Wie bindet man Kunden im Internet an den eigenen Online-Shop, wo doch die Konkurrenz nur einen Klick entfernt ist? Mit Hilfe von Bonusprogrammen sollen aus Gelegenheitskäufern treue Stammkunden werden.
Kundenstamm von über 15 Millionen fleißigen Sammlern. Unangefochtener Spitzenreiter der deutschen Prämiensystemanbieter ist Payback. Das u.a. von der Deutschen Lufthansa finanzierte Projekt schaffte es seit seinem Start im März diesen Jahres mehr als 3 Millionen Kunden zu gewinnen. Das Erfolgsgeheimnis liegt in den starken Partnern, den umfangreichen Werbekampagnen (Super-Ingo und DEA lassen grüßen) und dem Faktum, dass bei Payback Bargeld erstattet wird. Payback hat es geschafft, Offline und Online in einer sinnvollen Art und Weise zu verknüpfen.
Kundenbindung – Neukunden sind teuer
Erfolgsversprechende Ansätze der Kundenbindung sind für den Online-Handel zunehmend wichtig, da die Gewinnung von Neukunden ein extrem kostspieliges Unterfangen ist. Dass Aufmerksamkeit im Internet ihren Preis hat, zeigt auch die Werbung: Mit gerade einmal 0,36 Prozent ist die Click-Rate bei Banner-Werbung im März 2000 auf ein historisches Tief abgerutscht. Beachtet man darüber hinaus, dass die Konversionsrate von Shopper zu Käufer bei etwa 2,7 Prozent liegt, kostet bei einem durchschnittlichen Tausenderkontaktpreis (TKP) von 35US$ ein Neukunde etwa 350US$. Anders gesagt, um einen Neukunden zu gewinnen, müssen im Durchschnitt etwa 10.000 Kontakte gebucht werden. Stammkunde sind eben wertvoll. Doch wie können diese Kunden bei der Stange gehalten werden? Nicht erst seit heute gehört die Kundenbindung zu den entscheidenden strategischen Erfolgsfaktoren für die langfristige Profitabilität von Unternehmen. Dies gilt um so mehr in der Online-Branche. Immerhin muss ein Online-Kunde laut Bain & Company viermal einen Durchschnittskauf tätigen, bis schwarze Zahlen zu erwarten sind – in der Lebensmittelbranche wartet man sogar im Durchschnitt ganze 18 Monate auf Gewinn. Daher kann es auch nur ein Ziel geben: Stammkunden gewinnen und halten. Diese geben mehr aus, nehmen den Kundendienst seltener in Anspruch und sind auch selbst die beste Werbung. Diese wertvolle Spezies der Stammkunden soll nun durch die altbekannten Prämiensysteme gewonnen werden.
Reich durch Online-Rabattmarken?
Die Befürchtungen einiger Shopbetreibern, dass Online-Rabattmarken nur so genannte Schnäppchen-Nomaden anziehen würden, haben sich nicht bewahrheitet. Wie denn auch, wenn deutsche Online-Händler von Gesetz wegen nicht mehr als 3 Prozent Rabatt gewähren dürfen. Und selbst dieser Rahmen wird nur in den seltensten Fällen ausgeschöpft. So gewährt beispielsweise der Buch- und CD-Versand Lion.CC gerade einmal 2 Payback-Punkte (2 Cent) für jeden umgesetzten Euro. Und wer denkt, er könne, wie es die Fernsehwerbung verspricht, bei DEA größere Geldbeträge einsparen, wird merken, dass nach dem ausgiebigen Tanken (50l) lediglich 25 Payback-Punkte – sprich 25 Cent – gutgeschrieben wurden. Würden Unternehmen überhaupt höhere Rabatte gewähren, wenn es das Rabattgesetz nicht geben würde?
Kleiner Exkurs: Das Rabattgesetz – Ein Hemmnis?
Die Grenzen werden den Rabattanbietern durch das noch geltende deutsche Rabattgesetz aus dem Jahr 1933 aufgezeigt. Demnach sind nur solche Rabatte zulässig, die das Rabattgesetz ausdrücklich erlaubt. Und das Gesetz erlaubt nur Barzahlungsrabatte bis zu einer Höhe von 3%, wenn die Kaufpreiszahlung unverzüglich nach Lieferung der Ware erfolgt. Ausgenommen davon sind lediglich der Sommer- und Winterschlussverkauf sowie Jubiläen und Geschäftsaufgaben. Dadurch haben deutsche Unternehmen gegenüber ihren europäischen Konkurrenten mit einem Wettbewerbsnachteil zu kämpfen, denn nirgendwo in Europa gibt es sonst ein derartiges Gesetz. Doch das wird sich bald ändern. Auch in Deutschland wird es in naher Zukunft (spätestens im nächsten Jahr) kein Rabattgesetz mehr geben. Ob Firmen dann wirklich mehr Rabatt gewähren werden, ist angesichts jetzt schon vielerorts sehr geringer Margen mehr als fraglich. Allerdings würden sich viele Unternehmen mehr Spielraum wünschen, um etwa zu bestimmten Anlässen (Weihnachten, Valentinstag etc.) besondere Rabatte anbieten zu können. Was reizt aber nun Kunden daran, virtuellen Rabattmarken zu sammeln?
