„Blogging“ ist derzeit in aller Munde. Kein Wunder, denn die Unternehmen erkennen hier große Chancen Präsenz zu zeigen und so Stimmung zu machen. Ist es nicht möglich, auch innerhalb des Unternehmens so zu arbeiten? Wie weit ist die interne „Blogosphäre“ schon Wirklichkeit? Welche Chancen und Risiken bringt eine Einführung mit sich?
Am Erfolg eines Unternehmens ist neben vielen anderen Faktoren eine gut funktionierende interne Kommunikation maßgeblich beteiligt. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie abteilungs- und hierarchieübergreifend eingesetzt wird, dass sie allen Mitarbeitern schnell und einfach zugänglich ist und einen gemeinsamen Wissenstand gewährleistet. Genau an diesem Punkt kommen die Online-Blogs zum Einsatz: Jeder Mitarbeiter verfasst regelmäßig einen „Newsletter“, dessen Hauptthemen persönliche Erfahrungen und deren Bezug zum Unternehmenserfolg sind. Die wichtigsten Ereignisse werden für die anderen Mitarbeiter kurz und präzise aufbereitet. Der Vorteil: Im Gegensatz zu Emails werden die Neuigkeiten nicht an einzelne Kollegen verschickt, die Informationen sind in einer Datenbank gebündelt und somit allen zugänglich.
Teamwork als Katalysator
Die virtuellen Tagebücher sind denkbar einfach strukturiert und können mit geringem technischem Aufwand implementiert werden. Auch der richtige Umgang mit den Online-Blogs ist schnell erklärt. Weitaus schwieriger gestaltet sich die Akzeptanz unter den Angestellten. Die Einführung des neuen Kommunikationsinstruments bringt unter Umständen eine völlige Neuausrichtung der bisher vorherrschenden Kommunikationskultur mit sich. Nicht jeder Mitarbeiter wird die neue Form des Informationsaustausches sofort akzeptieren.
Das Management muss sich diesen möglichen Reaktionen bewusst sein und bereits im Vorfeld die nötigen Maßnahmen ergreifen. Ein gut aufgesetztes Change Management hilft, die Skeptiker zu überzeugen. Niemand lässt sich gerne vor vollendete Tatsachen stellen. Es ist daher besonders wichtig, die Mitarbeiter bereits in der Testphase aktiv einzubeziehen und Ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen. Der Implementierungsprozess sollte als Gemeinschaftsprojekt verstanden werden, nur so ist von Anfang an eine hohe Akzeptanz gewährleistet.
„Up to date“ zu jeder Zeit
Im Zeitalter von Email und Internet sind Informationen einer enormen Schnelllebigkeit unterworfen. Was eben noch aktuell war, ist nach nur kurzer Zeit schon wieder veraltet. Grund genug, dass mittlerweile immer mehr Unternehmen auf Online-Blogs setzen. Sie garantieren stets die neuesten Informationen bezüglich interner Entwicklungen und Tendenzen, egal zu welcher Zeit und von welchem Ort aus. Egal ob Mitarbeiter oder Vorstandsmitglied: Ein Blick auf die firmeneigene Plattform genügt, um, beispielsweise nach einem längeren Urlaub, wieder „up-to-date“ zu sein.
Besonders in der Projektarbeit zeigt die neue Kommunikationsform seine Stärken: Die Koordinationsfunktion der Blogs erlaubt eine gezielte Abstimmung aller Prozessschritte, die innerhalb eines Projektes anfallen, von der Akquise bis zum Abschluss. Durch den effektiven Informationsaustausch lernen die Mitarbeiter voneinander und profitieren von den Erfahrungen anderer. Die Anzahl „doppelter“ Erfindungen reduziert sich und der Experte auf einem bestimmten Gebiet ist schnell gefunden. Das Ergebnis ist neben der höheren Arbeitsqualität auch ein besseres Verständnis von Prozessabläufen. Ganz nebenbei dienen die internen Berichte so auch als Innovationstreiber und regen die Weiterentwicklung von Projekten an: Durch das Feedback von Kollegen und Vorgesetzen reflektieren die Mitarbeiter ihre Leistungen kontinuierlich. Dabei wirkt selbst Kritik als Motivationsschub.
