Online-Werbung blickt aus der Krise

Die Online-Werbebranche bleibt optimistisch: Trotz Einbußen in der ersten Jahreshälfte geht es den internetbasierten Teilen der Zunft verglichen mit traditionellen Werbemedien recht gut. Mit 80 Prozent der Berufstätigen und 100 Prozent der Auszubildenden sind bereits große Teile der Bevölkerung im Internet angekommen, doch scheint damit auch das Wachstumspotential der Werbung langsam ausgeschöpft zu sein. Um weiterhin mit positiven Bilanzen abzuschließen, muss es dem Markt gelingen, zu reifen und an Kreativität hinzuzugewinnen.

Der Markt für Werbung im Internet wächst seit einigen Jahren dynamisch. Die Zahlen sprechen einen klare Sprache: im Jahr 2007 nahmen die Ausgaben für sog. Display-Werbung in Deutschland um gut 40% gg. Vj. zu; im bereits von der Finanzkrise geprägten Jahr 2008 immerhin noch um 14% gg.Vj. Gleichzeitig hat sich die Suchwort-Werbung in den letzten Jahren als feste Größe im Portfolio der Werbetreibenden etabliert. Darüber hinaus erfreut sich der Markt für Online-Werbung einer großen Vielfalt innovativer Werbeformen. Dazu zählen z.B. virale Marketingkampagnen, die die Popularität des Web 2.0 und die zunehmende Verbreitung von Videos im Internet für sich nutzen. Diese Studie untersucht die Entwicklungen im Markt für Werbung im stationären Internet und gibt einen Ausblick über das Krisenjahr 2009 hinaus.

Online-Werbung stark gewachsen

Die Werbebranche in Deutschland hat bewegte Jahre hinter sich. In ihrer Entwicklung spiegelt sich der Boom der New Economy ebenso wider wie der Fall danach. Mit der konjunkturellen Erholung seit 2003 hatten – bis zur jüngsten Wirtschaftskrise – die Ausgaben für Werbung insgesamt wieder moderat zugelegt (s. Grafik 1). Den Spitzenwert des Jahres 2000, der noch von dem Hype der New Economy getrieben war, konnte die Branche jedoch nicht mehr verbuchen.

In diesem Umfeld hat das stationäre Internet einen zunehmenden Anteil am Werbemarkt erobert. Während das Internet im Kampf um die Werbeausgaben bis 2002/3 noch so gut wie keine Rolle spielte, wuchsen die Ausgaben für Online-Werbung seitdem mit hohen zweistelligen Raten. Dabei wurden anfänglich vorwiegend sog. klassische Online-Werbeformen (Display-Werbung) gebucht. Dies sind flächige Werbeformen, wie z.B. Banner oder Skyscraper. Nach Schätzungen des International Advertising Bureau Europe (IAB Europe) betrugen die Ausgaben für klassische Online-Werbung in Deutschland im Jahr 2008 EUR 956 Mio. (+14% gg. Vj. nach EUR 837 Mio. in 2007). Der Anteil der Ausgaben für klassische Online-Werbung am gesamten Werbemarkt hat danach inzwischen knapp 5% erreicht. Diese Schätzungen sind allerdings mit hohen Unsicherheiten behaftet. So gibt es keine offizielle amtliche Statistik für das Segment der Online-Werbung und die Angaben der Verbände und Marktforschungsinstitute weichen in Abhängigkeit von der gewählten Abgrenzung stark voneinander ab.
Die Online-Werbung hat den traditionellen Werbeträgern Marktanteile abgenommen (s. Grafik 2). Diese Entwicklung geht insbesondere zu Lasten der Werbeausgaben im Segment Zeitschriften. Das Fernsehen verliert ebenfalls, aber weniger stark. Es bleibt mit ca. 40% der gesamten Werbeumsätze weiterhin größter Werbeträger.
Neben der klassischen Online-Werbung hat seit 2005 die sog. Suchwort-Werbung rasant an Bedeutung gewonnen. In Deutschland ist der Umsatz mit Suchwort-Werbung nach Angaben des IAB Europe im Jahr 2008 auf EUR 1,3 Mrd. (+ 24% gg. Vj. nach EUR 1,07 Mrd. in 2007) gestiegen. Damit haben die Ausgaben für Suchwort-Vermarktung die für klassische Online-Werbung überrundet – und dies trotz der noch jüngeren Geschichte der Suchwort-Werbung.
Die Suchwort-Werbung hat einen Anteil von 6,75 % an den Gesamtausgaben für Werbung in Deutschland. Insgesamt beträgt der Anteil der Ausgaben für Online-Werbung damit knapp 12%.
Im europäischen Vergleich ist Großbritannien der mit Abstand größte Markt für Online-Werbung. Nach Schätzungen von IAB Europe gaben britische Unternehmen im Jahr 2008 EUR 2,7 Mrd. für Suchwort- und klassische Online-Werbung aus. Deutschland folgt auf Platz 2 mit Ausgaben von immerhin noch gut EUR 2 Mrd., während Frankreich mit EUR 1 Mrd. deutlich abgeschlagen auf Platz drei rangiert. Die Werbeformen haben in den einzelnen Ländern allerdings unterschiedliche Bedeutung. In Großbritannien nimmt die Suchwort-Werbung mit einem Anteil von drei Viertel an den Gesamtausgaben eine dominierende Stellung ein. Dies dürfte u.a. auf die etablierte Rolle des B2C-eCommerce zurückzuführen sein. In Deutschland hingegen entfallen nur ca. 60% der Gesamtausgaben auf Suchwort-Werbung, in Frankreich gut 50%.

