende Glasfaser-Infrastruktur frühzeitig beginnen

Tiefbauarbeiten werden unumgänglich, wenn die Glasfaser vom KVz bis zum Hausanschluss verlängert werden soll (Fiber-to-the-Building oder Fiber-to-the-Home wenn der Glasfaser-Anschluss bis in die Wohnung verlängert wird). Selbst bei Verwendung von Mini-Pipes anstelle der sonst üblichen D50 Leerrohre und unter Einsatz kostensparender Verlegungstechniken (z.B. Spül-Saug-Technik) ist dieser Schritt für die Betreiber oder Kommunen teuer. Da mit den verfügbaren Übertragungs-Techniken durchaus Bandbreiten von 50 MBit/s am Hausanschluss erreicht werden, ist der Druck zur Nachrüstung mit Glasfasern in Deutschland noch nicht besonders hoch. In Ländern mit weniger guter Leitungs-Infrastruktur kann dagegen bereits heute ein Bedarf nach Glasfaseranschlüssen entstehen.

Trotzdem sollte jedes Neubaugebiet nur noch mit Glasfaser angeschlossen werden und bei jeder Baumaßnahme im innerstädtischen Bereich sollte ebenso automatisch ein Leerrohr mit der notwendigen Technik (z.B. Schächten für den leichten Zugang, Muffen zur Verbindung der Strecken) verlegt werden. So kann ohne größere Mehrkosten über einen Zeitraum von bis zu zwanzig Jahren eine passive Leitungs-Infrastruktur geschaffen werden, die sich mit niedrigerem Investitionsaufwand hochrüsten lässt. Bei einer Umstellung auf rein passive Glasfaser-Netze entfällt die Einrichtung von aktiven Netzelementen zwischen dem Hauptverteiler und dem Hausanschluss. Hier bietet sich z.B. die „Gigabit Passive Optical Network“ (GPON) Technologie an, mit der bis zu 2,5 Gbit/s nach dem IP-Protokoll übertragen werden können. Es sind dabei keine verteilten Netzkomponenten mit Schaltverteilern und Kabelverzweigern (KVz) mehr erforderlich, die jeweils mit Strom versorgt werden müssen und Quellen für Störung sind.

2.5 Funk nach LTE-Standard ist eine interessante Option

Eine attraktive Alternative zu den Leitungs-gebundenen Breitband-Infrastrukturen bietet die Nutzung der durch die Digitalisierung der Rundfunkfrequenzen frei gewordenen Bandbreiten im Bereich von 790 und 862 MHz („digitale Dividende“). Die Bundesregierung und der Bundesrat haben den Weg hierfür frei gemacht und die Bundesnetzagentur bereitet die Vergabe der Lizenzen für Anfang 2010 vor. In Verbindung mit neuen Übertragungstechnologien wie der „Long Term Evolution“ (LTE) sind auch mit Funk Übertragungsraten von über 50 MBit/s zu realisieren. Somit kann mit LTE nicht nur eine schnelle Datenübertragung ermöglicht werden, sondern auch eine Fernsehübertragung oder eine Videokonferenz.

Die Frequenzlage der ehemaligen Radiofrequenzen bietet gegenüber der 3 GHz-Frequenz für WiMAX den Vorteil, wesentlich besser in Gebäuden empfangen zu werden. So entfällt vermutlich in vielen Fällen die Notwendigkeit einer Außenantenne. Auch sind die Zellen größer als die UMTS-Zellen, die maximal 1 km Radius haben, und benötigen anders als andere Funktechnologien keine direkte Sichtverbindung von Sender und Empfänger. Es ist zu erwarten, dass der Aufbau von LTE-Netzen weniger Investitionsmittel benötigt als für herkömmliche Mobilfunk-Netze (UMTS). Allerdings befindet sich LTE noch im Pilotstadium mit derzeit drei erfolgreich laufenden Piloten in Deutschland und es ist noch unklar, wer die Betreiber dieser Frequenzen sein werden und wie die Ausbaupläne aussehen können.

3. Politische Rahmenbedingungen zur Zielerreichung anpassen

Für die Umsetzung der Breitbandziele sollten die Rahmenbedingungen für Kommunen und Betreiber an die heutige Realität angepasst werden. Zu den Realitäten gehört, dass sich nur in sehr begrenztem Umfang Erfahrung und Kompetenz zum Breitband-Ausbau in den öffentlichen Verwaltungen findet. Die Umsetzungsbedingungen sind oft von Kommune zu Kommune unterschiedlich und die Wege zur Realisierung ebenfalls. Die fehlende Kompetenz in den Kommunen ist nicht verwunderlich, denn die Beschäftigung mit Breitband-Technologien gehört nicht zu den üblichen Aufgaben einer Kommunal-Verwaltung. Zudem steht die Beschäftigung mit Kommunikationsthemen nur einmal in mehreren Jahrzehnten an, so dass es nur in Ausnahmefällen lohnt, eigene Kompetenz in einem hoch dynamischen Markt mit kurzen Änderungs-Zyklen auf zu bauen.

