Als Kleinunternehmer groß handeln

Besonders beliebt bei Onlinehändlern in Deutschland ist die Kleinunternehmerregelung. Sie kann auf Antrag oder bei der steuerlichen Erstanmeldung beim Finanzamt in Anspruch genommen werden und erleichtert den Unternehmern die umsatzsteuerliche Behandlung ihrer Verkäufe. Aber so beliebt diese Regelung ist, so unsicher sind sich viele betroffene Händler auch über die genauen Rechte und Pflichten sowie Grenzen und Vorschriften dieser Regelung.

Immer wieder liest man im Internet von Hilfe suchenden Onlinehändlern, die im Zusammenhang mit der Kleinunternehmerregelung Nachfragen oder umsatzsteuerliche Nachforderungen seitens des Finanzamtes erhalten haben. Aber auch bei der Rechnungsstellung durch Kleinunternehmer werden immer wieder Fehler gemacht, die im Nachhinein für Ärger sorgen.

Mangelnde Informationen sorgen für Chaos

Vielfach mangelt es den betroffenen Unternehmern einfach an den nötigen Informationen. Entsprechende Regelungen und Vorschriften werden schlecht recherchiert oder man verlässt sich auf Aussagen von Bekannten und Verwandten. Wenn aber die Umsatzsteuer-Nachforderung vom Finanzamt erst einmal auf dem Tisch liegt, kann auch der Steuerberater in der Regel nicht mehr viel dagegen tun.

Daher möchten wir an dieser Stelle bezüglich der Kleinunternehmerregelung versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und über Grenzen und Verpflichtungen aufklären.

Kleinunternehmerregelung – die Eckdaten

Der Begriff „Kleinunternehmerregelung“ steht ausschließlich im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer und soll helfen, diese Thematik für den Unternehmer und das Finanzamt leichter zu handhaben.
Die Kleinunternehmerregelung kann jeder Unternehmer in Anspruch nehmen, der im Inland ansässig ist. Dabei darf der Umsatz des Unternehmens im zurückliegenden Jahr die Grenze von 17.500,- € nicht überstiegen haben und im laufenden Jahr nicht größer als 50.000€ ausfallen.
Es ist also nicht der Gewinn, sondern der erzielte Umsatz ausschlaggebend. Dabei sollte beachtet werden, dass aus dem Umsatz bestimmte Positionen herausgerechnet werden, so dass auch Unternehmen mit mehr als 17.500 € die Regelung in Anspruch nehmen können.
Entschließt sich der Onlinehändler in der erstmaligen steuerlichen Anmeldung beim Finanzamt für die Kleinunternehmerregelung und beginnt er seinen Shop oder gewerblichen Ebay-Account mitten im laufenden Kalenderjahr, so gilt auch hier die Umsatzgrenze von 17.500 €. Allerdings muss dazu der erwartete Umsatz für das verbleibende Restjahr auf ein volles Geschäftsjahr hochgerechnet werden.
Auch richten sich die Grenzen für die Kleinunternehmerregelung bei der erstmaligen Tätigkeitsaufnahme allein nach dem voraussichtlichen Umsatz. Wird im Nachhinein ein höherer Umsatz erzielt, als geplant war, bleibt die Kleinunternehmereigenschaft im ersten Jahr trotzdem erhalten.

Vorteil Kleinunternehmer

Doch was sind die viel zitierten Vorteile der Kleinunternehmerregelung?
Als Kleinunternehmer ist man von der gesetzlichen Verpflichtung, Umsatzsteuer abzuführen, befreit. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine gewerbliche, nebenberufliche oder freiberufliche Tätigkeit handelt. Das bedeutet für die Praxis, dass der Kleinunternehmer gegenüber seinem Finanzamt keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben muss. Auch auf den erstellten Rechnungen darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Demgegenüber ist der Unternehmer jedoch auch nicht berechtigt, von seinem Finanzamt Vorsteuer, Erwerbssteuer oder Einfuhrumsatzsteuer zurück zu fordern.

Regeln, Pflichten und Terminsachen

Der Kleinunternehmer braucht gegenüber dem Finanzamt keine Umsatzsteuer Voranmeldung abgeben. Auch darf in seinen erstellten Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Er kann vom Finanzamt keine Vorsteuer, Erwerbssteuer oder Einfuhrumsatzsteuer wieder bekommen.
Die Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt bestehen vordergründig in der rechtzeitigen Abgabe der unterschiedlichen Steuererklärungen. Bis zum 31.05. eines jeden Jahres muss der Kleinunternehmer folgende Steuererklärungen bei seinem Finanzamt einreichen:

– Die Umsatzsteuererklärung, wobei hier lediglich Angaben zum Gesamtumsatz genügen, damit das Finanzamt prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung noch gegeben sind.

