eBusiness – Ende des Höhenflugs?

Die Halbwertzeit von Umsatzprognosen ist im eBusiness erfahrungsgemäß nicht besonders groß. Wurden die Zahlen in der Vergangenheit jedoch zumeist noch oben korrigiert, schrauben mehrere Marktforschungsinstitute die Erwartungen jetzt wieder zurück. Einmalige Ausnahme oder neuer Regelfall?

B2B – Big Business?
Allen Unkenrufen zum Trotz: die eCommerce-Umsätze wachsen sowohl im Geschäft mit dem Endkonsumenten als auch im zwischenbetrieblichen Handel weiterhin stark an. So konnte man z.B. im vergangenen Jahr weltweit im B2B-Bereich eine Umsatzsteigerung in Höhe von 189 Prozent auf nunmehr 433 Milliarden US$ erreichen. Von Pessimisten vernimmt man jedoch den Einwand, dass im Jahr davor noch Wachstumsraten jenseits der 200 Prozent erreicht wurden. Allzu leicht wird dabei übersehen, dass die Wachstumsraten in Anbetracht wirtschaftlich angespannter Zeiten dennoch sehr beachtlich sind.

Nichtsdestotrotz waren einige Prognosen offenbar allzu optimistisch. Wenn auch nur marginal, schraubten etwa die Analysten der Gartner Group ihre B2B-Prognosen jüngst ein Stück weit zurück. Ein Grund hierfür dürfte der mangelhafte Erfolg vieler elektronischer Marktplätze sein. So fand Forrester vor kurzem heraus, dass von 1750 befragten Unternehmen, die bei europäischen B2B-Marktplätzen gelistet waren, gerade einmal 88 (5 Prozent) dort auch tatsächlich bereits schon Waren oder Dienstleistungen gehandelt haben. Und auch in Zukunft wollen die meisten Unternehmen – wenn überhaupt – bestenfalls auf 1-2 Marktplätzen aktiv werden.

In Anbetracht dieser Entwicklung ist es nicht weiter verwunderlich, dass laut Forrester Research neun von zehn aller unabhängigen B2B-Marktplätze in den nächsten Jahren scheitern werden. Liegt ihre Gesamtzahl gegenwärtig noch bei rund 1000, so wird sie noch innerhalb der nächsten drei Jahre auf etwa 50 schrumpfen. Allerdings keinesfalls zu Lasten der Umsätze, deren starkes Wachstum laut Forrester anhalten wird. Auf eine einfache Formel gebracht bedeutet dieses: Mehr Umsätze verteilen sich auf immer weniger Schultern.

Noch wird der Großteil aller zwischenbetrieblichen Online-Transaktionen jenseits des großen Teichs abgewickelt. Mit 52 Prozent Marktanteil bleibt Nordamerika auch in diesem Jahr Marktführer. Bis 2005 soll dieser Anteil dann auf 42 Prozent abnehmen. Nutznießer ist hierbei sowohl der asiatisch/pazifische als auch der europäische Markt.

Vor allem der Staat sollte schon bald für einen steigenden Online-Umsatz sorgen. Immerhin werden allein in Deutschland Jahr für Jahr mehr als 30.000 öffentliche Aufträge im Wert von rund 500 Milliarden DM vergeben. Seit kurzem laufen hier die ersten Pilotprojekte zur elektronischen Ausschreibung. Welch enormes Potential hinter der öffentlichen Hand als Auftraggeber schlummert, lässt sich unschwer erahnen.

Innerhalb Europas ist Deutschland eCommerce-Spitzenreiter. Auch wenn die Nutzung des Internet in den skandinavischen Ländern, Großbritannien sowie den Niederlanden prozentual gesehen höher ausfällt, werden die größten Umsätze hierzulande generiert. Bis 2004 gehen die Analysten von Forrester davon aus, dass 386,5 Milliarden US$ durch B2B- und B2C-Geschäfte im deutschen Online-Markt umgesetzt werden. Zweitgrößter Markt in Europa ist und bleibt Großbritannien mit erwarteten 288,8 Milliarden US$ Umsatz. Und auch dem „Internet-Nachzügler“ aus Frankreich wird eine hohe Dynamik bei der Umsatzentwicklung zugetraut: bis 2004 erwartet man hier 206,4 Milliarden Umsatz-Dollar.

B2C – Wachstum trotz schlechter Presse
Betrachtet man die Prognosen der B2B-Umsätze, so erscheint das Geschäft mit dem Endkunden als vergleichsweise wenig lukrativ. Je nach Definition und Marktforschungsunternehmen wird dem B2C-Geschäft ein Anteil am gesamten eBusiness-Umsatzvolumen von ca. 10-20 Prozent zugestanden.

Demgegenüber sind in der Medienberichterstattung die Verhältnisse eher umgekehrt. Besonders in den vergangenen zwölf Monaten dominierten negative Meldungen über gescheiterte Dotcom-Unternehmen. Und das, obgleich auch im B2C-Geschäft die Umsätze Monat für Monat kontinuierlich ansteigen, wie die Grafik zur Entwicklung im nordamerikanischen B2C-Geschäft eindeutig untermauert.

Und auch in Deutschland gibt es Erfolgsmeldungen. So gab der deutsche Versandhandelsriese Otto erst kürzlich bekannt, dass man im letzten Geschäftsjahr weltweit Waren im Wert von 2,1 Milliarden DM abgesetzt hat, was einem Anteil von 4,6 Prozent am Gesamtumsatz entspricht. Auch der Quelle-Konzern zog vor nicht allzu langer Zeit eine positive Bilanz seiner gegenwärtigen Online-Aktivitäten, was jetzt wohl wiederum den Konzernpartner Karstadt auf den Plan ruft. Nach eigenen Angaben steht das Unternehmen kurz vor dem Neustart seines Angebots.

Anscheinend gibt es innerhalb der B2C-Segments eine Zweiteilung: auf der einen Seite klassische Brick-and-Mortar-Unternehmen, die in der Regel von einem bereits bestehenden Kundenstamm sowie langjährigen Erfahrungen im Fulfillment profitieren und andererseits Dotcom-Startups, die viel Geld in den Aufbau von Vertriebsstrukturen und Marketingaktivitäten investieren müssen. Da es jedoch zunehmend schwieriger wird, an frisches Venture Capital zu gelangen, sehen viele Dotcoms jetzt ihre Felle davonschwimmen. Nur wenige eTailer haben bereits heute ihren Break Even erreicht und sind von daher auf keine weiteren Finanzspritzen angewiesen.

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