Durch das rasante Wachstum des Online-Handels häufen Einzelhändler immer mehr Daten über ihre Käufer an. Die Analyse von Geschäfts- und Kundentransaktionen, von E-Mails, Social-Media-Aktivitäten und Loyalitätsverhalten der Kunden führt zu einem beständigen Zufluss an Daten. Viele Händler wollen die Möglichkeiten, die diese Daten bieten, ausschöpfen – zum einen, um das Shopping-Erlebnis stärker auf den einzelnen Kunden zuschneiden zu können, zum anderen aber auch, um den Abverkauf auf ihren Seiten und, im Fall von Multi-Channel Händlern, in ihren Geschäften zu fördern. Händler, die sich diese Daten zu Nutze machen, Unternehmen wie zum Beispiel Boots, Marks & Spencer oder John Lewis, verbuchen dabei signifikant höhere Kundenausgaben pro Transaktion und geringere Retourenquoten.
Kundenbeziehungen haben heute einen anderen Stellenwert als früher. Jede Interaktion mit dem Kunden gilt als wertvoller Anknüpfungspunkt – das resultiert in noch mehr Daten und erfordert eine strikte Organisation der Speicherung, des Managements und der Erhaltung dieser Masse an sensiblen und bedeutenden Kundeninformationen. Laut des Beratungsunternehmens IDC belief sich das globale Datenvolumen im Jahr 2012 auf 1,8 Millionen Zetabyte, die Experten gehen davon aus, dass sich in Zukunft diese Menge etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Auch der BITKOM, der Bundesverband für Informationswirtschaft, bestätigt in einer Umfrage unter ITK-Unternehmen, dass die Speicherung, Analyse und Nutzung riesiger Datenmengen, unter dem Schlagwort „Big Data“ zusammengefasst, einer der wichtigsten Trends des Jahres 2013 ist. Allerdings ergab eine Umfrage des Fachmagazins CIO unter 200 ihrer Leser, dass mehr als 55 % von ihnen sich in ihrem Unternehmen noch nicht mit Big Data, den Herausforderungen oder den Potentialen, beschäftigt haben.
Im Handel spielen Daten eine zunehmende Rolle. Viele Einzelhändler nutzen Daten, ob aus stationären oder Online-Quellen, um ihre Kundenbeziehungen zu verbessern. Doch um von einerdaten-getriebenen Branche sprechen zu können, ist es noch zu früh. Der Zugang zu diesen Daten, ihre Integration und Analyse ist sehr komplex und die Einführung eines Daten-Management-Systems, oder eine Eingliederung in bestehende IT-Infrastrukturen, ist äußerst zeit- und kostenaufwändig. Das ist keine kleine Herausforderung, insbesondere für den Einzelhandel.
Um die Chancen, die Big Data dennoch bietet und die Implementierung zu erleichtern, sind daher fünf wichtige Veränderungen in den Unternehmen vonnöten:
1. Stellen Sie Daten in den Mittelpunkt ihrer Unternehmenskultur
Um sich in der stetig wandelnden Geschäftswelt auch in Zukunft behaupten zu können, müssen Sie nicht nur jetzt die Technologien und die Talente integrieren, um mit Big Data umgehen zu können – Datenmanagement muss auch bewusster Teil der Organisationsstruktur werden.
Unternehmen, die Daten zur Grundlage ihrer Unternehmensführung machen, sind eindeutig leistungsorientierter: Denn statt Titel, Position oder Hierarchieebene sind Daten die Grundlage für fundierte Entscheidungen. Langjährige Erfahrung ist dabei nicht schlecht, aber sie ersetzt keine Fakten. Zu häufig wird in der Entscheidungsfindung auf Bauchgefühl gesetzt, oder es herrscht eine „Das haben wir schon immer so gemacht“-Mentalität. Gute Ansätze werden so nicht selten schon in ihren Anfängen verhindert.
Moderne Datenmanagementsysteme ermöglichen es jedoch, umfangreiche Testläufe zu platzieren und ihren Erfolg genau zu überwachen. Unternehmen wie Google oder Amazon haben sich daher der Philosophie verschrieben, dass jede Idee – egal von welchem Mitarbeiter auf welcher Ebene sie kommt und wie ungewöhnlich sie auch anmuten mag – die Chance auf einen Testlauf hat. Solche flachen Hierarchien führen automatisch dazu, dass jeder Mitarbeiter seine Kreativität sprühen lässt und Dinge ausprobiert. Bewusstes Datenmanagement sorgt also am Ende nicht nur für eine bessere User Experience des Kunden durch ein konkurrenzfähiges Produkt, es kann vor allem Veränderungen in Unternehmen vorantreiben, Zeit- und Kostenersparnisse in der IT erzeugen und dabei gleichzeitig noch Innovationen fördern.
