Mit der Umsetzung der eCommerce-Richtlinie im Rahmen der umfassenden Änderungen des BGB finden sich dort nun auch neue Regelungen über Bestellvorgänge im eCommerce. Nachfolgend soll deshalb am Beispiel eines Online-Shops dargestellt werden, wie diese Neuregelungen praktisch umgesetzt werden können.
1. Anwendungsbereich
Die Schwerpunkte der neuen gesetzlichen Regelungen finden sich in § 312e BGB. Dessen Anwendbarkeit setzt voraus, dass der Unternehmer, der einen Online-Shop betreibt, sich eines Tele- oder Mediendienstes bedient, um entweder Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen abzuschließen.
Dabei kommen aber nur solche Tele- bzw. Mediendienste in Betracht, die vom potentiellen Kunden individuell elektronisch und zum Zwecke der Bestellung abgerufen werden können. Unter diese Definition fallen insbesondere Verträge, die über das Internet geschlossen werden; ausgeschlossen sind dagegen reine Verteildienste, die sich an eine nicht bestimmte Zahl von Empfängern richten, wie z. B. das Fernsehen, der Hörfunk oder Videotext-Angebote.
Ebenfalls nicht unter § 312e BGB fallen nach dessen Absatz 2 Verträge, die durch „individuelle Kommunikation“ geschlossen werden. Darunter ist insbesondere die Vereinbarung von vertraglichen Pflichten durch den Austausch individueller, also nicht durch z. B. von Website-Formularen vorgeformte bzw. automatisierte eMails zu verstehen.
Außerdem ist zu beachten, dass § 312e BGB zwar seiner Stellung im Gesetz nach zum Verbraucherschutzrecht gehört, die Regelungen dieser Norm nach deren Absatz 2 jedoch auch gegenüber anderen Unternehmern zu beachten sind, wenn diese Kunden eines Online-Anbieters sind (siehe dazu unten bei 7.).
Ein via Internet zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossener Vertrag ist zugleich immer auch ein Fernabsatzvertrag im Sinne von §§ 312b ff. BGB. Daher sind auch die dort vorgeschriebenen Informationspflichten weiter vom Website-Betreiber zu beachten, soweit sie sich nicht sowieso aus § 312e BGB ergeben. Hinsichtlich dieser Informationspflichten sei ergänzend auf den Beitrag „Alte und neue Informationspflichten für den eCommerce“ hingewiesen.
2. Korrekturmöglichkeiten für den Kunden
Bezüglich des Aufbaus der Bestellmöglichkeiten eines Online-Shops ist zunächst grundsätzlich die Möglichkeit vorzusehen, dass der Kunde jederzeit vor endgültiger Absendung seiner Bestellung die von ihm eingegebenen Daten (z. B. Name, Bankverbindung, bestellte Ware etc.) nochmals überprüfen und gegebenenfalls korrigieren kann (§ 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Das bedeutet, dass am Ende eines Bestellvorgangs, bevor der Kunde die Bestellung abschickt, noch einmal am Bildschirm des Kunden angezeigt wird, was er im Rahmen des Bestellvorgangs an Daten eingegeben hat und ihm dann z. B. über einen „Zurück“-Button die Möglichkeit gegeben wird, nochmals auf die Daten zugreifen zu können. Er kann so z. B. auf ein vorher angezeigtes Bestellformular zurückgeführt werden, wo er seine zuvor gemachten Angaben nochmals überarbeiten kann.
3. Pflichtinformationen für den Kunden
Vor der endgültigen Abgabe einer Online-Bestellung hat der Online-Shop seinem Kunden noch weitere Informationen über den Online-Bestellvorgang zu geben, die über die daneben schon bestehenden Anforderungen aus dem Fernabsatzrecht (§ 312c Abs. 1 BGB) hinausgehen, da sie eher technik-spezifisch, hier also internetbezogen sind.
