ICT auf den richtigen Weg gebracht

Kaum ein Unternehmen kommt heutzutage ohne den Einsatz von IT bzw. ICT (Information and Communications Technology) aus. Dabei wird das Potential von ICT-Strategien jedoch zu oft nicht vollständig ausgeschöpft. Noch immer scheitern mehr als die Hälfte geplanter ICT-Programme in der Umsetzungsphase an einer wenig wirksamen oder gar schlecht eingestellten ICT-Governance. Entscheider müssen daher den Handlungsbedarf erkennen, ihre ICT-Governance auf Schwächen abklopfen und, bei Bedarf, verbessern.

ICT Governance als ständige Herausforderung

Kein Entscheider bezweifelt heute die Rolle, die eine wirksame ICT Governance für die Gestaltung des geschäftlichen Wertbeitrages des Technologieeinsatzes hat. Trotzdem scheitern immer noch mehr als die Hälfte der ICT-Strategien und strategischen ICT-Programme in der Umsetzungsphase, wie Studien und Umfragen belegen, an einer schlecht eingestellten oder mangelhaft realisierten Governance. Obwohl die ICT Governance für jeden CIO und CTO die professionelle Grundlage zielgerichteten, konsequenten und letztendlich erfolgreichen Handelns darstellt, wird in der Praxis oft auf eine kontinuierliche, systematische Optimierung verzichtet. Dadurch werden Spielräume eingeengt und unbeabsichtigt Handlungsdruck in gerade den Phasen provoziert, in denen eigentlich Aufmerksamkeit für andere Herausforderungen des Technologieeinsatzes notwendig wäre. So werden immer noch Entscheidungen zur IT in kritischen Phasen zu oft von dafür unzureichend geeigneten und wenig informierten Führungskräften getroffen – und die fast zwangsläufig resultierenden Fehlschläge vertiefen die Kluft zwischen der Fachseite und der IT-Abteilung weiter. Abhilfe schafft hier nur die gemeinsame, kontinuierliche Bewertung der Realität der ICT Governance im Unternehmen und die Adaption der Governance-Prozesse, Instrumente und -Inhalte an die Dynamik des Kerngeschäftes. Es gibt kaum ein wirksameres Management-Instrument zur Schaffung eines Blickes auf die tatsächliche Wirklichkeit der ICT im Unternehmen.

Die drei wesentlichen Fragen der ICT Governance
Die Gestaltung und Fortentwicklung einer optimal am Geschäft ausgerichteten Aufsichts- und Steuerungsfunktion für die ICT ist keine „IT Commodity“. Die kritische Überprüfung der ICT Governance gehört deshalb nach unserer Überzeugung nicht nur regelmäßig auf die Agenda jedes CIO oder CTO, sondern sollte durch diesen periodisch auch auf die Tagesordnung des Top-Managements gebracht werden. Nur hier kann die Anpassung an die dynamischen Umgebungsbedingungen und Regularien des Marktes sowie strategischen Unternehmensentscheidungen gemeinsam durch die Fach- und ICT-Perspektive bewertet und vorangetrieben werden. Die Kunst erfolgreicher CIOs und CTOs liegt hierbei in der konstruktiven Verknüpfung der drei wesentlichen Kernfragen:
– Wer ist in die Entscheidungsfindung des ICT-Managements einbezogen, und mit welchem Grad an Verantwortung?

– Welche Instrumente und welche Governance-Prozesse sind definiert, kommuniziert und werden tatsächlich gelebt, um Investitionen in ICT transparent zu machen, zu priorisieren, und das Inkasso des Nutzes sicherzustellen, und wer überblickt diese Instrumente und Prozesse ?

– Wer trägt letztendlich die Verantwortung für Fehlschläge, und ist derjenige tatsächlich der am besten informierte und am tiefsten involvierte Stakeholder im Entscheidungsprozess?

