Micropayment: Wer den Pfennig nicht ehrt…

Vom Kleinvieh, das bekanntlich auch viel Mist macht, können im Internet noch nicht allzu viele Händler und Dienstleister leben. Der wichtigste Grund dafür ist sicherlich die schwierige Refinanzierung: Leistungen, für die man nicht mehr als Pfennigbeträge verlangen kann, sind nur schwer im Internet abzurechnen.

Bei allen klassischen Zahlungsvarianten sind die Gebühren höher als der eigentliche Wert des Produktes/Dienstleistung. Als einzigen Weg der Gegenfinanzierung bleibt oft nur die Werbung oder das Abonnement übrig. Viele Internet-Anwender sind jedoch nicht dazu bereit, sich von Werbung berieseln zu lassen oder über einen längeren Zeitraum einen pauschalen Betrag zu bezahlen. Diesen Missstand haben auch einige Unternehmen erkannt und bieten nun verschiedene Lösungen an, um vor allem kleinere Beträge im Internet effizienter abrechnen zu können. Doch wer die Wahl hat, hat auch die Qual: Net900, X-PressPay click&buy oder CyberCoin stehen hier beispielsweise zur Auswahl. Wo liegen nun die Vor- bzw. Nachteile der einzelnen Zahlungsvarianten?

Net900
Net900 ist ein Micropayment des Mönchengladbacher Unternehmens In Medias Res. Dabei erfolgt die Abrechung als Inkasso über die Telefonrechung. Seit April diesen Jahres bietet neben In Medias Res und Telecash auch die Deutsche Telekom allen Unternehmen, die Inhalte über das Web verkaufen wollen die so genannte „Click&Pay net900“-Lösung an. Damit besitzt In Medias Res einen starken Partner, um sein Zahlungssystem am Markt zu etablieren.

Die Funktionsweise erweist sich dabei als relativ einfach für den Kunden: Dieser muss sich die net900-Sofware (350KB) einmalig auf seinem Rechner installieren. Betritt der Kunde den kostenpflichtigen Bereich einer Website, wird er nach der Bestätigung der Kostenübernahme automatisch mit dem Netz von net900 verbunden. Dabei wird die bestehende Internet-Verbindung unterbrochen und eine direkte, speziell tarifierte Telefonverbindung für die Nutzungsdauer des entsprechenden Angebots aufgebaut. Mit der Beendigung des kostenpflichtigen Angebots wechselt das System automatisch in den vorhergehenden kostenfreien Bereich des Internet-Angebots zurück. Für die Content-Anbieter bietet net900 zwei unterschiedliche Tarifvarianten: „Pay-per-Minute“ (zeitabhängiger Tarif) oder „Pay-per-Click“ (Blocktarif). Der Anbieter kann zwischen 14 Tarifstufen zwischen 0,30 DM und 5 DM wählen. Bei Pay-per-Minute wird der gewählte Tarif jeweils pro Minute fällig, während beim Pay-per-Click die vorher festgesetzte Gebühr pro Abruf berechnet wird.

Nach Angaben des Unternehmens will man mit dem Zahlungstool vor allem im B2C-Bereich einen Standard durchsetzen. Spiele, Videos, Musik, Texte und Bilder soll laut Deutsche Telekom schnell und sicher über die Telefonrechnung abgerechnet werden. Dabei ist eine – nicht gerade kleine – Anwendergruppe des Zahlungstools die Gruppe der Erotikanbieter. Und diese Gruppe ist besonders attraktiv, denn die Provisionen bei net900 sind beträchtlich: Je nach Tarifvariante kassiert die Deutsche Telekom von den Kunden Gebühren zwischen 31-63% des Umsatzes. Darüber hinaus fallen für die Bereitstellung von net900 einmalig 500,-DM sowie monatlich 100,-DM an Kosten an. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Deutsche Telekom noch in diesem Jahr einen Umsatz in Höhe von 250 Millionen DM anvisiert.

X-PressPay
Genauso wie net900 ermöglicht auch X-PressPay Zahlvorgänge für Produkte und Dienstleistungen über die Telefonrechnung abzuwickeln. Im Gegensatz zu der von der Deutschen Telekom eingesetzten Lösung, die ausschließlich für das Micropayment konzipiert ist, können mit X-PressPay Beträge in beliebiger Höhe abgerechnet werden.

Auch hierbei muss der Nutzer einmalig eine Software (250 KB) auf seinem Rechner installieren. Als Einsatzgebiete nennt die Bonner Firma den elektronischen Handel im Internet sowie Softwarefreischaltungen. Dabei sind die Ziele der jungen Firma hoch gesteckt: Bis Jahresende will man sich im Internet als ein führendes Produkt für elektronische Zahlungsvorgänge etablieren. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Lösung dann auch z.B. für Application Service Providing sowie für alle Handelsformen zum Einsatz kommen.

