Bessere Erreichbarkeit und reibungslose Kundenkontakte sind nur zwei der vielen Vorteile, die Kommunikationslösungen auf Basis von Voice over IP versprechen. Auch mittelständische Betriebe können damit ein Bündel neuer Kommunikationsmöglichkeiten realisieren und dabei gleichzeitig Kosten senken.
Voice over IP – also die Sprachübertragung im Datennetz auf Basis des Internet-Protokolls (IP) – setzt sich gegenüber der herkömmlichen leitungsvermittelten Kommunikationstechnik TDM (Time Division Multiplex) immer weiter durch. Vorteile wie
– die Einsparung von Kommunikationskosten durch die Nutzung einer einzigen Infrastruktur für die Sprach- und Datenübertragung über alle Unternehmensstandorte hinweg,
– verminderte Ausgaben für den Netzwerkaufbau sowie
– reduzierter Aufwand für Administration und Wartung
überzeugen immer mehr Entscheider. So hat die Unternehmensberatung Deloitte in einer Studie festgestellt, dass 66 Prozent der internationalen Großkonzerne bis zum nächsten Jahr entsprechende Anwendungen an ihren Arbeitsplätzen installiert haben wollen.
Als Hemmschuh in der bisherigen Entwicklung haben die Berater allerdings die Sprachqualität ausgemacht, die in der Vergangenheit deutlich schlechter gewesen sei als bei der analogen oder digitalen Telefonie.Dazu trägt vor allem das unterschiedliche Übertragungsverhalten von Sprache und Daten bei. Sprache, aber auch Audio- und Videoübertragungen sind zeitkritische Dienste, die zum Teil völlig neuartige Anforderungen an die Netzwerkinfrastruktur stellen. Doch inzwischen gelten die „Kinderkrankheiten“ der VoIP-Technologie als überwunden.
Den Analysten von Deloitte zufolge haben bessere Sprachqualität, sinkende Gerätepreise, erweiterte Funktionen und wachsende Erfahrung der Serviceanbieter die Technologie jedenfalls deutlich attraktiver gemacht. Eine besondere Rolle spielt dabei das medienunabhängige Protokoll SIP (Session Initiation Protocol). Dieser offene Standard definiert die Kommunikation über ein IP-Netzwerk. Realisiert werden damit nicht nur einfache Telefongespräche zwischen zwei Teilnehmern, sondern auch Video- und Telefonkonferenzen, E-Mail, sprachgesteuerte Services oder Instant Messaging. Zukunftsfähige Lösungen stellten auf Basis des SIP-Standards Oberflächen bereit, über die sämtliche Kommunikations- und Kooperationsanwendungen am Arbeitsplatz verwaltet werden können.
Kostenrechnungen wie das Modell „Voice over IP und traditionelle Telefonie im TCO-Vergleich“ des Marktforschungsunternehmens Soreon Research zeigen, dass mittelständische Unternehmen mit hohem Gesprächsaufkommen die größten Vorteile aus Voice over IP ziehen.So lassen sich mit einer integrierten VoIP-Lösung – die bereits vorhandene Baugruppen und Endgeräte nutzt – die Kosten innerhalb von fünf Jahren um rund 29 Prozent verringern. Besonders deutlich ist das Kosteneinsparungspotenzial von Voice over IP auch bei Neubauten oder der Einrichtung von zusätzlichen Büroräumen: Denn hier muss nur noch ein einziges Kabel verlegt werden, die notwendigen Investitionen fallen entsprechend geringer aus. Nach Berechnungen von Siemens lassen sich dadurch pro Arbeitsplatz bis zu 150 Euro einsparen.
Hochwertige und kostengünstige Sprachinfrastruktur
Auch die REFU electronic GmbH wollte sich mit ihrer neuen Kommunikationslösung die Möglichkeiten eröffnen, die Voice over IP Mittelständlern bietet. Das Unternehmen im schwäbischen Metzingen konzentriert sich seit fast vierzig Jahren auf die Entwicklung und Fertigung von Frequenzumrichtern und liefert jährlich etwa 20.000 dieser elektronischen Aggregate aus, die in vielfältigen Antriebslösungen vom Fahrstuhl bis zur Drehbank Verwendung finden. Für die Kommunikation der fast 190 Mitarbeiter mit Kunden überall in Deutschland und in Europa sowie mit regionalen Vertriebspartnern sollte eine neue Sprachinfrastruktur installiert werden.
Dabei spielt sowohl die Erreichbarkeit eine Rolle als auch die Tatsache, dass sich der Betrieb über insgesamt vier Areale in Metzingen und Pfullingen erstreckt. Das gesamte Kommunikationsnetz umfasst rund 200 Telefon- und Fax-Anschlüsse sowie eine ISDN-S2M-Leitung. Als diese Infrastruktur weiterentwickelt werden sollte, stand nicht nur der schnellere und qualifiziertere Austausch im Blickpunkt, sondern auch die dabei entstehenden Kosten. „Als wir die Zukunft unserer Infrastruktur planten, wollten wir uns nicht nur schneller und qualifizierter austauschen können, sondern auch noch Geld sparen“, erinnert sich Bernhard Seynstahl, Leiter Informationstechnologie bei REFU.
Die „alte“ Telekommunikationstechnik stützte sich auf zwei separate Systeme Hicom 150 von Siemens sowie auf eine ISDN-Standleitung dazwischen. Deren aus heutiger Sicht eher bescheidene Kapazität von zwei mal 64 kbit/s musste lange Zeit genügen, per Multiplexer sowohl die Datenübertragung als auch die Telefonie abzuwickeln. Das entsprach aber weder hinsichtlich der Sprachqualität noch in der Datentransfer-Leistung den ständig wachsenden Anforderungen.
