Einige Unternehmen arbeiten an Sprachmodellen der Künstlichen Intelligenz, aber keines hat so einen Hype ausgelöst wie das von OpenAI. War es früher schwieriger Zugang zu den Modellen zu bekommen, hat OpenAI mit seiner Anwendung ChatGPT mit einem Schlag alle überrascht und fasziniert. Microsoft großer Geldgeber von OpenAI hat ebenfalls schnell reagiert und mit Bing Chat eine eigene Anwendung auf den Sprachmodell aufgesetzt, um seiner Suche einen neuen Schub zu geben.
Aber was ist denn nun der Unterschied zwischen den beiden Anwendungen und welche ist besser?
Dröseln wir das ganze einmal auf. Dabei ist vorab zu wissen, das beide Anwendungen sich immer wieder ändern und die hier geschriebenen Informationen morgen schon nicht mehr gelten könnten. Beide verwenden das GPT-Sprachmodell, aber unterschiedliche Versionen. Seit Anfang April 2023 verwendet Microsoft für Bing Chat eine Testversion des GPT-4-Modells, während ChatGPT auf dem älteren GPT 3.5-Turbomodell basiert. Beide Anwendungen wurden modifiziert und bauen auf dem Sprachmodell auf: So gibt es z. B. unterschiedliche Eingabemethoden und Schnittstellenfunktionen. Dazu hat Bing speziell weitere Anwendungen wie seinen Browser Edge und das Kommunikationstool Skype angedockt. Zu letzterem machen wir mal einen Praxistipp, denn ungefragt hat sich Bing Chat in Skype „reingefressen“.
Zugang und Nutzerfreundlichkeit
Positiver Aspekt von beiden: Sowohl Bing Chat als auch ChatGPT sind für jeden verfügbar, der sich mit einem Konto anmeldet. Bei ChatGPT macht man das über die Seite von OpenAI, bei Bing startet man einfach den Edge-Browser und klickt oben rechts in der Ecke auf das Bing Symbol mit der Sprechblase. Ein Microsoft-Konto sollte man schon haben und andere Browser als den Edge kann man aktuell nicht nutzen. Dazu ist Bing auch in andere Microsoft-Anwendungen und -Dienste integriert, neben Microsoft Edge und Skype auch in der mobilen Bing-App.
ChatGPT hat dagegen keine offizielle mobile App, aber man kann natürlich die Web-App auf einem Telefon oder Tablet verwenden. Die Weboberfläche von ChatGPT und Bing Chat sind ähnlich, aber mit kleinen Unterschieden. ChatGPT ist so konzipiert, dass es mehr Daten aufnehmen kann, z. B. längere Codeblöcke oder große Codebeispiele. Seit April 2023 hat Bing die Eingabeaufforderungen auf 2.000 Zeichen begrenzt, während ChatGPTs Grenze viel höher ist.
Wahrheit und Pflicht
ChatGPT ist nicht in der Lage, das Web in Echtzeit nach Informationen zu durchsuchen – obwohl dies mit Hilfe von Plugins in Zukunft möglich sein soll. Es ist auf die Trainingsdaten in seinem Modell beschränkt, die bis September 2021 zurückreichen. Wie die Daten sich zusammensetzen, darüber schweigt OpenAI. Bing basiert zwar auf der gleichen GPT-Technologie, nutzt aber meistens Ergebnisse aus dem Web, also seiner eigenen angedockten Suchmaschine.
Bing Chat und ChatGPT liegen in der Regel richtig, wenn es um grundlegende Fakten geht, wie z. B. die Hauptstädte von Ländern oder Staaten, das Geburtsdatum einer bedeutenden Person und so weiter. Aber manchmal schleichen sich auch Fehler ein.
So hatte plötzlich Schottland eine Landesgrenze mit Wales oder aber auch der deutsche Bundeskanzler war nicht bekannt. Manche Fakten wurden behoben, manche nicht. Hier ist dann teilweise eine „normale“ Internetsuchmaschine wie Google schon besser, insbesondere wenn es um richtige Denksportanfragen geht. Problematisch wird es, wenn die Beantwortung einer Frage ein gewisses Maß an Interpretation erfordert. Die Anzahl der Stadtteile in Essen gibt ChatGPT mit 42 an, es sind aber 50. Bing liegt hier richtig hat aber auch Zugang zu Live-Netzdaten.
Kreativität mit Fehlern
Die Möglichkeit, nach einer Aufforderung Sätze und Absätze zu schreiben, hat die Popularität von ChatGPT erst so richtig wachsen lassen. Hausaufgaben waren gestern, jetzt schreibt eine KI die Deutscharbeit. Aber obacht: Trotz vieler Wörter fehlt meist das richtige Gefühl. Schließlich sind Wörter und Sätze eine Sammelsurium an Wahrscheinlichkeiten. Die KI errechnet, welches Wort als nächstes folgen könnte.
Ja beide Anwendungen können kreativ sein und Geschichten schreiben, lesbar sind sie dann nicht immer. Dazu: Bing unterstützt nur Texteingaben mit bis zu 2.000 Zeichen. Aber: beide Anwendungen erlauben Modifikationen und Nachfragen, so dass am Ende vielleicht doch eine runde Sache daraus wird.
Diese hält dann vielleicht auch den KI Detektoren (AI Inhaltsdetektor, AI Classifier, Copyleaks) stand, die aktuell aus dem Boden schießen aber mehr unzuverlässig sind als zuverlässig. So testeten wir sowohl echte von einem Autoren geschriebene ECIN Texte aus dem 1998, die als KI generierte Texte eingeschätzt wurden, als auch „echte“ ChatGPT Texte, die als menschlich angesehen wurden. Wie bei den ChatBots so ist auch hier mit einer gewissen Fehlerquote zu leben. Nachtrag: Auch dieser Artikel fiel beim OpenAI Inhaltsdetektor „AI Classifier“ in einem ersten Anlauf durch (übersetzt natürlich), beim zweiten Versuch ein paar Stunden später dann nicht. Muss man nicht verstehen. Vielleicht ist die Kontrolle gar nicht formelbasiert so unser Gedankengang, sondern ganz lapidar: Wo trockene langweilige Texte stehen muss eine KI dahinterstehen. Künftige Business-Texte und wissenschaftliche Abhandlungen werden dann wahrscheinlich im Blog-Style geschrieben, damit man sich von der KI-Generation abgrenzen kann 😉
Fazit: Wie auch im echten Leben, so gilt auch im künstlichen Gehirn: Vertrauen ist gut Kontrolle ist besser. Ob ChatGPT oder Bing Chat beide haben ihre Vorteile und Nachteile. Spannend bleibt es auf jeden Fall, da ja nun auch Google Bard versucht das Feld zu erobern.