Online-Werbung folgt Wachstum der Internetnutzung

Warum konnte das Segment Online-Werbung in den vergangenen Jahren so schnell ein Stück vom Werbekuchen erobern? Der wichtigste Treiber ist die zunehmende Zahl von Menschen, die einen signifikanten Teil ihrer Arbeits- und Freizeit im Netz verbringen. 2003 war erst die Hälfte der Deutschen online; im Jahr 2008 waren es bereits ca. zwei Drittel. Bei den unter 30-Jährigen sind deutlich über 90% online; bei den Menschen zwischen 50 und 59 Jahren immerhin 64%. Statistisch gesehen gehen die deutschen Internetnutzer an 5,1 Tagen pro Woche ins Netz. Das Internet ist also eine feste Größe im Mediamix und bietet für die werbenden Unternehmen eine zunehmend interessante Plattform.
Es hat die etablierten Medien allerdings bisher nicht auf die Plätze verweisen können. Erstens ist die durchschnittliche Zeit, die der Bundesbürger pro Tag vor dem Fernseher verbringt (225 Min.), vier Mal so hoch wie die Zeit, die er im Internet surft (58 Min.). Letztere dürfte sich auch künftig nur noch langsam erhöhen. Zweitens ist die Nutzungsdauer des Fernsehens seit 2004 weitgehend konstant geblieben, so dass der Bedeutungsgewinn des Internets nicht zu Lasten des Fernsehens ging (wohl aber zu Lasten des Hörfunks und der Printmedien). Im Gegenteil: die Menschen in Deutschland verbringen immer mehr Zeit mit Medienkonsum. Dies lässt sich insbesondere an den Nutzungsgewohnheiten der Internetnutzer ablesen: sie sehen sogar mit 248 Min./Tag noch mehr fern als der durchschnittliche Bürger.
Bei derzeit insgesamt schrumpfenden Werbebudgets dürfte also der Verteilungskampf der Medien um die Budgets der Werbetreibenden zunehmen. Dabei hat das Internet als sog. Lean-Forward-Medium, das die Aufmerksamkeit der Nutzer stark auf sich zieht, tendenziell einen Vorteil z.B. gegenüber Fernsehen oder Radio, die eher zum Hintergrundrauschen werden können.

Ziele und Mittel genau definieren

Die Werbetreibenden stehen bei der Planung ihrer Kommunikationsaktivitäten vor einer großen Vielfalt, die von der Display-Werbung über Suchwort-Werbung und Affiliate-Konzepten bis hin zu Videoformaten oder viralen Web 2.0-Kampagnen reicht. Die Grenzen sind oft fließend, so z.B. wenn Display-Werbung mit Web 2.0-Elementen verbunden wird.
Umso wichtiger ist es aus Sicht des werbenden Unternehmens, im Vorfeld einer Kampagne klar zu definieren, welche Zielgruppen und Kampagnenziele es mit Werbung im Internet erreichen will. Soll der Verbraucher auf die Seite des Anbieters geleitet werden, z.B. über den Klick auf einen Textlink (Suchwort-Werbung) oder über ein Banner? Soll er mit dem Anbieter in Kontakt treten (z.B. Eintrag in eine Mailingliste, Kauf eines Produktes) oder gar zur Mitarbeit an der Kampagne motiviert werden? Oder soll die Kampagne primär zur Markenbildung eingesetzt werden (Branding)? Auch hier sind die Grenzen fließend: verschiedene Ziele können im Rahmen einer Kampagne kombiniert werden.

Dynamische Entwicklung im Bereich Display

Das Feld der Display-Werbung hat sich seit seinen Anfängen Mitte der 90er Jahre schnell entwickelt. Eine große Vielfalt dieser flächigen grafischen Werbeformen ist entstanden, die sich u.a. durch ihre Positionierung auf der Webseite (oben, an der Seite, über dem Content), ihre Größe oder Dynamik unterscheiden (s. Box S. 4). Klickt der User auf die Fläche, führt ihn dieser Klick direkt zu einer Internetseite des Werbenden. Nationale und internationale Branchenorganisationen haben Standards für diese Formate entwickelt, um den Einsatz von Werbekampagnen in den unterschiedlichen Websites zu erleichtern.
Klassische Online-Werbung eignet sich gut, um visuelle Botschaften zu transportieren. Banner, Wallpaper und ihre Verwandten können dem Leser (nachhaltige) Eindrücke und damit ein Image einer Marke vermitteln. Die zunehmende Zahl breitbandiger Internetverbindungen erlaubt technisch aufwändigere Display-Formate. Kurze, interaktive Video-Sequenzen (Rich Media) werden zunehmend im redaktionellen Umfeld eingesetzt, da sie bei den Nutzern eine höhere Aufmerksamkeit erzeugen als herkömmliche Display-Werbung. Dieser Rich-Media Content wird im Rahmen von Standardwerbeformen (z.B. Medium Rectangle oder Skyscraper) in Webseiten eingebunden. Dies hilft der klassischen Online-Werbung interessanter zu werden und Emotionalität besser zu transportieren.
Zusammen mit den Videoformaten werden klassische Online-Werbung und Rich-Media-Formate in die Kategorie der markenbildenden Formate eingeordnet. Demgegenüber werden Suchwort-Werbung oder eMail-Marketing als sog. Direct Response Formate klassifiziert, die eine direkte Reaktion der Nutzer hervorrufen sollen.

Suche: Beginn oder Ende eines Kaufprozesses?

