„Drei, zwei, eins – meins“: Der Internethandel in Deutschland erfreut sich großer Beliebtheit und nicht wenige würden gern ein paar unnütze Dinge vom Dachboden Gewinn bringend bei Internet-Auktionshäusern an den Mann oder die Frau bringen. Besonders Neueinsteiger stehen jedoch oft vor der Frage, ob sie als Privatperson auftreten können oder sich als Unternehmer behandeln lassen müssen. Der Leitfaden vermittelt einen Überblick über die Unterscheidungskriterien und zeigt auf, mit welchen Mitteln der Fiskus die schwarzen Schafe im Internet ausfindig macht.
Für die Besteuerung muss zwischen den Ertragsteuern (insb. Einkommensteuer und Gewerbesteuer) und der Umsatzsteuer unterschieden werden. Liegt aus ertragssteuerlichen Sicht ein Gewerbebetrieb vor, so ist der Anbieter/Verkäufer nicht nur einkommensteuerpflichtig, sondern unterliegt zusätzlich auch der Gewerbesteuerpflicht.
Wonach richtet sich die Steuerpflicht?
Um festzustellen, ob eine gewerbliche Betätigung vorliegt oder nicht, sollte zuerst überprüft werden, ob die gesetzliche Definition des Gewerbebetriebes zutreffend ist:
Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, die weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung selbständiger Arbeit anzusehen ist und den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreitet.
Dies bedeutet im Einzelnen:
– Selbständig handelt, wer auf eigene Rechnung und Verantwortung arbeitet, das Unternehmerrisiko alleine trägt, allein entscheidet und eben nicht von den Weisungen eines Anderen (z. B. Arbeitgebers) abhängig ist.
– Wer wiederholt handelt oder die Absicht hat, wiederholt zu handeln, ist grundsätzlich nachhaltig tätig. Bei mehreren gleichartigen Handlungen ist somit Nachhaltigkeit gegeben. Es reicht aus, einmal etwas mit Widerholungsabsicht zu verkaufen. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund fehlender Gelegenheit eine Wiederholung unterbleibt.
– Um gewerblich tätig zu sein, müssen die Waren mit Gewinnerzielungsabsicht verkauft werden. Achtung: Die Absicht zählt und nicht die Tatsache, ob auch wirklich Gewinn erzielt wurde.
– Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist gegeben, wenn man als Anbieter von Gütern oder Leistungen am Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar auftritt (z.B. mit speziellem Logo, Design, mehreren gleichartigen Produkten).
– Anschließend ist noch zu prüfen, ob die Betätigung den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreitet. Es gilt vereinfachend: Wer Waren seines persönlichen Gebrauchs verkauft, handelt grundsätzlich als Privatperson. Wer dagegen bewusst und gezielt Waren angekauft hat, um sie bald zu verkaufen (PowerSeller), überschreitet den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung und erzielt damit steuerpflichtige Einkünfte.
Ist die Betätigung noch der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen, liegt kein Gewerbe vor. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Gewinn aus den Auktionen unversteuert bleibt. Vielmehr muss für jeden Fall gesondert geprüft werden, ob der Verkauf Einkommensteuer auslöst.
Grundsätzlich ist jeder Verkauf von Waren den privaten Veräußerungsgeschäften zuzuordnen. Diese privaten Veräußerungsgeschäfte sind steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung der Waren ein Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr liegt (für Gebäude und Gebäuderechte gilt ein zehnjähriger Zeitraum). Hat man die verkauften Waren geschenkt bekommen, ist für die Fristberechnung der Anschaffungszeitpunkt des Schenkenden maßgebend. Wer also zum Jahresbeginn über eBay seine ungeliebten Weihnachtsgeschenke verkaufen will, sollte bedenken, dass der Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, wenn der Schenkende den Artikel nicht bereits ein Jahr zuvor angeschafft hat. Oftmals entsteht für den privaten Verkäufer keine Steuerbelastung, denn die Gewinne aus den privaten Veräußerungsgeschäften sind steuerfrei, wenn sie im Kalenderjahr unter 512 Euro liegen.
Überschreitet die Betätigung den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, werden also Waren bewusst angekauft, um sie alsbald wieder zu verkaufen, ist man gewerblich tätig. Dabei gilt es nicht nur, besonderen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen – auch umfangreiche steuerliche Verpflichtungen müssen beachtet und erfüllt werden:
– Man muss sein Gewerbe grundsätzlich beim Gewerbeamt der zuständigen Gemeinde/Stadt anmelden.
– Man ist regelmäßig einkommensteuer-, gewerbesteuer- und umsatzsteuerpflichtig. Diese Verpflichtungen werden mittels Vorauszahlung beglichen. Zur Ermittlung der Höhe dieser Zahlungen muss man dem Finanzamt gegenüber seinen künftigen Umsatz und Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit schätzen.
