eCommerce 2001: Das große Reinemachen!

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eCommerce 2001: Das große Reinemachen!
20.12.2001 |

Für manch enttäuschten Investor dürfte der Begriff „eCommerce“ 2001 einiges von seinem Charme eingebüßt haben. Nach dem großen Hype im Millenium-Jahr ist wieder Normalität eingekehrt und der Markt gibt sich zunehmend seriöser. Doch auch nach dem Rückzug der Goldgräber bleibt es weiter spannend, wie unser kleiner Jahresrückblick beweist.

So überzogen der Enthusiasmus zur Jahrtausendwende, so übertrieben der Rückzug vieler Kapitalgeber, nachdem sich oft vorschnell gefasste Erwartungen auf Massenrendite in der Praxis nicht erfüllten. Floss das Risikokapital 2000 noch in ganzen Strömen, wurde vielen Internet-Unternehmen 2001 der Kapitalhahn ganz schnell wieder zugedreht. Investiert wird seitens der VCs inzwischen weitaus seltener in neue Geschäftsideen und Business-Pläne als vielmehr in bereits gestartete und nachweislich erfolgreiche Vorhaben im Rahmen einer Zweit- oder Drittrundenfinanzierung. Und weil die Aussicht auf mittelfristige Profite den Kapitalgebern immer seltener genügt, trennte man sich frei dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken“ im Jahre 2001 bereitwillig von so manchem ambitionierten Vorhaben.

Doch das große Jahr der Konsolidierung spülte auch eine ganze Reihe neuer Wettbewerber auf den Plan. Denn nachdem der eCommerce immer spürbarer seinem Gründerzeitalter entwächst, treten zunehmend die etablierten Click-and-Mortars auf den Plan. Prognostizierte man ihnen in der Vergangenheit noch, dass sie Gefahr liefen den Anschluss zu verpassen, stehen viele inzwischen als die großen Gewinner dar. Vor allem die zahlreichen Synergieeffekte im Rahmen strategischer Online-Offline-Integrationen verschafften ihnen große Wettbewerbsvorteile. Für die reinen Dotcoms wird die Luft auf der virtuellen eCommerce-Bühne damit zunehmend dünner.

Nachstehend möchten wir noch einmal kurz auf – aus unserer Sicht – besonders interessante Marktzahlen, Trends und Entwicklungen sowie auf unsere Gewinner und Verlierer des Jahres eingehen. Wir erheben dabei weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf eine gänzlich wertungsfreie Darstellung der Dinge.

B2C – Zahlen über Zahlen…
2001 war das Jahr der verfehlten Prognosen. Viele optimistische Einschätzungen aus 1999 und 2000 mussten wieder revidiert werden und zwar in der Regel nach unten. Nichtsdestotrotz blieben die Steigerungsraten sowohl bei den Nutzer- als auch den Umsatzzahlen beachtlich. Weltweit verfügen inzwischen über 480 Millionen Menschen über einen Internet-Anschluss. In Deutschland geht man– je nach Definition – von mittlerweile 24-27 Millionen Internet-Nutzern aus. Zur gleichen Zeit im Vorjahr lag ihre Zahl noch zwischen 18 und 20 Millionen. In absoluten Zahlen gemessen, teilt sich Deutschland damit im europäischen Vergleich gemeinsam mit Großbritannien inzwischen sogar die Spitzenposition.

Während man sich bei den Nutzerzahlen also auf gleicher Höhe befindet, sind die Briten bei den eigentlichen eCommerce-Umsätzen indes drauf und dran, uns langsam aber sicher deutlich abzuhängen. So dürfen sich laut Forrester Research die Online-Händler auf der Insel über eine Bescherung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro freuen, während sich deutsche eTailer mit 1,1 Milliarden Euro Umsatz zufrieden geben müssen. Dennoch brachte das Weihnachtsgeschäft einen geschätzten Umsatzzuwachs von rund 70 Prozent. Weniger erfreulich verlief die Umsatzentwicklung in den USA, wie der „Online Retail Index“ von Forrester Research und Greenfield Online belegt. Hier dürfte sich so mancher Händler beim Blick auf das gesamte Geschäftsjahr 2001 doch lieber ins Vorjahr zurücksehnen. Letztmalig im Mai diesen Jahres konnte man im direkten Monatsvergleich höhere Umsätze als im Vorjahr verbuchen. Hier bleibt abzuwarten, ob Europa und damit auch Deutschland diese Entwicklung mit 1-2jähriger Verspätung „nachholt“.