Im Gegensatz zu prinzipiell einfach imitierbaren Technologie- und ICT-Plattformstrategien und der damit verbundenen Gefahr der strategischen Konvergenz („alle machen das Gleiche“) birgt die Entwicklung einer leistungsfähigen ICT Governance deutliche Differenzierungspotentiale für das Geschäft und für die ICT, und ist ein kritischer Eckpfeiler eines strategischen Alignments zwischen ICT und Kerngeschäft. Dem CIO oder CTO eröffnet dies die Chance, als kompetenter Partner im strategischen Dialog mit dem Top-Management wahrgenommen zu werden.

Grundansatz erfolgreicher ICT Governance
Eine systematische Gestaltung und Entwicklung der ICT Governance sollte mit dem (idealerweise gemeinsam entwickelten) Verständnis der drei Haupthandlungsfelder beginnen, die jeweils aus der Gesamtsicht des Unternehmens und der involvierten Stakeholder betrachtet werden müssen:
– Die Balancierung zentraler und dezentraler Macht, und zwar vertikal innerhalb eines Verantwortungsbereiches und horizontal zwischen benachbarten Verantwortungsbereichen.

– Die Ausprägung der aus Unternehmenssicht erforderlichen strategischen Kontrolle der Wertschöpfungskette des Unternehmens in seinen Kernmarktsegmenten.

– Die Einbindung funktionaler Verantwortung für die Technologiepolitik und den Technologieeinsatz (bezogen auf die ICT) im Unternehmen in die Gestaltung und Umsetzung der Unternehmensstrategie.

Alle Aktivitäten zur Optimierung und Entwicklung sollten sich fokussiert an diesen drei Handlungsfeldern ausrichten. Dies bedingt den engen Dialog zwischen der ICT- und der Fachseite im Unternehmen. Jede Investition in die Herstellung einer gemeinsamen Begrifflichkeit und eines gemeinsamen Verständnisses von „Governance“ ist hier erfahrungsgemäß von hohem Wert und sollte in keinem strategischen ICT-Programm fehlen.

Strategisches Alignment der ICT Governance
ICT Governance kann nur dann nachhaltig wirksam sein, wenn die Entscheidungen zur Technologiepolitik und Strategie des Technologieeinsatzes im Unternehmen einer transparenten, objektiv belastbaren Ableitung aus den strategischen Umfeld-, Markt- und Geschäftsanforderungen folgen. Um dies sicherzustellen, sollte in einem ersten Schritt die Aufgabe („Mission“) zur Unterstützung der Unternehmensstrategie in strategischer, organisatorischer, und finanzieller Dimension formuliert werden.

Bei der Formulierung dieser Aufgabe hilft eine spezielle Betrachtung des im Unternehmen gepflegten „Governance-Stils“. Dieser Stil beschreibt die Art und Weise, wie das Unternehmen grundsätzlich Funktionen steuert, kontrolliert, und strategische Entscheidungen trifft. Hierbei ist die unternehmensweite organisatorische Abbildung der Profit&Loss-Verantwortung sowie der Umgang mit Investitionsentscheidungen und dem darauf aufsetzenden strategischen Controlling besonders relevant. Weiterhin wird der Governance-Stil des Unternehmens natürlich durch die Governance- und Compliance-Regularien des unternehmerischen Umfeldes sowie durch die Leadership-Auffassung und den persönlich gepflegten Führungsstil der handelnden Top-Entscheider geprägt. Die Formulierung einer schlüssigen und konsistenten „Mission“ wird nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn eine konstruktive Einbettung in den Governance-Stil des Unternehmens gelingt. Das ist die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg des strategischen Alignments der ICT-Funktion und der ICT Governance am Kerngeschäft.

Zur erfolgreichen Operationalisierung dieses Alignments ist der Einsatz einer geeigneten Ableitungssystematik für die spezifische Ausgestaltung geschäftsrelevanter Metriken und Logiken im Rahmen von Entscheidungsmodellen, insbesondere für eine priorisierte Investitionssteuerung und Ressourcenallokation in der ICT, unabdingbar. Eine wirksame ICT Governance-Praxis bedingt ein wettbwerbsfähiges Alignment-Entscheidungsmodell als notwendige Grundlage. Umgekehrt kann die Umsetzung getroffener Entscheidungen zur Ausrichtung der ICT an der Geschäftspolitik ohne wirksame Steuerung und Aufsicht über die ICT nicht effizient und nachhaltig sein.

