Email ist ein preisgünstiges Medium, deshalb versenden findige Marketingabteilungen ihre Werbebotschaften immer häufiger per Email. Aber wie steht es mit der rechtlichen Zulässigkeit: Dürfen Emails im B-to-B unerlaubt zugesandt werden?
Überarbeitete Fassung v. Mai 2004
Nachdem die Kommunikation per Email sich im Wege der Entwicklung des WWW zunächst auf den privaten Bereich beschränkte, ist es heute auch in Deutschland durchaus üblich, dieses Kommunikationsmittel auch im Geschäftsverkehr (B2B/B2C) zu nutzen. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, wann findige Marketingabteilungen damit begannen, ihre Werbebotschaft per Mail zu versenden.
Dem Grunde nach ist die rechtliche Problematik keine andere als bei der Versendung eines Fax werbenden Inhalts. Insofern ist es verwunderlich, dass sich die Absender häufig überhaupt keine Gedanken über die Zulässigkeit ihres Handelns machen, obwohl sie um die Unzulässigkeit solcher Faxsendungen wissen.
Eine Frage der Zeit war es daher auch nur, bis sich das erste Gericht mit dieser Frage auseinanderzusetzen hatte. So entschied das Landgericht Traunstein in seinem Beschluss v. 18.12.97 (2 HKO 3755/97): „Die unverlangte Versendung von Werbung an private Email-Anschlüsse ist wettbewerbswidrig“. Das Gericht stützte seine Auffassung auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, und dort auf § 1 (Verstoss gegen die guten Sitten).
Das Landgericht Berlin entschied dann in seinem Beschluss v. 14.5.1998 (16.O.301/98), dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Empfänger Freiberufler oder Gewerbetreibender ist. Diese Entscheidung wurde auch auf § 823 BGB gestützt. Danach ist auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt.
Ein weiterer Ansatz bietet sich über das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Diese Auffassung darf mittlerweile als absolut herrschend bezeichnet werden (eine Ausnahme bildet hier die getroffene Entscheidung des Amtsgerichts Kiel (Urteil v. 30.9.99 – 110 C 243/99). Das Gericht konnte keinen Anspruch des Empfängers feststellen). Anders entschieden auch das LG Braunschweig und das LG Augsburg (Urt. v. 04.05.99 – 2.O.4416/98). Hier bestand bereits geschäftlicher Kontakt zwischen Absender und Empfänger.
Eine andere Strategie fährt das LG Karlsruhe (5.O.186/01). In seinem Urteil v. 25.10.01 sieht es keinen Anlass für die Verurteilung des Absenders bei einmaliger Zusendung einer Mail. Das Urteil erging auf Widerspruch des Empfängers der Mail im einstweiligen Rechtsschutz. Das Gericht verneinte schlicht die Eilbedürftigkeit für ein Verbot. Gleiche Erwägungen stellt die 16. Zivilkammer des LG Berlin aufgrund eines Hinweises in einem Urteil des KG Berlin an. Eine weitere Modifikation der Rechtsprechung besteht darin darauf abzustellen, ob die Email für den Empfänger unverkennbar als Werbung deklariert sei. In diesem Fall könnte es dem Empfänger zumutbar sein, die Mail schlicht zu löschen.
Für den Empfänger einer solchen Email ergibt sich somit nach gegenwärtiger Rechtslage ein Unterlassungsanspruch. Ob die Email genug Anlass dazu gibt, dem Absender eine Abmahnung zukommen zu lassen, ist Geschmackssache. Jedenfalls sollten Sie als Empfänger einer solchen Abmahnung nicht einfach wegschauen. Das wäre der schlechteste Rat, der erteilt werden könnte. Auch wenn Ihnen die Abmahnung suspekt und abwegig erscheint, sollten Sie sie ernst nehmen. Abmahnungen enthalten in diesem Fall eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung, d.h. Sie gewährleisten mit Ihrer Unterschrift, dass sich ein solches Verhalten nicht wiederholt. Die Abgabe dieser Erklärung ist – soweit sie rechtmäßig gefordert wird – die einzige Möglichkeit der außergerichtlichen Streiterledigung. Die Unterlassungserklärung wirkt wie ein Anerkenntnis. Die Kostentragungspflicht folgt aus dem Gesetz, nicht aus der Erklärung. Kommt der Absender dem Unterlassungsbegehren nicht nach, erlässt das Gericht auf Antrag des Empfängers eine einstweilige Verfügung, sofern nicht gleich Hauptsacheklage erhoben wird. Dieser Beschluss ergeht i.d.R. ohne mündliche Verhandlung. Sie haben als Absender folglich keinen Einfluss auf die Entscheidung. Das Gericht stellt dann regelmäßig fest, dass Sie es zu unterlassen haben, Emails werbenden Inhalts an den Empfänger zu senden, soweit kein geschäftlicher Kontakt oder eine Erlaubnis vorliegt/zu vermuten ist. Der Wert einer Email wird von den Gerichten mittlerweile als sehr unterschiedlich beziffert. Abzustellen ist dabei nicht so sehr auf die tatsächlich angefallenen Übertragungskosten und den Arbeitsaufwand; entscheidend ist vielmehr der Präventionsgedanke. Gegenstandswerte von EUR 300 schrecken sicherlich keinen Absender vor einer Wiederholung. Die Kosten des Verfahrens sind also regional unterschiedlich.
Annex: zum Schadensersatz beim Spamming äußerte sich das AG Dachau am 10.07.01 (3 C 167/01). Betreffend das dort zwischen den Parteien bestehende Wettbewerbsverhältnis verneint das Gericht einen Schadensersatzanspruch trotz einer halbstündigen Blockade des PC während des Downloads. Die Argumente dürften jedoch kaum tragfähig sein.
Die Frage der Unzulässigkeit des Spamming wurde nun am 11.03.04 vom Bundesgerichtshof geklärt I ZR 81/01. Im Urteil ging es um die Zusendung eines Newsletters zwischen Wettbewerbern. Interessant ist hier die Differenzierung zwischen einzelnen Email-Adressen. Fazit: die unverlangte Zusendung von Mails ist wettbewerbswidrig. Die Entscheidung über das Spamming B-C steht noch aus, dürfte aber entsprechenden Inhalts sein.