B2B – gesunde Korrektur und starkes Wachstum
Auch beim zwischenbetrieblichen Internet-Handel gab es in 2001 eine gesunde „Relativierung“ der vorherigen Prognosen. So schraubten z.B. die Analysten der Gartner Group zu Beginn des Jahres ihre Einschätzungen bezüglich der B2B-Umsätze via Internet wieder zurück. Nichtsdestotrotz sind die revidierten B2B-Zahlen für Europa in Höhe von 209 Milliarden Euro mehr als erfreulich und entsprechen immerhin noch einer Steigerung von 159 Prozent. Im Vordergrund steht mittlerweile die Prozesskostenoptimierung mit Hilfe derer man Kosteneinsparungen möglichst schnell realisieren möchte. In Zeiten einer drohenden bzw. bereits existenten Rezession wird es zwar zunehmend schwieriger Investitionen in neue Produkte bzw. Dienstleistungen zu rechtfertigen, doch wenn das vielgeliebte Wort Einsparungspotential fällt, spitzen die CEOs heute ganz besonders die Ohren. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Analysten von Forrester der Meinung sind, dass ein Viertel aller US-Unternehmen das Internet als ein Instrument zur Kostensenkung auffassen. Und die Kollegen der Gartner Group erklärten Kosteneinsparungen gar zum Top-Trend im B2B für das Jahr 2001 schlechthin.

Marktplätze: Zweifel jetzt und Hoffnung später
Der Gründerboom in der Geschichte der eMarketplaces ging schon mit dem Jahr 2000 zu Ende. In den letzten zwölf Monaten ist die euphorische Stimmung zunehmend der Skepsis gewichen: Unterminieren öffentliche Marktplätze nicht die bestehenden Beziehungen zu Kunden? Eliminieren sie möglicherweise die Wettbewerbsvorteile in der Supply Chain? Und werden Marktplätze jemals verlässlich und sicher genug sein, um auf dieser Basis wertvolle Beziehungen zu Geschäftspartnern zu gründen? So lauten die Fragen, die gegenwärtig die Diskussion beherrschen, wie es die Giga Information Group und Booz Allen Hamilton in einer gemeinsamen Studie auf den Punkt bringen. Weithin besteht Übereinstimmung darin, dass zunächst große Veränderungen notwendig sind, ehe das Potential von Marktplätzen wirklich genutzt werden kann. So ist das Jahr 2001 eher eine ernüchternde Phase gewesen. Auch die versprochenen Einsparungspotentiale werden sich erst dann realisieren lassen, wenn tiefer liegende Probleme gelöst und notwendige Investitionen getätigt sind. Dazu gehören organisatorische Umstrukturierungen, wie Standardisierung und die Entwicklung neuer Prozesse, ebenso wie die Verbesserung und die Einführung neuer technologischer Systeme unter anderem auch zur Integration. So verwundert es nicht, dass gegenwärtig von den 5.000 weltweit größten Unternehmen erst etwa acht bis zehn Prozent eProcurement Software einsetzen, wie die Aberdeen Group pünktlich zum Jahresende berichtet.

