In sämtlichen Branchen ist Kundenservice ein kritischer Faktor für den Unternehmenserfolg. Betriebe müssen deshalb ständig am Ball bleiben, um loyale Kundenbeziehungen aufzubauen. Nachdem im ersten Teil unserer Artikelreihe „Kundenservice in der Zukunft“ zunächst aktuelle Rahmenbedingungen geschildert wurden, wird nun die Weiterentwicklung vom ursprünglichen „Push“- zum heutigen „Pull“-getriebenen Kundenkontakt veranschaulicht, um anschließend mit Praxistipps durchzustarten.
Von Push zu Pull mit Social Media und Self Services
In den folgenden drei Abschnitten wird die Weiterentwicklung vom ursprünglichen „Push“- zum heute „Pull“-getriebenen Kundenkontakt in Form der praktischen Ausgestaltung der Trends im Kundenservice der Zukunft veranschaulicht. Während sich dabei die erste Evolutionsstufe des Kundenservice auf die reine Informationslieferung vom Unternehmen an den Kunden fokussiert, erfolgt in der zweiten Evolutionsstufe eine zunehmende Autonomisierung des Kunden und eine stärkere Interaktion, z.B. durch Lingubots und Avatare. Der Pull-Service zielt darauf ab, dass der Kunde sich verstärkt die Informationen beschafft, die er sucht und aktiv mit den Unternehmen und anderen Kunden über Social Media Tools kollaboriert.
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Push – Antworten auf oft gestellte Fragen
Im Rahmen der ersten Evolutionsstufe gehen Unternehmen dazu über, nicht mehr erst dann zu reagieren, wenn der Kunde dieses durch eine Kontaktaufnahme adressiert, sondern Informationen, die der Kunde häufig abfragt, von vorn herein zu veröffentlichen und dem Kunden zugänglich zu machen. In dieser „Grundstufe“ des Self Service wird der Kunde befähigt, eine Anfrage selbst zu beantworten, indem ihm die entsprechende Information zur Verfügung steht.
Die automatisierte Informationsbereitstellung ermöglicht es Unternehmen, Effizienzgewinne zu erzielen, weil telefonische Kundenkontakte, die das Fachwissen der Agenten nicht erfordern, reduziert werden können. Für den Kunden hingegen ergibt sich der Vorteil, dass er selbst schnell und ohne fremde Hilfe an eine Information gelangt. Er kann alle Informationen leicht finden und sie nach eigenem Wunsch aktiv rund um die Uhr abrufen.
Trotz zahlreicher Vorteile, die Self Services bieten, werden diese vom Kunden jedoch meist nicht als sehr positiv wahrgenommen. Kunden sind verärgert, wenn angebotene Self Services ineffizient sind oder keinen Mehrwert bieten, da sie nur mit unzureichenden Informationen ohne inhaltliche Zusammenhänge ausgestattet werden und in keiner Weise den Erwartungen entsprechen. In solchen Fällen tragen sie zur Unzufriedenheit des Kunden bei.
Um das Kundenerlebnis zu verbessern und damit die Gefahr eines Wechsels in einen kostenintensiveren Kanal zu verringern, sollten daher nur bestimmte Aspekte automatisiert werden und die richtige Information im entsprechenden Kontext zur gewünschten Zeit zur Verfügung gestellt werden. Dies ist besonders für die erste beschriebene Evolutionsstufe des Kundenservices essentiell, denn diese ist generell von der proaktiven Informationsbereitstellung und dem Angebot standardisierter Serviceleistung an den Kunden z.B. mit Hilfe von Frequently Asked Questions (FAQs) oder automatisierten Sprachportalen geprägt, wie es die Push-Strategie vorsieht.
Suchfunktionen für bereitgestellte Inhalte anbieten!