Neben den notwendigen Aktivitäten der Netzbetreiber zum Ausbau der Breitband-Netze kann auch die Politik die Rahmenbedingungen so setzen, dass der Ausbau zukunftsorientiert erfolgen kann. Dabei ist zu beachten, dass Breitband letztlich eine Infrastruktur-Aufgabe darstellt (selbst wenn der Breitband-Anschluss kein Universaldienst im Sinne der Daseinsvorsorge ist), die vergleichbar ist mit der Aufgabe, Verkehrswege zu schaffen und zu unterhalten. Genau wie es ein abgestimmtes Verkehrskonzept geben sollte, bei dem Autobahnen Abfahrten brauchen, die mit Bundesstraßen verbunden sind. Im Breitbandbereich fehlt in den schlecht versorgten Regionen das Pendant zu Bundes- und Landstraßen. So kommt man bildlich gesprochen in diesen Fällen über nicht geteerte Feldwege von der Autobahn in die Ortschaften.

3.1 Entbürokratisierung der Förderanträge fällig

Der Aufwand zur Erstellung eines Förderantrags ist für die Kommunen unverhältnismäßig hoch und bedingt, dass oft externe Hilfe hinzu gezogen werden muss. Zur Erlangung von Fördermitteln ist es sicher notwendig, ein Marktversagen nach zu weisen und hierzu mit den verschiedenen Netzbetreibern zu verhandeln. Warum allerdings bei einer nicht vorhandenen oder einer Unterversorgung der tatsächliche Bedarf aufwändig nachgewiesen werden muss, erschließt sich nur schwer. Über 50 % aller Haushalte in Deutschland nutzen bereits Breitband-Anschlüsse. So kann man alleine durch statistische Analogien eine Potenzialabschätzung für schlecht versorgte Gebiete vornehmen. Die geforderte Befragung getrennt nach Privathaushalten und Unternehmen bedeutet einen Mehraufwand und weckt Erwartungen an die Verwaltung, die nicht immer zeitnah befriedigt werden können. Die Netzbetreiber wiederum werden ihre eigenen Wirtschaftlichkeitsanalysen kaum auf einer unverbindlichen Befragungsaktion aufbauen. Die Ergebnisse der Befragung haben außer für den Förderantrag daher kaum eine Relevanz. Auf den Nachweis des vorhandenen Bedarfs sollte daher ersatzlos verzichtet werden.

Wichtig und unverzichtbar sind dagegen die Gespräche mit den verschiedenen Netzbetreibern und die Entwicklung eines Konzeptes, das eine Optimierung der Netzstrukturen, auch unter Verknüpfung unterschiedlicher Technologien vorsieht. Ein Schwerpunkt sollte sicherlich die Prüfung von Alternativen zu verlorenen Zuschüssen (als Wirtschaftlichkeitslücke) darstellen. Mit dem Aufbau von Leerrohrsystemen oder anderen passiven Infrastruktur-Komponenten kann einerseits die Wirtschaftlichkeitslücke reduziert und andererseits nachhaltig Anlagevermögen aufgebaut werden. Wird die Förderhöhe gespreizt und für die Zahlungen einer Wirtschaftlichkeitslücke abgesenkt, so könnte der Aufbau eigene passiver Infrastruktur-Komponenten (insbesondere Leerrohre) mit höheren Quoten bzw. auch in den heute nach der 1 MBit/s Definition nicht untersorgten Regionen gefördert werden.

Dabei ist zu fragen, warum Kommunen, die eine nicht der ländlichen Kulisse zuzurechnen sind, wohl aber unter einer Breitbandunterversorgung leiden, heute von einer Förderung (mit Ausnahme von Mitteln aus dem Konjunkturpaket II) ausgenommen sind. Da die finanzielle Lage dieser Kommunen auch nicht unbedingt besser ist als diejenige von Kommunen im rein ländlichen Raum, entsteht hier eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung. Grundsätzlich sollten die Aktivitäten in Verbindung mit der Breitband-Entwicklung vermutlich in einer Zuständigkeit gebündelt werden und hierfür bietet das Wirtschaftsressort engere Bezüge als die Ministerien für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Dies hätte den weiteren Vorteil, dass hier nicht nur der Netzausbau behandelt werden könnte, sondern auch die Entwicklung von Breitband-Applikationen.