Eine darauf aufbauende ICT Governance kann über die Alignment-Metriken und Entscheidungsmodelle ihren Wertbeitrag zum Kerngeschäft in den Dimensionen Funktionalität, Geschwindigkeit, Effizienz, Qualität, Innovation, und Änderungsfähigkeit jederzeit strategisch wie operativ darstellen. Diese Fähigkeit entscheidet maßgeblich darüber, ob ein Unternehmens-CIO oder -CTO als „veredelte Stabsabteilung“ ohne tatsächliches Gewicht oder als ernstzunehmender Partner auch „im Geschäft vor Ort“ gesehen wird. Die konzernweite Erfolgsquote strategischer ICT-Programme und Initiativen hängt in hohem Maße genau davon ab, und damit viele kumulierende Folgeeffekte.

Wettbewerbsfähige ICT-Alignment-Konzepte basieren nach modernen „best-practices“ zunehmend auf der strukturierten Kaskadierung von geschäftsseitigen Werttreibern und Stellhebelgrößen auf ausdifferenzierte Fähigkeiten der ICT-Funktion. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass gerade durch eine systematische Ausgestaltung der ICT Governance der „buy-in“ der Fachseite in den Dialog zur Umsetzung solcher Konzepte erst möglich wird.

Die fünf Determinanten der ICT Governance-Entwicklung

Fünf Determinanten der ICT Governance sind in ihrer spezifischen Ausprägung als Grundlage für eine systematische Optimierung und Entwicklung von zentraler Bedeutung:
– Das Steuerungsumfeld des CIO oder CTO, insbesondere die Rolle des CEO oder CFO in seiner Auswirkung auf die Gestaltung der konkreten Steuerungsrolle des CIO oder CTO im operativen ICT-Geschäft. Geprägt wird das Steuerungsumfeld durch den zu beachtenden Umfang externer, regulatorischen Rahmenbedingungen, die Machtbalance mit und innerhalb des übergeordneten Executive Boards, die möglicherweise vorhandene Monopolisierung von Informationen und kritischen Resourcen (z.B. von Kontakten) und die Wirksamkeit des Durchgriffs in der P&L-Linie der Organisation.

– Das Führungsumfeld der ICT in seiner Auswirkung auf die Gestaltung des persönlichen Führungsstils und Führungsverhaltens des CIO oder CTO. Geprägt wird das Führungsumfeld durch die Dringlichkeit notwendiger Änderungen sowie die Wahrnehmung des „sense-of-urgency“, d.h. die Bereitschaft der Mitarbeiter zum Wandel. Diese Bereitschaft kann sowohl durch neue Geschäftschancen als auch durch Bedrohungslagen motiviert sein. Hierdurch ergibt sich ein spezifischer Gestaltungsrahmen und die Betonung für top-down- und bottom-up-Entscheidungsprozesse.

– Das organisatorische Umfeld der ICT in seiner Auswirkung auf die Gestaltung der organisatorischen Binnenstrukturen. Geprägt wird das organisatorische Umfeld durch die organisatorische Komplexität und den Verfügbarkeitsgrad kritischer Ressourcen in den verschiedenen Einheiten. Hieraus ergeben sich Zentralität und Verknüpfungs- sowie Integrationsgrad als Entwicklungsrichtung organisatorischer Strukturen der ICT-Funktion.

– Das Geschäftsmodell-Umfeld des Unternehmens in seiner Auswirkung auf die Gestaltung der geschäftsrelevanten Fähigkeiten („ICT capabilities“) der ICT als Unternehmensfunktion (strategische Anforderungssicht). Geprägt wird dieses Umfeld durch die Marktdynamik und die mittelfristige Marktlage. In Abschwung- und Konsolidierungsphasen stehen Effizienz- und Kostenpositionen im Blickpunkt, während in Aufschwungphasen ein breiteres Spektrum an unternehmerischen Optionen realisiert werden muss. In übersaturierten Märkten mit starker Verdrängung und hoher Technologieturbulenz (z.B. in der Telekommunikation) stehen insbesondere die Fähigkeiten zur Gewinnung und Bindung neuer Kundengruppen im Mittelpunkt. Aus diesen grundsätzlichen Markterwartungen heraus folgen unternehmensstrategische Entscheidungen hinsichtlich der strategischen Kontrollpunkte in der Kernwertschöpfungskette und des angepeilten Grads der Leistungsintegration. Hieraus ergibt sich die Ausrichtung der ICT Governance zur Unterstützung von Plattform- oder Volumeneffizienz, bzw. Fähigkeiten zur Unterstützung von Lösungsgeschäft, differenzierungsfähiger Pionierinnovationen, oder gar anorganischer Wachstumsoptionen.

