Kaum ein Unternehmen kann es sich heute noch erlauben riesige Lagerstätten zu unterhalten. Dennoch verlangen Kunden, dass die bestellte Ware vorrätig ist und in möglichst kurzer Zeit geliefert wird. Mit Continuous Replenishment soll beides künftig möglich werden.
Für eine bedarfsgerechte Warenbereitstellung am Point of Sale ist eine gut funktionierende Informationslogistik unumgänglich. Diese sollte neben der internen Informationsversorgung auch den EDI-Verbund mit Kunden und Lieferanten abdecken. Vor allem heutzutage, wo die Reaktionszeiten immer kürzer und es saisonbedingt starke Auftragsschwankungen gibt, bekommt die bedarfsgerechte Warenbereitstellung immer mehr Bedeutung.
Besonders in letzter Zeit bereichern neue Schlagworte die Diskussionen der New Economy: EAI (Enterprise Application Integration) oder BPI: (Business Process Integration) tauchen immer häufiger in den Fachpublikationen auf. Beides sind Ansätze, die sowohl unterschiedliche Softwareumgebungen im Unternehmen oder im Unternehmensverbund miteinander verbinden und dies über die Unternehmensgrenzen hinaus auch fortzusetzen.
Die eBusiness-Lösungen haben in den genannten Bereichen die Art der Kundenaufträge verändert: Die Aufträge gehen in geringeren Stückzahlen ein, dafür bestellt der Kunde jedoch häufiger. Und überdies sind in der Vergangenheit die Vorlaufzeiten permanent geschrumpft. Bei Bestellungen über das Internet kann es sich kaum ein Unternehmen leisten, für die Auslieferung Tage oder sogar Wochen in Anspruch zu nehmen. Dies schafft einen immensen Druck auf die logistische Abwicklung, was wiederum die Optimierung der Supply Chain unabdingbar macht. Unternehmen, die ihre internen und externe Prozesse nicht optimiert haben, beginnen aufgrund der neue Anforderungen die Lagerbestände aufzustocken, um ad hoc auf Kundenanfragen und –aufträge reagieren zu können.
Erfahrungen aus dem stationären Handel haben jedoch gezeigt, dass bei dieser Vorgehensweise auf der einen Seite verhältnismäßig oft „out-of-stock-Situationen“ sowohl im Lager als im Outlet zu beobachten sind. Andererseits werden die Sicherheitsbestände hochgefahren und damit übersteigt oft die Kapitalbindung die Umsatzrendite. So gehen Experten davon aus, dass im eBusiness-Zeitalter kein Unternehmen ohne optimierte Supply Chain auf lange Sicht überleben kann. Dies gilt immer stärker auch für Unternehmen der Old Economy.
Im Rahmen des cCommerce (collaborativer Commerce: Zusammenarbeit zwischen Unternehmen) muss es gelingen, alle Prozesse entlang der Wertschöpfungskette vom Erstlieferant bis zum Endkunden zu koordinieren, zu optimieren und zu beschleunigen. Dadurch sollen Lieferzeiten verkürzt, Lagerbestände minimiert und Kapazitäten besser ausgeschöpft werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn beim ECR (Efficient Consumer Response) existieren diese Anforderungen im traditionellen Geschäft bereits seit langem. Aber erst durch das so genannte Continuous replenishment (CR) kann man den vielfältigen Anforderungen des heutigen Logistik-Zeitalters gerecht werden. Aus diesem Grunde wurden im Rahmen des ECR-Ansatzes ein solches neues Logistikkonzept entwickelt. Beim CR-Konzept ändert sich der skizzierte Ablauf dahingehend, dass der Handel der Industrie alle relevanten Bewirtschaftungsinformationen wie Lagerbestände, Abverkaufsdaten etc. per EDI übermittelt. Dies geschieht in aller Regel über FTP, nicht wie beim klassischen EDI über store-and-forward-Mechanismen (X.400), da es sich um zeitkritische Prozesse handelt. Auf der Basis dieser Daten muss der Lieferant dann die Mengen ermitteln, welche er in Eigenverantwortung ins Lager oder die Betriebsstätte des Partners „nachschiebt“.
