Elektronische Rechnung und digitale Signatur sind Themen, mit denen sich viele Unternehmen intensiv auseinandersetzen. Denn mit dem Versand von elektronischen Geschäftsdokumenten kann Geld gespart werden. Vor allem die elektronische Rechnungsstellung birgt dabei große Potenziale. Doch gerade in letzter Zeit fragen sich viele Unternehmen, welche gesetzlichen Anforderungen bei Rechnungsversand und Archivierung erfüllt werden müssen und welche Rolle die Signatur dabei spielt.
Bedeutung für die Wirtschaft
Immer mehr Unternehmen und Organisationen erkennen, wie wichtig es ist, Geschäftsdaten schnell, kostengünstig und präzise auszutauschen, um intelligente Rationalisierungsmaßnahmen einleiten zu können. Heute wird ein Großteil der Daten in Geschäftsdokumenten bereits per Computer erstellt. Anstatt diese Papierdokumente auszudrucken, zu kopieren und die darin enthaltenen Informationen schließlich per Post oder Fax weiter zu leiten, können diese Informationen direkt auf elektronischem Wege an den Geschäftspartner versendet werden. Der Partner muss zur weiteren Verarbeitung diese Informationen nicht mehr erneut in seiner Computeranwendung manuell erfassen. Er spart sich damit das extrem langsame, kostspielige und fehleranfällige Verfahren.
Seit vielen Jahren wird im nationalen und internationalen Handel der elektronische Datenaustausch für Handelsvorgänge wie Bestellung, Lieferavis, Rechnung usw. genutzt. Millionen Belege werden somit nicht mehr per Papier verschickt, sondern elektronisch zwischen Geschäftspartnern ausgetauscht. Konzerne setzen teilweise zu 100 Prozent auf elektronische Verfahren zum Austausch von Geschäftsdokumenten. Aber auch im Mittelstand finden diese Verfahren immer mehr Verbreitung. Neben dem klassischen EDI, dem weitgehend automatisierten Datenaustausch, werden die elektronischen Verfahren durch neue Technologien, wie z. B. WebEDI oder auch leistungsfähige Texterkennungssysteme ergänzt.
Folgende Beispielzahlen unterstreichen die Bedeutung der elektronischen Rechnungsstellung für die deutsche Wirtschaft:
Zurzeit werden allein in der Konsumgüterwirtschaft ca. 150-170 Millionen Rechnungen pro Jahr elektronisch versendet, was einem Datenvolumen im dreistelligen Terabyte-Bereich entspricht – würden diese auf Papier gedruckt, wären dies circa 300 Millionen DIN A4-Seiten.
Neue Anforderungen an die Rechnungsstellung
Mit den Anforderungen durch das neue Umsatzsteuergesetz ist das Thema elektronische Rechnung in den Fokus der Wirtschaft gerückt. Zum 01.01.2004 wurde die EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Rechnungsstellung in deutsches Recht umgesetzt. Dies betrifft einerseits neue Pflichtangaben auf Rechnungen, wie z. B. die Steuer-/Umsatzsteuer-ID-Nummer oder den Hinweis auf vereinbarte Entgeltminderungen, andererseits auch feste Regeln für die Übermittlung von elektronischen Rechnungen. Bei den Anforderungen an die Übertragung ist der deutsche Gesetzgeber über die Anforderungen der EU-Richtlinie hinausgegangen. Gerade diese verschärften Anforderungen hinsichtlich Signatur stellen die Wirtschaft vor Probleme.
Nach Umsatzsteuergesetz und den Präzisierung im BMF-Schreiben vom 29.01.04 sind folgende Übertragungsmöglichkeiten zugelassen:
Grundsätzlich muss jede elektronische Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Dies bedeutet, dass eine so genannte sichere Signaturerstelleinheit, also eine Chipkarte einer offiziellen Zertifizierungsstelle (Trust Center) vorgeschrieben ist. Darüber hinaus muss die Signaturkarte auf eine natürliche Person ausgestellt sein.
Hinsichtlich des Austauschs großer Datenmengen ist es möglich Zeitfenster für die Signierung festzulegen, damit nicht jede Signatur einzeln durch den Karteninhaber angestoßen werden muss. Außerdem ist es möglich komplette Dateien mit einer Vielzahl enthaltener Rechnungen zu signieren. Die wichtigste Erleichterung ist die Möglichkeit sowohl die Signaturerstellung als auch die Signaturprüfung auf einen Dienstleister auszulagern. Somit wird dann keine eigene Signaturinfrastruktur benötigt.
Das klassische EDI-Verfahren mit der zusätzlich versendeten Sammelabrechnung ist weiterhin zulässig. Das Umsatzsteuergesetz schreibt jedoch jetzt ausdrücklich vor, dass das Übertragungsverfahren ausreichend sicher sein muss (z. B. mit X.400 oder AS2) und dies in einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Partnern festgelegt ist.