Durch Kollaboration neuen Schwung finden
Dass es im B2B-Business nicht nur um rein „Transaktions-orientierte“ Zusammenarbeit gehen kann, ist eine der wichtigen Einsichten aus diesem Jahr. „Supply Chain Management“ und „Collaborative Commerce“ sind daher neue Buzzwords, die den Weg in die Zukunft ebnen sollen. In ihren Erwartungen zeigen sich dabei die deutschen Manager nicht kleinlich: Die optimale Steuerung von Warenflüssen soll die Kosten der Wirtschaft im Durchschnitt um 20 Prozent senken können, geben sie in einer Umfrage von TXT eSolutions zu Protokoll. Gerät die Lieferkette ins Visier, dann stehen in der Regel drei Attribute im Mittelpunkt: schneller, besser und kostengünstiger. Im Einzelnen soll zumeist die Lagerhaltung reduziert und genauere Vorhersagen und eine bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage ermöglicht werden. Aber auch im Umfeld von erweiterten Lieferketten über mehrere Unternehmen hinweg wird gearbeitet. Dementsprechend sollen in naher Zukunft vor allen Dingen branchenspezifische und auf Collaboration bezogene Supply Chain Projekte interessante Optionen eröffnen. Hier zielt man darauf, die Übersicht, Kontrolle und Zusammenarbeit bezüglich Angebot und Nachfrage zu verbessern. Als eine quasi natürliche Verlängerung von eMarketplaces zielt insbesondere der so genannte „Collaborative Product Commerce“ darauf, das Beziehungsgeflecht zwischen den verschiedenen Partnern zu optimieren und offene IT-Standards für das reibungslose Zusammenspiel der einzelnen Systeme zu schaffen.

Abschied vom Mobile Web?
Der große Rummel um UMTS hat sich gelegt. Mittlerweile besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass die Lizenzen teuer bezahlt sind – und es schwierig sein wird, die Investitionen wieder einzuspielen. Sinkende Einnahmen pro Teilnehmer, der hohe Aufwand für die Kundengewinnung und gigantische Schulden durch UMTS-Lizenzen und -Investitionen zwingen Netzbetreiber und Diensteanbieter zur Erschließung neuer Einnahmequellen und zur Intensivierung der Kundenbindung. Dabei könnten mobile Datenangebote wie WAP und i-mode eine wichtige Rolle spielen. Aber bislang wurden WAP-Dienste in Europa schlecht vermarktet. Die vollmundige Ankündigung, mit WAP könne man per Handy im Internet surfen, steht nun der Akzeptanz der tatsächlichen Angebote im Wege. Das mobile Internet ist etwas anderes als das Internet am PC, wenn es um Vielfalt, Zugang, Darstellung und Benutzerfreundlichkeit geht. Entsprechend sind es auch andere Angebote, die sich für das Handy eignen und die mit Nachfrage rechnen können. Vor diesem Hintergrund verabschiedet man sich in den letzten Monaten vorsichtshalber zumindest vom Begriff „Mobile Web“. So setzt E-Plus bei der für Anfang des Jahres 2002 geplanten Einführung von i-Mode lieber auf die schillernde Beschreibung einer „bunten i-Mode Welt“. Ob sich hier allerdings echte „Killer-Applikationen“ einfinden werden, bleibt weiterhin unklar. Zwar wird immer wieder betont, dass Standort- und Situations-bezogene Dienste den Kunden künftig echte Mehrwerte bieten sollen, aber noch fehlt es hier an anschaulichen Beispielen.