– Das Prozess-Strategie-Umfeld des Unternehmens in seiner Auswirkung auf die Gestaltung der unternehmensweiten Architektur- und Landschaftsgestaltung der ICT. Geprägt wird dieses Umfeld durch die angestrebten Standardisierungs-, Integrations- und Formalisierungsgrade der relevanten Geschäftsprozesse, mit besonderem Fokus auf die differenzierungsrelevanten Teile der Prozesslandkarte des Unternehmens.

Eine systematische Diagnostik über diese Determinanten erlaubt die strukturierte und transparente Gestaltung des Zielbildes der ICT Governance. Hierauf aufsetzend kann dann, ausgehend vom Status quo, die Entwicklungsrichtung in jeder der Determinanten ausdifferenziert und im Detail geplant werden.

Durch die gezielte Abfolge und geeignetes Timing der einzelnen Entwicklungsschritte werden die Änderungen in einem Gesamtzusammenhang transparent und kommunizierbar. Für den CIO oder CTO und die Stakeholder der Fachseite ergibt sich das „Drehbuch“ für ein entsprechendes Aktionsprogramm mitsamt dokumentierbaren Meilensteinen und Überprüfungsmöglichkeiten („Roadmap“). Somit wird beispielsweise die unternehmerische Entscheidung zum Einstieg in ein neues Marktsegment oder die Berücksichtigung einer segmentspezifischen Produktportfolio-Differenzierung durch den CIO oder CTO für die ICT übersetzt und innerhalb von wenigen ICT-Planungszyklen durch gezielte Steuerung über die Zeit durchgetaktet.

Da jede Änderung der gelebten ICT Governance eine Latenzzeit bis zur Wirksamkeit hat, empfiehlt sich der Abgleich wesentlicher Implementierungsschritte mit Meilensteinen innerhalb des normalen ICT-Planungszyklus. Hierbei können auch wichtige Terminsetzungen des Executive Boards herangezogen werden – wichtig ist eine Bestätigung und aktive Unterstützung der ICT-internen Stakeholder in der Anyalse- und Planungsphase, sowie vor allem der externen Stakeholder und Sponsoren aus dem Top-Management in der Implementierungsphase. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass evolutorische Änderungen des Governance-Stils, d.h. eine organische, simultane Änderung in mehr als zwei der fünf Determinanten, einen Zeitansatz von mindestens zwei kompletten Planungszyklen der ICT bis zur ausreichenden Wirksamkeit benötigt. Erfordert das unternehmerische Umfeld oder die Unternehmensstrategie aber einen gravierenden Wandel in sehr kurzer Zeit, so sollte die Änderung der ICT Governance in allen Determinanten im Sinne eines „Relaunch“ mitsamt organisatorischer Konsequenzen „top-down“ innerhalb eines verbindlich vorgegebenen Zeitfensters von wenigen Monaten angekündigt, kommuniziert und durchgesetzt werden. Die Konzeption des Zielbildes und das Monitoring der Implementierung kann in diesem Fall vorteilhaft mit externer Hilfe und einer professionellen „outside-in“-Perspektive erfolgen.