3.2 Forderung nach Ausbaukonzepten von 2 auf 50 MBit/s

Mit 2 MBit/s können zwar schon viele Anwendungen im Internet genutzt werden, eine wirklich zukunftssichere Bandbreite ist es nicht mehr. Derzeit gelten 16 MBit/s als eine gängige Bandbreite. Daher sollte eine Förderung für einen Anbieter nur noch dann gewährt werden, wenn ein verbindliches Ausbaukonzept hin zu höheren Bandbreiten von aus heutiger Sicht 50 MBit/s über einen Zeitraum bis 2014 garantiert wird. Ist aufgrund der Bevölkerungsstruktur oder der erforderlichen Kosten ein unmittelbarer Ausbau auf 50 MBit/s nicht sinnvoll oder wirtschaftlich nicht vertretbar, so sollten Phasen definiert werden, die über einen Einstieg mit 2 MBit/s und Meilensteine zu dem gesetzten Ziel führen. Auf diesem Wege kann eine „Verschwendung“ öffentlicher Mittel für eine Investition in eine technische Sackgasse vermieden werden.

Eine solche Vorgehensweise ist auch für den dünner besiedelten Raum vorstellbar. Zwar wird in solchen Strukturen der Aufbau von Glasfasernetzen über einen längeren Zeitraum unwirtschaftlich sein, aber eine Funklösung z.B. auf der Basis des LTE-Standards könnte eine sinnvolle Alternative darstellen.

Für abgelegene Einzelgehöfte ist der Aufbau einer Breitband-Infrastruktur vermutlich auch mittelfristig unwirtschaftlich. In diesen Fällen ist eine DSL-Verbindung über Satellit eine mögliche Lösung, selbst unter der Einschränkung, dass die Bandbreite deutlich unter der Grenze von 50 MBit/s bleibt.

3.3 Aufbau von regionalen Breitbandnetzen auf Kreisebene stärken

Breitband-Zugangsnetze sollten für alle interessierten Netzbetreiber und Diensteanbieter zugänglich sein, wie es auch in der Breitbandstrategie richtigerweise als Open-Access Netz gefordert wird. Ein Open-Access Netz braucht aber eine Mindestgröße, um wirtschaftlich betrieben werden zu können. Einzelne, heute unterversorgte Ortschaften erfüllen diese Voraussetzungen in der Regel nicht. Wird der Betrachtungsansatz größer gewählt, z.B. auf Kreisebene, so ergeben sich durchaus tragfähige Geschäftsmodelle.

Die erforderlichen regionalen Betreibergesellschaften benötigen selber keine große Organisation und auch keine größeren Marketing-Budgets. Diese Organisationen haben vielmehr den Geschäftszweck, ein eigenes Glasfasernetz aufzubauen und zu betreiben, das von den nationalen Backbone-Netzen bis zu den einzelnen Kabelverzweigern in den Ortschaften reicht. Den Ausbau der Übertragungstechnik in den Kabelverzweigern übernehmen bei diesem Modell die Anschluss-Netzbetreiber. Nutzen mehrere Anschluss-Netzbetreiber das regionale Zugangsnetz, dann können durchaus auch unterschiedliche Übertragungstechniken zum Einsatz kommen. Die Vermarktung erfolgt an Teilnehmer-Anschluss-Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Versatel oder regionale Netzbetreiber, die ihrerseits das Geschäft mit dem Verbraucher auf eigene Rechnung betreiben. Sofern Kommune oder Kreise Gesellschafter solcher regionaler Netzbetreiber sind (z.B. im Rahmen einer PPP), ist das unmittelbare Geschäft mit Verbrauchern auch rechtlich untersagt. Selbst wenn es diese Beschränkung nicht gäbe, wäre es unternehmerisch wohl nur in Ausnahmefällen sinnvoll, die Vertriebsleistung und Kundenbetreuung der bestehenden Betreiber nicht zu nutzen.

