In Zeiten sinkender Umsätze und knapper Gewinnspannen wird die kosteneffiziente, strategische Beschaffung von Gütern zu einem echten Wertschöpfungsfaktor. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist das Management der zwischenbetrieblichen Beziehungen zu den Lieferanten, auch Supplier Relationship Management genannt oder einfach SRM. Eine Einführung.
Einkaufsprozesse automatisieren und straffen – und damit einen gewaltigen Einspareffekt erreichen: Das ist das Ziel von eProcurement. Die Lieferanten haben anfangs mit einem unguten Gefühl beobachtet, wie sich die elektronische Beschaffung immer mehr durchsetzte. Sie sahen ihre Gewinnspannen schmelzen und befürchteten, durch die Einkaufsmacht der Großunternehmen ausgequetscht zu werden. Jetzt entdecken eben diese Großunternehmen, dass es viel mehr Sinn macht, die Lieferanten in den Beschaffungsprozess zu integrieren, nicht einfach nur den Kostendruck an sie weiter zu geben, sondern eng mit ihnen zusammen zu arbeiten. Das Management dieser Zusammenarbeitet nennt man Supplier Relationship Management (SRM) und es gewährleistet beiden Seiten, Einkäufern und Lieferanten, eine Win-Win-Situation. Damit geht SRM weiter als das klassische eProcurement, denn das konzentriert sich rein auf die Prozesskostenreduzierung im Einkauf aus Sicht des einkaufenden Unternehmens. SRM jedoch verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Der schließt eProcuremnet ein, setzt sich aber eben auch mit der optimalen Zusammenarbeit mit den Lieferanten auseinander. Deshalb sind zum Beispiel auch Fertigung und Vertrieb der beschaffenden Unternehmen an SRM beteiligt. Während eProcuremnet sich meist ausschließlich auf den operativen und damit katalogbasierten Einkauf bezieht, schließt SRM auch strategische Einkaufsprozesse wie zum Beispiel Auktionen mit ein.
Zusammenarbeit auf Katalogplattform
Im Sinne von SRM entwickeln sich also viele Einkaufsportale großer Unternehmen zu Kommunikationsplattformen zwischen Lieferanten und Unternehmen, ebenso wie viele Marktplätze. Das Ziel ist es, die oft in langjähriger Partnerschaft bewährten Lieferanten eng in die unternehmensseitige Beschaffungsplattform einzubinden und unternehmensübergreifende Arbeitsprozesse zu optimieren. Davon profitieren die Lieferanten ebenso wie der Konzerneinkauf, denn für sie reduziert sich unter anderem der notwendige Arbeitsaufwand, um kundenspezifische Kataloge zu erstellen. So können sehr große Mengen von Artikeldaten sauber verwalten und bestimmte Sortimente schnell und einfach als Einzelkatalog extrahiert werden. Auch Aktualisierungen sind schnell und unkompliziert möglich. Gleichzeitig können sie ihren Kunden einen höheren Service-Grad bieten und unverzüglich auf dessen Wünsche reagieren. Zunächst aber bedeutet dies für die Lieferanten, dass sie e-ready sein müssen, ihre Produktkataloge also elektronisch zur Verfügung stellen und diese auch in Echtzeit auf dem neuesten Stand halten können. Auf der Einkäuferseite stehen dann die technische und inhaltliche Prüfung der einzelnen Lieferantenkataloge an, sowie die Erstellung von internen Einkaufskatalogen. Außerdem geht es um den schnellen und problemlosen Import der Kataloge ins Beschaffungssystem. Damit ist der katalogbasierte Einkauf ein ganz wesentlicher Teil von SRM. Die Katalogplattform wird damit zur Kommunikationsplattform. Über sie werden die unternehmensübergreifenden Schritte im Katalogprozess gemanagt.
Der Katalogprozess
Bevor der elektronische Produktkatalog eines Lieferanten im Bestellsystem auf Einkäuferseite ankommt, hat er sieben Arbeitsschritte durchlaufen:
Zentralkatalog erstellen:
Die Produktdaten werden zusammengeführt und um weitere Daten ergänzt, wie in einem Printkatalog. Das sind zum Beispiel Angaben zur Verfügbarkeit der Waren oder Bilder aus der Produktdokumentation. Außerdem werden die Produkte in so genannte Produktklassifikationsschemata (z.B. eCl@ss, UNSPSC) eingeordnet und um einheitliche Attribute ergänzt. So können sie vom Beschaffungssystem der einkaufenden Unternehmen besser gefunden und verglichen werden.
