Seit zwei Jahren sind sie in Kraft: das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) und der Mediendienstestaatsvertrag (MDStV). Nun liegt ein erster Erfahrungsbericht der Bundesregierung vor.
Am 1.8.1997 sind mit dem Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) und dem Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) umfangreiche gesetzliche Rahmenbedingungen in Kraft getreten, die der dynamischen Entwicklung neuer Medien und den damit einhergehenden Veränderungen im Informations- und Kommunikationswesen Rechnung tragen sollten. Dabei war man sich darüber bewußt, daß hier ein Rechtsrahmen für einen Bereich geschaffen wurde, der noch in den Kinderschuhen steckte und dessen Entwicklung noch nicht absehbar war. Vor diesem Hintergrund hat der Bundestag die Regierung aufgefordert, spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetze einen Erfahrungsbericht zu verfassen, der nun vorliegt (Deutscher Bundestag – Drucksache 14/1191). In diesem Beitrag wird von den Erfahrungen mit den Regelungen des Teledienstgesetzes (TDG) berichtet, in dem unter anderem die Frage der Haftung für eigene und fremde Inhalte im Web geregelt ist.
Das Teledienstgesetz findet auf alle Online-Anbieter Anwendung, die im Web Angebote zur individuellen Nutzung bereit halten. An die Allgemeinheit gerichtete, redaktionelle Angebote sind gesondert im Mediendienstestaatsvertrag geregelt. Wann ein Angebot unter welche Regelung fällt hat insbesondere deswegen zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt, weil mit der unterschiedlichen Zuordnung auch unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden sind.
Die Bundesregierung betont in ihrem Bericht aber, daß es sich hier eher um eine akademische Diskussion handelt und zur Frage der Zuordnung kein einziges Gerichtsurteil bekannt sei. Viel wichtiger in der Praxis sei im Hinblick auf die Entwicklung von Web- und Business-TV die Abgrenzung zwischen Mediendienst und Rundfunk. In diesem Zusammenhang wird zwar auf die Möglichkeit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 20 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages hingewiesen. Dennoch werden angesichts der Entwicklung von Online-Broadcasting und Web-TV die großen Herausforderungen auf die bisherige rechtliche Regelung erst noch zukommen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß sich die Dreiteilung in Teledienste, Mediendienste und Rundfunk bislang weitgehend bewährt hat. Soweit, so gut. Zu diskutieren ist indes, ob sich diese künstliche Dreiteilung zunehmend konvergierender Medien angesichts der beschriebenen Entwicklung in Zukunft nicht eher kaum noch bewähren wird.
Verantwortlichkeit und Haftung
Insbesondere der Regelung des § 5 Abs.2, Abs.3 TDG, in der die Verantwortlichkeit für fremde Inhalte geregelt ist, kommt eine zentrale Bedeutung im Rahmen des TDG zu. Nach Abs. 2 sind Anbieter für fremde Inhalte, die Sie zur Nutzung bereit halten verantwortlich, wenn Sie davon Kenntnis haben und Ihnen die Nutzungsverhinderung technisch möglich und zumutbar ist. Hier stellt die Bundesregierung in ihrem Bericht zunächst klar, daß ausschließlich die positive Kenntnis rechtswidriger Inhalte eine Haftung begründen kann. Auf die Kenntnis jeder Einzelheit kommt es dabei aber nicht an.
Aus Sicht der Wirtschaft bestand insbesondere für die Begriffe des technisch Möglichen und Zumutbaren Klarstellungsbedarf. Die Bundesregierung sieht hier jedoch keinen Handlungsbedarf und will zunächst die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage beobachten. Die Begriffe seien im Hinblick auf die dynamischen Entwicklung in der Informationstechnologie bewußt offen gewählt worden. Das bedeutet für die Praxis einerseits einen weitgehenden Argumentationsspielraum. Damit verbunden ist aber bis zu einer gefestigten Rechtsprechung eine Rechtsunsicherheit, die nicht wegzuleugnen ist und mit der die Online-Wirtschaft vorerst leben muß.
Im Evaluierungsverfahren wurde von Verbänden und Unternehmen immer wieder auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zur Haftung für Links hingewiesen. In der Praxis war es immer wieder zu Unklarheiten darüber gekommen, ob das Setzen eines Links einem „zur Nutzung bereithalten“ eines fremden Inhaltes i.S.d. § 5 Abs. 2 TDG entspricht, oder ob darin eine technische Zugangsvermittlung i.S.d. Abs. 3 zu sehen ist, mit der Folge, daß eine Verantwortlichkeit generell ausgeschlossen ist. Auch hier sieht die Bundesregierung jedoch keinen Handlungsbedarf. Je nach Zielrichtung eines Links könne die Verantwortlichkeit mit der differenzierten Regelung des § 5 TDG beantwortet werden.
Die in § 6 TDG geregelte Anbieterkennzeichnung hat sowohl nach der Intention des Gesetzgebers, als auch in der Praxis des E-Commerce eine entscheidende Funktion für das Vertrauen der User ins Web. Um so erstaunlicher ist es, daß die Kennzeichnungspflichten reihenweise ignoriert werden und viele Anbieter damit gegen die Regelung des § 6 TDG verstoßen. Denn in geschäftsmäßigen Angeboten sind neben Namen und Anschrift bei Personenvereinigungen auch Name und Anschrift des Vertretungsberechtigten anzugeben. Nach Mitteilung der Bundesregierung haben auch die am Evaluierungsverfahren beteiligten Wirtschaftsverbände diese Erfahrung gemacht. Die Bundesregierung will nun prüfen, ob diese Pflichten in der Regelung des TDG zwingender gemacht werden muß. Hier sei insbesondere zu berücksichtigen, daß in der E-Commerce-Richtlinie der EU diese Pflichten bereits detaillierter und weitergehender geregelt seien.
Insgesamt ist es in vielen Bereichen des TDG für einen echten Erfahrungsbericht zwei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetze noch zu früh. Die Rechtsprechung muß sich erst noch festigen, gleichzeitig ist die technische und wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Mediums noch lange nicht abgeschlossen. Vorerst wird das Online-Recht daher in vielen Bereichen praktischen ebenso wie akademischen Argumentationsspielraum eröffnen.
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Anwaltskanzlei Süme, Hamburg