Viel umworben, wenig gebunden: die Kunden
Zu den Top-Themen in diesem Jahr gehört sicherlich auch „Customer Relationship Management“. Schließlich hatten Unternehmen nie zuvor die Möglichkeit, über ein dezidiertes Instrumentarium ihre Kunden kennen zu lernen, Details über konkrete Bedürfnisse zu erfahren und diese Erkenntnisse in die gezielte Kundenansprache oder maßgeschneiderte Projekte einfließen zu lassen. Ob allerdings dieses Potential tatsächlich dazu genutzt wird, echten Mehrwert zu erzeugen, fragen sich nicht nur die Kunden. Auch Experten, zum Beispiel von der Gartner Group, gehen davon aus, dass im Zusammenspiel von nicht ausgereiften CRM-Lösungen und ebenfalls nicht ausgereiften Mobil-Technologien den Konsumenten Schlimmes bevorsteht. So sei zum Beispiel damit zu rechnen, dass Reisende, kaum haben sie den Flughafen betreten, automatisch für den falschen Flug eingecheckt werden und anderes mehr. In der Konsequenz wird ihrer Einschätzung nach die Zahl der unzufriedenen Kunden zumindest bis 2007/2008 einen historischen Höchststand erreichen, denn erst dann entfalten die CRM-Anwendungen ihr Potential. Die Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass diese Kunden in noch nie da gewesenem Umfang die Anbieter wechseln werden, so die Gartner Group. Diese Botschaft scheint langsam, aber sicher anzukommen. So wird CRM in den letzten Monaten immer weniger als Technologie, sondern als Strategie verstanden und vermarktet. Im Vordergrund stehen dabei nicht mehr schnelle Patentlösungen. Die Unternehmen planen zunehmend längerfristige Vorhaben, die über viele Jahre hinweg in mehreren Stufen umgesetzt werden sollen.

Die Gewinner 2001:

eBay
Trotz Dotcom-Krise und Wirtschaftsflaute: Das bekannteste Online-Auktionshaus blieb von allen Miseren offenbar unberührt und gehörte auch 2001 zu den ganz großen Gewinnern des eCommerce. Wachstumsprognosen mussten nach oben korrigiert werden und inzwischen bewegen sich nicht nur die Umsätze sondern auch die Gewinne im dreistelligen Millionenbereich. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 50% kalkulierend, erwarteten die Betreiber bis 2005 die 3 Milliarden US$ Umsatz-Schallmauer zu durchbrechen. Nicht ohne Effekt wird dabei der kräftige Preisanstieg sein, den eBay auf dem europäischen Markt im Zuge der Euro-Währungsumstellung vollzogen hat.

Otto
Das Versandhaus hat sich spätestens im Jahr 2001 zum absoluten deutschen eCommerce-Darling und einem echten Global Player gemausert. Bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr bei einem weltweiten Online-Umsatz von 2,1 Milliarden US$ die Nummer 2 hinter dem US-eTailer Amazon, gehen die Hamburger davon aus, innerhalb der nächsten 10 Jahre 20% ihres Gesamtumsatzes via Internet zu erwirtschaften. Otto profitiert beim Online-Handel insbesondere von seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Versandhändler, seinem großen logistischem Know-how und damit verbunden einer großen Vertrauensstellung gegenüber den Online-Shoppern. Selbst Lebensmittel lassen sich über den deutschen Vorzeigeshop inzwischen ordern.

Doch der große Erfolg von Otto steht indirekt auch für eine Trendwende: 2001 hat sich in weiten Teilen zunehmend zu einem Jahr der Click-and-Mortars – der großen und bewährten Marken – entwickelt. Quelle und Karstadt konnten von dieser Entwicklung ebenso profitieren, wie die „Fußgängerzonen-Platzhirsche“ Tchibo und Schlecker.

Google
Alles andere als ein „First Mover“, hat die Suchmaschine Google inzwischen weltweit Kultstatus erreicht. Ganz nach dem Prinzip des „weniger ist mehr“ verzichteten die Betreiber von vornherein auf jegliches schmückende Beiwerk und etablierten einen inzwischen einzigartigen Rechercheservice. Das Ergebnis: Die Zahl der Suchanfragen bewegt sich gegenwärtig bei 150 Millionen Zugriffen täglich und seit Juli arbeitet das Unternehmen laut eigener Aussage auf Nettobasis profitabel. Als Einnahmequellen fungiert dabei neben der Werbung vor allem auch die Lizenzierung der Suchtechnologie an Unternehmen wie Yahoo und Sony. Als interessante Ergänzungen seines Service hat Google in diesem Jahr auch noch eine Bildsuche sowie eine „Toolbar“ zur Browsereinbindung in das Angebot integriert.