Regionale Betreiber-Gesellschaften ermöglichen einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern in den einzelnen Kommunen und Ortschaften und vermeiden den teuren Aufbau von parallelen Infrastrukturen bzw. wirken einem Fernbleiben von Wettbewerbern entgegen, wenn bereits ein anderer Betreiber in der Region tätig ist. Dabei vermeiden sie durch eine gesamthafte Planung für die Region die Entstehung von Insellösungen in einzelnen Ortschaften, die sich später nur schwer in ein Gesamtkonzept integrieren lassen. Zudem können die Betreiber-Gesellschaften ein Nukleus für den späteren Ausbau des Netzes in Richtung von Fiber-to-the-Home Anschlüssen sein. Solche Ansätze haben das Potenzial, auch über das mittelfristige Ziel von Anschlüssen mit 50 MBit/s hinaus zukunftssicher zu sein. Es bietet sich an, regionale Betreiber-Gesellschaften in Form von Private-Public-Partnerships (PPP) zwischen Kreisen und Kommunen auf der einen Seite und technischen Dienstleistern auf der anderen Seite zu organisieren, um eine effiziente Lösung zu erreichen.

Ein Hindernis auf dem Weg zur Umsetzung sind oft einerseits die Einigung im Kreistag und zum anderen die Finanzierung über eine Kreisumlage. Eine auf einzelne unterversorgte Ortschaften ausgerichtete Förderung ist bei der Umsetzung nur bedingt hilfreich. Sinnvoller wäre eine Finanzierung der Betreibergesellschaft aus Fördermitteln auf der Basis des entwickelten Geschäftsplans. Durch die mit dem Netzaufbau verbundenen Tiefbauarbeiten entstehen meist hohe Vorlaufkosten und ein Payback stellt sich in der Regel erst nach fünf bis sieben Jahren ein. Für interessierte Kreise würde eine Förderung der Kosten zur Verlegung von Leerrohren und die Errichtung anderer passiver Netzkomponenten die Umsetzung erheblich erleichtern. Da gleichzeitig keine Förderung von Einzelmaßnahmen in den unterversorgten Ortschaften mehr erforderlich wird, dürfte es kaum zu einer Erhöhung des Fördervolumens kommen.

Erste Kreise sind bereits in fortgeschrittenen Überlegungen für den Aufbau von regionalen Betreibern oder auch in der Umsetzungsphase. Allerdings handelt es bislang um wenige vereinzelte Kreise und zum anderen entwickelt sich die Umsetzung anscheinend eher schwerfällig.

3.4 Einrichtung eines Bundes-Breitband-Kompetenz-Zentrums

Zur Unterstützung von Kommunen beim Breitband-Ausbau ist eine kompetente und Anbieter-neutrale Unterstützung ebenso notwendig wie die finanzielle Förderung. Wenn auch die konkrete Situation in jeder Kommune anders ist, so gibt es doch Gemeinsamkeiten, die über Modellprojekte entwickelt und multipliziert werden können. Dies betrifft insbesondere die Förderung der Bildung von Betreibergesellschaften für regionale Zugangsnetze auf Kreisebene. Landesspezifisch gibt es bereits unterschiedliche Unterstützungsangebote, die aber auch nicht die erforderliche Befugnisse und Ausstattung haben. Daher erscheint die Bildung eines Breitband-Kompetenzzentrums auf Bundesebene als ein sinnvoller Schritt für eine effizientere Umsetzung des Breitband-Ausbaus in der Fläche.

Zu den Aufgaben eines Kompetenzzentrums sollte neben der Entwicklung und Umsetzung von Modellprojekten die Beratung von Kreisen und Kommunen durch eigene Experten gehören, die den Aufbau von regionalen Netzen z.B. auch auf Interimsbasis vor Ort vorantreiben können. Die Bewertung von Aufbaukonzepten und Phasenmodellen für die zeitliche Entwicklung aus einer Technologie- und Anbieter-neutralen Perspektive und unter Berücksichtigung der absehbaren technologischen Entwicklung kann Vertretern von Verwaltung und Politik bei der Entscheidungsvorbereitung und beim Ausräumen von Bedenken helfen.