So hat nach § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 3 Nr. 1 der Informationspflichtenverordnung zum BGB (InfoVO) der Website-Anbieter den Kunden darüber zu informieren, welche einzelnen technischen Schritte zu einem Vertragsschluss bei seinem Online-Shop führen. Hier ist also darzustellen, wie der Ablauf der Auswahl von Waren, z. B. in einem Warenkorb, dann die Darstellung dieses Warenkorbs auf einem gesonderten Fenster mit allen Inhalten dieses Korbes, die weitere Verarbeitung dieser Angaben durch z. B. Klicken auf einen „Bestellen“-Button, die Eingabe von Versand- und Rechnungsdaten sowie die abschließende Darstellung aller Eingaben durch den Kunden erfolgt. Im Rahmen dieser Darstellung des Bestell-vorgangs kann auch auf die Möglichkeiten der Korrektur von Eingabefehlern hingewiesen werden, was auf Grund von § 3 Nr. 3 InfoVO zu geschehen hat.
Insgesamt müssen alle diese Angaben, also die technischen Bestellschritte als auch die Korrekturmöglichkeiten, möglichst praxisnah und auch für einen Internet-Laien verständlich und nachvollziehbar beschrieben werden.
Nach § 3 Nr. 2 InfoVO hat der Online-Anbieter dem Kunden mitzuteilen, wie und auf welche Weise dieser die vom Unternehmer zu speichernden Vertragsinformationen abrufen kann. Dass eine solche Mitteilung der Vertragsinformationen erfolgen muss, ergibt sich aus § 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB (siehe dazu unten bei 5.).
Sollte der Online-Shop Bestellungen nicht nur in einer, sondern auch in mehreren Sprachen vorsehen, so ist der Kunde auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Am besten sollte mit diesem Hinweis immer auch gleich die Möglichkeit einer Wahl der vom Kunden gewünschten Sprache verbunden werden.
Sollte sich der Online-Anbieter bestimmten Verhaltenskodizes unterworfen haben, so hat er den Kunden darauf hinzuweisen. Mit „Verhaltenskodizes“ sind nach der Begründung des Gesetzgebers solche Verhaltensregelwerke gemeint, denen sich ein Unternehmer unabhängig vom konkreten Vertragsschluss freiwillig unterwirft, um so mit einer besonderen Unternehmens- bzw. Produktqualität im Vergleich zur Konkurrenz werben und zusätzliches Kundenvertrauen reklamieren zu können. Der Vorschrift ist jedoch nicht zu entnehmen, dass ein Unternehmer anzugeben hätte, dass er keinerlei Verhaltenskodizes unterworfen ist.
All die genannten Informationen müssen klar und verständlich erteilt werden. Wie oben zu den technischen Schritten des Bestellvorgangs und den Korrekturmöglichkeiten bereits gesagt, ist auf einen im Internet unerfahrenen Kunden abzustellen, wobei sich die konkreten Anforderungen aus der Gestaltung des jeweiligen Online-Angebots und der Art des konkreten Geschäfts ergeben.
Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Übermittlung dieser Informationen auch im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters erfolgen kann. Das dürfte jedoch zu verneinen sein, da auf Grund des Umfangs solcher Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Gefahr besteht, dass die vorgeschriebenen Informationen darin untergehen. Das würde dem Gebot der Klarheit und Verständlichkeit auf keinen Fall genügen.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen sind auch rechtzeitig vor Abgabe einer Bestellung durch den Kunden mitzuteilen. Eine feste Zeitspanne ist hierfür nicht vorgegeben, jedoch bietet es sich an, diese Informationen im Rahmen des konkreten Bestellvorgangs z. B. in einem Extra-Fenster zwischen der Anzeige des Warenkorbs einer Bestellung und dem Eingabeformular für Versand- und Rechnungsdaten anzuzeigen. Erst hier ist nämlich klar, dass der Kunde tatsächlich bereit ist, einen Vertrag mit dem Online-Anbieter zu schließen, so dass es auch erst zu diesem Zeitpunkt Sinn macht, ihm diese Informationen zu geben.