Die Verlierer 2001

Webvan
Zweifellos werden die amerikanischen Online-Grocer als „Könige des Geldverbrennens“ in die Geschichte des eCommerce eingehen: Am Ende dürften es rund 2 Milliarden US$ gewesen sein, die im Zuge einer expansiven technische Infrastruktur, wenig effektiver Übernahmen sowie dem ganz allgemeinen Aufwand für Geschäft und Marketing in Schall und Rauch aufgingen. Trotz schlussendlich 750.000 aktiver Kunden blieben Frequenz und Höhe der Einzelbons viel zu gering, um jemals eine Aussicht auf Profitabilität zu ermöglichen.

Trotz des Scheiterns zahlreicher Online-Lebensmittelhändler gilt dieser schwierige Online-Markt noch längst nicht als verloren, wie auch die Prognosen vieler Analysten belegen. Allerdings bleibt ein beträchtlicher Kapitaleinsatz vonnöten und vorhandene physische Präsenzen mit der Nutzung entsprechender Synergien scheinen für das erfolgreiche Gelingen in diesem Segment unverzichtbar. Der niederländische Lebensmittelriese Royal Ahold versucht sich nach der Übernahme von Peapod jetzt am massiven Markteintritt und auch der britische Grocer Tesco – der dem Vernehmen nach bereits schwarze Zahlen schreibt – hat sich den Erfolg in Übersee auf die Fahnen geschrieben.

eBooks
Alljährlich, wenn in Frankfurt die Pforten zur Internationalen Buchmesse geöffnet werden, keimt auch die Diskussion um elektronische Publikationen wieder auf. Zu vergleichsweise geringen Kosten scheint sich für die Verlage hier ein lukrativer neuer Markt zu eröffnen. Allein die Kunden – die Leser – lassen sich für eBooks noch nicht wirklich begeistern. 2001 belegte dies erneut nachhaltig. Der Versuch von Erfolgsautor Stephen King mit „The Plant“ einen digitalen Fortsetzungsbestseller zu produzieren, scheiterte bereits nach wenigen Teilen an mangelndem Interesse. Und auch die amerikanischen Verleger von RandomHouse legten ihr ambitioniert gestartetes eBook-Experiment ATRandom mangels Masse schnell wieder auf Eis. Das in Anspielung auf Aldous Huxley sinnigerweise als „Brave New World“ titulierte Projekt, erwies sich – ebenso wie in der Romanvorlage – mitnichten als Paradies. Das aktuellste Opfer eines nachhaltigen Kundendesinteresses ist iPublish, der e-publishing Arm des Medienriesen AOL-TimeWarner. Auch hier heißt es kurz und knapp: „Der Markt hat sich nicht in der von uns erhofften Weise entwickelt.“

Content: Der König ist tot, es lebe…?
Mindestens an einem der drei großen C’s des Online-Marketing wurde 2001 spürbar gerüttelt. Obgleich die Bedeutung attraktiver Inhalte weithin immer wieder betont wird, scheint noch kein Königsweg in Sicht, der die Erstellung desselben auch auf wirtschaftlich gesunde Beine stellt. Weder Online-Werbung noch der Vertrieb der Inhalte über Syndikatoren konnten bislang die gewünschten Effekte erzielen. Im Gegenteil: Durch einen massiven Einbruch des Werbemarkts verkürzte sich die Lebensdauer so manches -mehr oder minder geschätzten – Anbieters dramatisch. Als prominenteste Opfer gelten dabei zweifellos „The Industry Standard“, „Net Investor“ sowie die aktuell bedrohten Online-Redaktionen von „Internet World“ und „Com!Online“. Aber auch zahlreiche Content-Syndikatoren wie 4Content oder Contonomy zählen zu den diesjährigen Opfern einer Entwicklung mit nach wie vor ungewissem Ausgang.

Alles was Recht ist…
2001 hat offenbar auch die Legislative das Thema eCommerce für sich entdeckt. Gleich eine ganze Reihe neuer Gesetze, die direkt oder indirekt Einfluss auf den virtuellen Handel haben, wurden in den entsprechenden Kammern auf den Weg gebracht.

Rabattgesetz
Bereits 2000 beschlossen, fiel es Mitte 2001 (genauer gesagt am 25. Juli 2001) endgültig: Das Rabattgesetz. Händler können seitdem ihren Kunden mehr als die bisher erlaubten drei Prozent Rabatt gewähren. Zugleich fiel auch das Zugabegesetz, das im Einzelhandel bisher Preissenkungen und Geschenke einschränkte. Vor allem Anbieter von Co-Shopping-Angeboten hatten diesem Moment entgegengefiebert, basiert ihr Geschäftsmodell doch vor allem auf der Gewährung attraktiver Gruppenrabatte. Doch den richtigen Schwung brachte der Wegfall des Gesetzes bisher nicht unbedingt. So hat Letsbuyit.com auch ohne Rabattgesetz noch nicht in die „schwarzen Zahlen“ gefunden und von einem Preisverfall im Netz kann seit Juli bislang auch noch keine Rede sein. So können Händler und Kunden nur darauf warten, dass sich eine Untersuchung von Forrester Research bewahrheitet die davon ausgeht, dass in den kommenden zwei Jahren neun von zehn Online-Händler mit Rabatten und Zugaben neue Shopping-Anreize schaffen und dadurch ihre Kunden möglicherweise langfristiger binden.

Online-Auktionen
eBay, Ricardo und Co. werden es mit Freude vernommen haben: Im November erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) das Online-Auktionen rechtsverbindlich sind. In seiner Entscheidung kam der BGH zum Schluss, dass ein Kaufvertrag bei Internet-Auktionen nach den allgemeinen Vorschriften der § 145 ff BGB zustande kommt. Man wies darauf hin, dass die für Kaufverträge wichtige Abgabe einer Willenserklärung auch per Mausklick gemacht werden kann. Damit wurde ein jahrelanger Rechtsstreit um einen über das Internet ersteigerten VW Passat beendet, den ein Käufer weit unter Wert erstand, dessen Auslieferung der Verkäufer daraufhin jedoch verweigerte.

Digitale Signatur
Die Einführung der Digitalen Signatur brachte zumindest im Endkonsumenten-Bereich bislang nicht den erhofften Erfolg. Seit dem 22. Mai ist das Signaturgesetz von 1997 abgelöst worden und von dort an regelt das „Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und zur Änderung weiterer Vorschriften“ die Rechtsgültigkeit digitaler Unterschriften. Die wichtigste Neuerung dabei: Die Digitale Signatur wurde der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Vor allem von Händlerseite wurde diese Regelung herbeigesehnt, doch fehlt auf Konsumentenseite noch der Grund zur Anwendung. Immerhin ist die „Anschaffung“ mit nicht zu vernachlässigen Kosten auf der Konsumentenseite verbunden. Daher ist es bislang auch nur bei Pilotprojekten geblieben, wie das der HypoVereinsbank, die im kommenden Frühjahr an 10.000 Privatkunden EC-Karten mit Chip und Digitaler Signatur ausgeben will.

Abteilung Attacke: Der Abmahn-Wahn
2001 setzte sich das fort, was bereits im Jahr zuvor seinen Anfang nahm: Der Abmahn-Wahn: Mehr oder minder „erfolgreich“ versuchten Konzerne und Promis ihre vermeintlichen Domain-Rechte durchzusetzen. So sah sich Michael-Schumacher durch michas-formel1-site – die Fansite eines 18jährigen Schülers namens Michael „Micha“ Stanka – in seinen Namensrechten verletzt und mahnte ab – ohne Erfolg. Auch die Deutsche Telekom wollte beim Aussenden von Abmahnungen nicht nachstehen und erhob Anspruch auf die Farbe Magenta, die der Online-Buchverleger My Favorit Book in Anzeigen und im Internet ebenfalls benutzt hatte. In diese Abmahnriege reihten sich gleich eine Vielzahl von meist großen finanzkräftigen Unternehmen (bzw. deren Rechtsanwälte) ein, die „strafbewehrte Unterlassungserklärungen“ gleich in „Serienbriefmanier“ verschickten, wohlwissend, dass nur die wenigsten das (Kosten-) Risiko einer Gerichtsverhandlung eingehen würden. So wird dann auch fleißig versucht Begriffe der allgemeinen Sprache exklusiv für sich zu reservieren. Sicherlich gilt es die eigenen Markeninteressen zu schützen, doch sollten diese Unternehmen auch den enormen Image-Schaden bedenken, wenn ihre Abmahn-Anwälte allzu eifrig ans Werk gehen.

