Mit der zunehmenden Nutzung sozialer Medien finden die Gerüchte um den Untergang des Klassikers „eMail“ vermehrt Nährboden. Doch Studien zeigen: eMail-Marketing ist so beliebt wie eh und je, die Öffnungsraten sind hoch, das Interesse ist da. Mittlerweile zeigt sich auch, dass eMail und social sich nicht nur nicht ausstechen, sondern sich auch noch gewinnbringend ergänzen können. Auch heute lohnt es sich also noch, auf mittlerweile althergebrachte Methoden zu setzen, um in die Köpfe und Herzen der Kunden zu kommen.
Die eMail ist tot – Es lebe die eMail
In letzter Zeit kursieren vermehrt Gerüchte über den Untergang des Mediums eMail. Im Zeitalter von Instant Messaging, RSS und Social Media sei eMail „out“, vor allem bei der jungen Generation. Ganz abgesehen davon, dass derzeit keine realistische Aussicht besteht, der Spam-Problematik Herr zu werden. Nun leben aber Totgesagte bekanntlich länger. Dies wird auch und ganz besonders für eMail gelten.
Die „Generation X“ kommt in die Jahre. Wer in der Schule noch Kopfrechnen trainiert und das Zehnfingersystem an der Schreibmaschine (mit entferntem Korrekturband, wohlgemerkt) erlernt hat, gerät rückblickend leicht in Erstaunen, wie sich die Bildungs- und Arbeitsumgebung seit der eigenen Schulzeit verändert hat.
Ein „Kind“ dieser Generation sind die Neuen Medien; dazu gehört auch die eMail. Die heute Vierzig- bis Fünfzigjährigen (die mittlerweile auch in Entscheider-Positionen sitzen) haben oft erst nach dem Studium gelernt, mit diesen Medien umzugehen.
eMail: Ein alter Zopf?
Die „Generation Y“ und vor allem deren Nachfolger kennen die Welt aus einer anderen Perspektive; Internet und eMail hatten für sie nie den Charakter des Neuen; im Gegenteil. eMail ist in den Augen der heute Fünfzehn- bis Dreißigjährigen ein „alter Hut“. Der deutsche Branchenverband Bitkom publizierte im Februar 2008 die Ergebnisse einer Studie zur Mediennutzung von Zwölf- bis 19-jährigen Jugendlichen. Nicht überraschend: 72 Prozent dieser Gruppe gaben an, am häufigsten per Instant Messaging zu kommunizieren, und vierzig Prozent sind bei mindestens einer Online-Community registriert.
Das Medium eMail hat ein Image-Problem. So praktisch, einfach und leicht zugänglich das Medium ist, so anfällig ist es auch für den Missbrauch; je nach Studie geht man heute davon aus, dass bis zu neunzig Prozent der weltweit versandten eMails Spam sind. Zudem haben verschiedene Untersuchungen ergeben, dass eMail die Arbeitseffizienz schmälert; denn wer nicht genügend Selbstdisziplin aufbringt, seine Mailbox nur sporadisch zu konsultieren, wird von der dauernden Mail-Berieselung (durchschnittlich erhalten wir je nach Schätzung zwanzig – 120 eMails pro Tag!) laufend unterbrochen.
Einfach, weit verbreitet und für jedermann zugänglich
Bedeutet dies, dass sich das Medium eMail weniger als zwanzig Jahre, nachdem es seinen Siegeszug angetreten hat, bereits auf dem absteigenden Ast befindet? Wer gründlich recherchiert, kommt zu einem anderen Schluss.
eMail hat eine schier unglaubliche Verbreitung. So schätzt das IT-Beratungsunternehmen IDC, dass an jedem Werktag 35 Milliarden eMails verschickt werden. Radicati geht von 1.1 Milliarden eMail-Nutzern, 1.4 Milliarden aktiven eMail-Accounts und 171 Milliarden verschickten eMails pro Tag aus.
eMail ist zwar nicht mehr neu und schon gar nicht „in“ oder „hip“. eMail ist aber – wie das Telefon – schlicht und einfach unverzichtbar geworden. Gemäss der Erhebung der WEMF von 2007 ist eMail für 82 Prozent der Schweizer Nutzer das Hauptmotiv für deren Internet-Nutzung.
Eine Studie der CNET Networks aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass ganz besonders unter den Beeinflussern (übrigens vornehmlich Angehörige der „Generation X“) die eMail-Nutzung sehr intensiv und wichtig ist; Menschen, die regelmässig einhundert oder mehr Kontakte pflegen, nutzen eMail sogar öfter als das Telefon; die vor allem bei den Jüngeren beliebten Instant und Text-Messages landen abgeschlagen auf dem letzten Platz. Social Communities bleiben gar unerwähnt.
Und auch, wenn leicht angegraute „Generation Xler“ ungläubig beobachten, wie Jugendliche blind und in atemberaubender Geschwindigkeit „simsen“, sogar mit dem Büronachbarn via Messenger chatten und sich auf Youtube, Facebook und anderen Social Communities ein tägliches Stelldichein geben: Die bereits erwähnte Studie der Bitkom hat auch ergeben, dass die befragten Zwölf- bis 19-jährigen mit sechzig Prozent an zweitwichtigster Stelle das Medium eMail nennen.
Natürlich, das sind Zahlen aus Europa. Aber auch in den USA ist eMail alles andere als tot. Die aktuelle Untersuchung der US-Forschungsinitiative Pew Internet & American Life Project hat ergeben, dass eMail-Dienste weiterhin die am häufigsten genutzte Online-Applikation sind; sie werden von sechzig Prozent der Nutzer verwendet.
Im Geschäftsleben unentbehrlich
Wie wichtig eMail besonders im geschäftlichen Umfeld ist, zeigt eine Erhebung von Knoll Ontrack, einem US-Anbieter für Datenrettung und -löschung. Danach gefragt, wie sie entscheiden würden, wenn sie zwischen der Rettung ihrer eMail-Dateien oder aller anderen elektronischen Informationen des Unternehmens wählen müssten, entschieden sich 54 Prozent für den Inhalt ihrer Mailbox.
Damit zeigt sich klar, wo die Stärken der eMail liegen und weshalb der Stellenwert des Mediums durchaus eine Altersfrage ist. Jugendliche kommunizieren überall, wo sie sind und oft per Mobiltelefon; der Kommunikationsfokus liegt dabei in den meisten Fällen im privaten Bereich. Sobald die Ausbildung abgeschlossen ist und die geschäftliche Kommunikation an Wichtigkeit gewinnt, gehört aber auch das Medium eMail zum Alltag; denn die geschäftliche Kommunikation wird heute zu einem großen Teil via eMail abgewickelt.
Als Marketing-Instrument beliebt und bewährt
Natürlich haben auch die Marketer das Medium längst für sich entdeckt. So wird eMail seit Jahren nicht nur zur schnellen und einfachen geschäftlichen und privaten One-to-One-Kommunikation genutzt, sondern ist auch das effizienteste Direktmarketing-Instrument. Je nach dem, welcher Studie man Glauben schenkt, generiert nachhaltiges, Erlaubnis-basiertes eMail-Marketing einen Return on Investment von bis zu fünfzig Dollar pro investierten Dollar. Auch, wenn man diese Zahlen zu bezweifeln wagt: Hochwertige, möglichst persönliche eMail-Newsletter werden nicht nur vom Leser geschätzt, sondern fördern nachhaltig dessen Loyalität zum Absender sind deshalb ein beliebtes und bewährtes Marketing-Instrument. Natürlich immer vorausgesetzt, der Absender hält sich an die strengen Vorgaben des echten Permission-Marketing und distanziert sich klar von Aktionen, die einer undefinierbaren „Grauzone“ oder dem Spam zuzuordnen sind.
So hat eine im Januar 2008 veröffentlichte Studie von Jupiter Research ergeben, dass die Ausgaben für eMail-Marketing sich bis 2012 fast verdoppeln werden. Gemäss Datran Media Research werden 82 Prozent der befragten Marketing-Profis in Zukunft vermehrt auf eMail setzen, und achtzig Prozent glauben, dass eMail vor Suchmaschinenoptimierung und Display-Werbung die effektivste Werbeart sei.
Neues kommt. eMail bleibt.
Während das konventionelle Telefon noch zwei Generationen brauchte, um sich vollständig durchzusetzen, gelang dies der eMail in gerade mal zehn Jahren. Mittlerweile hat das Medium fast zwanzig Jahre auf dem Buckel. Etwas angegraut wie seine Erfinder, bestimmt nicht perfekt und entsprechend verbesserungsfähig, harrt die eMail den Veränderungen, die da kommen werden – und die durchaus nötig und willkommen sind. So wird sich das Medium der massiven Verbreitung eMail-fähiger mobiler Endgeräte anpassen müssen, und das Zusammenspiel zwischen interaktiven Videoformaten und eMail wird heute noch vorhandene technische Hürden überwinden.
Allen Unkenrufen zum Trotz ist eMail jedoch alles andere als tot: Obwohl in Blogs, via RSS und in Social Communities seit Monaten Gerüchte über den Niedergang der eMail kursieren, scheint das Pendel nun zurückzuschwingen. Ganz nach dem Motto „Back to the Roots“ hat der US-Blogger Jason Calacanis (TechCrunch) kürzlich verkündet, dass er aufgehört habe, seinen Blog zu führen, um anstelle dessen wieder per eMail mit den Mitgliedern seiner Community zu kommunizieren. Weshalb? Die Blogosphere sei verschmutzt von zu viel Lärm um nichts und Selbstbeweihräucherung.
Die neueren Dienste RSS, Blogs, Social Communities und Instant Messaging haben ihre Nützlichkeit und gewiss auch einen bestimmten „Coolness-Faktor“ unter Beweis gestellt und sich schnell und gut etabliert. Sie bilden mittlerweile eine legitime und wichtige Ergänzung zur eMail, werden diese aber nicht ersetzen können; und ob sie in zwanzig Jahren noch genau so „hip“ und beliebt sind wie heute, steht in den Sternen.
Wir dürfen also guten Gewissens behaupten, dass das Medium eMail, in welcher Form auch immer, seinen Stellenwert als wichtiges Kommunikations- und damit auch als Marketinginstrument behalten wird.