Obwohl Self Services auf Internetseiten, wie z.B. FAQs oder Suchfunktionen, nicht nur die Autonomie des Kunden unterstützen, sondern im Vergleich zu den meist noch starren Sprachportalen inzwischen wesentlich benutzerfreundlicher und informativer gestaltet werden, besteht auch in diesem Anwendungsbereich noch erheblicher Optimierungsbedarf. Denn leider passiert es den Kunden in der Praxis oft, dass sie die gewünschten Informationen auf der Internetseite nicht gleich finden und auch keine ausreichende Suchfunktion nutzen können. Wenn doch Suchfunktionen angeboten werden, müssen Kunden meist erst einmal verschiedenste Begriffe eingeben, um an das gewünschte Ergebnis zu gelangen. Angenehmer für den Kunden wird es, wenn natürliche sprachliche Suchfunktionen angeboten werden, die es dem Nutzer erlauben, die Inhalte anhand einer einfachen Frage bzw. ihm vertrauter Worte zu durchsuchen. Mit Hilfe von intelligenten Suchfunktionen ist es inzwischen sogar möglich, die Bedürfnisse des Kunden zu antizipieren oder anhand bestimmter Begriffe abzuleiten.
Des Weiteren sollten die gesamten Inhalte der Internetpräsenz in Form einer Wissensdatenbank verbunden sein, nicht-statische, verwandte Antworten zu dem gewünschten Thema liefern und nicht lediglich anzeigen, dass leider keine Antwort gefunden werden konnte. Hinsichtlich der Gestaltung von Self Services ist es zudem wichtig, dass die Kunden nicht jedes Mal von Neuem ihr Anliegen schildern müssen, wenn sie anrufen, eine eMail schreiben oder die Internetseite nach relevanten Informationen durchsuchen. Daher sollte eine einheitliche Kundenhistorie über alle Kanäle hinweg hinterlegt werden, so dass die korrekten Informationen bei jedem Kontakt zur Verfügung stehen.
Kunden auf der Suche nach den korrekten Informationen mit FAQs unterstützen!
Da wie oben beschrieben in vielen Fällen online bereitgestellte Informationen zum Kundenservice nicht durchsucht werden können, greifen Kunden oder Interessenten oftmals auf FAQs zurück. Diese erzeugen jedoch erst einen Mehrwert für den Kunden, wenn die bereitgestellten Informationen ansprechend gestaltet werden und die Frage des Kunden zügig und abschließend beantwortet wird. Für eine ansprechende Gestaltung von FAQs ist es erforderlich, das Suchverhalten von Kunden und Interessenten zu kennen. Denn erst, wenn bekannt ist, welche Suchbegriffe von Kunden genutzt werden und welche Informationen wirklich relevant für sie sind, ist es möglich, diese optimal zu gestalten, indem sie bspw. logisch gruppiert werden. Neben der Bereitstellung von relevanten Informationen zur Frage sollte zusätzlich eine Verknüpfung zu weiterführenden Informationen und verwandten Antworten, die von anderen Nutzern gelesen wurden, angeboten werden. Um eine kontinuierliche Verbesserung der Antworten auf häufig gestellte Fragen zu ermöglichen, sollten die Besucher von Internetseiten zudem die Möglichkeit erhalten, die bereitgestellten Antworten zu bewerten und im Falle einer noch nicht berücksichtigten Antwort, den Kundenservice direkt zu kontaktieren.
Sprachportale vernetzen!
Aufgrund des weiterhin hoch frequentierten Telefonkanals sollten gerade in diesem Bereich auch die Self Service-Angebote z.B. in Form von Sprachsteuerungssystemen (auch als IVR – Interactive Voice Response bekannt) optimal eingesetzt und auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden. Denn viele Kunden sind enttäuscht und unzufrieden, wenn sie statt eines auskunftsfähigen und freundlichen Kundenservicemitarbeiters ein schlecht bedienbares Sprachportal vorfinden, lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen und mehrmals weiterverbunden werden. Daher geben auch nur 2% der im Rahmen einer Ovum-Studie befragten Personen diesen Kanal als ihren präferierten Servicekanal an.
