eLearning – ein Fall für KMU?

Die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit sowohl von Unternehmen als auch von Beschäftigten ist heute stärker als je zuvor auch von der Qualität beruflicher Weiterqualifizierung abhängig. Nicht zuletzt wegen der Internationalisierung des Wettbewerbs steigt für die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen der Wettbewerbs-, Kosten- und Innovationsdruck immer weiter. Kann eLearning hier weiterhelfen?

Sei es in der Entwicklung, der Beschaffung, der Produktion oder im Absatz, in prinzipiell allen Bereichen betrieblicher Tätigkeit kommt es zu einem permanenten Anpassungsdruck auf die vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Halbwertzeit von einmal erlerntem Wissen nimmt immer weiter ab und damit kommt es zu einem hohen kontinuierlichen Bedarf an inner- und überbetrieblicher Weiterbildung.

Die Erwartungen der Unternehmen an eLearning sind vor diesem Hintergrund relativ hoch gesteckt: Mehr Mitarbeiter sollen schneller, besser und kostengünstiger „weitergebildet“ werden. Im Hintergrund steht dabei die Überzeugung, dass im globalen Wettbewerb ebenso wie auf dem regionalen Parkett das Überleben von Unternehmen häufig genug von der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängt. Und das Wissen und die Handlungskompetenz derjenigen, die in einer Institution Verantwortung tragen, gilt tatsächlich weithin unbestritten, als Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften.

Es ist daher nicht weiter verwunderlich, wenn die Möglichkeiten des Internets nun auch verstärkt dazu genutzt werden sollen, dringend benötigtes Know-how aufzubauen oder zu verbreiten. Verwunderlich ist eher die Tatsache, dass die tatsächliche Anwendung von eLearning in der beruflichen Bildung noch weit hinter den Erwartungen zurück bleibt.

So wird dem Markt für das Lernen über elektronische Medien eine rosige Zukunft vorhergesagt. Branchenkenner glauben, dass computerunterstütztes Lernen bis zum Jahr 2005 in Deutschland einen Marktanteil von rund 20 Prozent haben wird. Für die USA werden sogar 40 Prozent prognostiziert. Die Analysten von International Data Corporation IDC gehen davon aus, dass computergestützte Weiterbildung Wachstumsraten von jährlich bis zu 80 Prozent aufweisen wird.

Insgesamt steht der europäische eLearning-Markt jedoch noch am Anfang, so die Experten von IDC. Sie gehen davon aus, dass Schulungsanbieter erst langsam dazu übergehen werden, neben den Präsenzveranstaltungen auch eLearning-Angebote aufzubauen. Bis 2006 soll der gesamteuropäische Markt für berufliche Fortbildung eine jährliche Wachstumsrate von 14,9 Prozent erzielen und damit Einnahmen von 13 Mrd. US$ erreichen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass schon 2005 über 27 Prozent der Inhalte beruflicher Fortbildung durch eLearning bereitgestellt werden sollen – das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 108,2 Prozent.

In großen Unternehmen und Verwaltungen nimmt eLearning bereits einen festen Platz in der Aus- und Weiterbildung ein, wenngleich auch hier traditionelle Lernformen weiterhin dominieren. Auf den ersten Blick scheint eLearning dennoch vor allem für große Organisationen attraktiv zu sein, denn für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind Individualentwicklungen in der Regel zu teuer und preiswerte Standardangebote gehen oft zu weit an den Weiterbildungsbedürfnissen vorbei. Mit den richtigen Konzepten können jedoch auch KMU die Vorteile von eLearning besser nutzen. Computergestützte Weiterbildungskonzepte haben in kleinen und mittleren Unternehmen sogar eine größere Verbreitung als vermutet. Nach einer Studie der Michel Medienforschung und Beratung kamen bereits vor drei Jahren bei jedem vierten von achthundert befragten Unternehmen (mit 50 bis 1000 Mitarbeitern) multimediale Lernmittel zum Einsatz. Die technischen Voraussetzungen für eLearning stellen heute für die meisten KMU keine Hürde mehr dar. In praktisch allen Unternehmen existieren Computer und Internetzugänge.