Eine Verschärfung gab es hinsichtlich der Übertragung der Sammelabrechnung. Diese muss entweder digital signiert sein oder per Brief geschickt bzw. per Standardfax gesendet und empfangen werden. Das früher übliche Verfahren mittels Faxserver ist seit dem 01.07.04 nicht mehr zulässig.
Umsetzung der Signatur
Für den Rechnungsdatenaustausch mit Signatur entwickeln sich zur Zeit verschiedene Lösungen auf dem Markt, die von qualifiziert signierten eMails bei kleinen Datenmengen bis zu leistungsfähigen Anwendungen für den EDI-Massendatenaustausch reichen.
Bei kleinen Datenmengen können die Signaturen über eine Internetanwendung manuell geprüft werden. Im Massendatenaustausch hängt es davon ab, ob die Geschäftspartner eine eigene Signaturinfrastruktur aufbauen oder mit einer ASP-Plattform eines Dienstleisters arbeiten wollen.
Wird die Signaturerstellung selbst in die Hand genommen, so müssen die entsprechenden Abstimmungen, wie z. B. der Signaturschlüsselaustausch, selbst vorgenommen werden. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass die Anwendung den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Werden elektronische Rechnungen mit Signatur empfangen, muss auf jeden Fall die Gültigkeit der Signatur überprüft werden und das Ergebnis mit den zugehörigen Signaturschlüsseln archiviert werden.
Wird ein Dienstleister eingeschaltet, signiert er die Rechnungsdaten und leitet sie an den Empfänger bzw. dessen Dienstleister weiter. Hierfür wird der Dienstleister vom Rechnungssteller/-empfänger entsprechend beauftragt.
Um die elektronische Signatur in vorhandene EDIFACT/EANCOM®-Anwendungen zu integrieren wurde im DIN die Nachricht AUTACK für den Transport der Signatur und Informationen für die Signaturprüfung entwickelt. Für den konsumgüternahen Bereich wurde die AUTACK-Nachricht weiterentwickelt und der zugehörige Prozess beschrieben. Der Entwurf der Anwendungsempfehlung steht demnächst zur Verfügung.
Dennoch gibt es hier weiterhin Vorbehalte seitens vieler Unternehmen. Zurzeit wird geprüft wie sich die Szenarien mit vertretbarem Aufwand implementieren lassen.
Neue Anwendungsfelder – Kostenrechnungen
Beim Thema elektronische Rechnung steht normalerweise die Beziehung zwischen Vorlieferant und Industrie oder zwischen Industrie und Handel im Vordergrund. Doch gerade bei größeren Unternehmen fallen auch im nicht-material- und warenwirtschaftbezogenen Bereich große Mengen an Rechnungsdaten an, die bisher kaum elektronisch abgewickelt werden. Beispiele hierfür sind Entsorgung, Tankkarten, Reisekosten, Autovermietungen, Energieversorgung, Zeitarbeit, Mietwäsche oder Wartung.
Hier will man gezielt die Rationalisierungspotenziale erschließen, die in den klassischen Geschäftsbeziehungen tägliche Praxis sind. GS1 Germany hat zusammen mit Unternehmen aus Handel und Industrie die Anforderungen an solche Rechnungen zusammengestellt und in eine entsprechende Anwendungsempfehlung auf Basis des EDI-Standards EANCOM® eingebracht, die in Kürze veröffentlicht wird.
Europäische Aktivitäten
Mit dem immer stärker zusammenwachsenden Binnenmarkt und der internationalen Expansion deutscher Handels- und Industrieunternehmen ist der grenzüberschreitende Rechnungsdatenaustausch immer wichtiger geworden. Doch gerade hier gibt es noch Handlungsbedarf, sowohl bezüglich der inhaltlichen Anforderungen an eine Rechnung, als auch hinsichtlich gesetzlicher Anforderungen an Inhalt und Übertragung.
Hinsichtlich der Inhalte haben sich mehrere GS1-Mitgliedsorganisationen dazu entschlossen, die verschiedenen nationalen EDI-Empfehlungen zusammenzufassen und zu harmonisieren. Für europäisch agierende Unternehmen besteht somit die Möglichkeit aus allen beteiligten Ländern Rechnungen zu empfangen. Der Lieferant sendet die Rechnung gemäß seinem Länderprofil, das der Anwendungsempfehlung entspricht.
Hinsichtlich der gesetzlichen Anforderungen in den einzelnen Ländern, die trotz EU-Harmonisierungsrichtlinie weiterhin unterschiedlich sind, gibt es ebenfalls Aktivitäten den Unternehmen entsprechende Hilfestellungen zu geben. Grundsätzlich wird das nationale Recht des Lieferanten angewandt, bei Rechnungen in das europäische Ausland ist daher das oben beschriebene deutsche Umsatzsteuergesetz einschlägig.
Die europäische Normungsorganisation CEN (European Committee for Standardization) hat sich im Auftrag der EU-Kommission der Problematik des grenzüberschreitenden Rechnungsdatenaustausches angenommen und entwickelt entsprechende Handlungsempfehlungen.