Ein anderer Schwerpunkt wird die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anbietern sein und die Kommunikation von Ergebnissen aus den Modellprojekten und dem erarbeiteten exemplarischen Vorgehen. Zu Modellprojekten, die über das Kompetenzzentrum entwickelt werden, sollten nicht nur solche für den Ausbau der Breitbandnetze gehören, sondern auch zur Entwicklung von innovativen Breitband-Anwendungen. Zwar wächst der Bedarf nach Bandbreite bedingt durch wachsende Nutzzahlen und eine steigende Intensität in der Nutzung stetig weiter. Zusätzlicher Nutzen für Unternehmen und Gesellschaft entsteht allerdings erst durch die Entwicklung und Einführung von Applikationen. Als erfolgreich für die Entwicklung neuer Lösung hat sich das PPP-Modell am Beispiel des T-City Projektes Friedrichshafen erwiesen, wenn interessierte Anwender-Organisationen zusammen mit Herstellern Spezifikationen entwickeln und die Risiken der Umsetzung teilen. Breitband-Anwendungen sind grundsätzlich in allen Lebenslagen sinnvoll nutzbar. Die Wirtschaft hat die Vorteile schon längst erkannt und setzt eine Reihe von Breitband-Anwendungen erfolgreich um, z.B. für eCommerce und Kollaboration. Aber auch im Bildungssektor, für den Gesundheitsbereich, die Energie- und Wohnungswirtschaft, die Mobilität sowie für eGovernment-Prozesse gibt es Nutzen-schaffende Lösungen. Auch hier ist das Anfangsrisiko einer Neuentwicklung hoch und der Aufbau von Pilotanwendung aufwändig, auch dies ist einer der Erfahrungen aus dem T-City Projekt. Umso mehr bietet sich dieses Betätigungsfeld für ein Anbieter-neutrales Breitband-Kompetenzzentrum an.

Die Entwicklung von Applikationen wirft neben den rein technischen Herausforderungen und der Akzeptanz durch die Nutzer weitere Fragestellungen, die durch ein bundesweit agreierendes Kompetenz-Zentrum unterstützt werden könnten. Dies trifft die Aspekte der Rechteverwertung („Intellectual Property Rights“ –IPR), die gerade bei gemeinsamen Entwicklungsvorhaben mehrerer Partner gelegentlich zu wenig Beachtung finden, sich nach einer erfolgreichen Entwicklung aber als kritischer Erfolgsautor für die Umsetzung erweisen können. Dies trifft umso häufiger zu, wenn ungleiche Partner wie Konzerne und mittelständische Unternehmen zusammen wirken. Neben den IPR ist bereits früh bei der Planung von neuen Applikationen ein Geschäftsmodell zu entwickeln, in dem die Beiträge der Partner bewertet werden, gegebenenfalls Lücken identifiziert und die Wirtschaftlichkeit ermittelt wird. Auch die Entwicklung von Breitband-Applikationen sollte nicht von technischen Möglichkeiten ausgehen, sondern von einem konkreten Bedarf und einem quantifizierbaren Nutzen der potenziellen Käufer. Selbst bei Beachtung dieser Aspekte bleiben typischerweise noch genügend Unwägbarkeiten und Risiken für die Umsetzung, so dass neben der Unterstützung in der Ausgestaltung neuer Vorhaben gemeinsam mit den beteiligten Partnern durch die Mitarbeiter des Kompetenz-Zentrums auch die Unterstützung bei der Beschaffung von Fördermitteln sinnvoll sein dürfte.

4. Fazit

Die derzeitige Situation beim Breitband-Ausbau in der Fläche kann trotz der bestehenden Fördermittelangebote nicht zufriedenstellen. Auch ist nicht erkennbar, dass die Fördermaßnahmen das Ziel der Breitbandstrategie 2014 wirklich unterstützen. Hier sollten Korrekturen angebracht werden, die bei den Förderbedingungen natürlich mit der EU-Administration abgestimmt werden müssen. So sollte z.B. bei jedem neuen Fördervorhaben ein Stufenplan vorgelegt werden, der den weiteren Ausbau auf 50 MBit/s bis 2014 aufzeigt.

Es gibt andere Ansätze, die ohne eine unmittelbare Förderung der bestehenden Netzbetreiber umgesetzt werden können. Hierzu gehört die Einrichtung eines schlagkräftigen Breitband-Kompetenzzentrums durch den Bund, das mit Modellprojekten und Hands-on Unterstützung Kommunen und Kreisen konkrete Hilfestellung bieten kann sowie eine Moderationsrolle bei der Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern. In diesem Zusammenhang müsste die Gründung von Betreiber-Gesellschaften regionaler Breitband-Zugangsnetze als Open-Access-Plattform propagiert und mit Nachdruck gefördert werden.

Mit Private-Public-Partnerships (PPP) können Lösungskonzepte effizienter realisiert werden als bei einer Umsetzung durch rein kommunale oder privatwirtschaftliche Umsetzung, bei der Fördermittel zur Schließung einer Wirtschaftlichkeitslücke abfließen. Das PPP-Geschäftsmodell sollte nicht nur für den Breitband-Netzausbau verstärkt genutzt werden, sondern auch zur Entwicklung innovativer Breitband-Applikationen. Dies kommt nicht nur dem jeweiligen Einzelvorhaben zugute, sondern hilft auch bei der Weiterentwicklung der Innovationskultur in Deutschland. Netzzugang und Applikationen zusammen schaffen die Voraussetzungen für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.

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