Es muss also andere Ursachen dafür geben, dass eLearning in diesen Unternehmen meist kein vorrangiges Thema ist. Während sich große Unternehmen für ihren Weiterbildungsbedarf individuelle Lösungen produzieren lassen, kommen teure Individualentwicklungen für KMU kaum in Frage. Lösungen „von der Stange“ sind aber meist zu wenig auf den betrieblichen Bedarf abgestimmt und damit keine richtige Alternative. Gerade in KMU, in denen viele Entscheider und Mitarbeiter gleichzeitig mehrere Funktionen wahrnehmen und daher oft noch weniger abkömmlich sind als in größeren Organisationen, ist eLearning aber sicher eine sehr geeignete Lernform. Die oft bemängelte „Weiterbildungsabstinenz“ von KMU, so ist anzunehmen, ist nicht nur in den begrenzten zeitlichen und materiellen Spielräumen dieser Unternehmen, sondern sicher auch in der Angebotslandschaft des Bildungsbereichs begründet.

Die Kritik, die sich in erster Linie an die traditionellen Formen der beruflichen Weiterbildung richtet, liefert gleichzeitig zentrale Argumente für und Anforderungen an eLearning Angebote. Gefordert werden kurze, bedarfsgerecht am Arbeitsplatz abrufbare Kurse mit modularem Aufbau sowie individuell konfigurierbare Bildungsangebote, die ein effizientes und kostengünstigeres Lernen ermöglichen.

Eigentlich fallen die Anforderungen der betrieblichen Praxis und die Merkmale von eLearning Anwendungen passgenau zusammen. Die deutliche Diskrepanz zwischen Erwartungen und tatsächlicher Nutzung lässt sich daher nicht schon allein durch mangelnde Markttransparenz, Kostengründe, technische Implementierungsprobleme oder ähnliches erklären. Die Gründe sind deutlich komplexer und wurzeln tief im Bereich derjenigen strukturellen Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen, die in den Unternehmen erst noch geschaffen werden müssen.

So ist die berufliche Weiterbildungspraxis heute noch überwiegend durch einen unnötig hohen Organisationsgrad („Verschulung“) gekennzeichnet. ELearning Angebote passen hierzu nur so lange, wie sie lediglich als ergänzende Angebote zu klassischen (Präsenz-) Seminaren und Schulungsveranstaltungen begriffen werden. Die Verwendung von eLearning Technologien bedeutet jedoch – konsequent zu Ende gedacht – nicht nur den Einsatz eines weiteren Lernmittels sondern erfordert eine gründliche Reorganisation der gesamten Weiterbildung im Unternehmen. Netzgestützte Lerntechnologien sind mit den herkömmlichen Organisationsformen der beruflichen Weiterbildung grundsätzlich inkompatibel.

Im Grunde erfordert die erfolgreiche Verankerung computer- oder netzgestützten Lernens im Unternehmen einen zielgerichteten Wandel hinsichtlich der Bedeutung des Lernens im Unternehmen allgemein und hinsichtlich der personalen und organisationalen Lernkultur. Bei eLearning handelt es sich eben nicht um eine ready-to-use Technologie, sondern vielmehr um ein Konzept für das Lernen, das relativ voraussetzungsstark hinsichtlich seiner rahmenorganisatorischen Einbindung und seiner kulturellen Verankerung in Unternehmen ist.

Gegenüber den traditionellen Präsenzlernformen tritt dabei das selbst organisierte und eigenverantwortliche Lernen am Arbeitsplatz und in der Freizeit immer mehr in den Vordergrund. Formen des Ad-hoc Lernens und des den Arbeitsprozess begleitenden Lernens ersetzen das überkommene „Vorratslernen“ durch zeitlich wie inhaltlich bedarfsgerechte Lernangebote. Im deutschsprachigen Raum mangelt es aber noch an entsprechenden Angeboten. Zum Beispiel sind hier die in den USA bereits bekannteren so genannten „Dynamic Learning Communities“ bislang – wenn überhaupt existent – noch eine ausgesprochene Rarität. Für die Zukunft sind also noch einige interessante Entwicklungen zu erwarten. Dies ist allerdings kein Grund, sich nun abwartend zurück zu lehnen: Es ist nach wie vor der frühe Vogel, der den Wurm fängt. Experimente mit neuen Formen des Lernens per Internet sorgen in jedem Fall für die dringend erforderlichen ersten Erfahrungen…

In diesem Zusammenhang ein bisschen Werbung auch in eigener Sache: Die ECIN Online-Workshops stellen nach Einschätzung der Teilnehmer ein sehr gutes Beispiel für gelungenes eLearning dar. Hier können auch Sie ohne Sorge erste Schritte wagen, die sich für Ihre Praxis in jedem Fall auszahlen.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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