10 aktuelle eLearning-Trends

Eine gründliche Standortbestimmung sorgt im mittlerweile eher unübersichtlichen eLearning-Markt für mehr Durchblick. Was geleistet werden muss und was erwartet werden kann, verdeutlicht der aktuelle Artikel in zehn Punkten.

Welchen Trends die eLearning-Branche im Jahr 2003 folgen wird und wie sich das Lernen mit Hilfe von Internet und PC verändern wird, hat die LERNET-Begleitforschung (MMB Institut für Medien- und Kompetenzforschung und das Adolf Grimme Institut) als Resümee der Learntec und durch Auswertung aktueller Marktstudien zusammengestellt. Wer über diese theoretischen Einsichten hinaus auch direkt praktische Erfahrungen sammeln will, dem stehen die ECIN Online Workshops zur Verfügung.

eLearning erschließt kleinere Märkte
eLearning geht in die zweite Stufe der Markterschließung. Bisher sind branchenübergreifende Themen wie IT-Know-how, Sprachen oder Softskills als „Standard-Content“ behandelt worden, die in vielerlei eLearning-Applikationen umgesetzt wurden. Zielgruppe für diese Applikationen sind vor allem große Unternehmen.

Die neue Tendenz der Anbieter: eLearning-Anwendungen für engumrissene Märkte, die Entwicklung von Branchenlösungen und die gezielte Ansprache kleiner und mittelständischer Unternehmen.

Große eLearning-Produzenten besetzen den Markt
Seit einiger Zeit ist eine Konsolidierung des eLearning-Marktes festzustellen. Sie zeigt sich in einer Zunahme von Unternehmens-Fusionen – denn nur „die Großen“ setzen sich derzeit durch. Dabei ist auch die Beteiligung ausländischer Unternehmen sowie der Neueinstieg großer Unternehmen aus Nachbarbranchen erkennbar. Die Chance für kleine Anbieter liegt jenseits der bekannten eLearning-Zielgruppen wie Versicherungen, Banken und IT-Branche in der Fokussierung auf Nischenmärkte.

Die zunehmende Dominanz kapitalkräftiger eLearning-Anbieter ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass nur sie die Kapitaldecke und Erfahrung für großangelegte Marketingkampagnen haben. Entscheider nehmen deshalb vor allem diese Player wahr. Die Frage, ob auch kleinere Anbieter die Chance haben, auf dem Markt zu bestehen, ist demnach nicht zuletzt eine Frage des Marketings.

Marketing- und Vertriebskonzepte gewinnen an Bedeutung
Das Entscheidungsverhalten bei der Einführung von eLearning-Anwendungen zeigt, dass die potenziellen Kunden zwar großes Interesse haben, sich aber beim Kauf zurückhalten. Viele von ihnen scheuen vor der Umsetzung des weitgehend unbekannten Online-Lernens zurück. Gerade die Nischenmärkte erweisen sich als schwierig.

Offen ist deshalb die Frage, wie man die kleinen Unternehmen erreicht. Zielgruppenspezifisches Marketing für den Mittelstand samt Vertriebs- und Erlösmodellen heißt die große Herausforderung für Anbieter. Dabei gilt es zunächst, nach den Gründen für die Kaufzurückhaltung zu forschen. Ein Grund ist sicherlich das unübersichtliche Angebot.

Kaufabstinenz durch fehlende Transparenz des eLearning-Marktes
Der deutsche eLearning-Markt präsentiert sich zweigeteilt: Eine übersichtliche Palette von wenigen großen, standardisierten Anwendungen und eine unübersichtlich große Zahl von Einzelprodukten. Für den potenziellen Kunden ist es derzeit kaum möglich, sich einen Überblick zu verschaffen: Unsicherheit und „Kaufabstinenz“ auf der Käuferseite sind die Folgen.

Branchen- und länderübergreifende Verzeichnisse des eLearning-Angebots sind erst im Aufbau. Es fehlt eine nutzerfreundliche, zentrale Datenbank, die einen standardisierten und qualifizierten Überblick über diese Angebote z.B. in Form einer „Meta-Suchmaschine“ ermöglicht. Hilfreich wäre auch eine umfassende Zusammenstellung informativer Demomodule und Freetutorials .

Tutoren erhalten Schlüsselposition
War man früher der Ansicht, dass eLearning das selbstgesteuerte, von Dozenten unabhängige Lernen ermöglicht, so bietet sich heute ein anderes Bild: Nutzerstudien haben gezeigt, dass der soziale Kontakt zu einem Online-Dozenten und einer Lerngruppe unverzichtbar ist, um die „Drop-Out“-Quote zu reduzieren. Neue Lernformen setzen aus diesem Grund auf eine immer stärkere Integration von Lehrpersönlichkeiten und die Bereitstellung von Kommunikationstools innerhalb des Lernarrangements.