In aller Regel werden die Daten konvertiert und in ein CR-Tool beim Lieferanten importiert. Dieses System hat die Aufgabe, Bestellvorschläge aufgrund verschiedener einzustellender Parameter (Mindest- und Höchstmengen, Vergangenheitsdaten etc.) unter Zuhilfenahme von Prognose- und Dispositionsalgorithmen zu generieren. Hieraus wird ein Lieferavis per EDI erstellt und die Ware an den Handel gesandt. Dadurch verändert sich der Bestellprozess dramatisch. Die Verantwortung der Bestandsführung liegt nun beim Lieferanten. Der Handel kontrolliert lediglich den Erfolg bei gleichzeitig geforderten kürzeren Lieferzyklen, ergo bei einer Beschleunigung des Gesamtprozesses.
Die auf dem Markt befindlichen CR-Tools sind jedoch nicht ganz billig, so dass lediglich Top-Markenartikler diese Softwarelösungen ohne längere Überlegungen implementieren können. Aufgrund der Vielzahl von Möglichkeiten, welche die entsprechenden Applikationen besitzen, ist für den Anwender die Komplexität der Lösungen entsprechend groß und die Akzeptanzhürden hoch. Dies verdeutlicht auch eine Forrester Research-Befragung von 916 Unternehmen: 10 Prozent der befragten Unternehmen empfinden ihre momentanen SCM-Lösung regelrecht furchtbar, 26 Prozent bezeichnen die Lösungen als schlecht. Lediglich 24 Prozent urteilten mit Gut und nur 4 Prozent vergeben ein Sehr gut. Wenn man bedenkt, dass ein Großteil der betroffenen Unternehmen selbst die vergleichsweise geringen Investitionen (max. DM 20.000) für ein EDI-System scheuen, wird der Handlungsbedarf für neue Formen der Bereitstellung solcher Softwareprodukte als ASP-Lösungen sichtbar.
Die ganze Tragweite von CR wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele Handelskonzerne aber auch die Big Player im Baumarkt- und Baustoffbereich die CR-Fähigkeit bei ihren Lieferanten mittlerweile voraussetzen und damit zum K.O.-Kriterium für die Geschäftsbeziehung machen. Daher scheint vor allem kostengünstigen CR-Lösungen, die von vielen, insbesondere kleinen und mittelständischen Lieferanten genutzt werden können, die Zukunft zu gehören. So sieht z.B. das cr4all-Konzept eine internetbasierte Lösung vor, die nachfolgend schematisch skizziert ist:
Der Handel sendet weiterhin wie bisher seine Lagerbestandsdaten per EDI, jedoch jetzt nicht mehr direkt an die Industrie, sondern an den Web-Server www.cr4all.de. Auf dem Server arbeitet ein internetbasiertes und transaktionsorientiertes CR-Tool, welches die konvertierten Daten als Eingabe erhält. Aufgrund partnerspezifischer Parameter werden Bestellvorschläge generiert, die dem Industriepartner sowohl online als auch offline per XML über einen Browser zur Verfügung gestellt werden. Die Bestellvorschläge können bearbeitet, ausgedruckt oder direkt über eine XML-Schnittstelle in die Lieferantenapplikation integriert werden.
Mit Hilfe der Lösung versetzt man die Lieferanten in die Lage, die prognostizierten Werte direkt zu akzeptieren oder notwendige Mengenänderungen vorzunehmen. Dies kann entweder online oder offline geschehen, d.h. für die Bearbeitung der Daten nach dem Herunterladen muss keine Internet-Verbindung aufrechterhalten werden. Danach werden die Daten wieder per XML an den Web-Server gesandt, wo sie zum einen in das CR-Tool einfließen (für Prognosen, Statistiken etc.), zum anderen in EDI konvertiert und dem Handel zur Verfügung gestellt werden.
Durch solche Angebote erhält endlich eine große Anzahl von Unternehmen die Möglichkeit, sehr kostengünstig einen ECR-Prozess mit dem oder den Partnern einzurichten. Damit kann die so oft beschworene „kritische Masse“ an ECR-Partnern aus Kunden- bzw. Handelssicht wesentlich leichter als bisher erreicht werden. Der Zugang wird für den Anwender einfach über einen XML-fähigen WWW-Browser (z.B. MS-Explorer ab Version 5) hergestellt. Durch Nutzungsgebühren statt Investitionen wird eine preislich und steuerlich erheblich günstigere Alternative zu käuflichen Softwareprodukten und deren Projektkosten geschaffen.