In den wenigen Jahren ihrer Existenz hat Suchwort-Werbung einen steilen Karriereweg beschritten. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass diese Werbeform den Bedürfnissen und dem Verhalten der Konsumenten entgegen kommt. So steht das Thema „Suche“ bei den Deutschen ganz oben auf der Liste der Online-Anwendungen: 84% der im Rahmen der ARD/ZDF-Onlinestudie befragten Internetnutzer gaben an, mindestens einmal wöchentlich eine Suchmaschine zu nutzen; 54% suchen zielgerichtet bestimmte Produktangebote. Die in Deutschland mit Abstand beliebteste Suchmaschine ist Google mit einem Marktanteil von 85-90%.
Die in der Suchwort-Werbung angelegte Ergänzung der eigentlichen Suchergebnisse um bezahlte Anzeigenlinks bietet den werbenden Unternehmen eine gute Position, um potentielle Konsumenten zu erreichen. Der Suchende bekommt nur die Links zu Produkten und Dienstleistungen angezeigt, für die er zuvor bereits ein Interesse bekundet hat. Idealerweise hat er bereits eine Kaufabsicht, zumindest aber ein Bedürfnis nach Information. Die Grundidee dieser Art von Werbung zielt darauf ab, dass die Zielgruppe das werbende Unternehmen findet und nicht umgekehrt. Sie stellt einen konzeptionellen „Wandel vom Push-Marketing hin zum Pull-Marketing“ dar. Dementsprechend ist die Akzeptanz von Suchwort-Werbung bei den Verbrauchern relativ hoch.
Suchmaschinen helfen den Internetnutzern aber nicht nur bei der täglichen Orientierung im Netz und beim Auffinden von Informationen in der Online-Welt, sondern erleichtern auch die Orientierung in der Offline-Welt. So bereitet die Online-Suche bei vielen Produkten den Offline-Kauf vor (sog. ROPO-Effekt, Research Online Purchase Offline). Zwei Drittel der Verbraucher, die eine Digitalkamera kaufen, recherchieren vor dem Kauf im Internet. Davon kauft etwa die Hälfte später im stationären Handel. Damit geht die Bedeutung der Suchwort-Werbung über die Online-Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen hinaus und begünstigt auch den stationären Einzelhandel.

Für die Werbetreibenden ist Suchwort-Werbung mit geringen Streuverlusten verbunden und daher eine gefragte Werbeform. Ihr unmittelbarer Erfolg ist leicht messbar und zurechenbar: Kosten entstehen nur, wenn ein Nutzer auf den Textlink klickt (Cost per Click, CPC). Einige Autoren verweisen zudem darauf, dass Suchwort-Werbung isoliert betrachtet eine kostengünstige Werbeform ist. Einem geringen Gestaltungsaufwand steht eine im Vergleich zur Display-Werbung relativ hohe Zahl von Klicks gegenüber. Suchwort-Werbung kann außerdem schnell und unkompliziert geschaltet werden.
Nachteilig ist, dass durch Suchwort-Werbung nur die Nutzer angesprochen werden können, die sich gerade im Suchprozess befinden und ihr Interesse an einer Information oder ihre Kaufabsicht bereits konkret benennen können. Nach dem sog. AIDA-Prinzip (Attention – Interest – Desire – Action) sollen Verbraucher aber durch Werbung auf ihre schlummernden Kaufwünsche aufmerksam gemacht werden. Kritiker bemängeln daher, dass Suchwort-Werbung nur den letzten Schritt (den letzten Klick) in dieser Kette, dem sog. Sales-Funnel, anspricht. Zudem ist die Reichweite von Suchwort-Werbung durch ihr zugrundeliegendes Funktionsprinzip auf die Zahl derjenigen Nutzer begrenzt, die die mit dem Textlink verknüpften Suchbegriffe eingeben.
Auch ist die Suchwort-Werbung in ihrem Instrumentarium auf Textanzeigen beschränkt, die kaum Gestaltungsmöglichkeiten zulassen. Suchwort-Werbung kann daher nur mittelbar markenbildend wirken oder Emotionalität transportieren. Dennoch sind indirekte Effekte auszumachen: die Suchenden sind stark involviert, so dass sie für Markenbotschaften tendenziell empfänglich sind. Sie können daher gezielt über den passenden Link auf die für sie relevante Webseite geführt werden und hier mit weiteren Informationen versorgt werden. Dies kann die Bekanntheit einer Marke steigern. Eine ähnliche Rolle für die Wahrnehmung durch den Verbraucher spielt die Positionierung von Anzeigen in einem hierarchischen Anzeigensystemen: weiter oben stehende Links werden eher wahrgenommen als die unten rechts auf der Seite.

Online-Werbung: Erfolg leichter messbar

Werbenden Unternehmen, die darüber entscheiden ob sie ihre Werbebotschaften online und / oder offline platzieren wollen, bietet das Internet grundsätzlich Vorteile gegenüber traditioneller Werbung, z.B. in Printmedien oder im Fernsehen. Bei Werbung in Offline-Medien sind der Kontakt mit der Kampagne bzw. dem Werbemittel einerseits und die Reaktion des Verbrauchers andererseits voneinander entkoppelt. Die Reaktion kann daher nicht unmittelbar erfasst werden. Das Internet hingegen ist ein rückkanalfähiges Medium, so dass die Reaktionen der Verbraucher auf die Online-Werbung leichter gemessen und statistisch ausgewertet werden können.
Bei Display- oder Suchwort-Werbung kann die Wirksamkeit der Werbemaßnahme z.B. durch die Zahl der Klicks oder die Konversionsrate gemessen werden. Die Konversionsrate gibt das Verhältnis bspw. von Käufern zu Besuchern einer Seite an. Damit können die Werbetreibenden genau auswerten, wann und in welcher Situation die Zielgruppe auf die Kampagne (re)agiert. Insbesondere der Erfolg der Suchwort-Werbung hat die Aufmerksamkeit der Branche stark auf die direkte Erfolgsmessung gelenkt.