Wirksamkeit und Machbarkeit der Umsetzung

Die Machbarkeit und Wirksamkeit der einzelnen Entwicklungsschritte kann erfahrungsgemäß nicht getrennt voneinander betrachtet werden, da für den nachhaltigen Erfolg in der Praxis immer ein Konsens über Anwendung und konsequente Umsetzung der Ergebnisse erzielt werden muss. Unsere Projekterfahrungen haben gezeigt, dass die Wirksamkeit im Wesentlichen durch die folgenden Faktoren limitiert wird:
– Vertikale und horizontale Reichweite der eingesetzten Governance-Instrumente. Förderlich ist hierbei ein exakt auf die Zielgruppen differenziert zugeschnittenes Kommunikationskonzept, eine empfängerorientierte Formulierung der Begrifflichkeiten und eine sehr bewusste Gestaltung von Verteilerlisten sowie spezieller „Diffusions“-Instrumente, wie z.B. Dialogrunden für Multiplikatoren oder Schlüsselpersonen.

– Sanktionierungswirkung des Governance-Prozesses, der die Einhaltung normativer Vorgaben (z. B. Templates) sicherstellt. Eine konstruktive, dennoch wirksame Sanktionierung von Abweichungen wird bspw. durch „Parkspur“-Prozesse im Projektportfolio-Management oder Architekturmanagement ermöglicht. Auch die gezielte Reduktion unerwünschter Ausweichpfade, wie z.B. vorhandener alternativer Beschaffungsprozesse „vor Ort“, hat sich als praxistauglich erwiesen. In strategischen Programmen empfiehlt sich dazu die Einrichtung eines strikt von der Programmsteuerung getrennt agierenden, fachlichen Supervisors mit direkter Berichtslinie an den Programm-Lenkungskreis.

– Grad der kooperativen Partizipation aller relevanten Stakeholder durch geeignete Gremien, gemeinsame Begriffssysteme, und Handlungsprinzipien. Die Schaffung einer (Teil-)Projektgruppe mit dem Ziel der Erstellung und Kommunikation einer „common terminology“ kann hier den buy-in wichtiger Zielgruppen beschleunigen helfen. Auch die Schaffung von speziellen Gremien mit dem primären Ziel der Einbindung wichtiger Schlüsselpersonen ist legitim.

– Erzielbare fachliche Akzeptanz inhaltlicher Vorgaben in Hinsicht auf konkrete Anwendbarkeit, fachliche Qualität und Transparenz im operativen Geschäft. Gerade die Wirkung fachlicher Templates und Strukturierungshilfen auf die Zielgruppe der Fachexperten in der ICT-Organisation wird oft von Top-Entscheidern unterschätzt. Wenn man die Bildung gemeinsamer Begriffs-systeme mit der Erstellung gemeinsam getragener Referenzmodelle unter externer Moderationshilfe koppelt, kann man ein Forum für Fachexperten schaffen, aus welchem hilfreiche und akzeptierte Werkzeuge hervorgehen.

– Grad der direkten und kommunizierten Machtpromotion durch das Top-Management. Hierbei ist eine differenzierte Ausgestaltung von Sponsoren-Rollen in einen aktiven (zur Schaffung von geschützten Räumen) und einen passiven Part (zur Rückendeckung in Entscheidungsprozessen) erfolgskritisch. Die Einbeziehung der Sponsoren in das vorauslaufende Scoping von strategischen Programmen entscheidet oftmals darüber, welche Erfolgsaussichten finale Entscheidungsvorlagen haben können. Bei allen diagnostischen Aufgaben ist allerdings eine klare Vorgabepolitik notwendig – insbesondere bei der Abfrage quantitativer Budget- und Kostenobjekte sind verbindlich vorgeschriebene Diagnosewerkzeuge sowie die konsequente Durchsetzung von deren Anwendung ein kritischer Erfolgsfaktor.

Jeder Entwicklungsschritt sowie das Zielbild selber können in Bezug auf diese Faktoren hinsichtlich erwarteter Wirksamkeit überprüft und justiert werden, um die Erfolgswahrscheinlichkeit des Gesamtvorhabens zu maximieren. Speziellen Nutzen hat diese Vorgehensweise insbesondere bei der Priorisierung von strategischen Initiativen oder Programmen, zum Beispiel in der ICT-Standardisierung. Konkret bewertet man beispielsweise jedes Standardisierungsprojekt anhand der abgeschätzten Wirksamkeit der eingestellten ICT Governance im Vergleich zur Zahl „proprietärer“ Realisierungsalternativen, und priorisiert dann die Standardisierungsvorhaben entsprechend ihrer Erfolgsaussicht. Grosskalibrige IT-Programme wie z.B. eine konzernweite ERM-Standardisierung erfordern vorlaufend eine geeignete Segmentierung. Dazu wird der Governance-Stil als eine wichtige Segmentierungsdimension zur Berücksichtigung besonderer Umgebungsbedingungen (z.B. kulturspezifisch statt regional-/länderspezifisch) herangezogen. Nachfolgend wird für jedes Segment ein handhabbares Portfolio von Einzelmassnahmen zur Entwicklung der gewünschten ICT Governance umgesetzt.

