Über die Smart-city wird häufig diskutiert. Wie wird eine Kommune zur Smart-City und welche Voraussetzungen sind zu erfüllen? Eine ausreichende Breitbandversorgung ist unerlässlich. Die Anwendungen können alle Bereiche des gesellschaftlichen Geschehens in einer Kommune abdecken von der Verwaltung über Bildung, Gesundheit, Tourismus, Kultur, Sport bis zur Wirtschaft. Das bislang größte Innovationsprojekt für Breitband-Anwendungen in Deutschland war T-City. Aus den Erfahrungen können in der Rückschau Erkenntnisse für zukünftige Smart-City gezogen werden.
Glasfaser-Anschlüsse als nachhaltige Infrastruktur Smart-City Anwendungen laufen über Internet-Zugänge, je nach Anwendung werden schnelle Anschlüsse benötigt. Glasfaser-Hausanschlüsse gelten dabei zu recht als Inbegriff einer nachhaltigen Telekommunikations-Infrastruktur. Zunehmend mehr Kommunen, Kreise und Stadtwerke beschäftigen sich mit Konzepten für einen Netzausbau. Der Aufwand ist nicht unerheblich, da für einen Glasfaser-Anschluss zunächst eine Verbindung zwischen dem Netzknoten und der Hauswand hergestellt werden. Üblicherweise müssen hierfür dünne Leerrohre, sogenannte Microducts, unterhalb der Bürgersteige verlegt werden. Unter wirtschaftlichen Aspekten lohnen sich diese Investitionen, wenn sich ein möglichst hoher Teil der Bevölkerung für die Nutzung des neuen Anschlusses entscheidet. Welche Quote dabei erzielt werden muss, hängt von den jeweiligen Voraussetzungen und den Zielen des verlegenden Unternehmens ab. Sie wird aber in den meisten Fällen zwischen 30 und 60% liegen. Der Wechsel vom bisherigen Anbieter wird durch das Beharrungsvermögen der Nutzer beim bisherigen Provider (Anbieter-Loyalität) erschwert, sowie von einem nicht vorhandenen oder erkannten Bedarf an höheren Geschwindigkeiten. Schon mit 6 MBit/s können Standard-Anwendungen im Internet erledigt werden. Mit 25 MBit/s kann ein HD-Fernsehprogramm empfangen werden. Wenn nicht mehrere Nutzer gleichzeitig volumenintensive Anwendungen ausführen, reichen 50 MBit/s noch über längere Zeit aus. Breitband-Anwendungen für eine Smart-City Neben den Standard-Anwendungen wie Telefonie, Internet und Fernsehen (Triple-Play) ermöglicht ein offenes NGA-Netz die Realisierung von „kleineren“ und regional begrenzt interessanten Breitband-Anwendungen. Dabei können Unternehmen, Organisationen und Vereine eigene Anwendungen als Dienste realisieren und über die Diensteplattform dem Nutzer zur Verfügung stellen. Es gibt kaum Grenzen für solche Anwendungen. Von Online-Diensten für Kultur- und Sportvereine, lokale Fernsehsender mit Beiträgen über Vorgänge, die keinen Eingang in überregionale Sender finden, über Transparenzangebote der Verwaltung, Mitmach-Vorhaben der Kommunalpolitik (eParticipation), Bildungsangebote der Schule bis hin zu rein kommerziellen Cloud-Computing Diensten. Älteren und pflegebedürftigen Menschen kann durch den Einsatz medizinischer Unterstützung und Überwachung ein länger selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Im Bereich der Wohnungswirtschaft kann über vernetzte Hausautomations-Lösungen (Smart-Home) eine höhere Attraktivität für die Mietobjekte geschaffen werden, mit Video- und Sensor-Überwachung kann die Sicherheit erhöht werden und mit Überwachung und Steuerung von elektrischen Verbrauchern lässt sich der Stromverbrauch reduzieren. Mithilfe einer intelligenten Steuerung von lokalen Energieverbrauchern und –erzeugern kann der Stromzukauf und -transport minimiert werden (Smart-Grid). Für Stadtwerke entstehen so neue technische Möglichkeiten zur effizienten Netzsteuerung. Neben den kommerziell