Dem Kunden sollte des weiteren die Möglichkeit gegeben werden, diese Kundeninformatio-nen auszudrucken oder als separate Datei abspeichern zu können. Dies kann den Vorteil bieten, dass dann die Textform (§ 126b BGB) gewahrt bleibt, was wiederum dem Online-Anbieter die Möglichkeit gibt, von einzelnen gesetzlichen Regelungen zum Widerrufs- bzw. Rückgaberecht nach § 355 BGB abzuweichen. Ein Beispiel dafür ist die Möglichkeit, den Verbraucher nach Rückgabe einer bestellten und schon gelieferten Ware zum Ersatz für eventuelle Wertverschlechterungen der zurück gegebenen Sache zu verpflichten. Dies kann jedoch nur vereinbart werden, wenn der Kunde spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und die Möglichkeit, diese zu vermeiden, hingewiesen worden ist (§ 357 Abs. 3 BGB). Deshalb sollte eine Download- und Ausdruckmöglichkeit der Kundeninformationen angeboten und der Kunde im Rahmen dieser Kundeninformation auch auf diese Möglichkeit hingewiesen werden.
4. Eingabe von Versand- und Rechnungsdaten
Nach den obligatorischen Kundeninformationen muss der Kunde außerdem seine Adress- und Rechnungsdaten eingeben können. Dies erfolgt normalerweise über ein entsprechendes Formular. Im Rahmen dieses Formulars sollte dann auch ein Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters erfolgen, in deren Einbeziehung der Kunde dann aktiv (z. B. über eine Checkbox) einwilligen können muss. Dem Kunden sollte dabei auch die Möglichkeit gegeben werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen herunter zu laden und/oder auszudrucken.
Bei der Eingabe der Kundendaten ist auch den entsprechenden datenschutzrechtlichen Anforderungen Genüge zu tun (vgl. den Beitrag „Blinddate oder die Spielregeln beim Datenschutz“).
5. Bestätigung des Zugangs einer Bestellung
Hat der Kunde seine Daten eingegeben und bestätigt, dann sollten sie, wie bereits oben dargelegt, nochmals in einer Übersicht gezeigt werden, zusammen mit den bestellten Waren und deren Preisen bzw. den Lieferkosten, damit der Kunde noch eventuellen Korrekturbedarf erkennen und beheben kann. Sollte er anschließend die Bestellung verbindlich abgeben (z. B. durch einen entsprechenden Button), und die Bestellung auf dem Server des Online-Shops eingehen, hat dessen Betreiber dann die Pflicht, dem Kunden den Eingang von des-sen Bestellung auf elektronischem Wege, also normalerweise per eMail, zu bestätigen (§ 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB).
Diese Bestätigung muss nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend eine Annahme des Angebots des Kunden beinhalten, sondern nur die Bestätigung des Zugangs dieses Angebots. Allerdings wird es zumeist zweckmäßig sein, mit der Bestätigung der Bestellung auch gleich eine Annahme- oder Ablehnungserklärung zu verbinden. Denn auch wenn der Online-Anbieter beabsichtigt, ein Angebot des Kunden nicht anzunehmen, hat er dessen Eingang auf jeden Fall zu bestätigen.
Die Bestätigung hat unverzüglich zu erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern. Da eine solche Bestätigung in einem Online-Shop heutzutage ohne Probleme automatisch durch eine entsprechende eCommerce-Software des Anbieters erfolgen kann, bleibt de facto aus rechtlicher Sicht nur sehr wenig Zeit, eine Bestellung zu bestätigen.
6. Abruf und Speicherung der Vertragsbestimmungen
Weiterhin hat der Unternehmer dem Kunden die Möglichkeit zu bieten, alle vertraglichen Bestimmungen, d. h. ggf. auch die in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abrufen und in wiedergabefähiger Form speichern zu können (§ 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB).