– Der sog. Kleinunternehmer genießt eine Ausnahmestellung: Er ist von der Umsatzsteuer befreit. Um als Kleinunternehmer zu gelten, müssen aber bestimmte Vorraussetzungen erfüllt werden. Unter anderem darf der Brutto-Jahresumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres einen Betrag von 17.500 Euro nicht übersteigen, sowie der voraussichtliche Umsatz des laufenden Jahres nicht größer sein als 50.000 Euro. Der Verkäufer darf weder in seinen Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen, noch die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Auf Antrag kann dieser allerdings auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichten.
– Auf den Rechnungen, die der Powerseller von eBay für dessen elektronische Dienstleistungen erhält, ist keine Umsatzsteuer ausgewiesen, weil eBay in Luxemburg ansässig ist. Der inländische Powerseller muss die Umsatzsteuer für diese Leistungen aber an das zuständige Finanzamt melden und kann sich gleichzeitig grundsätzlich die Vorsteuer in gleicher Höhe anrechnen.
Achtung: Auch die Kleinunternehmer müssen die Umsatzsteuer für die Leistungen von eBay abführen, dürfen aber keine Vorsteuer geltend machen.
– Solange man als Powerseller bestimmte Wertgrenzen nicht übersteigt, ist man von der Buchführungspflicht befreit. Der Gewinn wird dann durch eine einfachere Einnahmeüberschussrechnung ermittelt. Erfordert das Unternehmen aber einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, ist die Firma in das Handelsregister einzutragen und der Powerseller ist verpflichtet Bücher zu führen sowie eine Bilanz zu erstellen. Unabhängig vom Umfang des Gewerbebetriebes ist man dem Finanzamt gegenüber grundsätzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.
Speziell aus umsatzsteuerlicher Sicht ist man Unternehmer, wenn eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt wird. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen.
Dabei ist im Gegensatz zum ertragsteuerlichen Begriff des Gewerbetreibenden eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich. Auch auf die private Vermögensverwaltung oder die Ausübung der Tätigkeit im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft oder selbständiger Tätigkeit wird nicht abgestellt.
Hat eine Vernachlässigung der steuerlichen Pflichten Folgen?
Kommt der Powerseller seinen steuerlichen Pflichten nicht nach, gibt es ein böses Erwachen, wenn die Steuerfahndung vor der Tür steht. Und das sind längst keine Einzelfälle mehr. Die Steuerfahndung hat verstärkt den Internethandel ins Visier genommen, um dem Steuerausfall durch Schwarzhandel zu begegnen. Auf der Suche nach Schwarzhändlern durchforsten sie mit Hilfe des Programms „Xpider“ das Internet. Mit dieser Suchmaschine können Informationen gesammelt, die Daten analysiert und mittels spezieller Rechenoperationen nach vorgegebenen Kriterien ausgewertet werden. Dies geschieht vollautomatisiert, so dass in kurzer Zeit riesige Datenmengen ausgewertet werden können und so trotz der Vielzahl von angemeldeten Gewerbetreibenden bei Internetauktionshäusern die schwarzen Schafe relativ schnell gefunden werden.
Bei eBay gibt beispielsweise die Kundenbewertung Auskunft über die Anzahl der Verkäufe und die Häufigkeit der Veräußerung von Neuwaren, während über „andere Artikel des Verkäufers“ nachvollzogen werden kann, mit welchen Waren der Verkäufer noch handelt. Eine hohe Verkaufsanzahl und vermehrte Verkäufe von Neuwaren sind Indizien für die Gewerblichkeit. Durch Kontrollmitteilungen an das Finanzamt können weitere Rückschlüsse gezogen werden. Anonyme E-Mailadressen schützen die Verkäufer nicht, denn auf Verlangen der Steuerfahndung müssen die Daten der Händler offen gelegt werden.
Neben dieser Suchmaschine werden in den Finanzämtern neuerdings auch verstärkt Mitarbeiter zur Internetrecherche abkommandiert. Weitere Möglichkeiten Schwarzhändler zu entlarven bieten Betriebsprüfungen bei den Auktionshäusern. So lässt sich beispielsweise Anhand der Höhe der gezahlten Provisionen erkennen, ob Kunden viel verkauft haben.
Werden schwarze Schafe erwischt, müssen sie die angefallenen Steuern nachzahlen. Dazu kommen noch aufgelaufene Zinsen. Zusätzlich wird die Nichtabgabe von Steuererklärungen von den Behörden als Steuerordnungswidrigkeit oder als Steuerhinterziehung entsprechend geahndet.
Unser Rat an dieser Stelle:
Überprüfen Sie noch einmal gewissenhaft Ihre Online-Aktivitäten und beugen Sie einer unliebsamen Überraschung in Form einer Steuernachzahlung zeitig vor.
Unsere Erfahrungen aus der Praxis zeigen leider immer wieder, dass die steuerliche Problematik von vielen Internet-Händlern einfach vernachlässigt wird. Dies hat meist zur Folge, dass sie Ihre geschäftliche Tätigkeit aufgeben müssen sobald die erste Steuernachzahlung in oft fünfstelliger Höhe auf dem Tisch liegt. Informieren Sie sich daher frühzeitig und umfassend über die Sie betreffenden steuerlichen Regelungen und Verpflichtungen.