Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart hat entschieden. DSGVO-Verstöße gegen Informationspflichten sind abmahnbar. Alles weitere dazu in unserem aktuellen Beitrag zur Entscheidung des OLG.
Ob DSGVO-Verstöße nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von Mitbewerbern oder Verbänden abgemahnt werden können, ist umstritten. Unter den Landgerichten war bislang keine klare Linie erkennbar. Zuletzt entschied jedoch das OLG Hamburg Ende 2018 als einer der höheren Instanzen, dass solche Verstöße im Einzelfall nach dem UWG abgemahnt werden können, sofern es sich um Marktverhaltensregeln handelt. Jetzt urteilte das OLG Stuttgart am 27.02.2020 (Az.: 2 U 257/19), dass die Informationspflichten aus Art. 13 Abs. 1 lit. a, c, Abs. 2 lit. a, b, d, e DSGVO Marktverhaltensregeln darstellen – und Verstöße dagegen nach dem UWG abgemahnt werden können.
Sind Abmahnungen nach dem UWG möglich?
In dem Verfahren vor dem OLG Stuttgart klagte ein Wirtschaftsverband gegen einen Händler auf eBay, der keine Datenschutzerklärung vorhielt. Der Verband hielt dies für wettbewerbswidrig und machte daher einen Unterlassungsanspruch geltend, der vom OLG Stuttgart – im Gegensatz zur 1. Instanz – auch zugesprochen wurde.
Das Gericht führt dazu aus, dass die in der DSGVO enthaltenen Rechtsbehelfe wie Beschwerden nach Art. 80 DSGVO nicht abschließend seien, weshalb die nationalen Bestimmungen aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 i.V.m § 3a UWG anwendbar blieben. Das Gericht schließt sich damit der Auffassung des OLG Hamburg an. Insbesondere Art. 80 DSGVO enthalte keine abschließende Regelung zur privatrechtlichen Rechtsdurchsetzung, wobei sich das Gericht in seiner Begründung insbesondere auf die Beratungen und Stellungnahmen bei der Entstehung dieser Vorschrift bezieht. „Die Klagebefugnis der Verbände gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG fügt sich in den Wertungsrahmen der DSGVO ein“, erklärt das Gericht in seinem Urteil. Folgerichtig sprach es ausgehend von diesen Erwägungen dem klagenden Verband einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG und Art. 13 DSGVO zu.
Sind Informationspflichten Marktverhaltensregeln?
Hierbei nahm das Gericht auch zu der Frage Stellung, ob die fraglichen Verstöße nach dem UWG von Dritten, hier dem klagenden Wirtschaftsverband, geltend gemacht werden können. Das OLG Stuttgart bejaht dies und entschied, dass – jedenfalls – die Informationspflichten aus Art. 13 Abs. 1 lit. a, c, Abs. 2 lit. a, b, d, e DSGVO Marktverhaltensregeln i.S.d. § 3a UWG seien.
Die Nennung des Namens und der Kontaktdaten des Verantwortlichen, der Betroffenenrechte und des Beschwerderechts hätten eine verbraucherschützende Funktion und einen wettbewerblichen Bezug. Gleiches gelte für die Nennung der Verarbeitungszwecke, der Verarbeitungsdauer, der Rechtsgrundlagen und für die Frage, ob die Bereitstellung der Daten vorgeschrieben oder für den Vertragsabschluss erforderlich ist.
„Die Entscheidung des Interessenten für eine Anbahnung des Vertrages stellt eine geschäftliche Entscheidung dar. Der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ umfasst nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie die Kontaktaufnahme mit dem Anbieter“, führt das OLG Stuttgart ferner aus und unterstreicht damit den marktverhaltensregelnden Charakter der Informationspflichten aus der DSGVO, die diese Entscheidung beeinflussten.
Ist ein Verstoß gegen Informationspflichten eine spürbare Beeinträchtigung?
Auch diese Frage bejaht das das OLG Stuttgart und stellt deutlich heraus: „Aus den Gründen, aus denen die Informationspflichten gemäß Artikel 13 DSGVO als Marktverhaltensregelungen einzuordnen sind, ist ein hiergegen gerichteter Verstoß regelmäßig als spürbar zu bewerten.“
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassend hat das OLG Stuttgart drei zentrale Aussagen getätigt:
DSGVO-Verstöße sind nach dem UWG abmahnbarInformationspflichten stellen grundsätzlich Marktverhaltensregeln darVerstöße gegen Informationspflichten sind regelmäßig spürbare Beeinträchtigungen
Mit dieser Entscheidung hat sich das Gericht eindeutig positioniert. Zugleich weiß es um die Bedeutung der Thematik und seines eigenen Urteils, weshalb das OLG Stuttgart die Revision zum BGH zuließ. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob das Verfahren vor dem BGH landet und die grundsätzliche Fragestellung damit abschließend beantwortet wird. Im Interesse der Rechtssicherheit für Unternehmen wäre dies begrüßen. Bis dahin sollten sich Unternehmen darauf einstellen, dass die Bereitschaft zur Abmahnung von DSGVO-Verstößen nach diesem Urteil des OLG Stuttgart wohl weiter steigen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!