Das „Wir-Gefühl“
All dies trägt natürlich in hohem Maße zu einem intensiven Teamgeist bei. Um diesen Effekt noch zu verstärken, ist es wichtig, dass neben fachlichen Informationen auch private Neuigkeiten ausgetauscht werden dürfen. Viele Unternehmen legen bei den Online Blogs großen Wert auf Neuigkeiten aus dem Freizeitleben Ihrer Mitarbeiter und schaffen so eine zusätzliche, aber nicht minder wichtige, Verständigungsebene. Dazu gehören beispielsweise sportliche Erfolge oder familiäre Ereignisse.
Mit gutem Beispiel voran
Nur wenn sich die Führungskräfte Ihrer Vorbildsfunktion bewusst sind, wird die Einführung der neuen Kommunikationsform nachhaltig von Erfolg gekrönt sein. Die Mitarbeiter sehen die Blogs des Managementteams als Maßstab für ihre eigenen Berichte. Auch ein regelmäßiges Feedback zu den einzelnen Reports der Angestellten kann die neue Form der internen Kommunikation positiv verstärken. Hilfreiche Anregungen seitens des Führungsteams spielen außerdem eine wichtige Rolle. Da die Informationen wesentlich direkter fließen und nicht immer kontrollierbar sind, muss die ganze Unternehmenskultur durch einen offenen und transparenten Führungsstil geprägt sein. Die virtuellen Berichte bieten dem Management zudem die Möglichkeit, Stimmungen unter den Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Die Einführung der Online-Blogs ist unter Umständen mit erheblichen Veränderungen innerhalb des Unternehmens verbunden. Es sind Auswirkungen im Bereich Betriebsklima, Organisation und Kommunikation sowie auf die etablierten Umgangsformen zu erwarten. Es empfiehlt sich daher die frühzeitige Einbindung des Betriebsrates
Konfusion oder Kommunikation?
Die vereinfachte, relativ zeit- und ortsunabhängige Verständigung unter den Mitarbeitern bringt allerdings auch Risiken mit sich. Traditionelle Informationshierarchien werden abgelöst, etablierte Strukturen aufgeweicht. Um all die genannten Potenziale ausschöpfen zu können, muss das Bloggen gezielt in die Unternehmenskultur eingebettet werden. Chaos in der Kommunikation und eine zu große Ablenkung beim Personal können somit verhindert werden.
Dennoch: Die Vorteile der internen „Blogosphäre“ liegen auf der Hand. Ein gut durchdachtes Konzept garantiert eine einfache und effektive Kommunikation über alle Hierarchien und Abteilungen hinweg. Weblogs werden sich mehr und mehr als durchsetzen und mit der Zeit einen ähnlichen Stellenwert wie Email oder Telefon erreichen. Was sich im World Wide Web für den unbedarften Laien als Informations-Overkill darstellt, erweist sich innerhalb von Unternehmen zumeist als gut kalkulierbares Risiko.
Aus der Praxis: Die Weblogs der Pentos AG
Im eigenen Haus getestet und für gut befunden: Trotz möglicher Risiken und der Frage nach dem Nutzwert von Online-Blogs in Unternehmen berichten immer mehr Arbeitgeber von positiven Auswirkungen der neuen Kommunikationsform. So setzt beispielsweise die Pentos AG, Full-Service-Provider im Bereich Knowledge Management und IBM-Premium-Business-Partner, seit mehreren Jahren auf strukturierte Online-Blogs, so genannte „Wochenberichte“. Das Münchner Innovationsunternehmen hat damit nicht nur die interne Kommunikation gefördert – durch die verbesserten Abstimmungsprozesse stieg auch die Produktivität. Schließlich fühlen sich die Mitarbeiter rund um die Zusammenhänge ihrer Arbeit besser informiert und in Prozesse stärker eingebunden. Auch ist die zeitliche Belastung der Führungskräfte im Bereich Basis-Kommunikation seit der Einführung des Bloggings deutlich gesunken. Die Konsequenz des regelmäßigen Austauschs zeigt sich besonders in einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter. Somit haben sich für die Pentos AG die virtuellen „Wochenberichte“ längst zu einem unverzichtbaren Instrument der Unternehmenskommunikation entwickelt.