– Eine Gewerbesteuererklärung. Erfahrungsgemäß wird der Kleinunternehmer sich jedoch in den Grenzen des Freibetrages bewegen, so dass keine Gewerbesteuer abgeführt werden muss und

– die Einkommensteuererklärung. Im Rahmen der Einkommenssteuererklärung erfolgt auch die Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschussrechnung auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck. Unternehmer, deren Betriebseinnahmen (nicht Gewinn und auch nicht Gesamtumsatz) 17.500 EUR unterschreiten, können eine formlose Gewinnermittlung
einreichen.

Auswirkungen auf die Rechnungsstellung

Umsätze von Kleinunternehmern unterliegen nicht der Umsatzsteuer und werden wie Umsätze von privaten Verkäufern behandelt. Für den täglichen Geschäftsverkehr hat der Kleinunternehmerstatus daher vor allem Auswirkungen auf die Rechnungsstellung. Hier kommt es immer wieder Fehlern und falsch ausgestellten Rechnungen. Prinzipiell gilt:
Stellt der Unternehmer eine Rechnung aus, so hat diese die folgenden gesetzlichen Bestandteile zu enthalten:

– den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,

– die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,

– das Ausstellungsdatum der Rechnung,

– eine fortlaufende Rechnungsnummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zu Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird,

– die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung

– Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder Zeitpunkt der Vereinnahmung von vor der Leistungsausführung vereinnahmten (Teil)Entgelten (nur erforderlich, wenn der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist),

Neben diesen vorgeschriebenen gesetzlichen Bestandteilen der Rechnung gilt für den Kleinunternehmer im Gegensatz zum normalen Unternehmer, dass er den anzuwendenden Steuersatz und die entsprechenden Steuerbeträge nicht ausweisen darf. Tut er dies trotzdem, so schuldet er diese Steuer und muss Sie trotz Kleinunternehmerstatus an sein Finanzamt abführen.
Hingegen ist die Kleinunternehmerregelung keine Steuerbefreiung – wie oft fälschlich interpretiert wird, so dass ein entsprechender Hinweis auf der Rechnung nicht notwendig ist. Üblich ist jedoch eine Formulierung, beispielsweise in der Form: „Aufgrund § 19 UStG wird die Umsatzsteuer nicht erhoben“. So kann Rückfragen von Kunden vorgebeugt werden.

Kann auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet werden?

Auch wenn der Umsatz des Onlinehändlers die Grenze von 17.500 € nicht übersteigt, so ist dieser nicht verpflichtet, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen. Besonders für Unternehmen und Existenzgründer aus dem technologischen Bereich – mit erfahrungsgemäß hohen Anfangsinvestitionen und im Vergleich dazu eher geringen Ausgangsumsätzen – kann sich der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung durchaus lohnen. Der nun mögliche Vorsteuerabzug reduziert die Investitionskosten erheblich und entlastet die oft angespannte Liquiditätssituation.
Auch wenn der Händler vorwiegend gewerbliche Kunden bedient, wie etwa normale Unternehmen, so kann es aus wettbewerbstechnischen Überlegungen Sinn machen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten und die Umsatzsteuer in den erstellten Rechnungen gesondert auszuweisen. So wird es dem kaufenden Unternehmen ermöglicht, die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend zu machen und nur den Nettobetrag als Kosten zu verbuchen, währenddessen bei einer Kleinunternehmerrechnung ohne ausgewiesene Umsatzsteuer für das kaufende Unternehmen kein Vorsteuerabzug möglich ist. Die angebotenen Waren können so gegenüber der gewerblichen Konkurrenz teurer erscheinen.
Auch Image und Prestige des Onlinehändlers können durch Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung aufgewertet werden. Für viele gewerbliche Kunden ist der Umsatzsteuerausweis auf Rechnungen ein wichtiges Kriterium für das zustande kommen eines Geschäfts. Der Onlinehändler erschließt sich also zusätzliches Kundenpotenzial und lässt durch seine Rechnungsstellung keine Rückschlüsse mehr auf die Größe seines eigenen Geschäftes zu.
Der Wechsel von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung erfolgt auf Antrag beim Finanzamt. Jeder Kleinunternehmer sollte genau prüfen, ob der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung für Ihn nicht mehr Vorteile als Nachteile bietet. Die Abwägung muss jedoch sehr gründlich erfolgen, denn der Unternehmer ist bei einem Verzicht für die nächsten 5 Jahre an diese Entscheidung gebunden. Erst danach kann er durch Widerruf gegenüber seinem Finanzamt wieder in den normalen Kleinunternehmerstatus zurückkehren.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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