Einsparpotenzial durch Integration
In Zusammenarbeit mit den Beratern von Siemens Communications (Com) entstand deshalb eine neue Lösung. Dabei wird nicht „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“, sondern die vorhandene Hicom-Infrastruktur wurde migriert nach HiPat. Dadurch konnten bereits getätigte Investitionen geschützt werden, während VoIP dort zum Einsatz kommt, wo es wirtschaftlich ist – nämlich bei der Anbindung des Standortes in Pfulligen.
„Wir haben die beiden Hicom-Anlagen in einen einzigen Kommunikationsserver HiPath 3700 migriert, der jetzt alle Standorte bedient“, erläutert Klaus Bär vom Siemens-Vertrieb Deutschland. Der HiPath-Server unterstützt unter anderem Endgeräte, die auf Basis des Internet Protocol (IP) arbeiten, sodass die alte Standleitung zum Nachbarort durch eine Glasfaser-Strecke mit einer Kapazität von 2 Mbit/s ersetzt werden konnte: Die neue IP-Festverbindung koppelt sowohl das Ethernet-LAN als auch die acht optiPoint-IP-Telefone im Bereich der Schrank-Montage in Pfullingen mit dem Hauptstandort in Metzingen. Zur Erhöhung der Sicherheit verschlüsseln die von Siemens gelieferten Router die Datenstrecke so, dass eventuelle Abhörversuche vereitelt würden.
Die 700 Meter zwischen den drei Standorten in Metzingen überbrückt nach wie vor ein klassisches, vieladriges Kupferkabel. „Darüber ließen sich alle Endgeräte anschließen, als stünden sie in einem einzigen Gebäude“, beschreibt Klaus Bär die aktuelle System-Landschaft. Neben den digitalen optiSet-Telefonen, die im Zuge der Migration von Hicom nach HiPath erhalten blieben, umfasst die Konfiguration rund zwanzig Schnurlostelefone nach dem DECT-Standard (Digital Enhanced Cordless Telecommunications). Damit sind Mitarbeiter zum Beispiel aus der Gebäudetechnik oder aus dem Marketing auch dann erreichbar, wenn sie nicht am Arbeitsplatz sind.
„Bezogen auf die Telekommunikationstechnik sparen wir mit der neuen Lösung ungefähr ein Drittel der bisherigen Kosten“, betont Bernhard Seynstahl. Der IT-Leiter verweist auf die beiden aufwendigen Multiplexer und die separate Anlage in Pfullingen, die allesamt komplett entfallen sind, sodass die Konfiguration nun erheblich einfacher gestaltet werden konnte. Er nennt außerdem die Weiterverwendung vorhandener Komponenten und Endgeräte sowie die zentrale Administrierbarkeit des Gesamtsystems.
Durchgängigkeit von Geschäftsprozessen
Über diese Kostenbetrachtungen hinaus gibt es aber auch qualitative Aspekte, die für das neue Konzept sprechen. Bei REFU betrifft dies die bessere Erreichbarkeit sowie die Durchgängigkeit von Geschäfts- und Kommunikationsprozessen. So vereinheitlicht der Unified Messaging Server HiPath Xpressions mittlerweile die Kommunikation via „persönlichem Anrufbeantworter“ (Voicemail-Box) sowie für E-Mail, Fax und sogar SMS: Unter der einheitlichen Benutzungsoberfläche von Microsoft Outlook können die Mitarbeiter nun Nachrichten aller Art versenden, empfangen, bearbeiten und weiterleiten. „Die Entscheidung für Siemens HiPath fiel nicht zuletzt deshalb, weil wir unsere vorhandene Infrastruktur über standardisierte Schnittstellen einbinden konnten“, sagt Seynstahl mit Blick auf Produkte wie Microsoft Exchange oder SAP R/3, die die REFU elektronik GmbH einsetzt.
So lassen sich beispielsweise Bestellungen in der SAP-Software bearbeiten; anschließend genügt ein Mausklick: HiPath übernimmt das betreffende Dokument aus SAP, holt sich die Rufnummer aus der Kundendatei – und der Kunde erhält seine Auftragsbestätigung automatisch per Fax. Möglich wurde die Integration von Geschäfts- und Kommunikationsprozessen durch die SAP-zertifizierte Schnittstelle des Xpressions-Servers.
Auch jeder Mitarbeiter kann Dokumente direkt vom PC aus per Fax verschicken: Ähnlich wie bei einer E-Mail lässt sich in MS Outlook ein Deckblatt erstellen, das als Anhang die zu faxende Unterlage erhält, etwa einen Brief, der in Word erstellt wurde. Will der Mitarbeiter ein nicht digitalisiertes Original faxen, so schickt er dies von einem der Scanner-Arbeitsplätze auf seinen PC, ergänzt es dort elektronisch um ein Deckblatt, verschickt es an den Empfänger und archiviert das Ganze elektronisch. Sinngemäß funktioniert der Fax-Empfang an jedem Arbeitsplatz: Der Telefon-Nebenstellennummer wird eine „30“ vorangestellt – das ist die Rufnummer, unter der jeder einzelne Mitarbeiter Telefaxe an seinem PC erhalten kann.
Während für die Fax-Kommunikation früher eine separate Software genutzt wurde, vereinen sich mit HiPath Xpressions Fax, E-Mail, SMS und Voicemail unter der gemeinsamen Benutzungsoberfläche von MS Outlook. Dadurch gibt es kaum noch Medienbrüche und die Mitarbeiter müssen nicht mehr zwischen verschiedenen Bildschirm-Fenstern hin- und herklicken.