2. Finden Sie heraus, welche Daten Ihnen wirkliche Vorteile erschaffen
Daten sind nicht gleich Daten. Welche Daten brauchen Sie tatsächlich, und woher genau bekommen Sie diese? Können Sie zum Beispiel Ihre Kunden höflich darum bitten? Und wenn Sie das tun, was bieten Sie ihnen im Gegenzug für diese Daten an?
Eine zielgerichtete Personalisierung der Käufererlebnisse lässt sich nur erreichen, wenn es Ihnen gelingt, die relevanten Daten dafür zusammen zu stellen. Dabei gilt grundsätzlich: Seien Sie immer transparent im Bezug darauf, welche Daten Sie von Ihren Käufern sammeln und geben Sie ausführlich Auskunft darüber, wofür Sie diese nutzen. Das gibt den Nutzer ein Gefühl von Kontrolle über das, was sie Ihnen mitteilen und ist im Vergleich ein geringer Preis für ihr Einverständnis.
Sobald sie entschieden haben, welche Daten für Ihr Unternehmen am wichtigsten sind, schauen Sie sich die verschiedenen Datenplattformen an und testen Sie, welche sich in Ihren Augen am ehesten eignen, diese Daten zu analysieren und zu nutzen. Übliche relationale Datenbanken sind häufig unverhältnismäßig teuer und weniger geeignet, um mit der anfallenden Masse an unstrukturierten Kundendaten umzugehen. Aus diesem Grund werden zunehmend cloud- und open-source-basierte unrelationale Datenbanksysteme eingesetzt, die es Inhouse-Analytikern ermöglichen, bei ad-hoc-Anfragen zügig zu reagieren, um komplexe Kundendaten schneller zu nutzen und diese so schneller zu monetarisieren.
Für was für eine Plattform Sie sich am Ende auch entscheiden – je genauer Sie über die Ausgangsdaten und ihre Quellen nachdenken, umso besser können Sie bewerkstelligen, dass die Kundenerlebnisse immer im Mittelpunkt Ihrer Unternehmensaktivitäten stehen.
3. Schaffen Sie eine einheitliche Kundenperspektive – integrieren Sie Ihre Daten
Kunden denken nicht in Kanälen – von einem Händler erwarten sie daher ein einheitliches Einkaufserlebnis, unabhängig davon ob sie stationär, online oder mobil einkaufen. Das Drogerie-Unternehmen Boots, dass schon langem im Multi-Channel-Retailing erfolgreich ist, fördert diesen einheitlichen Blick auf den Kunden aktiv, bei dem sowohl dessen Online-Verhalten als auch seine In-Store Aktivitäten betrachtet werden. Um das zu unterstützen, wurden in 30 Drogerien der Kette iPads und W-Lan installiert, um Kunden vollen Zugang zum kompletten Boots-Sortiment geben zu können und ihnen zusätzliche Gesundheitsinformationen der Plattform BootsWebMD zur Verfügung zu stellen. Kunden können die iPads außerdem dazu nutzen, um Bestellungen abzugeben und zu verwalten.
Alle Händler – egal ob Multi-Channel Retailer oder Pure-Player – müssen einen einheitlichen Blick auf ihre Kunden entwickeln, um ihnen die nötige Konsistenz in der Ansprache, zum Beispiel durch personalisierte und damit relevante Marketing-Kampagnen, zu ermöglichen. Das umfassend umzusetzen ist eine große Herausforderung. Als besonders hilfreich stellt sich dabei die Nutzung von Open Source Tools heraus, die sich leichter in bestehende Hardware-Systeme integrieren lassen und auch mit unstrukturierten Datenmengen aus Online-Käufen, Treue-Karten-Systemen aus dem stationären Handel und den Daten aus zahlreichen anderen Quellen umzugehen wissen.
Sobald diese einheitliche Perspektive geschaffen wurde, kann man gezielt Botschaften über unterschiedliche Kanäle (z. B. Banner Ads, E-Mails und Website-Ansichten) spielen und sich dabei auf den Kunden konzentrieren. Diese Personalisierung erzeugt mehr relevante Ergebnisse für den Kunden und verbessert so ihr Kauferlebnis. Händler profitieren dabei durch erhöhte Kaufbereitschaft von Produkten, die den Wünschen des Kunden besser entsprechen.
4. Testen Sie. Testen Sie noch mal. Und dann testen Sie noch einmal.
Datengetriebene Unternehmen wie Amazon oder Google testen fortlaufend alle ihre Produkte. Auch andere Händler sollten es ihnen gleichtun und kleine Experiment-Plattformen implementieren, die teure und aufwendige IT-Projekte durch günstige und einfach zu handhabende Testläufe ersetzen kann. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn das Analyse-Team Zugang zu den Daten aus diesen Testläufen erhält. Durch ständiges Testen von Preisen, Angeboten, User Interface Designs, ganzen Geschäftsprozess-Abläufen und Marketing-Programmen können zunehmend bessere Lösungen implementiert werden, die wiederum mehr Erfolg versprechen.