Chancen
1. Intensiver Teamspirit:
Erfolge verbreiten sich rasend schnell über Blogs. Sie werden gemeinsam gefeiert, man kann die Freude beim Kollegen „nachlesen“ und sich anstecken lassen. Aber auch persönliche Mitteilungen zwischen den Mitarbeitern werden im Wochenbericht ausgetauscht. Dazu gehören etwa familiäre Ereignisse, Tipps oder sportliche Leistungen.
2. Latente Stimmungen werden sichtbar:
Das Stimmungsbild der einzelnen Mitarbeiter wird sehr gut in den jeweiligen Blogs abgebildet. Es ist dann die Aufgabe der Führungskraft bzw. der Personalentwicklung, darauf einzugehen und ggf. zu reagieren.
3. Zielgerichtete Fortbildungsmaßnahmen:
Zwischen den Zeilen, häufig aber auch explizit, werden die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter erkennbar. Das ist ein guter Ansatz für eine passgenaue Personalentwicklung.
4. Steigerung der Arbeitsqualität:
Die Mitarbeiter nutzen Blogs, um ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem Unternehmen bewusst zu reflektieren. Das erhöht die Qualität der Arbeit und das Verständnis für Zusammenhänge – bei sich und ihren Kollegen.
5. Bessere Steuerung:
Blogs erlauben einen Blick hinter aktuelle Projektzahlen und Meilensteinplanungen. Laufen die Projekte wirklich so gut, wie es der offizielle Projektbericht nahe legt? Die Blogs der Mitarbeiter bieten oft wertvolle Zusatzinformationen, über Hierarchiegrenzen hinweg und ungefiltert.
6. Genauere Ressourcenplanung:
Ist ein Mitarbeiter wirklich ausgelastet oder überlastet? Oft hilft ein Blick ins Blog, um diese Frage rasch beantworten zu können.
7. Bessere Abstimmung innerhalb von Projekten:
Die Koordinationsfunktion der Blogs führt dazu, dass Mitarbeiter alle Arbeitsprozesse z.B. von der Projektakquise bis zum Projektabschluss gezielter aufeinander abstimmen. Die Anzahl „doppelter“ Erfindungen reduziert sich, die Suche nach Experten wird stark vereinfacht.
8. Erfindergeist wecken:
Nicht immer ist den Mitarbeitern klar, wie ihre Arbeitsergebnisse weiter genutzt werden können. Positives Feedback von Kollegen oder Vorgesetzen ist ein großer Innovationstreiber und führt bis hin zu Produktneuentwicklungen.
9. Synergiefunktion am Beispiel Marketing / Vertrieb:
Gibt es besondere Erfolge in Projekten, die sich weiter nutzen lassen? Etwa als Referenzprojekte oder könnte man sich mit einer besonders gelungen Lösung um einen Preis bewerben? Blogs geben auch dazu Hinweise, weil sie bereichsübergreifend gelesen und ausgewertet werden können.
Risiken
1. Neustrukturierung der Kommunikationskultur:
Blogs durchbrechen traditionelle Informationshierarchien. Sie sind technisch einfach einzusetzen, können aber zu einer vollständigen Umwälzung der bisherigen Organisation führen. Die Kommunikation wird vereinfacht und beschleunigt, Innovation vorangetrieben. Soll das Instrument auf Dauer eingesetzt werden, müssen alle Beteiligten lernen, damit umzugehen.
2. Vernachlässigung der eigentlichen Arbeit:
Die Mitarbeiter könnten so viel Zeit damit verbringen, die eigenen Blogs zu erstellen und die ihrer Kollegen zu lesen, dass ihre eigene Arbeit darunter leidet.
3. Missdeutungen und Verunsicherung:
Durch fehlerhafte Blogs, die böswillig oder aufgrund mangelnder Kenntnisse erstellt werden, können Missverständnisse entstehen, die Unruhe in der Belegschaft auslösen und nur durch intensive Kommunikation seitens der Führungskräfte behoben werden kann.
4. Mangelnde Vorbildfunktion
Gehen die Führungskräfte nicht mit gutem Beispiel voran, wird die Einführung von Blogs sehr erschwert.