Aber nicht nur den letzten Klick beachten!

Kritiker halten die direkte Erfolgsmessung allerdings für stark überbewertet und wenig aussagekräftig. So sind die Klickraten bei klassischer Online-Werbung in den letzten Jahren dramatisch gefallen und bewegen sich oftmals nur noch bei 0,1%. Diese Werte bilden aber die Werbewirkung einer Kampagne nicht zutreffend ab, da die Reaktion der Verbraucher auf Werbung sehr vielschichtig ist. Sie kann nicht auf den letzten Klick reduziert werden. Dies gilt auch für die Suchwort-Werbung, die oft in ihrer Bedeutung falsch eingeschätzt wird, nicht zuletzt weil ihr Erfolg leicht statistisch ausgewertet werden kann.
Eine Erfolgsanalyse, die auf dem letzten Klick beruht, vernachlässigt sowohl die zeitliche Dimension der Werbewirkung als auch das Zusammenspiel verschiedener Werbeformen. So ist zu beobachten, dass Nutzer häufig verzögert reagieren: sie nehmen die Werbung wahr und besuchen die Webseite erst sehr viel später. Dies zeigt eine globale Studie von Fulgoni und Mörn (2009). Hier wurde das Online-Verhalten einer Testgruppe beobachtet und zwar bis zu vier Wochen nachdem sie eine bestimmte Display-Werbung gezeigt bekommen hatte. Eine Woche, nachdem die Werbung geschaltet wurde, besuchten aus der Testgruppe 65% mehr Probanden die Webseite des Werbetreibenden im Vergleich zur Kontrollgruppe. Im weiteren Verlauf gab es auf der Webseite immer noch einen deutlichen, wenn auch sich abschwächenden Zuwachs an Besuchern aus der Testgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Hätte man also ausschließlich die unmittelbare Reaktion der Verbraucher über den „Klick“ gemessen, so wäre die Werbewirkung massiv unterschätzt worden.

Zielgruppe an der kurzen Leine

In der Online-Welt kann Werbung mit Hilfe von Targeting zielgerichtet eingesetzt und mit geringen Streuverlusten platziert werden. Dabei hat Online-Werbung sich auch der Herausforderung zu stellen, die zahlreichen Nutzer zu erreichen, die sich im Long Tail des Internets tummeln. Targeting basiert auf der grundsätzlichen Logik, Informationen über den Konsumenten und / oder sein Verhalten im Netz zu erfassen. Die gewonnenen Daten werden analysiert und die Werbestrategie wird entsprechend angepasst. Dies geschieht möglichst schnell, idealerweise in Echtzeit (direkte Erfolgskontrolle).

Die Methoden, mit denen Konsumenten gezielt angesprochen werden, sind immer weiter verfeinert worden. Grundsätzlich lassen sich die folgenden Formen des Targeting unterscheiden, die auch kombiniert werden können (sog. Integrated Targeting):

– Technisches Targeting: Auswertung verschiedener technischer Informationen des verwendeten Rechners, z.B. Browser-Typ, IP-Adresse. Darauf baut das sog. Geo-Targeting auf, bei dem IP-Adressen geografisch (national / regional) zugeordnet werden.

– Profilbasiertes Targeting: Auswertung von Daten, die vom Nutzer selbst angegeben werden (z.B. Geschlecht, Alter, Interessen etc.). Targeting lässt sich darauf aufbauend nach soziodemografischen Kriterien oder nach Milieus vornehmen. Probleme entstehen hier aber oft aufgrund von veralteten oder falschen Daten bzw. der Mehrfachnutzung von Accounts.

– Kontextbasiertes Targeting: Auf Basis einer automatisierten semantischen Analyse des Inhalts einer Webseite wird eine zu diesem Inhalt passende Textanzeige eingeblendet. Bekanntestes Beispiel ist „AdSense“ von Google.

– Behavioural Targeting: Das Online-Verhalten des Nutzers wird z.B. über ein Cookie erfasst und interpretiert. Dem Nutzer wird zu seinen Interessen passende Online-Werbung gezeigt.

Aus Sicht der Anbieter kann Targeting die Effizienz und Effektivität von Kampagnen erheblich steigern, weil es auf den Rezipienten selbst abstellt und sich nicht an dem Umfeld orientiert, in dem der Verbraucher vermutet wird. Dies bedeutet konkret, dass Anbieter weniger Werbung schalten müssen, um eine spezielle Zielgruppe zu erreichen und pro Einblendung mehr Reaktionen als mit ungezielter Werbung erzielen können.