ausgerichteten Angeboten ermöglicht ein offenes Breitband-Netz die Umsetzung von Anwendungen, die überwiegend aus bürgerschaftlichem Engagement oder ehrenamtlich geprägt sind. Damit sich diese Initiativen bilden können, bedarf es unter Umständen einer Unterstützung und Koordination durch den Kreis oder die Kommune. Gemeinsam mit dem Netzbetreiber müssen die technischen Voraussetzungen und Anbindungen geschaffen werden. Neben der Koordination durch die öffentliche Verwaltung sollte eine Überwachung der Angebote erfolgen, damit weder illegalen Aktivitäten noch verfassungsfeindlichen Organisationen eine Plattform geboten wird. Insbesondere diese Kontrollfunktion kann in Zukunft eine besondere Herausforderung für offene Glasfaser-Netze darstellen. Mit knapp 80% Internetnutzern laut (N)Onlineratlas in der Bevölkerung ist auf jeden Fall eine ausreichend breite Basis für die Nutzung von Smart-City Anwendungen vorhanden. T-City Projekt in Friedrichshafen als Lehrbeispiel Ein Beispiel für die Erprobung unterschiedlicher Breitband-Anwendungen in einer Kommune ist das „T-City“-Projekt in Friedrichshafen. Anhand der dort gewonnenen Erkenntnisse können andere Kommunen ihre eigenen Smart-City Aktivitäten gestalten. Das bislang größte Innovationsprojekt für Breitband-Anwendungen „T-City“ wurde Anfang 2007 nach einem großen Wettbewerb zahlreicher Städte an Friedrichshafen vergeben und mit einer Laufzeit von fünf Jahren gestartet. Die gewinnende Stadt erhielt nicht nur einen weitgehend flächendeckenden Ausbau mit Breitband nach dem immer noch aktuellen VDSL-Standard und darüber hinaus ein Budget für die Umsetzung von innovativen Breitband-Anwendungen in allen Lebensbereichen. Eine Voraussetzung für die Auswahl von Projekten war das gemeinsame Interesse von beiden Projektpartnern Deutsche Telekom und der Stadt Friedrichshafen sowie die Einbindung eines Projektpartners aus der Region. Im Februar 2012 ging die 5-jährige Projektlaufzeit zu Ende. Zwischen der Stadt und der Deutschen Telekom wurde eine Verlängerung über offizielle Ende hinaus vereinbart, um einzelne Projektfelder weiter zu vertiefen. Die Bewertung eines Projektes dieser Größenordnung wird je nach Perspektive immer subjektiv ausfallen und so ist auch die nachfolgende Einordnung subjektiv geprägt. Als Innovationsprojekt ist „T-City“ in beachtlichem Maße erfolgreich. Während der Laufzeit konnten über 40 Vorhaben gemeinsam von der Deutschen Telekom mit unterschiedlichen Partnern in der Stadt Friedrichshafen geplant und umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung der Breite der fünf Innovationsfelder und der Komplexität der Vorhaben von Gesundheits- über Bildungs-, Verwaltungs-, Wirtschafts- bis zu Verkehrsthemen konnte eine funktionierende Zusammenarbeit mit vielen Partnern etabliert werden. Für das Projekt-Management stellt diese Breite an Themen und Partnern eine Herausforderung dar. Im Nachhinein hätte das Projektmanagement vermutlich vereinfacht werden können, wenn es eine integrierte Projektorganisation von Stadt und Deutscher Telekom gegeben hätte anstatt zweier organisatorisch getrennter Projektbüros mit einer manchmal komplizierten Entscheidungs- und Abstimmungsstruktur. Zudem finden sich im Gemeinwesen einer Stadt nicht für alle der bearbeiteten Themen formale Zuständigkeiten. Die Überwindung der meisten operativen Erschwernisse kann als eine weitere Erfolgskomponente verbucht werden. Nicht in allen Projektfeldern ließen sich trotz großem Engagement der Partner Erfolge erzielen, da eine Umsetzung von einigen Themen mit Partnern aus der Stadt nur begrenzt möglich ist. Dies