Win-2-Win durch Bonusprogramme?
Die Funktionsweise der Prämiensysteme ist denkbar einfach. Ähnlich dem Miles&More-Programm der Lufthansa, funktionieren auch Webmiles & Co nach dem Prinzip: Für gekaufte Produkte oder Dienstleistungen werden Rabatte in Form von Meilen oder Punkten gutgeschrieben. Haben sich genug Meilen angesammelt, können diese wiederum in Prämien oder Bargeld eingetauscht werden. Als besonderen Anreiz bieten Payback & Co ihren Kunden Exklusivität an, d.h. da Beauty.net bereits Kunde bei Webmiles ist, wird Douglas nicht mehr bei Webmiles anheuern können. So will man erreichen, dass der Käufer nur in den angeschlossenen Shops kauft, weil er auch nur dort den passenden Rabatt bekommt. Durch diese Exklusivität sollen regelrechte Shop-Netzwerke aufgebaut werden, in denen der Käufer all seine Bedürfnisse befriedigen kann. Die Bonussystemanbieter finanzieren sich in der Regel durch die Prämienpartner. Diese kaufen beim Anbieter Punkt- oder Meilenkontingente ein. Die Punkte wiederum geben die Prämienpartner beim Kauf an ihre Kunden als so genannte Incentives weiter. Wie viele Punkte bzw. Meilen dem Kunden gewährt werden, liegt dabei ganz allein beim Händler. Nicht selten (außer bei Payback, wo es eine monetäre Vergütung gibt) werden die jeweiligen Prämien auch wiederum bei den Partnerunternehmen eingekauft. So kann gleichzeitig auch der eigene Produktabsatz durch den Prämienshop gesteigert werden. Nicht zuletzt um den eigenen Kundenstamm zu vergrößern und die Kundenbindung zu verstärken gehen mittlerweile auch zunehmend als reine Online-Player gestartete Unternehmen wie Webmiles oder eCollect den Weg in die Offline-Welt. So kann der Webmiles-Kunde z.B. auch Offline bei Vobis durch den Kauf von Hard- oder Software Webmiles sammeln, oder beim Besuch der After-Work-Party in Berlin eBuxx von eCollect sammeln. Darüber hinaus bietet Webmiles gemeinsam mit der Berliner Bank seit kurzem eine eigene Kreditkarte an, mit der bei jedem Kauf Webmiles gesammelt werden können.
Nicht nur ein Abfallprodukt: Marktforschungsdaten
Nun besitzen aber Prämiensystemanbieter ein weiteres Pfund, mit dem sie wuchern können: Umfassende Marktforschungsdaten. So wird beispielsweise bei Payback das Kaufverhalten jedes Karten-Besitzers gespeichert, ausgewertet und in anonymisierter Form den Partnerunternehmen zur Verfügung gestellt. Dadurch können Unternehmen viel über die Interessen ihrer Kunden lernen. Dabei gilt: Je mehr Waren und Dienstleistungen über das Prämiensystem erworben werden, desto lückenloser wird das Bild des Kunden. Und dieses Bild wird bereits bei der Anmeldung möglichst genau gezeichnet. So versucht man vom Kunden, neben den obligatorischen Pflichtangaben (Name, Adresse, Alter etc.) möglichst viele freiwillige Angaben zu erheben. Diese Angaben werden meist durch zusätzliche Bonuspunkt -meilen oder Sonderverlosungen belohnt. Und wer dazu noch bereit ist, Namen und Adressen von Freunden und Bekannten zu verraten, hat meist schon Punkte oder Meilen für eine erste kleine Prämie ergattert. Hoch lebe der Jäger und Sammler.
Besonders aussichtsreich scheinen die Prämiensysteme zu sein, die ihr Angebot sowohl online als auch offline präsentieren. Dabei stellt die zugesicherte Exklusivität gleichzeitig eine Art Bestandsschutz für mehrere Anbieter dar. So kann T-Online nur schwer Payback-Kunde werden, da schon AOL dort vertreten ist. Auch dürften Befürchtungen, dass solche Angebote nur unbeliebte Schnäpchen-Nomaden anziehen, sich nicht bewahrheiten, da die gewährten Rabatte recht gering sind und ein Preisvergleich im Web in den meisten Fällen noch immer die größte Ersparnis bringt.