Bei der Ausgestaltung von Sprachsteuerungssystemen sollte daher darauf geachtet werden, dass die relevanten Informationen in einer für den Kunden logischen Reihenfolge, kurz und prägnant inhaltlich sowie sprachlich verständlich zur Verfügung gestellt werden. Vor der Menügestaltung sollten die im Call Center eingehenden Gespräche analysiert und bereits bei der Produktion der gesprochenen Inhalte auf Qualität geachtet werden. Denn die gesprochenen Inhalte sollten die Corporate Identity oder Marke des Unternehmens widerspiegeln, sich an natürlichen Dialogen orientieren und nicht künstlich wirken. In die Gestaltung des Sprachportal-Menüs sollte überdies das durch andere Kanäle generierte Kundenerlebnis mit einbezogen und gegebenenfalls sogar mit anderen Kanälen, wie z.B. Bestätigung von bestimmten vorgenommenen Transaktionen per eMail, verbunden werden. Ebenfalls sollte der Kunde die Möglichkeit haben, jederzeit oder an bestimmten Punkten (z.B. wenn der Kunde mehrmals eine falsche Eingabe macht) Kontakt mit einem Kundenberater aufzunehmen oder einen Rückruf-Service zu nutzen.
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Die Vernetzung des Sprachsteuerungssystems mit relevanten Back-End-Systemen führt ebenfalls zu einer Verbesserung des Kundenerlebnisses. Denn hierdurch können vielseitige Informationen über den Kunden zur Personalisierung des Dialoges genutzt werden. Das durch den Voice Award 2008 prämierte Sprachportal von Freenet antizipiert auf diese Weise z.B. den Grund des Anrufes. Anrufer können durch diese Vernetzung zudem direkt in den gewünschten Service springen und ihr Anliegen frei formulieren. Dies wird möglich, weil das System den Dialog dynamisch an die Aussagen des Kunden bzw. die im System hinterlegten Informationen anpasst.
Die Verbindung von Self Service-Anwendungen mit relevanten Geschäftsprozessen und entsprechenden Systemen ermöglicht nicht nur das Angebot verbesserter Dienstleistungen für den Kunden, sondern auch die Sammlung von Informationen über den Kunden und sein Verhalten. Hierdurch entstehen nicht nur Cross- und Up-Selling- Potenziale, sondern auch die Möglichkeit, dieses Wissen für neue Produktentwicklungen zu nutzen. Daher gehen auch 85% der Studienteilnehmer davon aus, dass eine Anbindung der Front-End-Systeme mit relevanten Back-End- Systemen den Kundenservice der Zukunft beeinflussen wird.
Ein Beispiel für die Automatisierung von Kunden- und Unternehmensprozessen und Bereitstellung von relevanten Informationen bietet das durch den Voice Award 2009 prämierte Sprachportal von IKEA, das Kunden z.B. eine sprachbasierte Warenbestandsabfrage ermöglicht.
Der autonome Kunde – interaktive Self Services auf dem Vormarsch
In der zweiten Evolutionsstufe des Kundenservices nimmt der Kunde zunehmend am Servicegeschehen teil. Die Interaktion zwischen Unternehmen und Kunde steht im Mittelpunkt. Das Angebot an Self Services wird ausgebaut und geht über die einfache standardisierte Abwicklung und Informationsabfrage hinaus. Das Web wird zum zentralen „Umschlagplatz“ für Serviceleistungen.
Automatisierte Spracherkennung für Sprachportale nutzen!
Die Weiterentwicklung von Self Services im Rahmen von Sprachportalen erfolgt durch Systeme, die in der Lage sind, einen interaktiven und komfortablen Dialog anzubieten, der von seiner Funktionalität an den persönlichen Kontakt mit einem Kundenservicemitarbeiter heranreicht. Solche Funktionalitäten werden beispielsweise mit Hilfe von intelligenten, natürlich-sprachlichen Spracherkennungstechnologien erzielt, die den Dialog einerseits an die Äußerungen des Kunden und andererseits an die im System hinterlegten Kundeninformationen dynamisch anpassen und hierdurch komplexere Anfragen lösen können, als herkömmliche Sprachportale mit Tonwahlverfahren. Diese technische Weiterentwicklung wird zu einer zunehmenden Akzeptanz und Nutzung der Kunden und laut 60% der Studienteilnehmer daher zu einem verstärkten Einsatz von solchen Sprachdialogsystemen führen. Ca. 25% der befragten Unternehmen sehen den Kundenservice ab dem nächsten Jahr durch diese Technologie beeinflusst.