Die meisten Händler haben im Jahr maximal das Budget und die Ressourcen für durchschnittlich drei große IT-Projekte. Doch nicht alle diese Projekte haben auch einen starken Return on Investment, beispielsweise die Entwicklung von Social Tools. Solche Innovationen ausführlich zu testen, bevor man sie aufwendig und systemverändernd implementiert, erleichtert die Ergebnisprognose und kann Händler vor unnötigen IT-Ausgaben bewahren. Amazon hat zwar ein nahezu unbegrenztes Budget, trotzdem wird jede Veränderung auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie auf der Seite live geht. Das sollte auch Sie dazu inspirieren, rigorose Testläufe für jede ihrer Entscheidungen zur Grundlage zu machen.
5. Erweitern Sie Ihren Datenbestand
Kaufentscheidungen von Kunden werden durch eine große Anzahl an externen Faktoren bestimmt, zum Beispiel durch das Wetter, den Ort an dem sie sich befinden oder durch besondere Anlässe. Wetter-, Bevölkerungs- und Kalenderdaten sind nur ein paar Beispiele für Datensätze, die Sie in Ihr Datenmanagementsystem integrieren können, um so noch präziser die Wünsche Ihrer Kunden vorhersagen zu können. Mithilfe dieser Daten können Händler ihrer Kreativität bei Produktempfehlungen und personalisierten Promotions freien Lauf lassen. Ein Beispiel dafür: Der Sexspielzeug-Anbieter Lovehoney fand in einer Studie heraus, dass es einen direkten proportionalen Zusammenhang zwischen den Shopping-Aktivitäten ihrer Kunden und dem Level des Alkoholkonsums gibt. Dieses Wissen ließ sie Kunden gezielt zwischen 16 und 22 Uhr ansprechen – dann, wenn diese beim Einkaufen am Rechner besonders entspannt und gelöst waren.
Zusammenfassung
Die Fähigkeit, relevante Daten nicht nur zu identifizieren und nutzbar zu machen, sondern sie vor allem monetarisieren zu können, ist eine strategischer Vorteil für jeden Händler. Allerdings sind viele Unternehmen noch in der Anfangsphase ihrer Big Data-Bemühungen um mehr Kunden-Insights. Um eine datengetriebene Organisation zu werden, bedarf es einer innovationsfördernden Unternehmenskultur, die Open Source-Technologien einbezieht und die Daten zur Grundlage eines jeden Entscheidungsprozesses macht. Big Data wird so bald nicht verschwinden, stattdessen wird es in Zukunft nur noch wichtiger. Darum ist jetzt die Zeit für Einzelhändler, Daten zu ihrer wichtigsten Waffe im Kampf um Marktanteile zu machen.
Autor
David Selinger, Gründer und Geschäftsführer von RichRelevance, hat sich als Experte im Bereich Datenanalytik und Personalisierung für e-Commerce bereits früh einen Namen gemacht: Mit seiner bahnbrechenden Arbeit in der Leitung des Geschäftsbereichs Forschung und Entwicklung im Team für Datengewinnung und Personalisierung von Amazon erreichte er erstmals internationale Anerkennung. David kann auf eine lange Reihe von Auszeichnungen und Patenten für Online-Personalisierung in der Kundensegmentierung, Analytik und Datengewinnung stolz sein. Darunter befinden sich über ein Dutzend, die in Pionierarbeit bei RichRelevance entstanden sind.
Über RichRelevance
Mit einer Milliarde Produktvorschlägen täglich ist RichRelevance die treibende Kraft hinter den personalisierten Shopping-Erlebnissen von Kunden der weltweit größten und innovativsten Handels-Unternehmen wie Walmart, Sears, Target, Marks & Spencer und John Lewis. Gründer und Geschäftsführer von RichRelevance, E-Commerce Experte David Selinger, hat schon die Personalisierung bei Amazon.com etabliert. Zusammen mit seinem Team unterstützt er Einzelhändler dabei, die Anzahl der Verkäufe zu erhöhen und Kundenbindungen zu stärken, indem diese ihren Kunden maßgeschneiderte Produktempfehlungen anbieten – unabhängig von dem Kanal, über den eingekauft wird. Bis heute zeichnet sich RichRelevance für 6 Mrd. Euro zurechenbare Verkäufe bei seinen Handelskunden verantwortlich. RichRelevance hat seinen Unternehmenssitz in San Francisco und unterhält unter anderem Niederlassungen in New York, Seattle, Boston, London, Paris und München. Weitere Informationen finden Sie unter www.richrelevance.de