Kundenkataloge erstellen:
Der Zentralkatalog wird technisch für die jeweiligen Beschaffungs-Szenarien aufbereitet (z.B. für Ariba-, CommerceOne- oder SAP-Nutzer). Außerdem werden spezifische Varianten erzeugt für verschiedene Abnehmer, Vertriebsgebiete, Preise, Sprachen oder Lieferkonditionen.
Kataloge prüfen, freigeben und versenden:
In komplexen Prozessen auf Seiten des Lieferanten werden die Kataloge geprüft und freigegeben. Auf sicheren Kommunikationswegen erfolgt die Interaktion mit dem Abnehmer. Hierunter fällt auch das interne Versionsmanagement. Damit wird dokumentiert, welche Katalogversion wann an welchen Marktplatz oder Kunden ausgeliefert wurde.
Kataloge empfangen bzw. austauschen:
Die Einkaufsorganisation kann beim Lieferanten Kataloge anfordern oder sich für einen automatischen Versand registrieren lassen. Der jeweilige Empfänger wird vom System informiert, sobald der Katalog eingetroffen ist. Standardisierte Status-Berichte gewährleisten auch im Falle von Fehlern eine reibungslose Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, zum Beispiel wenn ein Katalog aufgrund von technischen oder inhaltlichen Mängeln zurückgewiesen wird.
Kataloge validieren:
Die Lieferantenkataloge werden auf Einkäuferseite technisch, semantisch und kaufmännisch überprüft. Gegebenenfalls werden die Kataloge vom Lieferanten nochmals korrigiert.
Kataloge filtern und bündeln:
Die meisten großen Unternehmen arbeiten mit zentralen Gesamtkatalogen. Dazu werden die Kataloge verschiedener Lieferanten zu einem Zentralkatalog aggregiert.
Kataloge für verschiedene Beschaffungszenarien aufbereiten und freigeben:
In großen, internationalen Konzernen arbeiten die einzelnen Unternehmens-Bereiche oft mit verschiedenen Beschaffungssystemen. In diesem Fall können Kataloge für mehrere Systeme erstellt werden (z.B. SAP EBP, CommerceOne, Ariba). Anschließend werden die Kataloge zur Benutzung freigegeben.
Beschaffungsvorgänge mit dem Leadbuyer-Konzept steuern
Im Rahmen von SRM setzen viele einkaufende Unternehmen auf das so genannte Leadbuyer-Konzept. Dabei wird die Verantwortung für den Einkauf verschiedener Erzeugnisse auf unterschiedliche Einkaufsbereiche verteilt. Ein Bereich verhandelt im Auftrag des Gesamtunternehmens Preise mit den Lieferanten und verantwortet die Konditionen der geschlossenen Rahmenverträge. Diese sind dann für das gesamte Unternehmen gültig. Die Kataloge der Lieferanten werden in einen definierten Einkaufsprozess eingebunden. Der Workflow dieses Prozesses besteht beispielsweise aus einem automatisierten Import, Validierungen, Freigabe- und Prüfprozessen.
Konkret sieht das so aus, dass sich ein Zulieferunternehmen über das Internet direkt in die Katalogplattform einschaltet und dort seinen Katalog prüft, freigibt und zur Verfügung stellt. Der Leadbuyer erhält daraufhin an einer benutzerspezifischen Anzeige gebündelte Validierungsinformationen nach von ihm festgelegten Validierungsregeln. Er prüft diese Informationen, und wenn sie den zuvor ausgehandelten Bedingungen entsprechen, gibt er den Katalog seinerseits frei. Der Freigabeprozess kann gegebenenfalls auch mehrstufig geschaltet werden. Einkäufer A ist dann beispielsweise verantwortlich für Preise und Einkäufer B für Corporate Design, also Beschreibungen und Abkürzungen.
DaimlerChrysler macht´s vor
Ein Unternehmen, das in den vergangenen Jahren konsequent seine Beschaffungsprozesse optimiert hat und mittlerweile konzernweit auf eProcuremnet und SRM setzt, ist die DaimlerChrysler AG. Der Geschäftsbereich „International Procurement Services“ hat dort zusammen mit Poet Software ein Lieferanten-Portal aufgebaut. In diesem Portal werden die elektronischen Produktkataloge der Lieferanten erstellt und verarbeitet. „Die Welt des elektronischen Katalogeinkaufs wird für unsere Lieferanten jetzt erheblich einfacher“, meint dazu Klaus Gritsch, Leiter Global e-Market Management bei DaimlerChrysler. Lieferanten und Einkäufer können auf der Plattform optimal zusammenarbeiten und so die reibungslose Verarbeitung eines Produktkataloges bis hin zum Bestellkatalog am Arbeitsplatz sicherstellen.