Mit dem Berliner Testament ordnen die Ehegatten gemeinschaftlich an, dass nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten der Überlebende Alleinerbe wird. Das kann eine sinnvolle Regelung zur Vermögenssicherung sein, auch bei Unternehmern. Aber es sind einige steuerliche Details zu beachten.
Viele Unternehmer wollen frühzeitig für den Notfall versorgen und entscheiden sich daher gemeinsam mit ihrem Ehegatten für das sogenannte Berliner Testament als Form der gegenseitigen Erbeinsetzung. Damit sollen im Todesfall die Vermögenswerte (inklusive des Unternehmens) an den überlebenden Ehegatten fallen. Nach den Grundsätzen des Berliner Testaments ordnen die Ehegatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament an, dass nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten der Überlebende Alleinerbe wird und erst nach dessen Ableben (zweiter Erbfall) das dann noch vorhandene Vermögen an die (üblicherweise gemeinsamen) Kinder fallen soll. Diese Regelung ergibt auch grundsätzlich Sinn, vor allem wenn es minderjährige Kinder gibt und die gesetzliche Erbfolge beim (frühzeitigen) Tode des Erblassers zu Schwierigkeiten in der Unternehmensführung und Vermögensverwaltung führen könnte.
Auf der anderen Seite kann die Errichtung eines Berliner Testaments aber steuerlich nachteilig sein. Denn: Was unter dem Aspekt der Absicherung des länger lebenden Ehepartners sinnvoll ist, erscheint – jedenfalls bei etwas größeren Vermögen – aus steuerlicher Sicht oft „suboptimal“. Vor allem aus folgenden fiskalischen Gründen ist beim Berliner Testament Vorsicht geboten:
- Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder (immerhin 400.000 Euro je Kind) werden verschenkt.
- Durch die Vermögenskonzentration beim überlebenden Ehegatten erhöht sich die Steuerprogression bei dessen Erbfall.
- Das Vermögen des zuerst versterbenden Ehegatten wird also letztlich doppelt besteuert.
Diese steuerlichen Nachteile können aber durch besondere Gestaltungen des Berliner Testaments umgangen werden. So kann es sich beispielsweise anbieten, zu Gunsten der Kinder bereits nach dem ersten Erbfall, also aus dem Vermögen des zuerst versterbenden Elternteils, letztwillige Zuwendungen anzuordnen, um auf diese Weise die Gesamtsteuerbelastung der Familie wirksam zu reduzieren. Das kann durch die Anordnung von Vermächtnissen (also schuldrechtlichen Leistungsansprüchen), mit denen der überlebende Ehegatte als Alleinerbe beschwert wird, erreicht werden. Mit einem Vermächtnis nimmt der Erblasser einen Teil aus dem Nachlass heraus, den ein Mensch bekommen soll, ohne ihn als Erbe einzusetzen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer wird nicht automatisch mit dem Erbfall Eigentümer, er kann nur das Vermachte von den Erben verlangen.
In steuerlicher Hinsicht ergibt sich daraus ein in doppelter Hinsicht positiver Effekt: Zum einen werden durch die Vermächtnisse die erbschaftsteuerlichen Freibeträge nach dem erstversterbenden Elternteil (ganz oder teilweise) ausgenutzt. Zum anderen wird gleichzeitig das auf den überlebenden Ehegatten übergehende Nachlassvermögen reduziert, sodass das bei seinem Tod an die Kinder zu vererbende Vermögen ebenfalls entsprechend geringer ausfällt, mit der Folge dass sich gegebenenfalls auch im zweiten Erbfall ein Steuervorteil ergibt.
Entscheidend ist aber eine weitsichtige Planung – denn die Praxis zeigt immer wieder, dass es bei der Einsetzung von Vermächtnissen zu Schwierigkeiten kommen kann. Ein wichtiger Punkt: Oftmals ist beispielsweise der bei Eintritt des Erbfalls tatsächlich vorhandene Umfang des Vermögens im Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch nicht sicher absehbar. Mithin ist es umso schwieriger, vorherzusehen, welche Werte den Kindern vermächtnisweise zugewendet werden können, ohne die Absicherung des überlebenden Ehegatten zu gefährden.
Die Lösung kann hierbei aber darin bestehen, die Vermächtnisanordnungen so zu gestalten, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des zuerst versterbenden Partners noch Einfluss auf die genaue Höhe der Vermächtnisse, den Leistungszeitpunkt und weitere Modalitäten nehmen kann (sogenanntes Supervermächtnis).
Das bedeutet: Das Berliner Testament bildet also nach wie vor eine gute Möglichkeit, wie sich Ehegatten für den Erbfall gegenseitig absichern können. Die damit einhergehenden erbschaftsteuerlichen Nachteile lassen sich durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen in den Griff bekommen. Und auch nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten bestehen im Bedarfsfall mitunter noch Korrekturmöglichkeiten. Was aber ziemlich sicher zu Schwierigkeiten führen wird, ist die Errichtung eines Berliners Testaments, ohne die möglichen späteren Konsequenzen zu bedenken. Denn das Berliner Testament ist keine „eierlegende Wollmilchsau“ und die Lösung für alle denkbaren erbrechtlichen Konstellationen. Wer dies nicht vergisst, kann sich und die Familie über den Weg der gegenseitigen Erbeinsetzung aber für den schlimmsten Fall absichern.