Master Data Management: Einheitliches Kundenbild wird immer wichtiger

Die Veränderungen im Konsumverhalten stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen, wenn es um Vertrieb, Marketing und Service geht. Daten in voneinander getrennten Silos und von zweifelhafter Qualität sind eine schlechte Grundlage für eine optimale Betreuung der Kunden. Mit Hilfe von Master Data Management (MDM) kann hier schrittweise für Abhilfe gesorgt und ein einheitliches Kundenbild erzielt werden.

Beim Thema Kundenbetreuung liegen Realität und Selbstwahrnehmung nicht selten weit auseinander. Laut einer Umfrage unter CRM-Experten, die der Softwareanbieter Pegasystems kürzlich durchgeführt hat, glauben zwar 65 Prozent der Befragten, dass ihr Kundenservice „effizient oder sehr effizient“ sei. Doch die Wirklichkeit sieht meist anders aus: Tatsächlich wissen die Mitarbeiter meist nur sehr wenig über ihre Kunden, oft sind nicht einmal die Aktivitäten anderer Abteilungen mit den jeweiligen Kunden bekannt. Denn über eine konsistente, kanalunabhängige Kundenhistorie verfügen heute nur die wenigsten Firmen. In der Praxis verhindern unflexible Organisationsstrukturen, mangelnde Entscheidungskompetenz der Mitarbeiter und eine Silo-artig aufgebaute IT eine zügige Bearbeitung von Anfragen.

Kundendatenbanken enthalten gelegentlich bis zu einem Drittel Prozent Dubletten

Die Ursache ist klar: In jedem Unternehmen gibt es heute vielfältige IT-Systeme, mit deren Hilfe Informationen gesammelt werden. Seien es Lösungen für das Enterprise Resource Planing (ERP) wie SAP für die funktionsbereichsübergreifende Unterstützung sämtlicher Geschäftsprozesse oder Anwendungen für das Customer Relationship Management (CRM). Aber auch die Finanzbuchhaltung benötigt zum Beispiel für die Rechnungserstellung zwangsläufig korrekte Stammdaten der Kunden. Und so gibt es meist noch etliche weitere Systeme.

Diese Kundendatenbanken aber – so die praktische Erfahrung – enthalten regelmäßig Dubletten oder sind unvollständig und inkonsistent. Gründe sind Umzüge, Straßenumbenennungen, geänderte Postleitzahlen und Ortsnamen. Mehrfach angelegte Kunden, Tippfehler und falsch ausgefüllte Onlineformulare leisten ebenfalls einen Beitrag. Je nach Unterhaltsaufwand können deshalb Kundendatenbanken bis zu einem Drittel Prozent Dubletten enthalten. Werden aber Hans Peter Bäcker – Hans P. Baecker – Herr H. Becker mit ihren Umsätzen beispielsweise nicht als derselbe Kunde erkannt, erhält man falsche Zahlen und trifft womöglich auf dieser Grundlage schwerwiegende Fehlentscheidungen.

„First Time Right“ verhindert eine Verschmutzung der Daten

Es ist deshalb sinnvoll, nach dem Motto „First Time Right“ direkt bei der Eingabe der Daten eine Verschmutzung zu verhindern. Dazu gibt es geeignete Software, mit der die Kundendaten unmittelbar auf ihre Plausibilität und Dubletten überprüft werden können. Das AKKU-Prinzip von Human Inference liefert dabei eine Faustformel:

Aktuell: Sind die Daten up to date?

Es geht zum Beispiel um Adressen, die nach Straßenumbenennungen oder Gemeindefusionen in ihrer bisherigen Form nicht mehr existieren, erloschene Unternehmen oder Umzüge. Allein in Deutschland gibt es im Jahr etwa 30.000 Änderungen bei Straßen, Postleitzahlen und Orten sowie rund 8 Millionen Umzüge. Dazu kommen 840.000 Sterbefälle, 370.000 Hochzeiten und 190.000 Scheidungen. Rund 10 bis 20 % einer Kundendatei – so Untersuchungen – können allein dadurch falsch oder nicht mehr aktuell sein.