Behavioural Targeting stellt auf den Einzelnen ab

Dem Idealkonzept, Marketingbudget ohne Streuverluste einzusetzen, versuchen die Anbieter mit Behavioural Targeting (BT) noch näher zu kommen. Ziel ist es, dem Nutzer auf der Basis seines eigenen Verhaltens nur die Werbung zu zeigen, die ihn interessiert. Mit verbesserter Ansprache soll der Informationsüberfluss reduziert und die Akzeptanz von Werbung gesteigert werden. Messbar wird dies durch zunehmende Konversionsraten oder ein gesteigertes Erinnerungsvermögen der Verbraucher an die Marke. „Konzeptionell bedeutet dies, dass die Werbetreibenden ihre Zielgruppe kaufen, nicht Webseiten oder Page Impressions.“
Beim BT wird das Surfverhalten des Nutzers mit Hilfe eines Cookies festgehalten. Dabei werden – im Sinne des Gesetzes – keine personenbezogenen Daten gespeichert, sondern lediglich Zahlenkombinationen (Codes). Bei einer Häufung eines oder mehrerer Codes (z.B. von Webseiten zum Thema Angeln) wird dies als ein besonderes Interesse des Nutzers für Angeln interpretiert. Dem Nutzer wird dann auf der betreffenden Seite oder in einem Netzwerk von Seiten mehr für ihn relevante Werbung gezeigt, z.B. zu Ausrüstung für den Angelsport. Das ermittelte Nutzerprofil kann außerdem mit typischen soziodemografischen Daten der Nutzergruppe „Angler“ angereichert werden (sog. Predictive BT). Dem Surfer wird auf dieser Basis weitere Werbung gezeigt, die vermutlich auch in seinem Interessengebiet liegt (z.B. Finanzen, Sport).
Obwohl BT derzeit breit diskutiert wird, steckt es in der praktischen Umsetzung eher noch in den Anfängen. Eine Umfrage von Forbes aus dem Frühjahr 2009 zeigt, dass in den USA erst gut 30% der Werbetreibenden BT nutzen. In Deutschland dürfte der Anteil wesentlich geringer sein. Dementsprechend ist bei den Werbetreibenden die Unsicherheit bzgl. Machbarkeit und Akzeptanz auf Seiten der Nutzer noch relativ hoch. Die Umsetzung von BT hängt kritisch an der Nutzung von Cookies. Studien zeigen, dass 30-50% der Internetnutzer regelmäßig ihre Cookies löschen. Damit ist aber der Erfolg von BT eingeschränkt, da die Historie des Nutzerverhaltens verloren geht. Darüber hinaus kann auch die Mehrfachnutzung eines PC zu Unschärfen bei der Platzierung von Werbung führen.

Privatsphäre und Datenschutz sind ein großes Thema

Die Akzeptanz von Targeting im Allgemeinen und BT im Besonderen durch die Verbraucher hängt kritisch von den Themen Schutz der Privatsphäre und Datenschutz ab. Targeting ist besonders gut auf den Seiten Sozialer Netzwerke möglich, da Nutzer ihre eigenen Profile anlegen und viele Informationen zur Verfügung stellen. Allerdings kann Targeting leicht zu gravierenden Fehlschlägen führen. Dies haben verschiedene Fälle in den vergangenen beiden Jahren gezeigt, in denen Soziale Netzwerke Werbung unter Nutzung von Kundendaten und -verhalten geschaltet haben.
Hierfür waren verschiedene Gründe maßgeblich. Eine unausgereifte Technik in Verbindung mit unprofessionellem Matching der Werbung ist auf der technischen Seite zu nennen. Unzureichende Informationspolitik sowie Widerstände gegen die Nutzung persönlicher Daten in Kombination mit Verhaltensdaten betreffen Datenschutz und Privatsphäre der Nutzer. Auch wenn die große Masse der Mitglieder in Sozialen Netzwerken persönliche Informationen immer noch recht sorglos verbreitet, besteht inzwischen doch eine hohe Sensibilität bzgl. der kommerziellen Weiterverwendung von Daten und der Verletzung der Privatsphäre. Dies zeigt auch das Beispiel eines Sozialen Netzwerks, das seine Geschäftsbedingungen ändern wollte, um Daten an Werbepartner weiter zu geben. Nutzerproteste veranlassten das Unternehmen, seine Strategie zu überdenken. Eine Umfrage unterstreicht, dass Unternehmen mit personalisierter Werbung auf Web 2.0-Plattformen besonders sensibel umgehen müssen: über die Hälfte der befragten Nutzer lehnt diese Form der Werbung in Sozialen Netzwerken ab.

Einfache Lösungen sind in diesem sich sehr dynamisch entwickelnden Markt von Web 2.0-Angeboten und neuen Personalisierungstechniken nicht in Sicht. Unabdingbar ist natürlich die Einhaltung der Regeln des Datenschutzes durch die Anbieter, wie sie in Deutschland im Telekommunikationsgesetz, im Telemediengesetz und im Bundesdatenschutzgesetz niedergelegt sind. Danach bedarf die Verwendung personenbezogener Daten durch Dritte der ausdrücklichen Einwilligung des Nutzers. Darüber hinaus gilt es Regeln zu entwickeln, die die Interessen von Verbrauchern und Unternehmen im Spannungsfeld von passgenauer Werbung und Persönlichkeitsrechten angemessen berücksichtigen.
Das Anlegen von Nutzerprofilen ist in Deutschland pseudonymisiert bzw. anonymisiert zulässig. Im Fall anonymisierter Profile müssen Nutzer nicht ihre Zustimmung geben. Auch deshalb sind sich viele Verbraucher nicht darüber bewusst, dass BT von Anbietern als Instrument eingesetzt wird bzw. welche Möglichkeiten BT bietet. Weitere Aufklärung der Verbraucher insbesondere über die Möglichkeiten eines Opt-out ist daher notwendig (z.B. Löschen von Cookies). Darüber hinaus sollten weitergehende Optionen zum Schutz der Privatsphäre erwogen werden. Anbieter könnten durch den Gesetzgeber verpflichtet werden, die Nutzer auf den Einsatz von BT hinzuweisen bzw. auch beim Anlegen anonymisierter Nutzerprofile das explizite Einverständnis der Surfer einzuholen. Dies könnten Anbieter in einem ersten Schritt aber auch über freiwillige Selbstverpflichtungen selbst zusichern, wie z.B. in der jüngsten Richtlinie der US-amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) vorgesehen. In jedem Fall sind in diesem Bereich Bemühungen auf internationaler Ebene notwendig, da BT nicht an nationalen Grenzen halt macht.