Ein erste Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die Entwicklung eines europaweit einheitlichen Schulungskonzepts für Trainer, um den Lernenden kompetente Online-Dozenten als Kooperationspartner zur Verfügung stellen zu können.

Lernen nach Feierabend kein Tabu
Zur Zeit scheiden sich die Geister an der Frage, ob Lernen – und hier speziell eLearning – verstärkt in die Freizeit des Arbeitnehmers verlagert werden soll. In Unternehmen und in der Verwaltung favorisiert man zunehmend ein sogenanntes „Sharing-Modell“: Der Arbeitgeber übernimmt die Bildungskosten, der Arbeitnehmer setzt dafür seine Freizeit ein.

Inwieweit dieses eher einem US-amerikanischen Weiterbildungsverständnis folgende Modell sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Wissensmanagement und problemorientiertes Lernen als innovative Ansätze
Vereinfacht gesagt, kann man hinsichtlich des eLearning in Großunternehmen von einer Top-Down-Initiierung und -Steuerung des Lernens sprechen. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist jedoch die Akzeptanzschwelle für die neue Lernform beim Arbeitnehmer weitaus höher.

Um für Mitarbeiter diese Hürde „bottom up“ zu nehmen, wird verstärkt arbeitsplatz- und problemorientiertes Lernen („Learning on Demand“) angeboten. Das bedeutet, Wissens- und Informationsmodule „just in time“ und „just in place“ für die Lösung eines konkret anstehenden Problems anzubieten. Von dort ist es zumeist nur noch ein kleiner Schritt zu komplexen Wissensmanagementsystemen.

Reines WBT hat neben Blended Learning Bestand
Blended Learning-Konzepte werden zur Zeit von vielen als „Königsweg“ des
eLearning gewertet. Im Jahr 2002 hat allerdings die Begeisterung für die Idee des „Blended Learning“ reine WBT- Lernangebote (Web Based Training) in den Hintergrund rücken lassen – zu unrecht, wie einige Experten meinen. Das Argument: Die Möglichkeiten von WBT seien noch gar nicht ausreichend ausgelotet worden. „Blended Learning-Lösungen“ könnten demgemäß sogar als „Kapitulation“ oder Rückschritt zu veralteten Lernformen im Sinne „fauler Kompromisse“ angesehen werden.

Warten auf die „Killerapplikation“ des eLearning
Viele IT-Innovationen der Vergangenheit wurden von den Nutzern gerne angenommen, weil sie erkannten, dass eine bestimmte Anwendung für sie einen unvergleichbaren Mehrwert hat. Dieses fälschlicherweise „Killerapplikation“ genannte Angebot war beim Internet beispielsweise die eMail-Funktion, bei den (Online-) Spielen das „Moorhuhn“. Für eLearning in der betrieblichen Weiterbildung ist eine solche „Killerapplikation“ noch nicht in Sicht. Dabei zeichnet sich durchaus ab, welche Anwendungen eLearning im Unternehmen zum Durchbruch verhelfen könnten: Denkbar wäre beispielsweise eine kostenlose Wissensmanagement-Applikation, die kurze Lektionen in Form von Basis-Wissen für den Büroalltag (z.B. „Briefe formulieren“, „Arbeitszeugnisse entschlüsseln“, „Gehaltsrechner anwenden“, „Buchhaltung“ etc.) anbietet.

Anwender wollen integrierte Konzepte, nicht nur technische Lösungen
Die Anbieter der eLearning-Branche sehen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass die bisherigen, eher techniklastigen Lernlösungen vom Kunden kaum noch akzeptiert werden. Immer größer wird hingegen der Bedarf nach Einbindung von eLearning in bestehende Bildungskonzepte. eLearning-Entscheider haben mittlerweile erkannt, dass nur didaktisch und am jeweiligen Unternehmen orientierte Lernlösungen zu Lernerfolgen führen. Den Wünschen dieser Nachfrage zu entsprechen, wird in den nächsten Monaten eine der wichtigsten Aufgaben der Anbieter sein.

Resümee
Lässt man diese Trends Revue passieren, so fällt auf, dass sich die eLearning-Branche noch stärker auf die Nachfrage im Markt ausrichten muss und auch ihre Produktionsweise verschlanken muss – eine Folge der seit über einem Jahr andauernden Konsolidierungsphase. Gleichzeitig verändern sich aber auch – ob gewollt oder nicht – die Lerngewohnheiten der Nutzer.
Dass sich die eLearning-Branche trotz aller Unkenrufe auf einem guten Weg befindet, hat die ausgesprochen positive Atmosphäre auf der Learntec gezeigt – von Katerstimmung keine Spur.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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