Komplett: Verfügen die Datensätze über alle Kontaktelemente, die für den gewünschten Zweck benötigt werden?

Abhängig vom Ziel werden hier mehr oder weniger Informationen benötigt. Beispiele dafür sind Geschlechtsangeben, die sich meist aus dem Vornamen ableiten lassen, oder Telefonnummern und E-Mail-Adressen.

Korrekt: Stimmen die Daten?

Es geht z.B. um vierstellige Postleitzahlen, das fehlende @ in Email-Adressen oder nicht-existierende Nachnamen.

Unique: Kommt jeder Kunde nur einmal vor?

Abhängig von der Definition eines Kunden (Haushalt, Einzelperson, Organisation) sollten mehrfach vorhandene Datensätze mit entsprechenden Übereinstimmungen zusammengeführt werden.

Moderne Datenqualitätslösungen liefern auch dann korrekte Ergebnisse, wenn die Angaben – zum Beispiel im Call Center –„nach Gehör“ eingegeben werden. Typische Tippfehler stellen ebenfalls kein Problem dar und werden automatisch korrigiert.

MDM-Lösung ermöglicht eine zentrale Kundensicht

„Saubere“ Kundendaten sind die Basis für das Master Data Management (MDM), mit dem über einen als „wahr“ definierten Datensatz die Informationen aus den unterschiedlichen Quellsystemen zusammengefasst, gesäubert, bei Bedarf angereichert und vereinheitlicht werden. Der dabei entstehende perfekte Datensatz („Golden Record“ oder „Single Point of Truth“) dient als einzige verlässliche und aktuelle Informationsquelle für alle Mitarbeiter im Unternehmen.

Mit einer MDM-Lösung lässt sich eine zentrale Kundensicht für das gesamte Unternehmen herstellen. Sie ermöglicht mit vertrauenswürdigen Informationen die relevante und persönliche Kundeninteraktion – immer und überall. Dieser „Single Customer View“ erschließt dabei alle wesentlichen Informationen, so dass der Vertrieb sich wieder ganz auf den Kunden konzentrieren kann. Bessere Segmentierungsmöglichkeiten und größere Transparenz helfen dabei, präsent bei den Kunden zu bleiben, die Dateneingabe ist unmittelbar korrekt, und der Schutz sensibler Daten ist gewährleistet.

Business-Case ermittelt den Mehrwert des Projekts

Bei der MDM-Implementierung ist ein pragmatischer Ansatz sinnvoll, der zunächst die richtigen Ziele setzt und sie quantifiziert. Der Entwurf eines Business-Case, dessen strategische Zielsetzung im Einklang mit der der Gesamtorganisation steht, ermöglicht es dabei, den Mehrwert des Projekts im Voraus zu bestimmen. Neben quantifizierbaren Zielen wie mehr Cross-Selling durch verbesserte Segmentierung oder effizientere Mailings, spielen dabei auch nicht so einfach in Zahlen zu erfassende Ziele eine Rolle. Wie zum Beispiel eine verbesserte Kundenbindung oder effizientere Arbeit in Marketing und Vertrieb.

Zu den häufigsten Fehlern in einem MDM-Projekt gehört der Wunsch, alles auf einmal regeln zu wollen. Doch das geht meist schief und führt bei Misserfolg nicht selten zum vorzeitigen Abbruch ohne Ergebnis. Deshalb sollte für den Anfang zunächst eine kleine, deutlich umrissene Zielgruppe bei der MDM-Einführung ausgewählt werden. Am besten beginnt man mit einem spezifischen Problem, in Kombination mit den Mitarbeitern, die damit konfrontiert werden, und den Daten, die zur Lösung des Problems erforderlich sind.

Autor: Dr. Holger Wandt, Principal Advisor beim niederländischen Softwareunternehmen Human Inference

www.humaninference.de

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen