Mit der zunehmenden Verbreitung des elektronischen Geschäftsverkehrs wird sich auch die Rechnungsstellung per Internet durchsetzen. Bis es soweit ist, müssen für diese kosten- und zeitsparende Form der Fakturierung noch einige Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden.
Ungeklärt ist derzeit etwa noch, ob es sich bei einer Online-Rechnung um eine Urkunde im Sinne des Umsatzsteuergesetzes handelt und damit der Empfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Im folgenden erfahren Sie, wie man den Vorsteuerabzug beim Internethandel sicherstellt.
Vorsteuerabzug auch bei Internet-Bestellungen
Die Umsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer. Die privaten Verbraucher werden allerdings aus Praktikabilitätsgründen nicht direkt besteuert. Technisch ist der Unternehmer Steuerschuldner. Dieser wälzt die Umsatzsteuer auf seine Kunden ab. Soweit in diesem System Umsatzsteuer auf Unternehmer abgewälzt wird, werden diese durch den sogenannten Vorsteuerabzug entlastet. Die Unternehmer sollen nicht mit Umsatzsteuer belastet werden; Steuerträger soll der private Endverbraucher sein. Dieses System der Umsatzsteuer ist eine sogenannte Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug.
Unternehmern steht (bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen) der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der per Internet erworbenen Waren bzw. Dienstleistungen zu. Praktische Bedeutung hat die Rechnungsstellung für beide Vertragsparteien. Das Unternehmen, das eine Leistung über das Internet bezieht, muß eine Rechnung erhalten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, während das leistungserbringende Unternehmen eine Rechnung stellen muß, welche die materiell rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erfüllt. Dies gilt gleichermaßen für nationale wie grenzüberschreitende Sachverhalte.
Kein Vorsteuerabzug bei Inkasso durch Dritte
Unproblematisch für den Vorsteuerabzug ist grundsätzlich eine Rechnung in herkömmlicher Papierform. Aber auch in der „Papierwelt“ bestehen in bestimmten Fällen Probleme hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit einer Rechnung. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Dritter im Auftrag des Unternehmens die Fakturierung und das Inkasso im Rahmen einer einheitlichen Rechnungserstellung in Papierform auch für eigene Leistungen übernimmt. Hierzu hat beispielsweise die Oberfinanzdirektion Hannover eine Verfügung erlassen (Verfügung vom 13. Januar 1997), derzufolge die Vorsteuer aus Rechnungen der Deutschen Telekom AG, sofern sie sich auf Gebühren dritter Anbieter im T-Online Dienst erstreckt, nicht durch den unternehmerischen User abgezogen werden können, da der User nicht in der Lage ist, Name und Anschrift des einzelnen Anbieters sowie Angaben zu den jeweils bezogen Leistungen beizubringen.
Erst recht können sich Probleme für den Vorsteuerabzug eines Users in der „digitalen Welt“ ergeben. Dies ist der Fall, wenn die Bezahlung per Kreditkarte via Internet erfolgt, und keine reguläre Rechnung in Papierform ausgestellt wird, die den Anforderungen des § 14 des Umsatzsteuergesetzes („UStG“) entspricht, sondern die Rechnungsstellung über das Internet erfolgt (sogenannte elektronische Rechnung). Zum einen können hier Bedenken bezüglich der inhaltlichen Bestimmtheit der Rechnung und zum anderen hinsichtlich der grundsätzlichen Anerkennung einer elektronischen Rechnung entstehen.
Bei direkten Beziehungen zwischen Anbieter und User (z.B. beim download) wird man die Verfügbarkeit der Rechnungsdaten wie beispielsweise den Namen und die Anschrift (also die inhaltliche Bestimmtheit der Rechnung) vom Anbieter verlangen können, andernfalls muß mit einer Ablehnung des Vorsteuerabzugs durch die Finanzbehörden gerechnet werden.
Sind auch Online-Rechnungen Urkunden?