Der erfolgreiche Einsatz von Sprachdialogsystemen hängt von mehreren Faktoren ab. Wichtig ist vor allem die Herangehensweise an einen solchen Einsatz. Wie z.B. bei der Einführung eines neuen CRM Systems, erfordert die Gestaltung eines Sprachdialogsystems ebenfalls ein strategisches Vorgehen. Denn erst wenn strategische Fragestellungen, wie z.B. nach den zu erreichenden Zielen, der relevanten Zielgruppe, den gewünschten Einsatzgebieten, beantwortet sind, kann die Ausgestaltung des Sprachdialogsystems beginnen.
Audiovisuelle Technologien für den Kundendialog nutzen!
Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung des Telefonkontaktes stellen dialog-basierte Interactive Voice Video Response Systeme (kurz IVVR oder Video IVR) dar. Diese Technologie wird laut 38,7% der befragten Studienteilnehmern den Kundenservice mittelfristig (> 2 Jahre) beeinflussen. Diese Entwicklung wird durch die weiter steigende Nutzung von 3G-kompatiblen Smartphones verstärkt und ermöglicht Unternehmen, ihren Kunden mit Hilfe von Echtzeitvideos zusätzliche Informationen oder Anleitungen visuell zur Verfügung zu stellen oder Kunden ähnlich wie mit einem regulären Sprachportal zu den gewünschten Informationen zu navigieren. Eine solche virtuelle Navigation durch die Kundenserviceinformationen stellt einen der großen Vorteile dieser Technologie dar. Denn hierdurch wird der Nutzer davon befreit, sich alle Menüpunkte kurzzeitig zu merken und zu verstehen. Dies stellt vor allem bei der Nutzung von IVR ein Problem dar, da Menschen nachgewiesenermaßen nur beschränkt Informationen in ihrem Kurzzeitgedächtnis speichern. Eine visuelle Darstellung der Menüpunkte ermöglicht daher eine schnellere Navigation und eine bessere Verständlichkeit. Ein weiterer Vorteil von IVVR liegt darin, dass der Nutzer keinerlei Software oder spezielle technischen Vorkenntnisse dazu benötigt, da diese Videos genauso schnell übermittelt werden wie „normale“ Videotelefonate.
Virtuelle Berater zur visuellen Unterstützung einsetzen!
Die visuelle Unterstützung des Kundenservices kann, wie das nachfolgende Beispiel von IKEA anschaulich zeigt, ebenso über sogenannte virtuelle Serviceberater in Form von Lingubots oder Chatbots erfolgen, die Kunden im Internet beratend zur Seite stehen. Diese virtuellen Serviceberater unterstützen den Kunden bei der Suche nach Informationen, indem eingegebene Fragen analysiert und passend beantwortet und wenn möglich zeitgleich die gewünschten Informationen auf der Internetseite anzeigt werden. Obwohl diese Unterstützung des Kundenservices derzeit nur von einzelnen Unternehmen und Einrichtungen genutzt wird und dadurch auch nur bei 42% der befragten Studienteilnehmer Zuspruch findet, sehen ca. 27% der teilnehmenden Unternehmensvertreter mittelfristig (> 2 Jahre) Potenziale für intelligente, computergenerierte Agenten.
Bei der Gestaltung von Lingubots sollte darauf geachtet werden, dass der virtuelle Serviceberater in Form eines computergenerierten Avatars oder eines Menschen Emotionen ausdrücken können und einen natürlich sprachlichen Dialog ermöglichen.
Servicevideos für erklärungsbedürftige Services bereitstellen!
Servicevideos oder Podcasts können ebenfalls zur leichten und verständlichen Visualisierung von Inhalten genutzt werden. Dies sind Audio- und/oder Videoaufzeichnungen, die z.B. über das Internet veröffentlicht und verbreitet werden. Häufig werden diese als Serien (Episoden) zur Verfügung gestellt, um in verschiedenen Beiträgen dem Kunden z.B. bei Problemstellungen Hilfe anbieten zu können. Der Vorteil von Servicevideos oder Podcasts besteht darin, dass auch große Datenmengen einfach verfügbar gemacht werden können und insbesondere komplexe Bedienungsanleitungen durch ein anschauliches Video ersetzt werden können.