Experimente mit Vielfalt der Farben und Formen

Auch jenseits der „etablierten“ Formen klassischer Online-Werbung hat sich Werbung im Internet in den letzten beiden Jahren rasch entwickelt. Bewegtbild-Formate und das Phänomen Web 2.0 sind die beiden wichtigsten Kristallisationspunkte für eine Vielzahl neuer Werbeformen an unterschiedlichen „virtuellen Orten“. Für alle diese Formen gilt, dass sich Werbetreibende noch in der experimentellen Phase befinden. Es werden im Zusammenspiel mit den Nutzern kontinuierlich neue Werbeformen erprobt, deren Erfolg aber in hohem Maße unsicher ist. Welche Werbeformen sich künftig durchsetzen werden, ist nur schwer zu prognostizieren.

Werbung via Bewegtbild hat Unterhaltungswert

Die zunehmende Verbreitung von Bewegtbild-Formaten im Internet eröffnet der Werbebranche einen attraktiven Markt. Dieser ist heute nach Angaben des OVK noch sehr klein, aber schnell wachsend. Präzise Daten sind aufgrund von Abgrenzungsproblemen nicht vorhanden. Das Volumen dürfte aber wenige Prozent der Ausgaben für Display-Werbung noch nicht überschreiten.
Bewegtbilder im Internet finden auf vielen verschiedenen Wegen zum Betrachter. Am bekanntesten sind derzeit die Videoportale, auf denen Nutzer eigene Videos einstellen können (z.B. MyVideo, YouTube) oder professionell produzierte Inhalte bereit gestellt werden. Dies sind meist kürzere Formate. Über Video-on-Demand Portale bzw. Mediatheken ist es möglich, Videos oder Fernsehsendungen zeitversetzt zu sehen (als Stream oder Download). Live Streaming-Angebote erlauben den Konsum des aktuellen Fernsehprogramms im Internet, z.B. über die Webseiten der Fernsehsender oder spezieller Anbieter. Internetnutzer bevorzugen derzeit überwiegend kurze Unterhaltungssequenzen, die sie selbstbestimmt nutzen können. Über die Hälfte der Nutzer verweilt bspw. auf einem Videoportal nur bis zu 15 Minuten.
Die Form, in der Video-Werbespots im Internet eingesetzt werden, hängt stark von der Art des Video-Angebotes im Internet ab. Auf Videoportalen können Werbetreibende Werbeclips direkt einstellen (s.u.). Weit verbreitet sind sog. Pre-, Mid- oder Post-Rolls. Dies sind Werbeclips, die der Betrachter vor, in oder nach dem eigentlichen Video sieht. Auf werbefinanzierten Plattformen mit linearem Fernsehangebot werden kurze Werbespots gezeigt, wenn der Nutzer bspw. den Kanal wechselt oder bevor er eine Sendung aufruft. Aus Sicht der Werbetreibenden ist der Wiedererkennungswert des Formates Bewegtbild aus dem Fernsehen ein wichtiges Plus mit Blick auf die glaubwürdige und ernsthafte Vermittlung von Botschaften. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fernsehwerbung sind die Spots im Internet allerdings meist deutlich kürzer. Zudem ist Online-Video-Werbung interaktiv, d.h. durch einen Klick wird der Nutzer direkt auf die beworbene Webseite geführt.
Die Platzierung von Video-Ads vor, während oder nach dem eigentlich angewählten Video sorgt für eine erhöhte Aufmerksamkeit des Betrachters und für die in Studien nachgewiesene gute Erinnerung an das beworbene Produkt. Verschiedene Untersuchungen – die allerdings von Vermarktern durchgeführt wurden – zeigen, dass auch die Klick-Raten bei Video-Ads im Vergleich zur herkömmlichen, statischen Display-Werbung relativ hoch sind. Den sog. Video-Ads kommt vor allem zu Gute, dass viele Nutzer kurzen Werbefilmen im Netz Unterhaltungswert beimessen und ihnen deshalb eher aufgeschlossen gegenüber stehen. Dies mag auch darauf zurück zu führen sein, dass es sich bei Video-Ads noch um ein neues, unverbrauchtes Instrument handelt. Die bei anderen Werbeformen zu beobachtende Ablehnung (Reaktanz) steht also noch aus. Video-Ads dürften aber insgesamt von dem Trend zu mehr Konsum von professionell produzierten, hochwertigen Videos im Internet profitieren. Dies nährt die Hoffnung der Werbetreibenden, im Internet eine grundsätzlich höhere Aufmerksamkeit für ihre Werbe-filme zu erlangen als im Fernsehen.

Web 2.0 Plattformen: Platz für Werbung nur mit Einschränkung

Das schnelle Mitgliederwachstum der Web 2.0-Plattformen und die hohe Aufmerksamkeit, die Verbraucher diesen Plattformen schenken, machen sie für Werbetreibende höchst interessant. Facebook, YouTube & Co bieten Werbetreibenden neue Chancen, mit ihren zumeist jungen und anderweitig schwer zu erreichenden Zielgruppen aktiv zu kommunizieren. Gleichzeitig haben die Betreiber der Plattformen selbst ein hohes Interesse, mit Werbung zu experimentieren. Derzeit operieren viele Web 2.0-Plattformen noch immer in der Verlustzone und versuchen, ein stabiles Erlösmodell zu etablieren.
Grundsätzlich lassen sich natürlich in Web 2.0 Plattformen die herkömmlichen Werbeformen wie Banner oder kontextsensitive Textanzeigen integrieren. Dies ist aber oft nur mit mäßigem Erfolg gekrönt, da die Web 2.0 Nut-zer auf die etablierten Werbeformen reserviert reagieren. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass sie je nach Nutzungssituation gegenüber Werbung wenig aufgeschlossen sind, so z.B. wenn sie mit Freunden kommunizieren. Daher experimentieren Anbieter mit Werbung, die die Besonderheiten des Web 2.0 für ihre Zwecke nutzt. Einige Betreiber von Communities haben allerdings – wie bereits beschrieben – schwerwiegende Misserfolge bei dem Versuch hinnehmen müssen, den verführerisch großen Pool von persönlichen Daten für zielgruppenspezifische Werbung zu nutzen.