Es stellt sich aber die vorgelagerte und entscheidende Frage, ob der Vorsteuerabzug für Rechnungen, die über das Internet verschickt werden, überhaupt möglich ist.
Nach einer Verfügung des Bundesfinanzministeriums genügt eine elektronische Rechnung nicht den in § 14 UStG genannten inhaltlichen und formalen Anforderungen. Das Bundesfinanzministerium sieht hier wohl die Gefahr von Missbräuchen durch solche Rechnungen, indem unberechtigterweise Vorsteuerbeträge beispielsweise aus gefälschten Rechnungen oder Scheinrechnungen geltend gemacht werden könnten. Dabei ist unklar, ob es das Bundesfinanzministerium stört, daß diese Rechnungen nur auf Datenträgern gespeichert sind (diese könnten durch Materialisierung wie beispielsweise einen Ausdruck geändert werden; im übrigen kann auch ein Blatt Papier als ein Datenträger angesehen werden) oder diese keine Urkunden i.S.d. § 14 Abs. 4 UStG darstellen.
Der Begriff der Urkunde ergibt sich nicht aus Steuergesetzen, sondern ist vielmehr dem Zivilrecht und dem Strafprozeßrecht entnommen. Dort stellen elektronische Dokumente keine Urkunde dar. Zu fragen ist allerdings nach der Funktion des Begriffes einer Urkunde insbesondere im Steuerrecht. Auch im Steuerrecht dient eine Urkunde zur Darlegung bzw. zum Beweis von behaupteten Ereignissen und Gegebenheiten. Dabei ist unstreitig, daß für die Frage des Vorsteuerabzuges strenge Regeln angewendet werden müssen. Einer elektronischen Rechnung, die aber alle inhaltlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG erfüllt, kann unseres Erachtens die gleiche Beweiskraft zugesprochen werden, wie einer herkömmlichen Originalrechnung. Dies gilt erst recht für eine mit digitaler Signatur gekennzeichnete Rechnung.
Auch wenn eine elektronische Rechnung keine Urkunde i.S.d. § 14 Abs. 4 UStG in Verbindung mit Zivil- oder Strafprozeßrecht darstellt, hat die Finanzverwaltung gemäß § 14 Abs. 6 UStG einen gesetzlichen Ermessensspielraum auch andere Urkunden als Rechnungen anzuerkennen. Einen typischen Fall für die Anpassung der Auffassung der Finanzverwaltung an die technische Entwicklung stellt eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 14. Januar 1999 dar, nach der bei der Rechnungsübermittlung durch Telefax beim Empfänger ankommende Schriftstücke als zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen i.S.d. § 14 UStG anzusehen sind, unabhängig davon, ob der Absender die Daten auf einem sogenannten Telefax Standardgerät (mit bzw. ohne Speichermöglichkeit) oder auf einem Computer des Empfängers übermittelt. Wo aber besteht hier der Unterschied zu einer Rechnung über das Internet?
Wettbewerbsverzerrungen bei Ablehnung von Online-Rechnungen
Sind alle inhaltlichen Rechnungsdaten (leistender Unternehmer, Leistungsempfänger, gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer) aus einer über das Internet verschickten Rechnung ersichtlich, ist nach Ansicht der Verfasser der Vorsteuerabzug zu gewähren. Anderenfalls kommt es zu einer Kumulationswirkung entsprechend der seit dem 1. Januar 1968 überwundenen Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer. Eine Kumulationswirkung stellt bei den betroffenen Unternehmen einen Kostenfaktor dar und verletzt dadurch die Wettbewerbsneutralität. Wettbewerbsverzerrungen sind die Folge. Eine befriedigende Lösung ist auch nicht darin zu erblicken, daß der Anbieter im Nachgang zu seiner Leistung eine nachträgliche oder zusätzliche Rechnung in Papierform erstellt. Das Erstellen dieser Rechnung sowie deren – gerade auch für steuerliche Zwecke – erforderliche Archivierung führt bei beiden Unternehmen zu offensichtlichem Mehraufwand, der durch eine Rechnungsstellung über das Internet vermieden wird.