Durch die Verbreitung moderner Internettechnologie und entsprechender Plattformen, wie z.B. YouTube, können Servicevideos oder Podcasts rund um die Uhr angeboten werden und dabei helfen, komplexe Inhalte leicht und verständlich zu visualisieren. Sie sind daher im Service, insbesondere in den Phasen des After Sales, von Bedeutung. Bei der Nutzung von Servicevideos oder Podcasts kommt es insbesondere darauf an, dass diese an den richtigen Orten verfügbar gemacht werden. Daneben lassen sich Servicevideos oder Podcasts auch in firmeninterne Communities und Netzwerke integrieren, um auf diese Weise anschaulich z.B. die Bedienung von Produkten zu erläutern.
Servicevideos und Podcasts sind geeignete Instrumente, um den veränderten Kundenerwartungen gerecht zu werden und liefern zukünftig laut den befragten Studienteilnehmern einen wesentlichen Beitrag zum Kundenservice. 45,5% der Unternehmensvertreter glauben, dass Servicevideos kurz- bis mittelfristig ihren Kundenservice beeinflussen. 20,8% der Teilnehmer sehen ihren Kundenservice sogar bereits heute davon beeinflusst.
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Dem Trend zur Mobilität folgen!
Eine weitere Möglichkeit den Bedürfnissen der Kunden nach ständiger Verfügbarkeit zu genügen, stellen mobile Self Services dar. Hier hat der Kunde jederzeit die Möglichkeit, über sein mobiles Endgerät Self Service-Anwendungen zu nutzen.
Bevor Unternehmen jedoch mobile Self Services zur Verfügung stellen, sollte überprüft werden, ob die eigenen Kunden überhaupt eine Affinität für mobile Anwendungen aufweisen und über diesen Service erreicht werden können. Wenn dies der Fall ist, können einfache, komfortable und verbraucherfreundliche mobile Anwendungen, wie das nachfolgend beschriebene Beispiel der Sparkasse, zur Verbesserung des Kundenservices und zur Positionierung des eigenen Unternehmens genutzt werden.
Kundenvertrauen durch sichere Technologien steigern!
88% der Befragten gehen davon aus, dass Kunden aufgrund der steigenden Akzeptanz in der Zukunft verstärkt Self-Service-Angebote nutzen werden. Teilweise werden solche Angebote sogar bereits als selbstverständlich angesehen und regelrecht erwartet. Wenn Kunden Self Services dennoch nicht nutzen, liegt dies meist nicht an der Technologie, sondern eher daran, dass Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Daten bestehen. Entsprechende Meldungen über Datenmissbräuche verstärken die Besorgnis über den Diebstahl persönlicher Daten und den Wunsch nach einer verbesserten Datensicherheit. Die größten Sicherheitsbedenken werden dabei bei Geschäftsbeziehungen zu Finanzdienstleistungs- oder Telekommunikationsunternehmen gesehen, da mit diesen meist besonders sensible Daten ausgetauscht werden müssen. Viele Verbraucher würden daher den Einsatz von sprachbiometrischen Authentifizierungsmöglichkeiten begrüßen, weil diese für sie eine besonders bequeme Art der sicheren Identitätsprüfung darstellen.
Da Sprachbiometrie zur Unterstützung des Kundenkontaktes am Telefon entwickelt wurde, ist diese Technologie für den Kundenservice besonders interessant. Denn das Telefon ist der präferierte Kontaktkanal der Kunden und mit Hilfe von Sprachbiometrie wären lästige Eingaben von PINs oder andere Identitätsmerkmale obsolet. Von dem verstärkten Einsatz von automatisierter Sprachbiometrie zur Identifizierung und Authentifizierung sind 43% der Studienteilnehmer überzeugt. Weitere 58% gehen davon aus, dass diese Technologie in mittelfristiger Zukunft den Kundenservice beeinflussen wird.
