Zwischen 1991 und 2011, also einem Zeitraum von 20 Jahren, ist der Einzelhandel in Deutschland von etwa 370 Milliarden Euro auf gut 410 Milliarden Euro in Bruttorechnung angewachsen. In realer Betrachtung, also nach Abzug der Preissteigerungsraten, dürfte das Wachstum in dieser Zeit negativ ausgefallen sein. Interessanterweise ist jedoch in der gleichen Zeit ein Anstieg der Verkaufsflächen des Handels um etwa 45 Prozent zu verzeichnen, was nichts anderes bedeutet, als dass wir heute ein gutes Drittel „heiße Luft“ im deutschen Handel haben. Woran liegt es, dass der Handel in den letzten Jahren im Grunde stagniert ist? Dafür sind vor allen Dingen folgende Aspekte verantwortlich:
In netto-realer Betrachtung seit 1991 praktische keine Einkommenssteigerungen, dafür aber vermehrte Preissteigerung auch im administrativen Bereich.
– Zunehmende Alterung der Bevölkerung mit prinzipiell geringerer Nachfrage pro Kopf.
– Sinkende Bevölkerungszahlen, da der Migrantenstrom erheblich abgeflacht ist.
– Zunehmende Investitionen in die Altersvorsorge aufgrund der zunehmenden Alterung.
– Unsicherheiten der Bevölkerung aufgrund von Euro und Finanzkrisen.
– Dienstleistungs-Drive – starkes Anwachsen der Ausgaben im Dienstleistungssektor zulasten von Konsumgütern.
– Eher Steuererhöhungen statt Steuersenkungen.
– Damit keine staatlichen Impulse für eine Binnenkonjunktur.
– Aufgrund des überproportionalen Flächenwachstums hält das Preisdumping im deutschen Handel an mit der Konsequenz fehlender Umsätze bei durchaus noch steigendem Absatzvolumen.
– Internet: Das Internet bewirkt auf der einen Seite wie die überproportionalen Flächen Preisdumping, zusätzlich ermöglicht es auch Einkäufe im Ausland, und im Endeffekt nimmt es dem klassischen Laden-Einzelhandel erhebliche Umsätze weg, so dass der Preisdruck im klassischen Handel weiter steigt – und damit der obige Effekt von verringerten Umsätzen bei steigenden Absätzen verstärkt wird.
Das ist die Ausgangslage für den deutschen Einzelhandel in der momentanen Situation. Gesteigert werden dann die Effekte auch noch dadurch, dass im Rahmen der letzten Finanzkrise durch die Abwrackprämie dem klassischen Konsumgütermarkt – und damit dem Handel im engeren Sinne – Umsätze entzogen wurden und auf den Kfz-Handel – und damit dem Handel im weiteren Sinne – umgelenkt wurden. Diese Umlenkung war jedoch nicht ein einmaliger Effekt, sondern aufgrund der Kreditfinanzierung der über 2 Millionen so in den Markt gedrückten Autos hält dieser Effekt noch bis etwa 2013 / 2014 aufgrund der nachlaufenden Finanzierungen an. Eine entscheidende Basisgrundlage für mangelndes Handelswachstum ist auch darin zu sehen, dass der Potenzialpfad des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland auf etwa 1,5 – 1,8 Prozent pro Jahr abgesunken ist. Das bedeutet, dass aufgrund der inneren Strukturen in Deutschland im Durchschnitt der Jahre nicht mit einem höheren Wachstum gerechnet werden kann, dass zwar schlechte Jahre durch bessere ausgeglichen werden, wie wir es nach der Finanzkrise erlebt haben, langfristig aber ein höheres Wachstum nur durch strukturelle Änderungen ermöglicht werden kann. Die Exportnachfrage, die das Gesamtwachstum in Deutschland erheblich gestützt hat, kann nicht in das Unermessliche wachsen, da auch andere Staaten sich auf ihre Exportmöglichkeiten besinnen (siehe etwa China).
Aufgrund all dieser Vorüberlegungen ist erkennbar, dass ein Nettorealwachstum des gesamten Einzelhandels im engeren Sinne bis zum Jahre 2020 in nennenswertem Umfang nicht zu erwarten ist, wohl auch nicht danach. Mit anderen Worten: Die Stagnation des Handels in netto-realer Betrachtung setzt sich fort. Wenn es keine Binnenkonjunktur gibt, gibt es auch keine Branchenkonjunktur des Handels. Das bedeutet für die einzelnen Unternehmen, dass sie nur dann wachsen können, wenn sie im bereits bretterharten Wettbewerb gegen andere Unternehmen antreten und ihnen letztlich Marktanteile entreißen. Statt einer Branchenkonjunktur im Handel werden wir in den nächsten Jahren vor allem nur Firmenkonjunkturen sehen, einzelne Unternehmen werden trotz der Gesamtstagnation des Handels wachsen können, weil sie die besseren Konzepte haben.
Es hat sich aber bereits in den letzten Jahren gezeigt, dass nicht nur Firmenkonjunkturen denkbar sind, sondern auch Gruppenkonjunkturen: Wer heute noch im Handel alleine arbeitet, hat schon gleich das erste Problem! Der Handel wird sich weiter zusammenschließen müssen – in Verbundgruppen, in Franchisegruppen, in vertikalen Gruppen usw. Eine Branchenkonjunktur Handel wird somit durch Firmen- und Gruppenkonjunkturen ersetzt, eventuell im Einzelfall auch durch Segment-Konjunkturen einzelner Handels-„Branchen“ wie etwa DIY.
Im Rahmen einer Kurzstudie hat die Ulrich Eggert Consulting in Köln über 80 strategische Konzepte herausgearbeitet, wie einzelne Handelsunternehmen bzw. Handelsgruppen sich im Markt durchsetzen und trotz hybridem Wettbewerb wachsen können.
Folgende Konzepte werden u.a. näher besprochen:
- Positionierung
- Differenzierung, z. B. nach unterschiedlichen Zielgruppen
- Stringente Bedarfsorientierung / Kundenorientierung
- Vertriebs- statt Warenorientierung
- Formatbildung / neue Formate
- Neue Formate als zweite oder dritte Schiene / Mehrschienenpolitik
- Differenzierte Filialisierung mit Spezialsortimenten
- Franchisegeber werden/ Systembildung/ Vertragsvertrieb
- Vertikalisierung/Flächenpartnerschaften mit Lieferanten
- Anmietung von Leerstandsflächen
- Flächenumwidmung
- Aufbau von ergänzendem Distanzhandel/E-Commerce
- Aufbau einer Landing Page
- Nahversorgung
- Mehrwertangebote und „Neue Mitte“
- Kopplungsangebote / Randdiversifikation/ Category Migration
- Problemlösung: Ware plus Dienstleistung, Service, Information, …
- Emotionalisierung/ Visual Merchandising/ Lifestyle und Erlebnishandel
- Retail Brand: der Handel macht sich selbst zur Marke
- Markenkooperationen
- Agglomerationsbildung
Die detaillierten Gesamt-Ausführungen bilden ein knapp 30-seitiges „Kompendium“ strategischer Wachstumsmöglichkeiten im Handel und stehen auf www.ulricheggert.de unter „Kostenlose Studien“ für Interessenten neben weiteren Projekten zum kostenlosen Download bereit .