Der Onlinehandel boomt! Amazon erfreute sich 2019 über einen Gesamtanteil von 19 % über seinen Eigenhandel. Weitere 29 % wurden über den Handel über den Marktplatz vertrieben, der auch über das Angebot von Amazon abgewickelt wird. Damit beherrschte Amazon 48 % des gesamten Onlinehandels. Klar, dass bei diesem Erfolg der Schritt in die reale Welt nur eine Frage der Zeit ist
Der Online- und der Einzelhandel sind keine Freunde. Während das Geschäft im Internet immer weiter wächst, muss sich der stationäre Handel mit Verlusten und Ladenschließlungen abfinden. Eine Kehrtwende ist derzeit nicht in Sicht. Eher ist eine Trendentwicklung zu erkennen, die etwas paradox wirkt: Immer mehr Onlineanbieter wollen ihr Angebot auch offline zur Verfügung stellen oder an die Kunden vertreiben. Platzhirsch Amazon nimmt diesen Schritt als Vorreiter an: Mit „Amazon Go“ wurden in Amerika erste Shops eröffnet, die das Einkaufen mit Bargeld überflüssig machen.
Ein ausgeklügeltes System aus Schnittstellen, 3D-Erkennungssoftware und unzähligen Kameras macht es möglich, dass der Kunde den Laden betritt, das Produkt seiner Wahl aus dem Regal nimmt und den Laden wieder verlässt. Der Bezahlvorgang wird über das Amazon-Konto abgewickelt. Eine Technik, die den Einzelhandel revolutioniert aber großflächig noch nicht anwendbar ist.
Deutsche Unternehmen gehen kleinere Schritte
Junge Start-ups, die auch in den Offline-Kunden potenzielle Käufer und Kunden sehen, setzen beim Schritt in die „alte Welt“ eher auf klassische Vertriebswege. Der Pop-up-Store von HelloFresh gönnte sich zum 5. Geburtstag einen temporären Laden in der Londoner Innenstadt. Aus den zahlreichen Essensboxen, die sonst per Lieferdienst im Abomodell verschickt werden, nahmen die Betreiber die Bestseller heraus und boten diese 2017 zum direkten Verkauf an. Für Kunden, die sonst dem Internethandel skeptisch gegenüberstehen, die beste Gelegenheit, sich von den Produkten überzeugen zu lassen. Kundengewinnung auf klassischem Wege.
Doch auch im B2B-Bereich lassen sich neue Vertriebswege finden, die primären Onlineprodukten eine breitere Kundschaft zusichern. Das FinTech-Unternehmen Tillhub bietet mit seiner Software z. B. die perfekte Lösung für Kassensysteme, die alle Regularien der neuen Kassensicherungsverordnung erfüllen. Seit Januar 2020 greift die neue Richtlinie und richtet sich an alle Einzelhändler, die jeden Kassenvorgang dokumentieren und archivieren müssen. Zusammen mit dem Druckerhersteller Epson ist das Berliner Unternehmen eine Kooperation eingegangen: Während Tillhub seine TSE Kasse und das Interface für Tablets und Smartphones anbietet, liefert Epson die passende Hardware. Dem Käufer wird damit ein Gesamtprodukt als Einheit angeboten, was als vereinfacht wahrgenommen wird. Der rein digitale Verkauf findet durch die zugehörigen Hardware-Produkte neue Abnehmer.
Weiterentwicklung sinnvoll
Anbieter rein digitaler Produkte setzen mit diesen Maßnahmen im Einzelhandel einen wichtigen Schritt um. Die Frage, warum der klassische Einzelhandel in Richtung des digitalen Marktes keine Unternehmungen vornimmt, bleibt dagegen ein Rätsel. Durch Anbindungen von Onlineshops oder dem Einsatz von ersten digitalen Werbemaßnahmen könnte der stationäre Handel profitieren. Doch Veränderung sind derweil nur in eine Richtung zu erkennen.
Um langfristigen Erfolg zu generieren, müssen sich die klassischen Denk- und Verhaltensmuster lösen. Die Fronten aus Gut oder Böse sind längst überholt und könnten durch gemeinsame Zusammenführung ein größeres Potenzial schaffen, das beiden Seiten hilft. Nur wer diesen Weg erkennt, kann Kunden im Internet auch persönlich im echten Leben begrüßen.