Pull – Kollaboration im Service-Kanal der Social Media
Social Media ist das Buzzword der Web 2.0-Generation. Bisher ging es im Umfeld des Kundenservice hauptsächlich darum, den Kunden Service-Informationen über die klassischen Kanäle zur Verfügung zu stellen, wie z.B. Telefon, email und Brief. Nun heißt es für die dritte Evolutionsstufe des Kundenservices den Fokus auf Interaktion und Vernetzung zwischen Kunde und Unternehmen sowie Kunde und Kunde zu legen.
Für den Kundenservice der Zukunft bedeutet dies, dass Kunden bei Serviceanfragen nicht immer direkt das Unternehmen kontaktieren müssen, sondern sich gegenseitig helfen können. Das führt zu einer gesteigerten Autonomie des Kunden. Diese Autonomie resultiert z.B. daraus, dass der Kunde mit der Verfügbarkeit von Social Media Tools selbstständig nach Antworten auf servicespezifische Fragen suchen kann. Auch kann er anderen Kunden in Blogs oder sozialen Netzwerken Rat bei Serviceanfragen geben. Damit geht der Trend hin zur Kollaboration zwischen Unternehmen und Kunde und den Kunden untereinander. Statt One-to-One-Kommunikation heißt es nun Many-to- Many. Durch die Nutzung neuer Kanäle wie Communities und Wikis erhöht sich auch die Kommunikationsgeschwindigkeit.
Kundenservice mit Social Media führt dazu, dass dieser zunehmend vernetzter und offener gestaltet wird. Der Leitsatz der Call Center World 2010 lautete trendgemäß: „Den Kundendialog gestalten! Vernetzt. Intelligent. Vertrauensvoll“. Potenzial für einen unmittelbaren und offenen Kundendialog bietet sich insbesondere in interaktionsintensiven Service-Prozessen. Dies gilt insbesondere für das Beschwerde-Management sowie die Abhandlung von Serviceanfragen („Request-to-answer“, „Usage to-payment“ sowie „Problem-to-solution“ und „Complaint-tosolution“). Die folgende Grafik zeigt relevante Kundenserviceprozesse und hebt diejenigen (in dunkelblau) hervor, die sich für den Social Media-Einsatz besonders eignen. Ebenso wird dargestellt, über welche Medien die Kundeninteraktion zunehmen wird. Social Media ist dabei der Kanal mit dem deutlichsten Zuwachs!
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Die neuen Kanäle ersetzen nicht die klassischen Kanäle wie z.B. professionelle Call Center, sondern sind eine wirkungsvolle Ergänzung im Customer Relationship Management. Auch ist die Integration von Social Media in den Multikanal-Mix komplex. Möglicherweise ist diese Komplexität auch ein Grund, warum bisher lediglich 3% der heutigen Customer Care Center von deutschen Unternehmen sich in der Welt des interaktiven sozial getriebenen Kundendialoges bewegen. Dies hebt hervor, welch immenses Potenzial im Kundenservice mit Social Media steckt.
Im Folgenden wird aufgezeigt, mit welchen Social Media-Tools serviceorientierte Unternehmen ihren Kundenservice revolutionieren können. Das Social Tool-Kit, was sich in diesem Zusammenhang für eine Verwendung im Customer Service anbietet, stellt sich wie folgt dar:
Soziale Netzwerke als interaktive Serviceplattform nutzen!
Soziale Netzwerke und Webforen stellen soziale Gemeinschaften im Internet dar. Bekannte Beispiele sind Facebook, StudiVZ und Xing. Diese können nach öffentlichen Netzwerken, wie z.B. Facebook und LinkedIn, und unternehmensinternen Netzwerken (Communities) unterschieden werden.
Der Aufbau sozialer Netzwerke bietet für den Kundenservice folgende Potenziale:
– Ausgangsplattform für ein breites Angebot an sozialen Service-Technologien, auf die über das soziale Netzwerke zugegriffen werden kann wie z.B. Podcasts, Wikis, Kunden-helfen-Kunden-Blogs. Diese Technologien können über Gadgets/Widgets zur Verfügung gestellt werden.
– Bekanntheit des eigenen Kundenservices durch Unternehmensprofile in öffentlichen Netzwerken oder Aufbau eines eigenen Netzwerkes erhöhen.
– Verbesserung des Services-Images, z.B. durch Angebot von „Fan“-Funktionen in Kundenforen, denen zufriedene Kunden folgen können.
– Nutzung des “Wissens der Masse“ (Wisdom of the Crowd) zur Sammlung relevanter Kundeninformationen.
Die Nutzung sozialer Netzwerke für den Kundenservice, bzw. insbesondere die Pflege von Serviceprofilen in bekannten Netzwerken, ist insbesondere in der jungen Zielgruppe sehr bekanntheitsfördernd. Dabei ist der Aufbau eines Profils nicht sehr aufwändig und vergleichsweise kostengünstig. Mit dem alleinigen Aufbau eines sozialen Netzwerks ist es jedoch nicht getan. Von großer Bedeutung sind die konstante Aktualisierung dieses Profils und das kollaborative Management dieser Plattformen. Kollaboratives Management meint in diesem Zusammenhang das ständige Interagieren mit Kunden und Interessenten in einer Sprache, die authentisch ist. Ebenso sollte auch darauf geachtet werden, dass der Kunde den Zugriff auf die für ihn relevanten Serviceinhalte einfach gestalten kann. Dazu ist es ratsam, RSS-Dienste zu verwenden.
Im Folgenden sind Best Practices sozialer Netzwerke dargestellt. Insbesondere am Beispiel von Nike wird deutlich, wie das Unternehmen eine „social community“ als zentrale Serviceplattform für seine Produkte nutzt:
Bloggen, um schnell und weitreichend relevante Service-Informationen zu streuen und auf kritische Anfragen zu reagieren!
Blogs stellen die Quintessenz des Kundenservices über Social Media dar, denn sie ermöglichen die einfache und schnelle Adressierung einer breiten Zielgruppe über das Internet. Blogs unterstützen soziale Netzwerke innerhalb derer über Kurzmitteilungen Informationen schnell, zielgerichtet und weit gestreut werden können. Sie enthalten Beiträge, die chronologisch veröffentlicht werden und von anderen Usern gelesen, kommentiert und um weitere Beiträge ergänzt werden können. Die Abgrenzung zum Microblog besteht darin, dass die Länge der Beiträge auf etwa die Anzahl der Zeichen einer SMS (140 bis 160 Zeichen) beschränkt ist. In Microblogs werden meist kurze Meldungen über aktuelle Aktivitäten abgegeben oder kurz kommentierte Links veröffentlicht.
Die Gestaltung von Kundenservice über Unternehmensblogs bemisst sich insbesondere daran, wie schnell Beschwerden und Probleme des Kunden gelöst werden können. Mit Blogs kann insbesondere das Beschwerdemanagement optimiert werden. Sie bieten schnelle Reaktionsmöglichkeiten und einen unkonventionellen und offenen Umgang mit dem Kunden. Noch vielmehr ist es sogar eine Möglichkeit proaktiv auf den Kunden zuzugehen, wenn dieser sich z.B. in einem Blog kritisch über die Bedienung oder den Service eines Produktes äußert. Mithilfe dieses Tools können die aktiven Nutzer, die sogenannten „Blogger“, Kurzmitteilungen über das Netzwerk veröffentlichen. Diese Kommunikation bietet für den Kundenservice ein immenses Potenzial, weil damit direkt ein breiter Kreis der Kunden angesprochen werden kann. Um einen Blog erfolgreich für den Kundenservice zu nutzen, müssen die Kundennachrichten, also Kurzmitteilungen im Blog proaktiv und zeitnah beantwortet werden. Ein weiteres Potenzial, das sich durch die Nutzung von Blogs anbietet, ist die Weiterleitung und das Bewerten von empfehlenswerten Blogbeiträgen durch den Kunden selber. Auf diese Weise kann ein Multiplikatoreffekt von Service- News realisiert werden ohne Servicekosten und zusätzlichen Ressourceneinsatz verbuchen zu müssen. Kunden, die über ein Problem klagen, finden oftmals direkt eine passende Lösung oder können ihre Frage in einer breiten Öffentlichkeit stellen.
