Mit Kurzarbeitergeld richtig umgehen: Das Risiko von Steuernachzahlungen steigt

Im Oktober waren laut ifo-Institut noch 3,3 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit. Damit will der Staat in der Corona-Wirtschaftskrise so viele Arbeitsplätze wie möglich retten. Der Bezug von Kurzarbeitergeld kann zu höheren Steuerzahlungen führen und verpflichtet zur Abgabe einer Steuererklärung. Progressionsvorbehalt ist das Stichwort.

Um Arbeitsplätze und Einkommen zu schützen, hat das Kurzarbeitergeld als staatliches Hilfsinstrument in der Corona-Krise große Bedeutung erlangt. Damit sollen Arbeitsplätze erhalten bleiben, auch wenn die aktuelle Situation des Betriebes Entlassungen notwendig machen würde, und Gehaltsausfälle zumindest teilweise ausgeglichen werden. Im Oktober waren laut ifo-Institut noch 3,3 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit. 

Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als zehn Prozent haben. Anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden pauschal erstattet. Im Sommer wurden die Leistungen aufgestockt. Ab dem vierten Monat der Kurzarbeit werden 70 Prozent (mit Kind 77 Prozent) des Lohnausfalls gezahlt. Und ab dem siebten Monat sind es 80 Prozent (87 Prozent). Voraussetzung dafür ist, dass die reguläre Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent gekürzt wird. Und: Jeder Kurzarbeiter darf Geld hinzuverdienen, und zwar bis zur vollen Höhe des vorherigen Monatsgehalts. 

Die Regelungen galten zunächst bis maximal 31. Dezember 2020. Die im Zuge der Corona-Pandemie ausgeweiteten Regelungen zum Kurzarbeitergeld hat die Bundesregierung aber im November bis Ende 2021 verlängert, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Zudem soll der Anreiz, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche Weiterbildung zu nutzen, dadurch weiter gestärkt werden, dass die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr daran geknüpft wird, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.

Das Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung ist steuerfrei. Es kann jedoch unter bestimmten Bedingungen sein, dass Arbeitnehmer für ihre übrigen steuerpflichtigen Einkünfte mehr Steuern zahlen müssen. Schuld daran ist der Progressionsvorbehalt und sein besonderer Steuersatz (§ 32b EStG). Der Hintergrund: Der Steuersatz ermittelt sich aus dem Tarif, der auf die Summe aus laufenden Einkünfte und Lohnersatzleistungen anzuwenden wäre. Mit diesem höheren Steuersatz werden die laufenden Einkünfte besteuert. Durch den Bezug von Kurzarbeitergeld steigen Steuersatz und Steuerbelastung für das übrige Einkommen. 

Ob es zu Nachzahlungen kommt, hängt davon ab, wie viel Lohnsteuer jemand schon gezahlt hat. Wer in bestimmten Monaten ausschließlich Kurzarbeitergeld bezogen hat, also null Stunden gearbeitet hat, und in den übrigen Monaten des Jahres voll gearbeitet hat, wird in der Regel eine Steuererstattung bekommen, weil er aufs Jahr gerechnet bereits zu viel Lohnsteuer gezahlt hat. Es kann aber auch passieren, dass eine Nachzahlung droht. Das wird vor allem diejenigen treffen, die nicht voll in Kurzarbeit waren.

Ein Rechenbeispiel zur Verdeutlichung: Der Bruttoarbeitslohn in 2020 beträgt 30.000 Euro, das gezahlte Kurzarbeitergeld 5000 Euro. Damit unterliegen der Einkommensteuer 30.000 Euro, Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des persönlichen Steuersatzes sind 35.000 Euro. Aufgrund des Progressionsvorbehaltes des Kurzarbeitergelds entsteht in diesem Szenario in der Regel eine Steuernachzahlung in Höhe von 640 Euro. Es besteht die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bei Bezug von Kurzarbeitergeld. 

Übrigens: Die Gefahr von Steuernachzahlungen durch Progressionsvorbehalt gilt auch für Leistungen wie das Mutterschafts-, Übergangs-, Verletzten- oder Elterngeld sowie das Altersübergangs- und Vorruhestandsgeld. Immerhin besteht Gestaltungsspielraum für Steuerpflichtige. Durch die Wahl der optimalen Steuerklassen bei Eheleuten und des Kinderfreibetrags kann das Kurzarbeitergeld erhöht und durch Werbungskosten, Sonderausgaben und Gestaltung des Zuflusses von Einkünften kann zugleich das Steuernachzahlungsrisiko deutlich reduziert werden.

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