Und sonst noch?
Der Rechmäßigkeit des Online-Versands von Arzneimitteln ist in Deutschland bzw. Europa immer noch nicht abschließend geklärt und vor allem Protagonist DocMorris, eine Online-Apotheke aus den Niederlanden, wartet nun in der Auseinandersetzung mit dem Deutschen Apothekerverband auf eine zufrieden stellende Regelung durch den Europäischen Gerichtshof.

Schlichtungsstelle
Um der zunehmenden Zahl der Rechtsstreitigkeiten besser Herr werden zu können, plant der Deutsche Multimediaverband (DMMV) die Einrichtung einer Schlichtungsstelle, wo Streitigkeiten rund um computergestützte, interaktive Medien-, Software- und Kommunikationsprodukte außergerichtlich beigelegt werden sollen.

Computer-Viren
Sie hießen Goner, BadTrans, Nimda, SirCam oder Code Red und hatten eins gemeinsam: Sie sorgten für viel Arbeit in den IT-Abteilungen der meisten Unternehmen. 2001 geht als das Jahr der Computerviren in die noch junge Geschichte des WWW ein. Die dadurch entstandenen Schäden haben bis dato nicht gekannte Ausmaße angenommen: So geht das US-Marktforschungs-Unternehmen Computer Economics in einer Studie davon aus, dass der weltweite finanzielle Schaden, der allein durch die CodeRed-Würmer entstanden ist, sich auf 2,6 Milliarden US-Dollar beläuft.

Top Level-Domains
Mittlerweile sind bei der Denic mehr als 5 Millionen de-Domains registriert. So gut wie jeder verfügbare Begriff verkörpert inzwischen auch eine eigene Domain. Brauchbare freie de-Domains lassen sich kaum noch finden. Alle gängigen Vor- und Nachnamen sowie sinnvollen Begriffe sind längst vergeben. Aber es wurde von der ICANN auch für Abhilfe gesorgt. Man beschloss sieben neue Top Level Domains: .biz, .info, .name, .pro, .museum, .aero und .coop. Und insbesondere um .biz und .info entbrannte ein regelrechter Flächenbrand. Die Vergabe unter Berücksichtigung von Marken- bzw. Namensrechten funktionierte nicht immer reibungslos. Anders scheint jedenfalls die zweifelhafte Anpreisung (Mindestgebot 1 Million DM) der Domain deutschland.info durch einen Geschäftsmann über die Domainbörse Sedo nicht zu erklären.

In jedem Falle erfreuen sich die erst vor wenigen Wochen bzw. Monaten neu eingeführten Domain-Endungen „.biz“ und „.info“ großer Beliebtheit: Im Dezember wurde der 500.000 Domain-Name mit dem Kürzel „.biz“ vergeben. Unter der zweiten neuen Domain-Endung „.info“, sollen weltweit sogar bereits 675.000 Namen angemeldet worden sein. Bleibt abzuwarten, wie viele „gegrabbte“ .biz und .info-Domains im nächsten Jahr via Gerichtsverhandlung den Weg zum vermeintlich „rechtmäßigen“ Besitzer finden werden.

Autoren: Monika Gatzke, Matthias Robben und Ralf Koyro

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