gilt z.B. für den Bereich der schulischen Bildung, für die das Land erster Ansprechpartner ist, aber auch für Projekte im Gesundheitswesen, die erst Eingang in den Leistungskatalog der Krankenkassen finden müssen. Obwohl einige Projekte die Testphase nicht überlebt haben, was für ein mutiges Innovationsprojekt nicht ungewöhnlich ist, ist die Bilanz der erfolgreichen Einzelprojekte beeindruckend. Smart-City Anwendungen müssen koordiniert werden Eines ist der Mehrzahl der Projekte allerdings gemeinsam: sie strahlen kaum aus auf die anderen Projektfelder oder gar auf das Gemeinwesen der Stadt. Tatsächlich hätten die meisten Projekte in völlig getrennten Kommunen realisiert werden können. Innovationsgrad und Nutzen werden sicher bei der Mehrzahl der Projekte (wie z.B. Smart-Grid, Smart-Metering, Tumorkonferenz, die mobile Visite, das Bürgertelefon D115, die Prozessoptimierung in der Verwaltung) zu einer nachhaltigen Wirkung führen. Der hohe Aufwand der projektbegleitend durchgeführten Informationsveranstaltungen und Zielgruppenmaßnahmen ist dagegen nur bedingt erfolgreich gewesen. Von den zahlreichen Zielgruppenmaßnahmen hat nur das während der Projektlaufzeit geschaffene Senioren-Internethelfer-Netzwerk das Potential, sich über das Projektende hinaus zu verselbständigen. Längerfristige Wirkung werden wohl auch die in allen Schul-Klassen durchgeführten Medienkompetenz-Seminare entfalten. Ein umfassender Erfolg wird durch den „Konstruktionsfehler“ verhindert, dass das Projekt zu Beginn nicht auf einer Bewegung in der Bevölkerung aufzusetzen konnte. Auch ist es nicht gelungen, dass das Projekt von der Bevölkerung für die Stadt mit eigenen Initiativen und Projektideen „übernommen“ wurde. Einzelne technische Lösungen schaffen selbst bei hohem Innovationsgrad nur für begrenzte Zielgruppen einen Nutzen. Um eine breite Bewegung zu begründen, scheint mehr erforderlich als die Summe begrenzter Einzelnutzen. Zusätzlich hat die Mutmaßung der Bevölkerung, es mit einer Werbe- oder gar Verkaufskampagne der Telekom zu tun zu haben, die Projektwahrnehmung behindert. Auch der durchgehend technische Ansatz hat den Fokus eingeengt. Für das Gelingen eines umfassenden Smart-City-Projektes hätte es vielleicht neben der Deutschen Telekom weiterer Projektträger ohne oder mit anderem Technikansatz bedurft. Stimulation von bürgerschaftlichem Engagement ist notwendig Bürgerbeteiligungs-Projekte (klassisch oder online) als vorlaufende und begleitende Maßnahmen hätten vielleicht die erforderliche „Bewegung“ in der Bevölkerung geschaffen. Dabei sollte e-Participation nicht mit komplexen und vorbelasteten Themen wie dem städtischen Haushalt begonnen und zudem regelmäßig „geübt“ werden. Wenn die Themen für eine ausreichende Zahl von Bürgern relevant sind und die Ergebnisse bei der anschließenden Entscheidungsfindung für die Umsetzung berücksichtigt werden, ergeben sich häufig vielversprechende Ansätze. Leider konnte während der Projektlaufzeit kein e-Participation Projekt in Friedrichshafen aufgesetzt werden, vermutlich weil Politik und Verwaltung Befürchtungen bezüglich möglicher Forderungen und Wünsche der Bürger hatten und sich für die Durchführung organisatorisch noch nicht aufgestellt wähnten! Dabei könnte die Durchführung gerade durch moderne Kommunikationstechnik effizient und transparent gestaltet werden. Als Ergebnisse stünden Ideen für Innovationsvorhaben, die die Chance auf eine bessere Breitenwirkung und Strahlkraft haben. Es wäre es wert, einen neuen Versuch zu wagen und die Erkenntnisse aus dem „T-City“ Projekt für ein neues Smart-City Vorhaben zu nutzen!