7. Beachtung auch bei B2B-Geschäften
Wie eingangs bereits erwähnt, gelten die Vorschriften des § 312e Abs. 1 BGB grundsätzlich auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern. Jedoch besteht hier die Möglichkeit, diese oben beschriebenen Regelungen mittels einer Vereinbarung der Vertragsparteien abzubedingen. Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der Pflicht zur Vorhaltung der Bestimmungen und Bedingungen des abgeschlossenen Vertrages (§ 312e Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Nr. 4 BGB). Zwar gelten für die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmern als Vertragsparteien grundsätzlich niedrigere Voraussetzungen als im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern. Jedoch sah es der Gesetzgeber als notwendig an, im Internet auch den unternehmerischen Geschäftsverkehr besser zu schützen.
Die Folge einer Nichtbeachtung dieser Vorschrift zwischen Unternehmern hat nicht zur Folge, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als nicht einbezogen anzusehen wären. Vielmehr dient diese Pflicht zur Überlassung des Vertragstextes nicht allein dem Kundenschutz, sondern vor allem der Beweisbarkeit eines Rechtsgeschäfts und damit der Rechtssicherheit.
8. Rechtsfolgen der Nichteinhaltung von Pflichten
Sollte ein Online-Shop-Anbieter eine der beschriebenen Pflichten nicht erfüllen, so hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des im Online-Shop geschlossenen Vertrages. Sollte der Kunde, dem gegenüber eine Pflicht nicht erfüllt wurde, jedoch ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB gegenüber dem Online-Anbieter haben, so beginnt die entsprechende Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn der Anbieter die ihm nach § 312e Abs. 1 BGB obliegenden Pflichten auch tatsächlich erfüllt hat (§ 312e Abs. 3 BGB). Das hat zur Konsequenz, dass in dem Fall, dass der Anbieter eine dieser Pflichten überhaupt nicht erfüllt, das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 BGB erst nach sechs Monaten erlischt.
Sollte der Online-Anbieter Informationspflichten nicht gegeben haben, die für den Kunden essentiell für den Abschluss des Vertrages im Online-Shop waren, so besteht unter Umständen die Möglichkeit für den Kunden, diesen Vertragsschluss wegen Irrtums anzufechten. Bestünde z. B. nicht die Möglichkeit, die vom Kunden gemachten Eingaben zu korrigieren und der Kunde schickt dementsprechend eine falsche Bestellung ab, so kann er sich anschließend im Rahmen der Anfechtung auf einen Erklärungsirrtum berufen.
Außerdem könnte der Kunde die Verletzung von vorvertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten bemängeln und gegenüber dem Online-Anbieter Ansprüche auf Schadensersatz (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB, früher als „culpa in contrahendo“ bekannt) erheben. Dies würde jedoch immer voraussetzen, dass er einen Schaden nachweisen kann. Dieser Schadensersatzanspruch könnte im Einzelfall auch auf Vertragsaufhebung gerichtet sein, wenn der Kunde den im Internet geschlossenen Vertrag bei vollständiger und richtiger Aufklärung nicht abgeschlossen hätte und dies auch nachweisen kann.
Mittelbar relevant können solche Pflichtverletzungen jedoch im Verhältnis zu Mitbewerbern aus der gleichen Branche werden. Wer die Anforderungen an den Verbraucherschutz und damit auch an § 312e BGB nicht erfüllt, setzt sich der Gefahr aus, von einem Konkurrenten oder einem Verbraucherschutzverband wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht (genauer: wegen Vorsprungs durch Rechtsbruch) abgemahnt oder gar auf Unterlassung verklagt zu werden.
Daher sollte jeder Anbieter von Online-Shops bzw. Online-Dienstleistungen genau überprüfen, ob sein Online-Angebot den genannten gesetzlichen Vorgaben auch entspricht.