Empfehlungen

Aus unseren Projekterfahrungen in der Beratungspraxis zur ICT Governance haben wir Empfehlungen kondensiert, die auf dem beschriebenen Ansatz aufsetzen.

Etablierte CIOs oder CTOs sollten das Alignment der ICT Governance am Kerngeschäft durch eine regelmässige, proaktive Überprüfung entlang der vorgestellten Governance-Determinanten auf Optimierungspotentiale für strategische ICT-Programme und -Transformationen untersuchen. Diese Überprüfung sollte mit einer eher distanzierten „outside-in“-Perspektive erfolgen. Weiter sollte in passenden Abständen durch eine geeignete Governance-Diagnostik validiert werden, inwieweit die eingestellten Governance Prozesse und -Inhalte der aktuellen und erwarteten Geschäftsmodellentwicklung (getrieben z.B. durch Technologieschübe oder geänderte regulatorische Bedingungen), Struktur-anpassungen durch antizipierte M&A-Prozesse, sowie durch weitere Portfoliodifferenzierung des Marktsegment- und Produktspektrums genügen können.

Neue CIOs oder CTOs sollten anstreben, zügig ein leistungsfähiges ICT Governance-Framework als Basis zu etablieren und die bewusste Gestaltungshoheit über alle ICT Governace-Determinanten zu gewinnen. Das Spektrum einzusetzender Governance-Instrumente sollte auf die anzustrebende, mittel- und langfristige Positionierung des CIO oder CTO im Unternehmen optimiert sein. Voraussetzung für den Erfolg ist das schnelle Verständnis der vorgefundenen Situation im Unternehmen. Entscheider sollten mittels geeigneter Governance-Diagnostik ein sicheres und durch die Perspektiven aller relevanten Stakeholder validiertes Verständnis des Governance-Stils der Gesamtorganisation sowie des Steuerungsansatzes der ICT und des Führungsverständnisses strategischer ICT-Stabsfunktionen aufbauen. Auf einer so erhobenen, realistischen Startposition sollte dann ein Weg konzipiert werden, der es innerhalb von maximal zwei Planungszyklen erlaubt, ein Governance-Zielbild zu erreichen und sich dort zu verankern.

CFOs sollten den strategischen Dialog mit dem CIO oder CTO dazu nutzen, die Wirksamkeit von Governance-Instrumenten für das Portfolio-Management von ICT-Invesititionen und -Projekten sowie die Nutzung von geschäftsorientierten Alignment-Metriken zu hinterfragen und bei der Gestaltung optimierter Werkzeuge fachseitig eine differenzierte, aktive und passive Sponsorenrolle für die Verbesserung der relevanten Mess- und Steuer-Instrumente übernehmen.

COOs sollten die Chance nutzen, über die Konzeption und Kommunikation einer Prozess-Strategie für das Kerngeschäft wesentliche Eigenschaften und Fähigkeiten der ICT-Gesamtarchitektur zu prägen. Der COO sollte dazu die Ableitung eines Capability-Modells für die ICT-Funktion des Unternehmens als aktiver Sponsor unterstützen, bei der darauf folgenden Operationalisierung der IT-Strategie als passiver Sponsor Rückendeckung insbesondere für Harmonisierungsaufgaben in der Anwendungslandschaft sicherstellen.

Detecon empfiehlt damit allen CIOs und CTOs, die kontinuierliche Diagnostik und gezielte Entwicklung der ICT Governance als systematische Disziplin des strategischen ICT-Managements in der operativen Praxis zu etablieren und als wichtiges Differenzierungsinstrument zu nutzen.

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