Verantwortung ist nicht delegierbar: Die Rolle des Unternehmers im Arbeits- und Umweltschutz ist breit gefächert. Wenn die Delegation der Pflichten in diesem Bereich nicht sauber und wirksam erfolgt ist, resultiert daraus Organisationsverschulden. Das kann sogar strafrechtlich relevant sein.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) lässt wenig Spielraum für Interpretationen. „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“ Zur Planung und Durchführung der entsprechenden Maßnahmen haben Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können. Die Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.
Daraus folgt auch: Die Verantwortung von Unternehmerinnen und Unternehmern im Arbeitsschutz oder Umweltschutz ist nicht delegierbar. Die Sicherstellung einer geeigneten Organisation, die sichere Einrichtung von Betriebsstätten, die Beschaffung sicherer Arbeitsmittel, die Unterweisung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Beurteilung der Arbeitsbedingungen und Dokumentation, die Koordination der Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen, die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen: Das sind Punkte, die für Unternehmerinnen und Unternehmer beziehungsweise Organe des Unternehmens, sehr wichtig sind.
Die Führungskräfte nehmen Arbeitgeber- beziehungsweise Unternehmeraufgaben im Betrieb wahr und haben daher eigenständige Führungspflichten im Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich, Auswahl-, Organisations- und Überwachungspflichten, spezielle Pflichten im Arbeitsschutz und die Pflicht der Berücksichtigung des Arbeitsschutzes bei Planung, Beschaffung und Instandhaltung.
Das lässt sich unter der Überschrift der Organisationspflicht zusammenfassen. „Die Organisationspflicht des Arbeitgebers besteht darin, betriebliche Abläufe so festzulegen, dass für seine Beschäftigten keine Gefährdungen entstehen. Dazu gehört in erster Linie die Festlegung der betrieblichen Organisation. Da der Arbeitgeber nicht alles alleine machen kann, benötigt er Führungskräfte, an die er einen Teil seiner Aufgaben delegieren kann und muss. Die Verantwortungsbereiche der Vorgesetzten müssen genau festgelegt sein. Auch die Vorgesetzten haben Verantwortung für Sicherheit und Gesundheitsschutz“, heißt es z. B. bei der BG BAU – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.
Im Detail umfasst die Organisationspflicht die Sicherstellung einer angemessenen Organisation im Arbeitsschutz, die Zuweisung von fachlicher und disziplinarischer Verantwortung und Erteilung von Kompetenzen, die Übertragung von Pflichten, die Bereitstellung von Mitteln und die Einrichtung eines Berichts- und Informationswesens. Das bedeutet: Die Delegation von Verantwortung im Arbeitsschutz im Sinne der lapidaren Aussage „Kümmer Dich darum“ ist nicht ausreichend, sondern kann vielmehr zu einem Organisationsverschulden führen. Denn die Sanktionen bei Rechtsverstößen und können bei fahrlässigen Pflichtverstößen Geldbußen bis zu eine Million Euro nach sich ziehen oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.
Daher muss klar sein, dass auch in den untergeordneten Ebenen definiert sein muss, welche Pflichten im Rahmen der Organisation auf die Mitarbeitenden zutreffen. Es bestehen also vielfältige Delegations- und Managementpflichten für die Unternehmensführung, um Arbeitsschutz auf allen Ebenen zu verankern.
Es ist tatsächlich in vielen Unternehmen auch besonders Konzernen in der Praxis zu beobachten, dass eine Delegation der Pflichten nicht sauber und wirksam erfolgt ist. Zwar gilt: Wo kein Richter, da kein Kläger, aber das kann sich schnell ändern. Denn wenn etwas passiert ist, ist es zu spät. Daher ist konsequentes und rechtskonformes Handeln von Nöten. Die Unternehmensleitung muss für eine funktionierende Organisation Sorge tragen.