Um erfolgreich zu bloggen, müssen die Inhalte der Blogs abgestimmt und qualitätsgesichert sein. Ebenso bedarf es der Festlegung ethischer Ausrichtungen sowie der Konzeption von Kommunikations- und Deeskalationsstrategien. Denn insbesondere für einen Kommunikationskanal wie Blogs, dessen Nutzer schnelle Reaktionen erwarten, muss der kommunikative Handlungsrahmen detailliert festgelegt sein. An dieser Stelle ist ebenso zu erwähnen, dass das Fähigkeits-Level und Aufgabeninhalt der Blog-Mitarbeiter höher sein sollte als in den klassischen Kundenservice- Abteilungen, wie z.B. einem Call Center. Grund hierfür ist, dass die Blog-verantwortlichen Service Mitarbeiter zum einen sehr affin im Umgang mit den neuen Medien sein müssen. Ebenso haben sie nicht nur die Aufgabe, reaktiv auf Kundenanfragen zu reagieren, sondern müssen auch aktiv Diskussionen in Blogs steuern, ebenso die Inhalte des Blogs qualitätssichern und bei Nachrichten, welche kritisch oder imageschädigend sind, unmittelbar darauf reagieren und eine geeignete Kommunikation einleiten. Die verantwortlichen Mitarbeiter sollten an dieser Stelle in die Lage versetzt werden, direkten Einfluss auf das Kundenerlebnis zu nehmen und Kunden im Rahmen einer konsistenten Unternehmensidentität individuell begeistern zu können.40 Um die Blogs für den Kunden leicht auffindbar zu machen, ist es zusätzlich ratsam sich in Blog-Suchmaschinen listen zu lassen, so z.B. Technorati und Google Blog Search.
Wikis als Wissensdatenbank für Service-Mitarbeiter einsetzen!
Für den Kundenservice der Zukunft empfiehlt sich der Aufbau von Wikis vorerst auf interner Ebene. Denn die Eigenschaft, Wissen schnell mit anderen zu teilen, macht Wikis zu einem vielseitigen Instrument für den Unternehmenseinsatz. Sie sind ideal, um gemeinsam Dokumente zu erarbeiten, eine Wissensbasis zu erstellen und Erfahrungen auszutauschen. Wikis sind onlinebasierte Plattformen, die Informationen (in erster Linie Texte) nach verschiedenen Themen gegliedert in diversen Beiträgen zur Verfügung stellen. Wikis können als Online-Lexika verstanden werden und bieten insbesondere für die Darstellung erklärungsbedürftiger Dienstleistungen/Produkte Hilfestellung.
Eine Gartner Research-Studie geht davon aus, dass im Jahr 2010 schon über die Hälfte aller Unternehmen interne Wikis einsetzen wird. Gartner prognostiziert, dass im Jahr 2011 soziale Netzwerkinteraktionen wie z.B. über Blogs beliebter als eine Zusammenarbeit im Team zwischen Kollegen sein werden. Im Wiki können Servicedokumente zum Download zur Verfügung gestellt werden, können FAQs von Kunden aufgebaut und tagtäglich ergänzt werden. Über Blogs, die in das Wiki integriert sind, können sich Service-Mitarbeiter zusätzlich virtuell und zeitunabhängig zu Kundenanfragen austauschen. So nutzt zum Beispiel British Telecom das firmeninterne Wiki seit mehreren Jahren insbesondere für das Management von CIO-Prozessen und zur Dokumentation.
Entscheidend für den Erfolg von Wikis ist zum einen der Aufbau von Akzeptanz und Commitment für die Relevanz des Wikis. Aktuell werden Wikis von vielen immer noch als Spielerei und nicht als gemeinsame und effiziente Arbeitsplattform gesehen. Diese Akzeptanz, insbesondere bei Kollegen, die seit Jahren mit den klassischen Tools des Wissensmanagements arbeiten, zu erlangen, ist eine Herausforderung.
Zum anderen ist nicht zu unterschätzen, dass bisher noch kein Wissen zur Bedienung und Nutzung von Wikis besteht. Wenn Mitarbeiter dort aktiv Beiträge schreiben, kommentieren und Inhalte zur Verfügung stellen sollen, muss gewährleistet sein, dass sie diese Wikis bedienen können und mit dem Umgang vertraut sind.