- Morgens bestellen, am Nachmittag erhalten: Dieser Service ist zum größten Teil noch eine Wunschvorstellung. Aber laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company sind etwa die Hälfte der befragten Online-Kunden bereit für Same-day Delivery Angebot zu bezahlen. Punkten mit diesem Nischenservice könnten insbesondere stationäre Einzelhändler und Logistiker.
Laut der Studie würde bis 2020 der Markt für die Tageszustellung in Westeuropa auf rund drei Milliarden Euro wachsen. Damit wird er in wenigen Jahren 15 Prozent des Umsatzes mit Standardpaketen ausmachen (heute: weniger als ein Prozent) und schneller wachsen als der Online-Handel insgesamt, der um jährlich elf Prozent zulegen wird. In Großbritannien haben bereits 60 Prozent der Befragten die Zustellung von Waren am gleichen Tag genutzt oder kennen das Konzept. In Deutschland hingegen sind dies nur 39 Prozent (sofortige Lieferung nach Bestellung) bzw. 27 Prozent (Zustellung in festem Zeitfenster am selben Tag).
Die Zahlungsbereitschaft ist in allen untersuchten Märkten ähnlich: Etwa jeder zweite Kunde ist bereit, bei einem Einkaufswert von 59 Euro für eine taggleiche Zustellung 6 bis 7 Euro zu bezahlen. Mehr als 70 Prozent würden 3,50 bis 4,50 Euro ausgeben – was in etwa dem normalen Paketporto entspricht. Insgesamt zeigt die Befragung, dass die Option einer taggleichen Zustellung dann attraktiv ist, wenn sie nicht mehr als etwa zehn Prozent des Einkaufswerts kostet. Multikanalhändlern bietet Same-day Delivery wiederum die Möglichkeit, stärker am E-Commerce-Boom teilzuhaben und so Kunden zurückzugewinnen. Durch die lokale Verfügbarkeit von Produkten in stationären Geschäften sparen die Händler Zeit und Kosten bei der Auslieferung.
Bei allen Chancen, die die taggleiche Zustellung bietet, müssen drei Bedingungen erfüllt sein:
– Produktverfügbarkeit. Wer am selben Tag liefern will, kann sich
keine langen Transportwege leisten. Während Multikanalhändler
mit ihren Filialen in den Städten bereits präsent sind, müssen
Onlinehändler zunächst ein Netz an lokalen Lagern aufbauen. Je
nach Geschäftsmodell kann auch die regionale Verfügbarkeit von
Produkten ausreichen – insbesondere für Händler, die so viel
Volumen generieren, dass sich häufige Fahrten zwischen Lager und
Stadtzentren lohnen.
– Transparenz über lokalen Warenbestand. Die Händler müssen
zuverlässig angeben können, ob das gewünschte Produkt wirklich
vorrätig ist und am selben Tag ausgeliefert werden kann. Das
beauftragte Logistikunternehmen wiederum muss in Echtzeit
informiert werden, wo und wann es die Lieferung abholen soll.
– Schnelle Kommissionierung und Verpackung. Händler müssen
erheblich investieren, um Vorlaufzeiten zu reduzieren und
taggleiche Bestellungen bevorzugt abzuwickeln. Diejenigen
Unternehmen, die von ihren Filialen aus liefern wollen, müssen
dort die benötigten Fähigkeiten aufbauen.
Same-day Delivery erfordert zudem eine leistungsfähige Logistik, um die derzeit noch hohen Kosten in den Griff zu bekommen. „Logistiker müssen technisch auf der Höhe der Zeit sein, um das Zusammenspiel von Kommissionierung, Verpackung und Auslieferung innerhalb weniger Stunden zu meistern“, so Netzer. Aktuell experimentieren Marktteilnehmer noch mit verschiedenen Modellen: Große Logistikdienstleister weiten ihr traditionelles Geschäft aus, Neugründungen bündeln auf Online-Brokerplattformen lokale Lieferungen und große Einzelhändler nutzen die eigenen Fahrzeugflotten zur Auslieferung.