Auch bei X-PressPay erfolgt die Berechnung der Transaktionsgebühren abhängig vom generierten Traffic sowie den Umsätzen. Die Kosten, die dem Händler für das Zahlungstool entstehen, basieren auf einem vom Umsatz abhängigen Zahlungssystem. Der Höchstsatz beträgt dabei 20% vom Umsatz und liegt damit deutlich unterhalb der Gebühr, die die Deutsche Telekom für net900 verlangt. Eine zeitabhängige Abrechnung ist bei X-PressPay jedoch nicht vorgesehen.

click&buy
Eine weitere Lösung im Bereich der Micorpayments verspricht die Kölner Firstgate Internet AG mit ihrer click&buy-Lösung, ein System zur Abrechnung und Vermarktung von Internet-Content. Um das rein internetbasierendes Zahlungstool nutzen zu können, bedarf es keiner zusätzlichen Software-Installation. click&buy basiert auf JavaScript und kann somit von jedem beliebigen Java-fähigen Browser ausgeführt werden.

Bei click&buy wird jedoch nicht die bestehende Internet-Verbindung getrennt und eine andere aufgebaut, sondern einfach über die Seite von Firstgate geroutet. Auch bei Firstgate muss sich der Surfer vor dem Einkauf registrieren lassen und eine Einzugsermächtigung geben. Nutzt ein Surfer ein kostenpflichtiges Angebot, werden die anfallenden Kosten auf ein Kundenkonto gespeichert und einmal pro Monat per Lastschriftverfahren eingezogen.

Der Händler kann die Kosten des Angebots im Bereich zwischen 0,10 DM und 9,99 DM frei festlegen. Für den Händler selbst fällt ein Anmeldeentgelt in Höhe von 49,- DM sowie ein monatlicher Grundpreis von 9,90 DM an. Darin ist die Bereitstellung des Dienstes sowie der Internetsupport enthalten. Die eigentliche Provision richtet sich nach den erzielten monatlichen Umsätzen. So werden Gebühren in Höhe von 30-40% bei Umsätzen bis zu 10.000 DM fällig, darüber hinaus sind die Konditionen verhandelbar.

CyberCoin
CyberCoin ist eine Applikation der Firma CyberCash und stattet Online-Käufer mit virtuellem Kleingeld aus, mit dem Sie dann wiederum die Möglichkeit besitzen, Kleinstbeträge unmittelbar online zu bezahlen.

Das Bezahlverfahren begleicht Beträge im Bereich von wenigen Pfennigen bis zu 200 DM. Bei CyberCash müssen Kunden das elektronische Kleingeld (CyberCoin) vor dem Einkauf in das CyberCash Wallet laden. Dadurch wird das virtuelle Portemonnaie mit den digitalen Münzen gefüllt. Als Voraussetzung muss der Kunde in Besitz eines freigeschalteten (kostenlosen) CyberCash Wallets sein. Der Online-Händler muss ebenfalls über ein freigeschaltetes CyberCash-System verfügen, um CyberCoins anbieten zu können.

Der Hersteller gewährleistet, dass CyberCoin-Einkäufe automatisch vom Konto des Kunden abgebucht werden. Bei jeder CyberCoin-Zahlung werden die notwendigen Daten zwischen CyberCash Wallet und dem CyberCash-System verschlüsselt übertragen. Die Vorteile für den Händler liegen vor allem in der Zahlungsgarantie und darin, dass er die eingegangenen Geldbeträge gesammelt einziehen und seinem Konto gutschreiben lassen kann. Dem Händler wird nach Angaben von CyberCash ein effizientes und kostengünstiges Verfahren angeboten, das sich primär für niedrigpreisige digitale Güter lohnt. Die Kosten – die von Bank zu Bank unterschiedlich sind – stellen sich dabei als vergleichsweise günstig dar. So kostet bei der LBBW die CyberCoin-Transaktion zwischen 3,5% und 20% des Umsatzbetrags bei einem monatlichen Grundpreis von 10,- bis149,-DM.

Damit ist CyberCoin im Vergleich zu den anderen Varianten recht günstig. Der einzige, aber nicht zu unterschätzende Nachteil ist die relativ umständliche Handhabung des Systems. Der Kunde muss das Wallet installieren und dafür sorgen, dass vor jedem Kauf genug CyberCoins in der virtuellen Brieftasche liegen. Ferner ist momentan die Zahl der Akzeptanzstellen von Cyber-Cash im deutschen Internet (noch) verhältnismäßig beschränkt. Eine Liste der deutschen Shops, in denen Sie mit CyberCoins bezahlen können finden Sie hier.

Die Zukunft der Micropayments
Die Zahl der Anbieter von Zahlungslösungen ist in letzter Zeit stetig steigend. Kein Wunder, denn das Geschäft ist äußerst lukrativ. Die Gebühren versprechen, die Kassen der Anbieter ordentlich klingeln zu lassen.

Nichtsdestotrotz hat noch kein System im Web einen Standard setzen können. CyberCash versucht dies schon seit Jahren mit nur mäßigen Erfolg, wie auch die Händlerliste zeigt. X-PressPay und Firstgates click&buy scheinen zwar der net900-Lösung überlegen zu sein. (größere Zahlungsspielraum, geringere Gebühren), ihnen fehlt jedoch (noch) ein starker Partner. So bleibt abzuwarten, ob eines dieser Systeme gegen net900 bestehen kann. Eins scheint jedoch sicher: Für alle Zahlungsvarianten wird kein Platz am Markt sein.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen