Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen der Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie ist nicht immer harmonisch. Soll beispielsweise ein Kind aus der Nachfolge ausgeschlossen werden, entstehen Pflichtteilsansprüche.
Irgendwann ist es für einen Unternehmer so weit, für den einen früher, für den anderen später: Die Regelung der Unternehmensnachfolge steht an. Und trotz rückläufiger Quoten wird immer noch rund die Hälfte der Unternehmen in Deutschland innerhalb der Familie übertragen und damit auf die nächste Generation übertragen. Diese soll den Betrieb dann in die Zukunft führen, die Familientradition weiterentwickeln und den Lebensunterhalt für die Familie daraus bestreiten.
Aber die Praxis zeigt auch, dass diese Übertragung von Gesellschaftsanteilen und Verantwortung nicht immer konsensual vonstatten geht. Denn was ist, wenn ein Abkömmling sich überhaupt nicht dafür eignet, an der Spitze des Betriebs zu stehen, sei es aus fachlichen oder persönlichen Gründen? Oder wenn er oder sie überhaupt kein Interesse daran hat, in die unternehmerischen Fußstapfen von Vater oder Mutter zu treten und daher die Unternehmensführung als lästige Bürde ansieht, derer es sich schnellstmöglich zu entledigen gilt? Das kann natürlich die Zukunft des Familienbetriebs massiv gefährden und damit schnell über die Jahrzehnte aufgebaute Werte schädigen.
Was können Unternehmer also tun, um die Nachfolge in ihrem Sinne, aber auch im Sinne der Kinder zu regeln? Ein Weg dafür ist, einzelne Abkömmlinge als Nachfolger auszuwählen und andere von der Erbfolge auszuschließen. Eine solche Entscheidung birgt dann aber oft das Risiko von Pflichtteilsansprüchen nicht bedachter gesetzlicher Erben. Denn die nächsten Angehörigen des Erblassers (insbesondere Kinder und der Ehegatte) können einfach so übergangen beziehungsweise von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Ihnen stehen – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen – Pflichtteilsansprüche für das entgangene Erbe zu.
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und hängt von der Erbquote sowie weiteren Parametern ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Geldanspruch und wird im Erbfall vom Pflichtteilsberechtigten gegen die Erben gestellt, die diese Summe dann aus dem Nachlass aufbringen müssen. Daraus folgt ein großes Risiko: Pflichtteilsansprüche wegen unternehmerischen Vermögens können richtig teuer werden und genauso wie die Erbschaftsteuer dazu führen, dass die Substanz des Unternehmens geschädigt wird oder dass sogar Betriebsteile oder andere Vermögenswerte veräußert werden müssen, um die Forderungen zu bedienen.
Eine Musterberechnung zeigt die Tragweite: Werden beispielsweise von einem Witwer mit zwei Kindern Bargeld und Wertpapiere in Höhe von einer Million Euro und Gesellschaftsanteile im Wert von fünf Millionen Euro an eines der Kinder weitergegeben (was schon im kleineren Mittelstand völlig normal ist), führt dies zu einer massiven Ungleichbehandlung der beiden Kinder. Dies muss ich der weniger Bedachte nicht gefallen lassen. Er kann einen Pflichtteilsanspruch (gegebenenfalls auch den sog. Zusatzpflichtteil) geltend machen, und zwar in Höhe von 500.000 Euro. Denn seine gesetzliche Erbquote beträgt 50 Prozent, die Pflichtteilsquote 25 Prozent. Bezogen auf den Gesamtnachlass sechs Millionen) steht ihm also als Pflichtteil ein Betrag von 1,5 Millionen Euro zu. Tatsächlich zugedacht ist ihm jedoch nur einer Million Euro, so dass er den Differenzbetrag über seinen Pflichtteilsanspruch realisieren kann
Es gilt daher, das Risiko der Pflichtteilsgeltendmachung proaktiv anzugehen und möglichst auszuschließen. Ein Weg dazu ist die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts gegen Abfindung aus dem Vermögen des Erblassers. Dies kann langfristig betrachtet äußerst sinnvoll sein, um die späteren Pflichtteilsansprüche eines Abkömmlings gegen den oder die Erben frühzeitig auszugleichen.
Unternehmer sollten das Thema Pflichtteil mit offenem Visier angehen und solche Fragestellungen in ihre Nachfolgeplanung mit einbeziehen. Darin können auch Chancen begründet sein, die Unternehmensnachfolge optimal zu regeln. Gerade über die lebzeitigen Abfindungen gegen Verzicht kann viel gesteuert werden, um eine Ertragsquelle an den gewünschten Nachfolger ohne Streitigkeiten zu übertragen. Die übrigen Abkömmlinge werden ja dennoch aus dem Vermögen begünstigt, erhalten aber eben keinerlei Zugriff aufs Gesellschaftsvermögen.