Branded Channels – wer hat noch keinen?

Nach diesen anfänglichen Misserfolgen sind die Anbieter auf der Suche nach neuen Formaten. „Wir versuchen eine Alternative zu finden, um der Revolte der Verbraucher gegen unterbrechende Werbung zu begegnen“, formuliert Sheryl Sandberg, COO von Facebook. Diese „zweite Generation“ trägt den Prinzipien der aktiven Kommunikation und Beteiligung Rechnung, wie sie auf Web 2.0 Plattformen gelebt wird. Einige Werbetreibende – vorwiegend aus den USA – haben in Sozialen Netzwerken erfolgreich eine Fangemeinde für eine Marke aufgebaut. Dabei sind auch hier die Grenzen der verschiedenen Spielarten fließend. Sie werden oftmals auch kombiniert, um die Werbewirkung zu verstärken:

– Ein Unternehmen richtet auf einer Content-Plattform (z.B. YouTube) einen eigenen Kanal ein. Nutzer können Filme oder Fotos über das Produkt ansehen, weiterempfehlen oder Kommentare einstellen. Manchmal können Gadgets dem eigenen Profil hinzugefügt werden.

– Die Nutzer können über einen gesponsorten Kanal aufgefordert werden, selbst erstellte (Werbe-)Inhalte (UGC) z.B. in einen Wettbewerb einzubringen. Marken können sich so die kreative Kraft ihrer Konsumenten zu Nutze machen. Sie werden an der Kampagne beteiligt und enger an eine Marke gebunden.

– Ähnlich ist das Prinzip in Communities, allerdings gibt es hier noch weitere Formen der Interaktion. Bei den von Facebook im vergangenen Jahr eingeführten sog. Engagement Ads können Nutzer z.B. ihren Freunden auf Facebook virtuelle Geschenke machen, Kommentare zu Produkten versenden, Proben eines neuen Produktes anfordern oder Fan einer Marke werden. Ein Hersteller von Sportartikeln hat bspw. in Facebook über 2 Mio. registrierte Fans.

Diese Formen der Werbung nutzen das in Sozialen Netzwerken gelebte Prinzip der aktiven Teilnahme. Die angestoßene Aktivität stärkt die Auseinandersetzung der Fans mit dem Produkt. Erfolgreiche Marken und ihre Kampagnen schaffen es, Nutzer einzubinden, zu begeistern und einen Dialog zu initiieren. Ein wichtiges Element des Erfolges ist dabei auch die Authentizität der Nutzeransprache. Im Idealfall können die Nutzer als Markenbotschafter eingesetzt werden, wenn sie ihre Freunde im Netzwerk oder außerhalb auf ein Produkt aufmerksam machen (virales Prinzip). Dies stärkt die Glaubwürdigkeit einer Marke, da Konsumenten den Äußerungen ihrer Peers (Verbraucherbewertungen, Empfehlungen) großes Vertrauen entgegen bringen (s. Grafik 3).

Virales Marketing: Heute schon empfohlen?

Gesponserte Seiten bei Facebook oder Kanäle bei YouTube machen sich für die Verbreitung der werbenden Inhalte das virale Prinzip des Web 2.0 zu Nutze. Inzwischen gibt es aber auch einige sehr erfolgreiche Beispiele für aktive virale Marketing-Kampagnen im Netz, wie z.B. die Kampagnen Evian-Babys, Ron Hammer (Hornbach) oder Horst Schlämmer (VW). Hier werden Spots in Umlauf gebracht, die eigens für die virale Kampagne produziert wurden. Ihre initiale Verbreitung wird über hochfrequentierte Seiten gesteuert. Oft ist diese Werbung – im Gegensatz z.B. zur TV-Werbung – für die Nutzer nicht sofort als solche zu erkennen und erreicht die Grauzone zur Täuschung.
Ziel ist, dass über P2P-Kommunikation im Netz Informationen über ein Produkt in kürzester Zeit von den Internetnutzern weitergereicht werden. Die Kampagne profitiert davon, dass Konsumenten z.B. von einem Video oder einer Figur begeistert sind und den Spot an Freunde oder Bekannte weiterleiten. 82% der Nutzer von Videoportalen gaben an, sich die Videos anzusehen, die ihnen Freunde oder Bekannte empfehlen. Auch hier greift der Mechanismus des Verbrauchers als Markenbotschafter. Auf diese Weise sorgen die Nutzer idealerweise schnell für eine hohe Reichweite der Kampagne – eine Aufgabe, die traditionell bei den Vermarktern lag.
Auch wenn es einige prominente Beispiele gibt: der Erfolg solcher Kampagnen ist kaum planbar. Unsicher ist, ob der Inhalt eines Spots so gut ankommt, dass die Schwelle überschritten wird, ab dem sich die Kampagne epidemisch verbreitet (sog. Tipping Point). Dies hängt wesentlich von Kreativität und Originalität der Kampagne ab. Fraglich ist sicherlich, ob mit mehr und mehr Content und viralen Kampagnen die Aufmerksamkeit der Nutzer für jede einzelne noch hinreichend hoch sein wird.
Kritiker merken zudem an, dass selbst sehr erfolgreiche virale Kampagnen häufig nur wenig messbar zu Markenbekanntheit und Kaufabsicht beitragen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der witzige „Aufhänger“ des Spots nur wenig mit dem beworbenen Produkt zu tun hat. Virale Kampagnen erreichen zudem häufig die Grenzen der Legalität, wenn z.B. Schleichwerbung platziert oder bewusst Quellen verändert werden (wie z.B. in einer Online-Enzyklopädie, um die Existenz einer Person vorzutäuschen). Schließlich ist eine solche virale Kampagne nicht zum Nulltarif zu haben: Kosten und Zeitaufwand sind nicht gering. Eine Kreativ-Agentur muss ein interessantes und professionelles Viral-Konzept entwickeln. Gleichzeitig müssen die Fans im Netz bzw. die ausgeschriebenen Wettbewerbe betreut werden.

Online-Werbung: Lichtblick in der Krise

Die Finanzkrise trifft auch die Werbebranche hart. Die Ausgaben der Unternehmen für Werbung sind im Jahr 2009 eingebrochen. Gleichzeitig stehen die Verantwortlichen noch stärker als bisher unter Druck: Wie eMarketer für die USA zeigt, hat das Erreichen eines messbaren Return on Invest (ROI) der Marketing-Ausgaben für die Verantwortlichen derzeit höchste Priorität. 80% der Befragten gaben an, dass der Druck, die Wirksamkeit von Marketingmaßnahmen zu belegen, 2009 höher ist als zuvor.
Die Vorteile zielgruppenspezifischer Online-Werbung, d.h. Zielgruppengenauigkeit und Messbarkeit des Erfolges, dürften Werbetreibende in Zeiten knapper Budgets dazu veranlassen, sich bei der Wahl zwischen Online- und Offline-Werbekampagnen eher für das Online-Segment zu entscheiden. Dies dürfte eine Umschichtung der stark reduzierten Marketing-Budgets zugunsten des Internets zur Folge haben. Die sinkenden Preise für Platzierungen im Web werden sich allerdings negativ auf die Umsätze auswirken. Insgesamt dürfte sich das Wachstum der Online-Werbung in 2009 verlangsamen, aber mit 7% gg.Vj. immer noch positiv sein. Dies steht im starken Kontrast zu dem kräftigen Rückgang der Ausgaben für Werbung insgesamt. Damit wird der Marktanteil von Onli-ne weiter steigen.
Gleichzeitig werden im Segment der Internetwerbung die Werbeformen profitieren, deren Wirksamkeit leichter nachzuweisen ist. Dies dürfte leicht messbare Segmente wie die Suchwort-Werbung begünstigen. Leiden dürften hingegen die klassischen Formen wie Banner, die eher eine markenbildende Funktion haben. Dafür spricht auch, dass Ausgaben für Markenbildung (sog. Above-the-line Spending) in Krisenzeiten tendenziell zurückgefahren werden. Der Fokus liegt eher auf Below-the-line Spending, d.h. z.B. Direktmarketing, um den Absatz der Produkte zu fördern und kurzfristig messbare Resultate zu erzielen. Werbetreibende dürften zudem versuchen, die Effektivität ihrer Werbemaßnahmen zu erhöhen, indem sie verschiedene Werbeformen (z.B. Suche und Dis-play) kombinieren.
Auch wenn die Begeisterung für Werbung rund um die Themen Video und Web 2.0 bei den Beobachtern groß ist, so sind die Erfahrungen mit diesem Thema bisher noch sehr gering. Die Wirtschaftskrise und ihre Folgen dürften der Experimentierfreude mit diesen Werbeformen einen Dämpfer verpassen. Eine Umfrage von Forrester Research Inc. unter 200 US-Großunternehmen zeigt, dass Werbetreibende bei innovativen Werbeformen, wie z.B. Werbung in Sozialen Netzwerken, zurückhaltend sind. Neue Werbeformen entstehen derzeit langsamer als vor der Rezession.

Über 2010 hinaus: Ein reifender Markt

Ab 2010 dürfte das Segment der Online-Werbung wieder zweistellig wachsen. Allerdings dürften sich die hohen Wachstumsraten der Anfangsjahre nicht wieder einstellen. Für dieses Szenario spricht, dass der Markt für Online-Werbung insgesamt reifer wird und sich eher im rechten Teil der typischen S-förmigen Entwicklungskurve neuer Märkte bewegt. Der wichtige Wachstumstreiber Internetnutzung wirkt künftig schwächer: 80% der Berufstätigen und fast 100% der Auszubildenden sind heute bereits online. Gleichzeitig nimmt die Zeit, die Menschen im Internet verbringen, nicht mehr so stark zu. Dies spricht dafür, dass der Aufholeffekt, von dem die Internet-werbung im Mediensplit profitiert hat, zwar noch positiv ist, sich aber abschwächt.
Die weiter steigende Bedeutung des eCommerce und die künftig noch wachsende Rolle des Internets als Informationsplattform für Käufe im Netz und im stationären Handel treiben den anhaltend positiven Ausblick der noch jungen Branche. Davon wird vor allem die Suchwort-Werbung profitieren. Der Wandel hin zum Internet als Unterhaltungsmedium, wie er sich heute bereits bei den jugendlichen Internetnutzern abzeichnet, wird die Rolle von Bewegtbild-Formaten und damit von Video-Ads stärken. Im Bereich der klassischen Display-Werbung werden die einfachen Formate zunehmend von Rich-Media-Formaten abgelöst werden.
Heute ist die zwar im Vergleich zu den vergangenen Jahren schwächere, aber dennoch positive Entwicklung des Marktes für Online-Werbung ein Lichtblick in der Krise. In den kommenden Jahren wird der Markt reifen und eine neue Balance zwischen den Werbeformen ausbilden. In dieser Zeit wird sich ein hohes Maß an Schumpeter’scher kreativer Zerstörung zeigen. Auf diesem Weg wird es weiterhin attraktive, zweistellige Wachstumsraten geben.

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